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Veröffentlicht am 01.10.2023

Hexen!

Als wir an Wunder glaubten
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Unnenmoor liegt in Ostfriesland. Jahre nach dem Ende des zweiten Weltkriegs warten die Bäuerinnen Anni und Edith noch immer auf die Rückkehr ihrer Ehemänner, die in Russland gekämpft haben. Schließlich ...

Unnenmoor liegt in Ostfriesland. Jahre nach dem Ende des zweiten Weltkriegs warten die Bäuerinnen Anni und Edith noch immer auf die Rückkehr ihrer Ehemänner, die in Russland gekämpft haben. Schließlich kehrt einer zurück.

Die Atmosphäre in diesem Buch ist so düster wie die lichtlosen Katen, in denen die Menschen leben, denn Strom gibt es noch lange nicht. In der Nähe des Dorfes stand eine Baracke, in der Zwangsarbeiter lebten, wie jeder im Dorf wusste. Der Krieg kam den Menschen also sehr nah. Die Überlebenden sind verstört und traumatisiert, sie suchen nun nach Orientierung, begleitet von Aberglauben. Zwischen Arbeit, Kirche und Kneipe erscheint das Leben eng und aussichtslos.

Mir gefielen die dichte Atmosphäre, die glaubhaften Figuren und die begreifliche Handlung, die zum Schluss fast in eine Katastrophe mündet. Gerade die emotionale Schilderung der Personen macht es leicht, ihnen zu folgen und sie zu verstehen. Die häufig gesprochene Mundart lässt das Ganze noch authentischer wirken.

Eine bewegende Geschichte, dicht erzählt und mit einem versöhnlichen Ende im Heute. Es ist der dritte Roman der Autorin.

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Veröffentlicht am 12.09.2023

Thomas rettet die Welt

Ein ko(s)mischer Auftrag
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Privatdetektiv Thomas Lohbeck hat vom Leben genug. Er will sich umbringen, aber seine Versuche schlagen fehl. Stunden später erhält er einen Auftrag.
Was wie eine Detektivgeschichte beginnt, führt bis ...

Privatdetektiv Thomas Lohbeck hat vom Leben genug. Er will sich umbringen, aber seine Versuche schlagen fehl. Stunden später erhält er einen Auftrag.
Was wie eine Detektivgeschichte beginnt, führt bis ins fernste Weltall und an den Ursprung allen Lebens. Ein böses Alien-Volk, die Düsteren, hat sich auf der Erde festgesetzt und muss vertrieben werden. Jede Menge schwere Waffen sind dafür notwendig. Immer wieder gibt es Überraschungen und Deja-Vu-Erlebnisse. Elvis Presley und Michael Jackson treten auf, der Babelfisch aus dem Anhalter erlebt eine Wiedergeburt und das sind nicht die einzigen Verweise auf die Popkultur der 80er und 90er Jahre.
Das Buch ist witzig geschrieben und nimmt sich selbst nicht allzu ernst. Es hat großen Spaß gemacht.

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Veröffentlicht am 06.08.2023

Atmosphärisches Gemälde

Die Erfindung des Lächelns
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1911 wurde die Mona Lisa aus dem Louvre gestohlen. Zwei Jahre später tauchte sie wieder auf. Was dazwischen passierte, wurde nie endgültig geklärt.
Hillenbrand erzählt die Einzelheiten. Er startet wie ...

1911 wurde die Mona Lisa aus dem Louvre gestohlen. Zwei Jahre später tauchte sie wieder auf. Was dazwischen passierte, wurde nie endgültig geklärt.
Hillenbrand erzählt die Einzelheiten. Er startet wie ein Thriller, dann steigt er tief in die Künstlerszene in Paris ein. Wir treffen Maler wie Picasso, Tänzerin Isadora Duncan, anarchistische Attentäter, Poeten, Magier, Kriminelle und viele andere in den Cafes und Gaststätten der Stadt. Es gibt zwei offizielle Stellen, die den Kunstraub aufklären sollen und dabei miteinander konkurrieren.
Es sind im Ganzen fünf verschiedene Hauptpersonen, deren Geschichten parallel erzählt werden und die alle mit der Mona Lisa verknüpft sind. Untereinander kennen sich diese Personen teilweise gar nicht, teilweise gut. So wird der Roman vielschichtig. Insgesamt ist es eher ein Kaleidoskop als eine Erzählung oder gar ein Kriminalroman. Spannung kommt stets nur kurz auf und ist, wenn die jeweilige Episode zu Ende ist, auch schon wieder vorbei. Doch der Autor ist Profi: Der rote Faden geht nie verloren. Die Menschen sind authentisch und glaubhaft dargestellt. Man taucht ein in die Atmosphäre der Belle Epoque in Paris, dem Zentrum der damaligen Welt. Das lässt sich gemütlich schmökern. Viele bekannte Namen tauchen auf, und wer etwas von Malerei versteht, hat ein zusätzliches Vergnügen.
Lange ehe das gestohlene Gemälde offiziell wieder auftaucht, wissen wir als Lesende, wo es ist und was ihm passiert. Das berühmte Lächeln der Mona Lisa hat einen eigenen Auftritt und wird sogar erklärt. Zum Schluss kehrt sie in den Louvre zurück - das ist Geschichte.
Fazit: Unaufgeregt, gut recherchiert und leicht zu lesen. Eine runde Sache!

