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Veröffentlicht am 02.04.2024

Krimi mit authentischem Bezug

Die Sehenden und die Toten
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Kommissarin Clara Seidel ließ sich aufgrund privater Probleme von Hamburg ins ruhige Wendland versetzen. Hier gibt es höchstens eine Schlägerei oder ein Knöllchen zu verteilen und es bleibt endlich Zeit, ...

Kommissarin Clara Seidel ließ sich aufgrund privater Probleme von Hamburg ins ruhige Wendland versetzen. Hier gibt es höchstens eine Schlägerei oder ein Knöllchen zu verteilen und es bleibt endlich Zeit, ihrer hochsensiblen 17-jährigen Tochter Lana gerecht zu werden und ihre eigenen Probleme in den Griff zu bekommen. Zumindest bis der 18-jährige Justus ermordet vorgefunden und Clara unerwartet die Leitung des Mordfalls übertragen wird.

Sia Piontek ist das Pseudonym einer ehemaligen Verlagsprogrammleiterin, die sich mit dem Auftakt zu ihrer ersten Krimireihe vorstellt.

Wie man von einem guten Ermittlerkrimi erwartet, ist die Hauptfigur Carla eine spannende und geheimnisumwobene Protagonistin, deren Innerstes erst im Verlauf der Handlung nachvollziehbar wird. Noch beeindruckender kommt ihre Tochter Lana daher, die mit ihrem Scharfsinn und ihrer besonderen Feinfühligkeit ihre Mutter immer wieder rettet und einschlägige Hinweise in die Ermittlung einbringt.

Die Autorin bedient sich an aktuellen Themen aus der Jugendszene, vor denen sich jedes Elternteil fürchtet.

Zitat S. 10:
"Zärtlich hatte er ihn liebkost und jede andere Hand vergessen lassen. Es hatte keine Demütigungen mehr gegeben und keine Niedertracht – nur Glück und Freude. Er hatte in seine Seele geschaut, ja, genau das. Für ihn war es wie Ankommen gewesen, Frieden finden. Und dann das!"

Der Fall ist recht komplex, lässt aber den Leser vor Nervenkitzel nicht zur Ruhe kommen und offenbart erst spät das ganze Ausmaß und den Hintergrund des Täters.

Fazit: Ein spannender Krimi mit interessantem und authentischem Bezug zur Realität, der Lust auf mehr macht. Mir hat das Buch gut gefallen und ich freue mich schon auf einen weiteren Teil der Reihe.

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Veröffentlicht am 11.12.2023

Gelungener Auftakt!

Stille Falle
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Sonderdezernat Q in Schweden, geil! – Das war mein erster Gedanke, als ich den Klappentext gelesen habe. Nun kann ich sagen: Eigentlich ist dieser Reihenauftakt um Leo und ihr Keller-Team ganz anders. ...

Sonderdezernat Q in Schweden, geil! – Das war mein erster Gedanke, als ich den Klappentext gelesen habe. Nun kann ich sagen: Eigentlich ist dieser Reihenauftakt um Leo und ihr Keller-Team ganz anders.

Zum einen entspricht Leo nicht dem typischen "abgewrackter Ermittler"-Klischee. Weder hat sie ein Problem mit Alkohol noch mit Drogen. Lediglich mit ihrer Mutter und ihrer Ex-Affäre, denen sie ihre "Beförderung" in den Keller zu verdanken hat. Natürlich macht sie auch hier die notwendigen, heldenhaften Alleingänge, ohne die Erlaubnis zu haben. Aber was wäre ein Krimi ohne einen Ermittler, der laufend Anweisungen missachtet? Mir zaubert das immer wieder ein Schmunzeln ins Gesicht.

