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Veröffentlicht am 17.10.2023

Ein feinfühliger Roman mit klugen Reflexionen über das Leben, die Gesellschaft und die Welt

Die Bücherjägerin
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Inhalt: Über mehrere Jahre hinweg hat Sarah, gemeinsam mit ihrer Tante Amalia, ein Restaurations- und Antiquitätengeschäft geführt. Doch nun ist Sarah allein: Amalia ist vor Kurzem unerwartet verstorben ...

Inhalt: Über mehrere Jahre hinweg hat Sarah, gemeinsam mit ihrer Tante Amalia, ein Restaurations- und Antiquitätengeschäft geführt. Doch nun ist Sarah allein: Amalia ist vor Kurzem unerwartet verstorben – wodurch Sarahs Leben zu zerbrechen droht. Nicht nur muss Sarah mit der Trauer zurechtkommen, zugleich hat sie einen Schuldenberg geerbt, von dem ihre Tante immer geschwiegen hat. Gerade, als Sarah Ordnung in das Geschäft bringen möchte, klingelt es an der Haustür: Ein Mann steht vor der Tür, der sich als Benjamin Ballantyne vorstellt. Er erklärt, dass Amalia kurz vor ihrem Tod Kontakt zu ihm aufgenommen hatte und ihm erzählte, sie wisse wo sich das erste, bis dato verschollene Segment der Peutingerschen Tafel (eine spätmittelalterliche Karte) befinde. Sarah, die davon zum ersten Mal hört, begibt sich – nach kurzem Zögern – gemeinsam mit Benjamin auf die Suche nach der Karte…

Persönliche Meinung: „Die Bücherjägerin“ ist ein buchiger Roman von Elisabeth Beer. Die Handlung des Romans folgt, vereinfacht gesagt, der Struktur eines Abenteuerromans: Sarah und Benjamin reisen auf der Suche nach einem verschollenen „Schatz“ quer durch Europa, wobei es einige Hindernisse aus dem Weg zu räumen gilt. In dieser „einfachen“ Abenteuer-Struktur geht der Roman aber nicht komplett auf. Im Gegenteil: Er durchbricht die Grenzen des Genres „Abenteuerliteratur“. Dies fängt bereits bei der Protagonistin Sarah an, aus deren Ich-Perspektive die Handlung erzählt wird. Sarah ist eine vergleichsweise komplexe, unkonventionelle Protagonistin: Ihr fällt der Kontakt zu anderen Menschen schwer, häufig hat sie Probleme, Äußerungen von Anderen zu dekodieren, und sie weiß nicht immer genau, wie sie am besten handeln soll, wodurch sie, trifft sie auf andere Menschen, oft überfordert ist. Diesen Charakterzug Sarahs zeichnet Elisabeth Beer in einfühlsamer wie anschaulicher Weise nach (Generell: Alle in „Die Bücherjägerin“ auftretenden Charaktere sind wirklich klasse. Sie sind durchweg ein bisschen schrullig, aber ungemein liebenswürdig). Weiterhin ist die Handlung durchzogen von einem Hauch Coming of Age, der sich besonders in Rückblicken, die sich mit der Kindheit und Jugend Sarahs beschäftigen, manifestiert: Das Aufwachsen bei Amalia wird hier genauso thematisiert wie das Finden und Erkennen des Selbst, Streitereien mit der Schwester, der erste Kuss und die erste Liebe. Daneben findet sich in „Die Bücherjägerin“ eine feine, ebenfalls unkonventionelle Liebesgeschichte zwischen Benjamin und Sarah, zu der ich aber hier nichts spoilern möchte. Überhaupt werden – neben dem Erwachsenwerden und der Liebe – viele verschiedene, gesellschaftlich relevante Themen in dem Roman angesprochen (wie Diversität, der Umgang mit Trauer, Diskriminierung und Mobbing). Zusätzlich entdeckt man immer mal wieder Referenzen auf Werke der Weltliteratur. Der Schreibstil von Elisabeth Beer ist empathisch, anschaulich und gewürzt mit einem feinen Humor. Insgesamt ist „Die Bücherjägerin“ ein feinfühlig geschriebener Roman mit klugen Reflexionen über das Leben, die Gesellschaft und die Welt.

