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Veröffentlicht am 07.02.2024

Rasanter Thrill mit sympathischen Protagonisten.

K - Kidnapped
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Chelsea Caine hat eine extrem widersprüchliche Protagonistin für ihren Thriller geschaffen. Kick Lannigan ist mit sechs Jahren entführt worden. Bevor sie fünf Jahre später wieder4 befreit wurde, hatte ...

Chelsea Caine hat eine extrem widersprüchliche Protagonistin für ihren Thriller geschaffen. Kick Lannigan ist mit sechs Jahren entführt worden. Bevor sie fünf Jahre später wieder4 befreit wurde, hatte sie ihr Entführer im Umgang mit Waffen ausgebildet. Mit elf Jahren verfügte sie also bei ihrer Befreiung über ein hochintensives Killerpotential. Zurück im Schoße ihrer Familie ist sie alles andere als ein angepasstes, braves Mädchen. Ihr auf die Entführung zurückgehendes Trauma setzt in ihr den bedingungslosen Wunsch frei, sich niemals von irgend jemandem zu irgend etwas zwingen zu lassen. Deshalb bildet sie sich in allen Verteidigungskünsten aus und perfektioniert den Umgang mit Waffen.

Als sie 21 Jahre ist, taucht John Bishop in ihrem Leben auf. Er bringt sie dazu, ihren natürlichen Instinkt, vermissten Kindern zu helfen, in effektive Kanäle zu lenken.

In diesem ersten Roman einer neuen Reihe der Autorin geht es zu einem Großteil um die Figuren. Sie werden sehr ausführlich vorgestellt und trotz aller Kratzbürstigkeit kann dem Leser Kick, die in ihrem jungen Leben schon extrem viel mitgemacht und erlitten hat, ans Herz wachsen. Während sie sich damit beschäftigt, wer John Bishop ist, wird er auf unkonventionelle Weise dem Leser vorgestellt. Der erfährt, dass es noch einen „Mann im Hintergrund“ gibt, einen Geldgeber.

Obwohl auch Action-Szenen eingesetzt werden und dem Leser das Blut in den Adern zu stocken scheint, zieht dieser Roman seine Spannung aus den Geheimnissen. Man erfährt nur bruchstückhaft, was mit Kick nach ihrer Entführung passiert war, was mit vielen anderen vermissten Kindern passiert ist. Die Geduld wird beim Lesen sehr auf die Probe gestellt. Ein Thriller, der nicht aus der Hand gelegt wird, denn er punktet mit einer wohltemporierten Mischung aus Humor, Aktion und Spannung

Rasanter Thrill mit sympathischen Protagonisten.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2015

Veröffentlicht am 03.11.2023

Ein vorprogrammiertes Weihnachtstrauma: Judith Merchants Thriller

SCHWEIG!
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Der Psychothriller von Judith Merchant ist ein Paradebeispiel für die Fehlinterpretation und das Missverstehen. Das geht nicht nur den Figuren im Roman so, sondern kann auch den Lesern passieren. Es ist ...

Der Psychothriller von Judith Merchant ist ein Paradebeispiel für die Fehlinterpretation und das Missverstehen. Das geht nicht nur den Figuren im Roman so, sondern kann auch den Lesern passieren. Es ist der Autorin Judith Merchant (dankenswerterweise) zuzuschreiben, dass sie die Leser auf die falsche Fährte schickt, nur weil die sich denken, wie es sein könnte.

Es ist ein Tag vor Heiligabend. Diese Zeit ist voller Stress für Esther jahraus, jahrein. Es ist vorprogrammiert. Weihnachtsbaum holen, Baum schmücken, Kinder von der Schule abholen. Es geht hoch her. Ihr Mann Martin muss helfen.

Außerdem will sie noch kurz bei ihrer Schwester vorbeischauen und der ihr Weihnachtsgeschenk bringen, obwohl ihre Schwester letztes Weihnachten eine Katastrophe für Esthers Familie war. Jetzt versucht Martin hartnäckig, seine Frau vom Besuch bei der Schwägerin abzuhalten. Doch die lässt sich dank schwesterlicher Loyalität nicht beeinflussen.

