Wenn ich an meine Kindheit zurückdenke, macht mich eine Sache sehr traurig: Ich hatte als Kind eigentlich keine Bücher - weder Bilderbücher noch Kinderbücher. Das lag vor allem daran, dass meine Eltern keinen Sinn für schöne Bücher hatten und selbst nicht gerne lasen. Erst als ich in die Schule kam und mehr oder weniger dazu gezwungen wurde bestimmte Bücher zu lesen, bekam ich Zugang zu einer fantastischen Welt, in der alles möglich war. Dank meines Sohnes kann ich jetzt einiges nachholen, was ich damals verpasst habe und es ist so schön, dass wir zusammen die Bücherwelt entdecken können. Dabei ist es sehr interessant zu beobachten, wie sich der Buchgeschmack meines Sohnes entwickelt. Vor ungefähr einem Jahr war es noch möglich, ihm einfach ein Buch vor die Nase zu halten, das er sich dann einfach angesehen hat – meist ohne eine Reaktion hervorzurufen. Heute bemerkt man sofort, ob es ihn interessiert, oder eben nicht.
Als mir vor einigen Tagen „Ein Jahr im Wald“ von Emilia Dziubak aus meinem Postkasten entgegenfiel, wusste ich sofort, was zu tun ist: Ich musste das Stündchen Ruhe (Mittagsschlaf meines Sohnes) nutzen, um mir dieses Exemplar etwas genauer anzusehen – wohl wissend, dass mein Sohn es nach seinem Schläfchen sofort an sich reißen würde. Schließlich ist es ein Wimmelbuch und beschäftigt sich mit einem seiner Lieblingsthemen: Tiere im Wald.
Ein erster Blick auf das Cover von „Ein Jahr im Wald“ verrät, dass es sich bei diesem Exemplar nicht um ein gewöhnliches Wimmelbuch handelt. Denn hier ist ein und derselbe Schauplatz in den vier verschiedenen Jahreszeiten abgebildet. Nur die Geschehnisse in den abgebildeten Illustrationen verändern sich.
Schlägt man das Buch auf, kann man zunächst alle Akteure aus dem Buch entdecken, die sich auf witzige und informative Weise dem Leser vorstellen. So wird man bestens auf die nachfolgenden Ereignisse vorbereitet und kann bei aufkommenden Fragen noch einmal zurückblättern.
Blättert man weiter, erblickt man die ersten Szenen auf einer Doppelseite, in einem viel bewohnten Stück Wald, das obwohl es verschneit ist, alles andere als ruhig wirkt. Hier tummeln sich zahlreiche Waldbewohner und der Leser wird bildlich eingeladen, die vielen mitunter sehr humorvollen Ereignisse zu erkunden.
Auf den Folgeseiten wird dieser Schauplatz nicht verlassen, sondern jeweils in einem anderen Monat gezeigt. Und so erlebt man mit jeder neuen Seite den Lauf des Lebens im Wald und beobachtet, wie sich einige Tiere während der zwölf Monate - die mit verschiedenen Tageszeiten und Wetterphänomenen einhergehen - verändern, sich weiterentwickeln und sich vermehren. Und wie sie miteinander spielen, wie sie jagen oder gar gejagt werden. Jedes Wesen erzählt seine ganz eigene Geschichte.
Obwohl dieses Wimmelbuch gut ohne Text auskommt, sind die seltenen Gedankenblasen, mit denen uns einige Waldtiere mitteilen was sie gerade beschäftigt, eine gelungene Ergänzung.
Ist der Leser auf der letzten Doppelseite angekommen, gibt es zusätzlich ein gigantisches Labyrinth zu entdecken. Hier gilt es, bestimmte Tiere zu ihrem Essen oder zu ihren Partnern zu geleiten. Aber Vorsicht: In dem Labyrinth lauern viele Gefahren!
„Ein Jahr im Wald“ von Emilia Dzuibak ist ein wahrer Schatz und ein Wimmelbuch, mit dem Kinder jedes Alters stundenlang ihren Spaß haben können. Die insgesamt sechzehn Doppelseiten sind mit wunderschönen und fantasievollen Illustrationen in sehr warmen Tönen und lebensnahen und urkomischen Szenen versehen. Auf spielerische Weise verbessern Kinder die eigene Wahrnehmung und lernen viele Tiere und deren Gewohnheiten und den Lauf des Lebens kennen.
Mir hat dieses Bilderbuch verdeutlicht, wie viel Spaß man auch als Erwachsene mit Kinderbüchern haben kann. Vor allem, wenn man es zusammen mit seinem Kind erleben darf.
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