Leonore ist sozusagen der aufgehende Stern am Polizeihimmel. Ihr Charakter ist sehr gut ausgearbeitet, ebenso ihr Hintergrund. Aufgewachsen bei ihrem Vater – einem Prepper – hat sie von Anfang an gelernt, dass ein Hindernis kein Grund zum Aufgeben ist. Sie hat einen starken Willen und kann ihre Grenzen dabei deutlich aufzeigen. Durch die vielen Rückblicke kann der Leser nach und nach besser ihre Reaktionen nachvollziehen und ihrer Figur den Raum geben, den sie braucht. Mir waren ihre Handlungen nicht immer schlüssig bzw. hätte ich vielleicht hier und da anders reagiert, aber ich muss auch nicht einer Figur folgen, die ständig Ja und Amen sagt. Von daher passt das für mich so.

Die vielen Perspektivwechsel machen die Story an einigen Stellen spannend und sorgen für den einen oder anderen Cliffhanger. Doch manchmal zieht sich die Geschichte dadurch auch etwas, sodass ebenjene Spannung leider abflaut. Alles in allem ist hier jedoch ein gelungener Krimi gelungen, der eine gute Reihe vermuten lässt.

Tanja Geke als Sprecherin gefällt mir gut. Das war das erste Hörbuch, das ich mit ihr genießen durfte. Ich musste mich zwar erst an ihre Stimmklangfarbe gewöhnen, fand diese dann aber recht angenehm. Geke weiß, wann sie Pausen zu setzen hat. So bringt sie an den richtigen Stellen die nötige Portion Drama mit rein und lässt zudem eine Gänsehaut-Atmosphäre entstehen.

Fazit: Spannender Reihenauftakt, der definitiv Lust auf mehr macht! Spannend und mit vielseitigen Figuren. Wird auf jeden Fall weiterverfolgt!

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Veröffentlicht am 20.11.2023

Packender Thriller, gern mehr Seiten

Und nebenan der Tod
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Adele und Niklas leben in Venedig. Sie haben ein wunderschönes Zuhause und führen bis auf ihren unerfüllten Kinderwunsch ein glückliches Leben. Als Adeles Freundin plötzlich erkrankt und Hilfe benötigt, ...

Adele und Niklas leben in Venedig. Sie haben ein wunderschönes Zuhause und führen bis auf ihren unerfüllten Kinderwunsch ein glückliches Leben. Als Adeles Freundin plötzlich erkrankt und Hilfe benötigt, will das Paar zügig nach Berlin zurück. Über eine Online-Plattform suchen sie nach einem Pärchen, das ihre Wohnung mit ihnen tauscht. Dabei treffen sie auf Veronika und Konstantin. Es passt alles und der Tausch wird vollzogen. Doch schon kurz darauf wird Niklas misstrauisch, was das Tauschpaar betrifft. Als es dann auch noch zu einem Mord kommt, ist schnell klar, dass die beiden keine Ahnung haben, was wirklich in der getauschten Wohnung passiert ist…

Die Story geht spannend los und ich habe mich schnell mit den überschaubaren Charakteren angefreundet. Diese sind sehr gut ausgearbeitet und waren für mich greifbar, wie die netten Nachbarn von nebenan. Die Idee mit dem Wohnungstausch fand ich echt cool, obwohl ich anfangs skeptisch war, ob das Buch mit den wenigen Seiten meine Erwartungen erfüllen wird.

Und was soll ich sagen – JA, das hat es! Sowohl die bildlichen Beschreibungen der Wohnung in Berlin als auch der Wohnung in Venedig sind der Autorin hervorragend gelungen. Generell hat mich ihr eloquenter Schreibstil ausnahmslos durch die Handlung gezerrt und bestens unterhalten.

Der Schlussteil war zwar keine große Überraschung, aber literarisch perfekt umgesetzt. Ich persönlich hätte mir gerne noch ein paar Seiten mehr zum Lesen gewünscht, um noch die eine oder andere offene Frage beantwortet zu bekommen. Aber das ist wahrscheinlich Meckern auf hohem Niveau, denn das Ende ist schlüssig und bildet einen passenden Abschluss.

