Mental-Health, (Selbst-)Liebe und so viel mehr ...
„Sabotier dich nicht selbst, indem du glaubst, du bist all das nicht wert.“
Wie das Genre vermuten lässt, geht es in diesem Debüt nicht um Action und Ereignis, sondern um das Innere des erzählenden Charakters.
Jeremy ...
„Sabotier dich nicht selbst, indem du glaubst, du bist all das nicht wert.“
Wie das Genre vermuten lässt, geht es in diesem Debüt nicht um Action und Ereignis, sondern um das Innere des erzählenden Charakters.
Jeremy – am Ende seiner mentalen Kräfte, am Ende seiner Karriere – hat sich lange bevor er sich beruflich der Schauspielerei widmete, in dieser verloren. Floh jahrelang vor seinen ungelösten Problemen und Dämonen, verlor sich in Wut, Angst und Rausch …
Am Tiefpunkt ankommen heißt hier, zurück in die Heimat, in die Anonymität.
Im Verlauf lernen wir den Protagonisten, seine Schatten und die Stimmen, die ihn jagen, kennen, sind dabei, wenn Selbstmitleid- und hass überhand gewinnen, wenn Alkohol und Drogen die einzige Lösung scheinen. Lauschen Ausflüchten und Schuldzuweisungen, dem Schmerz und der Sehnsucht. Bis er in Aberdeen, regennass, dieses Restaurant betritt und ein Fremder zum Vertrauten, zum besten Freund, zu so viel mehr wird …
Inmitten all der tiefsinnigen, von Melancholie durchtränkten Zeilen, der verschachtelten Sätze ist es nicht verwunderlich, dass sich hier und da Fehler eingeschlichen haben, die sich in zu vielen oder vergessenen Worten sowie Endungen zeigen. Die Fülle an bildlichen, ausufernden Darstellungen und oftmals in Selbstmitleid gipfelnden Monologen las sich teilweise anstrengend und stockend, forderte Konzentration und doch übt das Geschehen einen Sog aus, entfacht von Wahrheiten und Poesie.
Die Schauplätze kamen atmosphärisch, die Nebencharaktere samt ihren unterschiedlichen Intentionen ausreichend zur Geltung.
Nach und nach öffnet sich der gefallene Star für das Leben, erkennt, was lange verborgen lag, sucht sich selbst. Veränderungen brauchen Zeit und diese bekommt der Schauspieler, so wie er auch durch Zufall Alex bekommt — einen jungen Mann, gezeichnet aus Selbstlosigkeit und Verständnis, mit eigenen Narben, die eine Geschichte erzählen.
Sophie Edina greift zu Bewältigungsstrategien, greift zu Szenarien und Gedanken, in denen ich mich wiederfand, die ich fühlen konnte, spickt ihren Roman mit sensiblen Themen und Aktualität, sanft und treffsicher. Regt zum Nachdenken an, mit einem Spektrum an Empfindungen und Farben. Outing – vor allem die Repräsentation der Bisexualität –, Verhaltensmuster, die einen selbst zerstören, bis hin zu lebensmüden Gedanken.
„Coming of Rage“ zeigt die Liebe, gefährlich intensiv, aus falschen Gründen, die Sucht, in all ihren Zügen, die rasende, unkontrollierbare Wut und Panik, die den Atem raubt. Aber der Weg von Jeremy Johnson offenbart noch viel mehr: Vergebung, sich selbst und den anderen, Demut und der Mut, der alles abverlangende Mut, etwas zu ändern, der fragile Wille, Hilfe zu suchen und sie zu nehmen, fest und hart. Wir finden die Bereitschaft, weiterzugehen, trotz der Gewissheit, dass Zeiten kommen, die taumeln lassen, finden Stolz, auf jeden stillen Kampf mit uns, werden zum einzigen Helden, zur alleinigen Heldin unseres Lebens. LeserInnen sollten sich auf einen Roman, der tiefer geht und nachklingt, auf ein Wiedererkennen, das berührt, einstellen. Die Höhepunkte finden sich hier in aufschlussreichen Dialogen, die zu Einsicht verleiten, in schmerzlichen Wahrheiten, inneren Veränderung sowie der unterhaltsamen, dichten Dynamik zwischen Jeremy und Alex – zwei Fremde, die Vertraute werden …