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Veröffentlicht am 15.10.2023

Ein anschaulich geschriebener Rechtsmedizin-Thriller

Mit kalter Präzision
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Inhalt: Die Frau des bekannten Berliner Schönheitschirurgen Roderich Kracht wird in der Villa des Ehepaars ermordet aufgefunden. Da Kracht Kontakte in die höchste Riege der Politik und Polizei besitzt, ...

Inhalt: Die Frau des bekannten Berliner Schönheitschirurgen Roderich Kracht wird in der Villa des Ehepaars ermordet aufgefunden. Da Kracht Kontakte in die höchste Riege der Politik und Polizei besitzt, werden weder Kosten und Mühen noch Personal gescheut, um den Mord möglichst schnell aufzuklären. Auch die Rechtsmedizinerin Sabine Yao wird in dem Fall eingesetzt – und entdeckt bei der Obduktion rechtsmedizinisch Unmögliches: Der errechnete Todeszeitpunkt findet keine Entsprechung in dem Zustand der Leichenstarre.

Persönliche Meinung: „Mit kalter Präzision“ ist ein Thriller von Michael Tsokos. Es handelt sich um den Auftakt einer neuen Reihe, in der Sabine Yao in die Rolle der Ermittlerfigur schlüpft (man trifft aber auch auf einige bekannte Figuren aus anderen Tsokos-Thrillern). Erzählt wird die Handlung von einem allwissenden Erzähler, der meist die personale Perspektive von Yao einnimmt. Wie der Untertitel von „Mit kalter Präzision“ schon angibt, handelt es sich bei dem Roman um einen „Rechtsmedizin-Thriller“ – und das findet sich auch an mehreren Stellen in der Handlung wieder: Leichen werden detailliert obduziert, Todesursachen werden diskutiert, Todeszeitpunkte werden berechnet und historische rechtsmedizinische Kriminalfälle werden erzählt. Dies erfolgt – soweit ich es als Laie beurteilen kann – authentisch sowie theoretisch fundiert. Spannung entsteht in „Mit kalter Präzision“ weniger durch die Frage nach der Täterfigur (diese steht – durch fehlende zusätzliche potentielle Täter – vergleichsweise früh fest), sondern eher durch die Frage, wie man der Täterfigur ihre Taten nachweisen kann (und generell durch das wahre Ausmaß der Tathandlungen). Neben dem eigentlichen Fall spielt auch das Privatleben von Sabine Yao eine größere Rolle: Ihre Schwester befindet sich – aus Gründen, die ich hier nicht spoilern möchte – in psychiatrischer Behandlung, was auch Yao mitnimmt. „Mit kalter Präzision“ ist anschaulich geschrieben, trotz der „Theorielastigkeit“ eingängig (und nicht trocken) erzählt und lässt sich flüssig lesen. Insgesamt ist „Mit kalter Präzision“ ein anschaulich geschriebener Thriller, der mit einer gehörigen Portion Rechtsmedizin-Insiderwissen auftrumpft.

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Veröffentlicht am 09.10.2023

Ein vielschichtiger und spannender Kriminalroman

Sommersonnenwende (Wolf und Berg ermitteln 1)
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Inhalt: Es ist der Sommer 1994. Die Sonne glüht; die Temperaturen in Schweden brechen Rekorde. Weiter angeheizt wird die Stimmung durch die Erfolge der schwedischen Nationalmannschaft bei der WM: Der große ...

Inhalt: Es ist der Sommer 1994. Die Sonne glüht; die Temperaturen in Schweden brechen Rekorde. Weiter angeheizt wird die Stimmung durch die Erfolge der schwedischen Nationalmannschaft bei der WM: Der große Coup, der Titel, scheint plötzlich real zu werden. Diese euphorisierende Stimmung geht allerdings fast völlig an dem Kriminalkommissar Thomas Wolf vorbei. Nicht nur ist Wolf – durch seine Einsätze als UN-Soldat – stark traumatisiert, was immer mehr sein Familienleben belastet. Hinzu kommt eine erschütternde Mordserie: Junge Frauen, erdrosselt und vergewaltigt, werden an verschiedenen Orten in Schweden gefunden. Auch die Journalistin Vera Berg wird unvermittelt auf diese Serie aufmerksam – und beginnt eigene, inoffizielle Ermittlungen.