Schließlich ist da noch Sue, die von ihrem Mann geschieden wurde. Sie lebt auf dem Grundstück mitten im Wald, wo es kaum Handyempfang gibt. Sie hasst den Besuch ihrer Schwester und mag sie nicht. Schon seit der Kindheit. Sie hasst es, wie sie sich immer aufdrängt.

Es verwundert nicht, dass der diesjährige Besuch bei Sue aus dem Ruder läuft und ein größeres Desaster als im Jahr zuvor verursacht wird. Judith Merchant erzählt die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven. sowohl Esther als auch Sue lassen uns in ihre Gedanken blicken und erzählen jeweils selbst ihre eigene Sichtweise. Zwischendurch wird immer mal wieder von Martin erzählt, zum Ende hin immer häufiger.

Zu Beginn hatte ich leichte Probleme mit den beiden Ich-Erzählerinnen Esther und Sue, zumal sie auch manchmal aus ihrer Kindheit erzählen. Es dauerte ein paar Kapitel bis ich die erste Verwirrung überwunden hatte und auch ohne die Kapitelüberschriften wusste, an welcher Stelle ich mich im Leben der Figuren befand.

Das Kopfkino beginnt natürlich nach den ersten Seiten zu laufen., wie sich offenbar die beiden Schwestern ihr ganzes Leben haben, sollten Leser keine voreiligen Schlüsse ziehen. es bringt gar nichts, wenn sich einer einbilde zu wissen, was der andere denkt.

Die Leser sollten sich darauf einstellen, dass in diesem Thriller die Gedanken der Figuren großen Raum einnehmen. Judith Merchant ist eine hochkarätige Meisterin darin, die Leser zusammen mit ihren Figuren ins Nirvana zu schicken.

»Schweig!« ist ein erstklassiger Psychothriller mit einer anrührenden Weihnachtsgeschichte und passt deshalb hervorragend in die Vorweihnachtszeit.

Meine beste Empfehlung für den Roman, mag er unter vielen Weihnachtsbäumen liegen.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2023

Veröffentlicht am 14.10.2023

Südfall – Menschen und ihre Schicksale

Südfall
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Florian Knöppler hat erneut einen Roman der leisen Töne geschaffen, in welchem er uns viele Menschen näherbringt, die in ihrem Leben an einem Punkt angelangt sind, den sie meist nicht selbst zu verantworten ...

Florian Knöppler hat erneut einen Roman der leisen Töne geschaffen, in welchem er uns viele Menschen näherbringt, die in ihrem Leben an einem Punkt angelangt sind, den sie meist nicht selbst zu verantworten haben, der sie aber zwingt, über das Leben ganz neu nachzudenken.

Da ist Anna, deren Mann Friedrich an die Front gezogen wurde und die nun den Hof alleine bewirtschaften muss. Doch sie hat Hilfe von ihrem Neffen Paul, der kurz vor dem Erwachsenwerden steht und keine Eltern mehr hat.

Paul trifft am Priel einen Mann, der ein Schaf vor dem Ertrinken rettet. Paul bringt den Mann in den Schuppen bei Anna, um ihm zu helfen. Der Fremde ist Dave, ein Engländer, der wegen des Absturzes seines Flugzeugs hier gestrandet ist und versucht, aus dem Feindesland zu entkommen, um seine Familie in England wiederzusehen.

Paul glaubt noch an den Sieg der Deutschen, während die Nachrichten im Radio verlauten, dass der Atlantikwall bereits stark unter Beschuss der Amerikaner und Briten ist.

Anna hat kein Vertrauen in Paul, weil er in seinem jugendlichen Gedanken vielleicht das Falsche machen könnte. Sie versteckt Dave an einen anderen Ort. Vorsichtshalber. Und sie erkennt in dem britischen „Bombenwerfer“ einen ganz normalen Menschen, mit dem es gut tut, zu sprechen. Von ihrem Mann hat sie lange nichts gehört.