Fazit: Ein packender Thriller mit coolen Charakteren und einer bizarren Story. Wechselnde Locations bringen Abwechslung rein und steigern die Neugier. Wer es nicht unbedingt blutig mag, aber doch den gewissen Thrill erleben möchte, ist hier genau richtig.

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Veröffentlicht am 22.10.2023

Typisch Berliner Schnau*e!

Da bin ick nicht zuständig, Mausi
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Hier wird berlinert, bis die Sparte kracht. Wer in Berlin wohnt, es nicht anders kennt, der wird damit kaum Probleme haben. Der alltägliche Wahnsinn eben. Ich selbst wohne seit 10 Jahren in der Hauptstadt ...

Hier wird berlinert, bis die Sparte kracht. Wer in Berlin wohnt, es nicht anders kennt, der wird damit kaum Probleme haben. Der alltägliche Wahnsinn eben. Ich selbst wohne seit 10 Jahren in der Hauptstadt und hatte dennoch meine kleinen Problemchen mit dem doch eher gewöhnungsbedürftigen Dialekt. Es stört manchmal den Lesefluss. Hartes Beamtendeutsch, typischer Ossi-Dialekt. Kein leichter Tobak. Doch man gewöhnt sich relativ zügig daran.

Connys Gedankengänge sind sehr amüsant. Ganz großes Kino, ich habe mich sehr gut unterhalten gefühlt. Wir bekommen ihre Emotionen live und in Farbe aus der Ich-Perspektive serviert. Berlinert wird nur, wenn die Charaktere des Buches sich unterhalten. Connys Passagen sind größtenteils dialektfrei.

Conny als Hauptcharakter ist großartig. Sie hat die typische Berliner Schnauze, weiß sich durchzusetzen und erlebt jeden Tag aufs Neue den Beamtenwahnsinn mit. Und der hat es in sich. Wir, als normale Bürger, müssen bereits einiges aushalten. Doch Conny und Co. haben es andersherum auch nicht leicht mit uns. Conny braucht eine gute Portion Selbstbewusstsein, Geduld und Durchsetzungsvermögen, um ihre Hirnzellen zu schonen. Gaaaaaaaaanz viel Geduld, mein lieber Scholli, denn die „alten Eisen“, nennen wir sie Kollegen, sind nicht bereit, die Digitalisierung zu akzeptieren.

„Ich erkläre Doris also den Vorgang des Log-ins, als wäre er die reinste Raketenwissenschaft, und, halleluja, nur viele Minuten später – wir sind online.“ (Seite 13)

Beachtet hier: Es geht nur um eine Videokonferenz! Wie sähe das zwischenmenschliche Desaster bei komplexeren Geschichten aus? Wie beispielsweise beim Einrichten eines Outlook-Kalenders? Ich möchte mir gar nicht vorstellen, welches Armageddon auf Conny zukäme. (Ein bisschen neugierig bin ich aber schon.) Wenn sich 50+ mit jungen Hüpfern auseinandersetzen muss, die mit englischen Begriffen um sich werfen, dann kann das schonmal zu Reibereien führen, zu Diskussionen die im Nirgendwo enden. Und der Bürger fragt sich: „Was machen die bitte dort? Arbeiten ganz sicher nicht.“

Und genauso kämpft sich Conny durchs ganze Buch. Das Beamtendasein wird auf lustige Art durch den Dreck gezogen, sämtliche Klischees werden komödiantisch erwähnt.

Fazit: Eine Mischung aus alltäglichem Wahnsinn, sowohl im Berufs- als auch im Privatleben. Die Autorin nimmt uns mit auf eine satirische Reise, bei der man wunderbar abschalten kann. Für mich war das Buch wirklich gut für zwischendurch und konnte mich trotz der Startschwierigkeiten überzeugen. Empfehlen würde ich es jedem, der gerne liest und etwas anderes als sein übliches Genre braucht. Herrlich erfrischend!