Persönliche Meinung: „Sommersonnenwende“ ist ein Kriminalroman von Pascal Engman und Johannes Selåker. Es handelt sich um den ersten Fall um die beiden Ermittlerfiguren Thomas Wolf und Vera Berg. Erzählt wird die Handlung wechselweise aus den personalen Perspektiven beider Figuren, die zunächst noch getrennt voneinander ermitteln, ehe sich ihre Wege später kreuzen (daneben findet sich noch die Perspektive einer dritten Figur, die ich hier aber nicht spoilern möchte). Sowohl Wolf als auch Berg, deren jeweiliges Privatleben neben dem eigentlichen Fall eine vergleichsweise große Rolle spielt, sind interessant gezeichnet: Beide besitzen eine nicht unproblematische Vergangenheit, die sie noch in der Gegenwart belastet; trotz ihrer Versuche, „richtig“ zu handeln, kommen sie stellenweise vom Weg ab – was nicht ohne Konsequenzen bleiben wird. Kurz: Sie sind keine unbefleckten, genialen Ermittlerfiguren, sondern eher Antihelden mit Ecken und Kanten, wodurch sie lebendig und authentisch wirken. Der Fall, der in „Sommersonnenwende“ behandelt wird, ist sehr vielschichtig. So besitzt er einerseits – durch verschiedene Handlungsstränge – einen schönen Komplexitätsgrad, andererseits – durch die Undurchsichtigkeit der Handlung – eine fesselnde Spannungskurve. Zudem ist „Sommersonnenwende“ ein kleiner Gesellschaftsroman: Nicht nur erscheint der Kriminalroman wie ein Guckkasten in das Schweden Mitte der 1990er; zugleich führt er die Ermittlerfiguren (und mit ihnen die Lesenden) in eine fremdenfeindliche, mafiöse Untergrundbewegung. Das fulminante Ende des Romans (und damit die Frage nach der Täterfigur) ist kaum vorhersehbar und überraschend. Der Schreibstil von Engman/Selåker ist anschaulich sowie detailliert und lässt sich flüssig lesen. Insgesamt ist „Sommersonnenwende“ ein spannender, tiefenscharfer Kriminalroman mit lebendigen Protagonisten.

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Veröffentlicht am 02.10.2023

Ein spannender Kriminalroman über zeitgenössische Kunst

Die Akte Madrid
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Inhalt: Granada 2016. Ein surrealistisches Gemälde, das über Jahre hinweg keine großartige Beachtung erfahren hat, wird aus einem Luxushotel gestohlen. Dies droht zu einem handfesten Skandal zu werden. ...

Inhalt: Granada 2016. Ein surrealistisches Gemälde, das über Jahre hinweg keine großartige Beachtung erfahren hat, wird aus einem Luxushotel gestohlen. Dies droht zu einem handfesten Skandal zu werden. Denn: Julius Ritter, der Vater des deutschen Verteidigungsministers Franziskus Ritter, hat das Gemälde vor Jahrzehnten auf nicht ganz legalem Wege erworben. Da Ritter Jun. fürchtet, dieser Umstand könne sich als Fallstrick für seine Kandidatur als NATO-Generalsekretär erweisen, beauftragt er den Kunsthistoriker Lennard Lomberg damit, das Gemälde ausfindig zu machen – möglichst ohne großes Aufsehen. Während seiner Ermittlungen spürt Lomberg der Geschichte des Gemäldes nach, die bis in das Spanien Francos reicht…