Florian Knöppler bringt uns diese Menschen auf so würdevolle Weise nahe, dass man sich jeder Figur hingezogen fühlt. Ihre Ängste, ihre Sorgen, aber auch ihr Mut und ihr Optimismus spiegeln sich in der rauen Natur der Halligen in ihrem Denken und Handeln wieder. Gerne fühlt man mit ihnen und möchte ihnen nahestehen, wenn nicht sogar helfen. Doch als Leser durchlebt man ja nicht deren Situation, sondern kann nur hoffen, dass es Ihnen am Ende gut gehen und sich alles fügen wird.

Ein kraftvoller Roman um die Gefühle der Menschen in einer zerrissenen Zeit, die so vielen Menschen nur Unheil brachte. Ein Roman, der es wert wäre, die oberen Ränge der sogenannten Literaturlisten zu erklimmen.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2023

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Veröffentlicht am 29.09.2023

Whisky, Bücher und Neufundland

One for the Rock
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Diesen Neufundland-Krimi von Kevin Major würde ich weniger als Krimi denn als Roman bezeichnen. Er passt nicht ganz in das klassische Krimigenre, obwohl es nicht an verbrecherischen Momenten mangelt.

Sebastian ...

Diesen Neufundland-Krimi von Kevin Major würde ich weniger als Krimi denn als Roman bezeichnen. Er passt nicht ganz in das klassische Krimigenre, obwohl es nicht an verbrecherischen Momenten mangelt.

Sebastian wurde von seiner Frau verlassen, weshalb er einen Neuanfang benötigt und diesen gerade absolviert, denn er hat ein Tourismusunternehmen gegründet. Basierend auf seinem großen Leidenschaften Whisky, Bücher und seine Heimat Neufundland bietet er Wandertouren an. Er hat ein wunderbares Programm zusammengestellt und dafür Werbung gemacht. Nun sind die ersten Gäste angereist und die erste Tour kann beginnen.

Doch dann passiert, womit keiner gerechnet hat. Der wohl unsympathischste Teilnehmer, weil er unentwegt auf sein Handy starrt und sich kaum mit den anderen unterhält, stürzt einen Abhang die Küste hinunter.

Zunächst denken alle, auch Sebastian, dass der Mann unaufmerksam war und einen Fehltritt tat. Doch dann kommen Zweifel auf.

Was diesen Roman weniger zu einem Krimi werden lässt, ist die Erzählweise, die Kevin Major hierfür gewählt hat. Sie ist einfach amüsant und nie langweilig. Die Ermittlungen treten komplett in den Hintergrund.

Es ist ein lockerer Plauderton, den Kevin Major seinem Erzähler in den Mund legt. Sebastian selbst erzählt aus seinem Leben. Erzählt von sich, von seiner Trennung von der Ex, vom Zusammensein mit seinem Sohn und von dem Hund, den sich dieser so sehr gewünscht hat.

So sehr Sebastian sein Sohn als Kumpel bezeichnet, so sehr hat man auch als Leser das Gefühl, man wäre der Kumpel von Sebastian. Kumpel scheint die große Eigenschaft des Protagonisten zu sein, denn aus der Abneigung für den neuen Mann seiner Ex kann gar nichts anderes erwachsen als ein neuer Kumpel.

Der Fall um den toten Teilnehmer der Wandertour wird bei all der Plauderei fast nebenbei geklärt. Und natürlich bleibt es nicht bei diesem einen Toten. Selbst Sebastian ist als Helfer der Polizei nicht vor weiteren Mordversuchen geschützt.

Es sind skurrile Figuren, auf die die Leser in diesem Roman treffen. Sympathisch sind nicht alle. Auf Überraschungen sollte man gefasst sein, denn was anfangs so locker aussieht, stellt sich da dann am Ende ganz anders dar.