RO, Lena

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Veröffentlicht am 30.09.2023

Gut geschriebene Krimigeschichte

Holly
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Bereits im Vorfeld muss ich erwähnen, dass King in seinem neuen Werk erneut die Corona-Pandemie aufgreift und auch hier sein Liebings-Feind Trump eine große Rolle spielt. Dennoch habe ich mich wieder mit ...

Bereits im Vorfeld muss ich erwähnen, dass King in seinem neuen Werk erneut die Corona-Pandemie aufgreift und auch hier sein Liebings-Feind Trump eine große Rolle spielt. Dennoch habe ich mich wieder mit Holly auf Spurensuche begeben und muss sagen: Die Realität, vermischt mit Kings Fantasie, ist einfach einzigartig!

Holly, die Figur, scheint King sehr am Herzen zu liegen. Bereits in „Der Outsider“ hatte sie eine große Rolle inne, nach einigen kleinen Auftritten in anderen seiner Bücher. Nun ist sie unsere Hauptprotagonistin und führt uns mit ihren Ermittlungen durch ein Amerika, in dem Verschwörungstheoretiker glauben, dass Menschenfleisch den Alterungsprozess stoppt. Puh. Dieses Mal ist der Horror also nicht übernatürlich, sondern menschengemacht.

Holly als Figur ist überaus interessant, jedoch kein einfacher Charakter. An manchen Stellen musste ich mich vergewissern, dass sie tatsächlich eine gestandene Frau in der zweiten Lebenshälfte ist – ihre „Holly-Hoffnung“ erinnerte mich an innere Göttinnen, die ich ebenfalls nicht ernst nehmen konnte. Aus den vorigen Büchern wusste ich natürlich, dass sie ihr Päckchen zu tragen und King sie komplex aufgebaut hat. Wer ihr bislang nicht begegnet ist, sei unbesorgt, denn das tut dem Lesevergnügen keinen Abbruch. Der Autor erwähnt Hollys Vergangenheit immer wieder und zeigt damit, wie sehr den 75-Jährigen ihr Schicksal umtreibt. Holly weiß um ihre Traumata und musste lernen, dass es Dämonen gibt, die man nicht einfach so loswird.

Die Atmosphäre ist düster und beklemmend. Für mich sind die Themen, die King der Realität entliehen hat, irgendwann in den Hintergrund gerückt. Insbesondere im letzten Viertel flogen die Seiten nur so dahin. King schafft es immer wieder, viele Einzelschicksale in seinen Büchern zu einem großen Ganzen zu verweben. Aus einem normalen Vermisstenfall entwickelt sich ein Grauen, dessen Ausmaße bis zum Schluss undenkbar sind. Hier und da hätte dem Plot etwas Tempo, Feinschliff und Pepp gutgetan, doch es schien so, als hätte King zu seinen alten Wurzeln zurückgefunden.

Zum Stil per se lässt sich nur so viel sagen: Entweder man liebt oder man hasst ihn. Dazwischen gibt es nichts. King schreibt ausufernd, verliert sich zuweilen in Nebensträngen, der rote Faden wird über drei Ecken gesponnen. Und es gibt Passagen, die ziehen sich derart in die Länge, dass man mitunter vergisst, worauf der Autor eigentlich hinaus wollte. Das ist eben sein Stil. So kennt man seine Schreibe. Und so ist es auch in diesem Werk.

Fazit: So richtig vergleichen lässt sich „Holly“ nicht mit „Es“ oder „Shining“ oder anderen Werken von King. Wenn man das Buch einzeln und unabhängig bewertet, kann man es als gut gemachten Krimi verzeichnen. Auch wenn ich auf die politischen Elemente gerne verzichtet hätte, konnte mich der Roman insgesamt gut unterhalten.

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