Persönliche Meinung: „Die Akte Madrid“ ist ein kunstaffiner Kriminalroman von Andreas Storm. Es handelt sich um den zweiten Band der „Lennard-Lomberg-Reihe“. Die Handlung von „Die Akte Madrid“ ist in sich abgeschlossen, sodass man sie auch ohne Kenntnis des Vorgängers „Das neunte Gemälde“ lesen kann (für ein besseres Verständnis der Figurenbeziehungen ist es aber natürlich sinnvoll, die Reihe chronologisch zu lesen). Erzählt wird die Handlung aus einer Vielzahl unterschiedlicher Perspektiven, wobei diejenige Lombergs den Ankerpunkt des Krimis bildet. Die Handlung entfaltet sich auf mehreren im Wechsel erzählten Zeitebenen, wovon ich hier nur einzelne anteasern möchte: Während wir 2016 in Spanien gemeinsam mit Lomberg den Verbleib des Gemäldes ermitteln, begleiten wir im Jahr 1966 einen Journalisten, der Verstrickungen der Bonner Republik mit Francos Spanien aufdecken will. In den 1940er Jahren wiederum erfahren wir etwas über den Ursprung des Gemäldes – und den folgenschweren Pakt zwischen Hitler und Franco. Für alle Zeitebenen gilt: Zeitgeschichte, Politik und zeitgenössische Kunst spielen hier eine ebenso große Rolle wie der Fall des verschwundenen Gemäldes; Historisches wird stimmig mit Fiktivem verknüpft. Die Verzahnung der einzelnen Zeitebenen ist klug durchdacht und komponiert: Man ist – durch den Wechsel der Zeitebenen – Lomberg permanent einen kleinen Schritt voraus, dennoch entstehen immer wieder schöne „Aha“-Momente. Durch die verschiedenen Perspektiven, Zeitebenen und Handlungsorte ist „Die Akte Madrid“ ein inhaltlich abwechslungsreicher Krimi mit einem angenehmen Tempo. Die Handlung selbst changiert zwischen klassischem Kriminalroman und Agententhriller. Der Schreibstil von Andreas Storm, der mit einer feinen Ironie auftrumpft, lässt sich angenehm und flüssig lesen. Insgesamt ist „Die Akte Madrid“ ein spannender, schön komponierter Kriminalroman, der sich ungezwungen dem Thema der zeitgenössischen Kunst widmet.

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Veröffentlicht am 29.09.2023

Ein fesselnder Thriller

ANGST
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Inhalt: Viktor scheint zwar ganz nett zu sein, ist aber insgesamt nicht Mias Typ. Daher steht auch für Mia fest: Ihr erstes Date soll ihr letztes bleiben. Doch Viktor sieht das ganz anders. Er lässt Mia ...

Inhalt: Viktor scheint zwar ganz nett zu sein, ist aber insgesamt nicht Mias Typ. Daher steht auch für Mia fest: Ihr erstes Date soll ihr letztes bleiben. Doch Viktor sieht das ganz anders. Er lässt Mia nicht in Ruhe; findet immer wieder Gründe, Mia zu kontaktieren und sie in ihrer Wohnung aufzusuchen. Was anfänglich eher „nur“ nervig ist, steigert sich schrittweise in einen handfesten Fall von Stalking – bis es zu einem tödlichen Zwischenfall kommt…

Persönlich Meinung: „Angst“ ist ein Psychothriller von Ivar Leon Menger. Erzählt wird die Handlung aus unterschiedlichen Perspektiven: So findet sich einerseits die Ich-Perspektive Mias, die zugleich den Haupthandlungsstrang bildet, andererseits eine aus personaler Sicht erzählte Perspektive, deren Sprecher (zunächst) offenbleibt. Inhaltlich dreht sich „Angst“ – wie der Inhaltsteaser schon nahelegt – um einen Stalkingfall. Dieser wird mit seiner schrittweisen Eskalation – von vermeintlichen Harmlosigkeiten zu massiven Grenzüberschreitungen – authentisch dargestellt. Sehr gut hat mir auch die Zeichnung von Mia gefallen: Diese wird mit all ihren Ängsten und Sorgen, die sie in Bezug auf Viktor hat, lebendig charakterisiert, sodass man unweigerlich mit ihr fiebert und fühlt. Die Handlung selbst ist – durch die größeren und kleineren Fragezeichen, die sich während der Lektüre bilden – durchweg fesselnd und spannend. Auch ist das Ineinandergreifen der verschiedenen Erzählstränge klug durchdacht. Den großen Twist am Ende des Thrillers kann man zwar erahnen, allerdings nicht in seiner vollen Gänze, sodass er eine*n beim Lesen trotzdem kalt erwischt. Der Schreibstil von Ivar Leon Menger ist ungemein anschaulich, dabei zugleich sehr flüssig zu lesen, sodass man nur so durch die 400 Seiten des Thrillers fliegt. Insgesamt ist „Angst“ ein schön komponierter, fesselnder Thriller mit einer lebendigen Protagonistin.

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