Mir hat dieser Roman aus Neufundland sehr gut gefallen. Ich hatte ein kleines Wiedererleben mit einem Landstrich, den ich vor fast einem halben Jahrhundert besucht hatte.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2023

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Veröffentlicht am 13.09.2023

Lina meistert das Leben

Lina
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Klaus Heimann schildert in diesem Roman ein Frauenschicksal in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Klaus Heimann hat sich zum zweiten Mal an einen historischen Stoff gewagt, dessen Grundlagen in seiner ...

Klaus Heimann schildert in diesem Roman ein Frauenschicksal in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Klaus Heimann hat sich zum zweiten Mal an einen historischen Stoff gewagt, dessen Grundlagen in seiner eigenen Familie begründet sind.

Lina kommt als Tochter eines Kleinbauern zur Welt und muss im Alter von dreizehn Jahren die Rolle der Frau im Haushalt übernehmen, nachdem ihre Mutter an der Spanischen Grippe kurz nach dem Ersten Weltkrieg verstorben war.

Nachdem ihr Vater eine neue Frau nahm, musste Lina zur Arbeit an einen zehn Kilometer entfernten Hof im Nachbardorf. Täglich musste sie den Arbeitsweg zu Fuß zurücklegen.

Als ihre Tante dafür sorgte, dass Lina die große Stadt Essen kennenlernen darf, wird diese mit einer Welt konfrontiert, die sie sich nie hatte vorstellen können. Doch auch, nachdem sie den Mann fürs Leben, ihren Jungen, traf und ihn heiratete, wurde ihr Leben nicht leichter.

Klaus Heimann berichtet aus dem Leben von Lina, die ihr ganzes Leben der Familie gewidmet hatte, schwere Schicksalsschläge hinnehmen musste und doch nie aufgab, bis zu dem Punkt, der nicht mehr in ihrer Hand lag.

Klaus Heimann hat die Biografie seiner Großmutter stark fiktionalisiert, um den Weg einer starken Frau zu beschreiben, die den Schicksalsschlägen trotzte. Die Figur wurde fiktionalisiert, weil sie stellvertretend stehen sollte für viele weitere Frauen in dieser Zeit, denen es ähnlich erging. Die Fiktion liegt weniger in den Tatsachen, die der Autor aus der Familienerinnerung rekonstruieren konnte, als auf das Denken, Sprechen und Handeln der Frau, die er nicht mehr persönlich erleben durfte. Doch umso interessanter ist der von Lina beschrittene Weg. Wie sie allen Hindernissen begegnet und mit ihnen umgeht, ist spannend und man kann diese Biografie kaum aus der Hand legen. Zu erfahren, was mit der Protagonistin noch passieren wird, treibt einen um.

Doch es gibt einen Punkt, den ich eher als störend empfand. Wenn die Biografie der starken Frau Lina zu einem spannenden Roman fiktionalisiert wird, dann haben Fußnoten, die den Lesefluss des Lesenden unterbrechen, darin nichts zu suchen. Es gibt vielerlei Möglichkeiten für einen Autor, die in Fußnoten gepackten Informationen in den normalen Text zu integrieren. In einem Roman kann alles erklärt werden, auch Wörter, die ein Leser vielleicht zum ersten Mal liest. Das betrifft nicht nur die wenigen plattdeutschen Sätze.

Besonders schön hingegen hat mir der allgemeine Aufbau des Romans gefallen. So beginnt und endet die Geschichte, indem das Haus über seine Bewohner erzählt. Das ist gut gemacht. Und auch die Besuche der Schwestern in dem Haus, in dem Lina lebte, geben eine Möglichkeit zum Innehalten und Reflektieren aus einem Zeitpunkt heraus, der weit nach der Geschichte von Lina liegt.

Der Roman »Lina« ist ein lesenswerter Roman um ein Frauenschicksal, wie es unzählige in der damaligen Zeit gab. Frauen, die zwei Weltkriege lang für ihre Familien da waren, trugen ein besonderes Schicksal und mussten einen neuen Weg finden, um das Leben zu meistern und Entscheidungen zu treffen.

Diese Geschichte habe ich sehr gerne gelesen und empfehle sie wärmstens.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2023