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Veröffentlicht am 13.04.2023

Menschen im Freibad

Seemann vom Siebener
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"Es ist so schön, ich würde jetzt gerne einen Vogel freilassen."

Ein deutsches Freibad, irgendwo in einer Kleinstadt. Hier treffen an einem heißen Sommertag die Menschen auf einander. Jemand ist mit dem ...

"Es ist so schön, ich würde jetzt gerne einen Vogel freilassen."

Ein deutsches Freibad, irgendwo in einer Kleinstadt. Hier treffen an einem heißen Sommertag die Menschen auf einander. Jemand ist mit dem Auto verunglückt und soll heute beerdigt werden. Ein anderer ist schon vor Jahren im Sprungbecken verstorben, unter dem Siebenmeterturm. Die Spuren dieser Todesfälle ziehen sich durch die Geschichten.
Einfühlsam wird das Innenleben mehrerer Personen dargestellt, mit allem was sie denken und erinnern. Jede dieser Person ist für einen langen Augenblick des Buches das Zentrum ihrer Welt und ihrer Wahrnehmung. Danach wendet sich die Geschichte wieder einer anderen zu. Hauptfigur ist ein namenloses Mädchen, das in Ich-Form berichtet und heute zum ersten Mal seit Langem wieder das Haus verlässt.
Diese Darstellung der Menschen ist sehr authentisch und intensiv. Die Geschichten wachsen, je nachdem, welche Person wieder aufgegriffen und weiter erzählt wird. Man kann sich alles sehr gut vorstellen, ist nahezu dabei, wenn im Freibad jeder die eigenen Gedanken mitbringt und die anderen Menschen beobachtet.
Der Stil ist schön, poetisch und manchmal besonders. Er zieht den Leser mitten hinein in den heißen Sommertag. Jeder, der jemals einen Nachmittag träge im Freibad vergammelt hat oder dort früher einmal jugendlich herumtobte, wird sich hier wiederfinden. Manchmal ist es dort auch etwas langweilig.
Doch alle Geschichten sind miteinander verknüpft. Spannung entsteht, weil vor lauter Wahrnehmung und Betrachtung Fragen offen bleiben. Einige der Menschen hier haben schlimme Dinge erlebt. Das kann man zunächst nur erahnen. Doch es gibt Befreiung.
Ein ruhiger Sommerroman vom Sein

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Veröffentlicht am 25.12.2022

Lyrik und Kuchen

Zweckfreie Kuchenanwendungen
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Sukhin ist Lehrer für englische Literatur an einer Schule in Singapur. Er führt ein geregeltes Leben, ist aber nicht so richtig zufrieden damit. Vor allem Menschen sind ihm ein Gräuel. Eines Tages erkennt ...

Sukhin ist Lehrer für englische Literatur an einer Schule in Singapur. Er führt ein geregeltes Leben, ist aber nicht so richtig zufrieden damit. Vor allem Menschen sind ihm ein Gräuel. Eines Tages erkennt er in einer Obdachlosen eine frühere Freundin namens Jinn.
Sukhin ist eine fremde Welt. Obwohl er Lehrer ist, scheint er alle Menschen zu verabscheuen. Die Einzigen, der ihm etwas näher kommen, sind ein aufdringlicher Kollege und die Mitarbeiterin, die ihm jeden Morgen sehr pünktlich seinen sehr heißen Tee serviert.
Eine Innenansicht von Sukhin fehlt völlig. Wir erfahren nicht, warum er tut, was er tut, wir sehen ihn nur handeln. Oft backt er Kuchen. So viel Kuchen gebacken und Essen gekocht wurde selten in einem Buch, das kein einziges Rezept enthält. Und dann ist da noch dieses Ding, das Sukhin in seiner Wohnung baut. Was für ein schräger Typ!
Um Singapur geht es in diesem Buch nur zufällig. Neulinge im asiatischen (Koch-) Raum finden am Ende des Buches ein Glossar. Wer Freude an skurrilen Typen hat und Sukhin weiter folgt, findet mit ihm nichts weniger als den Sinn von Poesie und Kuchen.

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