Optisch toll, inhaltlich mau
Literally Love 1. Paperthin TouchIch hatte das Buch angefordert, weil mich der Blick in die Verlagswelt gereizt hat und ich auch das Thema Social Media interessant finde. Was die Grundgeschichte betrifft, zeigt das Buch nichts Neues, ...
Ich hatte das Buch angefordert, weil mich der Blick in die Verlagswelt gereizt hat und ich auch das Thema Social Media interessant finde. Was die Grundgeschichte betrifft, zeigt das Buch nichts Neues, aber die Perspektive der Lektorin macht den Text auch erzählerische reizvoll.
Rezi enthält Spoiler!
Worum geht es?
Lektorin Clio hat ein Problem mit ihrem Vater, der die Familie verlassen hat und mit ihren Mitbewohner:innen, die eine On-Off-Beziehung führen. Dann muss sie plötzlich Autor Bryn betreuen, der als Talent, aber schwierig zu handhaben gilt. Doch je mehr Kritiken hin und her fliegen, desto mehr Funken sprühen.
Wie hat mir das Buch gefallen?
Leider gab's im Buch schon relativ früh Aspekte, mit denen ich nicht klargekommen bin: Clio wirkt auf mich eher negativ, sie hat soviele Probleme, vor denen sie meistens wegläuft. Außerdem mischt sie sich gern in die Nicht-Beziehung ihrer besten Freundin ein und auch das Verhältnis zu den Eltern ist angespannt. Ich glaube, in Clio steckt viel Frust, den sie verarbeiten muss. Dass SIE körperlich Bryan näher kommen will und den ersten Schritt macht, war nicht mein Geschmack, ist aber in Ordnung.
Hinzu kommt, dass ihre Bemerkungen im Text sehr schnell persönlich werden - sie übertritt damit die professionelle Ebene, was ich nicht gut fand.
Herzstück ist die Geschichte in der Geschichte - Clio korrigiert Bryns Text und als Leser sehen wir diese Bemerkungen. Der Buchsatz hat das wundervoll umgesetzt, es sieht "echt" aus und die meisten von Clios Bemerkungen konnte ich nachvollziehen. Das gab einen guten Einblick in die Arbeit einer Lektorin. Auch die Arbeit im Verlag wirkte realistisch. Allerdings hat man manche Passagen öfters gelesen und für mich hat das den Lesefluss gehemmt. Ich habe die Passagen irgendwann überlesen. Richtig interessant wurde es erst nach 50 %, als sich die beiden näher kommen. Hinzu kommt, dass ich die Geschichte in der Geschichte nicht so interessant fand: Eigentlich geht es um einen Mann, der von seinem besten Freund gestalt wird und dessen Leben zerstört wird. Davon lesen wir aber wenig. Stattdessen liegt der Fokus auf der Beziehung zur Jugendliebe des Mannes - die Frau ist gleichzeitig die Schwester des Stalkers. Als Parallelgeschichte zur Clio-Bryn-Ebene funktioniert das im Roman ganz gut - beide Geschichten sind so unterschiedlich, dass es nicht langweilig wirkt, aber so ähnlich, dass man Parallelen zur Handlung ziehen kann. Viele Leser:innen werden damit Spaß haben, aber mich hat es leider nicht gepackt.
Denn wenn man diesen Aspekt ausblendet, haben wir nicht viel: Zwei Figuren, die so vage charakterisiert sind, dass ihre Liebe für mich nicht nachvollziehbar wirkt. Vor allem Bryns realer Beruf kommt zu kurz, was ich sehr schade fand. Witzig war's leider auch nicht.
Es gab einige Nebenfiguren und einen Nebenhandlungsstrang mit der besten Freundin und ihrem Love-Interest, der immer wieder aufgegriffen, aber nur am Ende ein bisschen vertieft wird. Dieser Strang hat etwas Überraschendes, das leider ein bisschen untergeht.
Der zweite Schwerpunkt ist Clios Verhältnis zum Vater. Dieser hatte die Familie verlassen. Doch nun nähern sich die Eltern wieder an, was Clio nicht gefällt. Aus meiner Sicht hätte hier viel mehr erzählt werden können, weil soviele Jahre der Schuld, des Verlustes und Frustes nicht in ein paar Wochen zu bereinigen sind. Das Ende des Konfliktes fand ich aber nachvollziehbar und versöhnlich. Das war rund.
Von Oxford als Setting sieht man wenig, aber es gibt nette Landschaftsbeschreibungen.
Irgendwie klärt sich am Ende alles sehr schnell und Clio wirkte auf mich ein bisschen naiv.
Fazit
Die Geschichte hat ihren Reiz, vor allem optisch, und die Grundidee gefällt mir. Trotzdem waren mir die Charaktere nicht tief genug, die Story nicht witzig genug. Die Geschichte wirkt schwerer, als sie ist, ich habe nur selten mitgelitten.