Das unangepasste Kind
In den Cevennen, dem südöstlichsten Teil des französischen Zentralmassivs, lebt eine Familie abgeschieden auf einem alten Hof. Teile der Gebäudeanlage sollen noch aus dem Mittelalter stammen und deswegen ...
In den Cevennen, dem südöstlichsten Teil des französischen Zentralmassivs, lebt eine Familie abgeschieden auf einem alten Hof. Teile der Gebäudeanlage sollen noch aus dem Mittelalter stammen und deswegen können die rötlichen Steine im Hof die Geschichte des unangepassten Kindes und seiner Geschwister am besten erzählen. Die Steine sehen alles und "stehen auf der Seite der Kinder" (S. 10), auf sie richtet sich ihr Blick. Folglich wird auch die Geschichte jeweils aus der Sicht eines der Geschwisterkinder erzählt.
Als das unangepasste Kind geboren wird, verändert sich für jedes Familienmitglied spürbar das eigene Leben. Wie die Geschwister mit dieser Herausforderung umgehen, ist einfach unglaublich schön und teilweise tieftraurig beschrieben. Die Autorin findet ganz wunderbare Worte, um in die Gefühlswelten der Figuren einzutauchen. Die karge, ursprüngliche und dennoch berauschende Landschaft spielt ebenso eine große Rolle im Roman und wird auf poetische Weise auf dem Papier zum Leben erweckt.
Mich hat diese Geschichte mit gerade einmal 174 Seiten zu Tränen gerührt und ich kann sie einfach nur weiterempfehlen. Trotz des ernsten und auch traurigen Themas wirkt der Roman insgesamt einfach nur sanft, leise und liebevoll und gleichzeitig ist es ein beeindruckendes und intensives Leseerlebnis. Während die Familie auf ihrem alten Hof und in den Bergen fest verortet ist, bleiben alle Personen namenlos. Was einerseits Distanz schafft, andererseits aber auch Raum läßt, damit die Figuren ganz nahe heranrücken können.
"Wenn man ein Kind hat, dem es schlecht geht, muss man ein Auge auf die Geschwister haben." (S. 94)