Live-Mördersuche in einer True-Crime-Fernsehshow - ein ungewöhnlich erzähltes, wendungsreiches Krimiexperiment
Murder in the FamilyVor mehr als zwanzig Jahren, im Dezember 2003, wurde Luke Ryder ermordet. Der Fall wurde bisher nicht aufgeklärt. Nun möchte sein Stiefsohn, der Regisseur Guy Howard, in der Live-True-Crime-Show „Infamous“ ...
Vor mehr als zwanzig Jahren, im Dezember 2003, wurde Luke Ryder ermordet. Der Fall wurde bisher nicht aufgeklärt. Nun möchte sein Stiefsohn, der Regisseur Guy Howard, in der Live-True-Crime-Show „Infamous“ herausfinden, wer für Ryders Tod verantwortlich ist. Dazu hat er verschiedene Experten engagiert, die gemeinsam mit den Zuschauern ermitteln sollen, was am Tag des Mordes wirklich geschah. Ob der wahre Mörder auf diese Weise enttarnt werden kann?
„Murder in the Family“ liest sich wie das Drehbuch der Show. Die Handlung wird dabei nicht als zusammenhängende Geschichte im Fließtext aufbereitet. Vielmehr sind Dialoge, Zeitungsartikel, Chatverläufe, Bilder, Lebensläufe oder Polizeiberichte abgedruckt. So wird der Fall von allen Seiten gründlich und genau untersucht. Eine durchaus ungewöhnliche Erzählweise.
Die Personenkonstellation ist recht umfangreich und vielfältig. Insgesamt wirken sehr viele Personen mit, so die Familie des Opfers, Guy Howard und seine beiden älteren Schwestern, zahlreiche weitere Bekannte des Toten und natürlich die mit der Aufklärung des Falls beauftragten Experten. Mir fiel es vor allem zu Beginn schwer, die sechs Experten voneinander zu unterscheiden. Sie bleiben durch die spezielle Art, wie der Fall präsentiert wird, zwangsläufig blass. Alle beteiligten Personen haben Geheimnisse, die nach und nach aufgedeckt werden.
In jeder der im Buch präsentierten acht TV- Folgen gelangen verschiedene Fakten und Details an die Oberfläche, die den Mord immer wieder in ein völlig anderes Licht rücken und interessante Wendungen und Überraschungen bringen. Jede Folge endet mit einem kleinen Cliffhanger. Mehr als einmal ließ ich mich dabei auf eine falsche Fährte locken. Dennoch hat mich das Buch nicht hundertprozentig überzeugt. Meine Leselust litt teilweise doch stark unter der besonderen, neutralen Erzählweise, die die Phantasie, das Kopfkino, nicht so beflügelte wie ein klassischer Kriminalroman. Ich wollte unbedingt wissen, wer der Mörder ist, fieberte aber emotional nicht mit den Figuren mit, da ich keinen rechten Bezug zu ihnen entwickeln konnte. Womöglich ist der Roman eines der wenigen Bücher, das als Verfilmung besser funktioniert als als Buch. Wer allerdings einmal ein etwas anderes literarisches Krimiexperiment wagen möchte, dem empfehle ich „Murder in the Family“ trotzdem gerne weiter.