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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.11.2023

Spannendes Hörbuch

Die Einladung
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„Die Einladung“ von Sebastian Fitzek wurde in 8 Stunden 55 Minuten spannend und eindringlich gesprochen von Simon Jäger.
(Argon -Hörbuchverlag)
Der Aufbau ist genial, Fitzek versteht es mit jedem Kapitel ...

„Die Einladung“ von Sebastian Fitzek wurde in 8 Stunden 55 Minuten spannend und eindringlich gesprochen von Simon Jäger.
(Argon -Hörbuchverlag)
Der Aufbau ist genial, Fitzek versteht es mit jedem Kapitel den Hörer zu fesseln. Simon Jäger hat mit seiner Stimm-/Tonlage die Charaktere sehr intensiv und realistisch werden lassen. Seine Sprechweise ist perfekt für diesen Thriller geeignet.
Das Hörbuch /Buch ist flüssig, sprachlich auf hohem Niveau und die Spannung wird durchgehend gehalten. Themen wie Missbrauch, Suizid und Mobbing sind beinhaltet.
Marla Lindberg ist hochintelligent, leidet jedoch unter einer Gesichtsblindheit und hat aufgrund dieser Problematik und einem vermeintlich schockierenden Erlebnis in einer verlassenen Geburtsklinik ihren geliebten Job gekündigt. Jahrelange Psychotherapie haben ihr klargemacht, dass ihr Gehirn ihr in Extremsituationen Streiche spielt und alles nur fiktiv war. Nun verkümmern ihre Fähigkeiten in Jobs, für die Marla absolut überqualifiziert ist.
Marla wird zum Klassentreffen eingeladen und nur ein Zusatz auf der Einladung lässt sie in die Berge fahren. Verspätet kommt sie dort an und muss feststellen, dass dort etwas nicht stimmt. Leere Teller und Gläser stehen im Haus, die Zimmer sind bezogen und doch fehlt von Ihren Klassenkameraden jede Spur.

Die Protagonistin Marla wird sehr gut und ausführlich beschrieben. Die weiteren Protagonisten sind teilweise etwas blass gezeichnet, ohne viel Hintergrund, augenscheinlich nur dazu da, die Täterschaft zu erweitern. Die teilweise überzogenen Handlungen der Nebendarsteller:in in der Berghütte lassen sich nicht immer nachvollziehen, dafür sind die Charaktere zu oberflächlich. Dies tut der Story keinen Abbruch, gefesselt rätselt man als Zuhörer mit und versucht die einzelnen Fäden zu verbinden.

Das Highlight am Ende war raffiniert durchdacht und ich habe es nicht erahnen können.
Unterhaltung und Spannung pur! Eine klare Hör-/Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 10.11.2023

Wärme und Poesie

Das Hotel am Fuße des Vulkans
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„Das Hotel am Fuße des Vulkans“ von Joyce Maynard ist eine unglaublich berührende Geschichte über Irene, deren Leben sie aufgrund verschiedener Schicksalsschläge spontan in einen Bus steigen lässt.
Ihr ...

„Das Hotel am Fuße des Vulkans“ von Joyce Maynard ist eine unglaublich berührende Geschichte über Irene, deren Leben sie aufgrund verschiedener Schicksalsschläge spontan in einen Bus steigen lässt.
Ihr Leben erscheint Irene sinnlos -ihre Mutter wurde vor Jahren bei einem Bombenanschlag getötet, ihr Sohn und ihr Mann kamen bei einem Verkehrsunfall ums Leben - und sie ist nicht in der Lage zu sterben.
Sie kann nur in einen Bus steigen und das Leben hinter sich lassen. Nach einer langen Fahrt, als Irene in La Llorona in einem Hotel am Fuße des Vulkans ankommt, lernt sie das Leben wieder in all seinen Facetten wahrzunehmen.

„Was man über schwere Zeiten wissen muss: Wenn du unten angekommen bist, kann es nur noch besser werden.“ (Seite 10)

Stück für Stück, inspiriert von der Natur, den Vögeln und den Menschen von dem verzauberten Anwesen „La Esperanza“ und den Weisheiten der Besitzerin Leila, kommt die Lebensfreude zurück. Ihr Drang zu malen wird groß und Irene lernt wieder, sich anderen Menschen zu öffnen und die Liebe zu erleben.

Während der Zeit in dem Hotel kommen die unterschiedlichsten Menschen mit verschiedenen Anliegen. Viele verarbeiten ihre Schicksalsschläge und Tragödien an diesem verzauberten Ort und bringen Abwechslung in den Alltag.

Traurige Ereignisse lassen Irene zur Eigentümerin des Hotels werden. Aufgrund einer hohen Versicherungssumme kann sie das Personal weiterhin bezahlen und vor allem die dringend anstehenden Renovierungsarbeiten in Auftrag geben.
Ein alter Bekannter der Vorbesitzerin, das Personal ist nicht begeistert von dem Mann, bietet Irene seine handwerklichen Dienste an. Und Irene setzt ihr Vertrauen in ihn, bis er wie ein Bruder für sie wird. Und doch lassen manche Aktionen ihre Intuition aufhorchen. Kann Irene diese wahrnehmen? Ist er nun wirklich ein Freund?

Die Charaktere sind eindrucksvoll und stark gezeichnet, die Landschaft wird intensiv, schillernd und bunt beschrieben, ebenso sind die Nebencharaktere authentisch und klar. Die Hotelanlage verzaubert den Leser mit den vielen, wunderschön beschriebenen Details und die Handlung zieht den Leser in den Bann.

Der Mittelteil ist etwas langatmig, man kann schon einiges erahnen und doch wird man aufgrund des fesselnden Schreibstil sehr gut unterhalten. Das Buch ist tiefsinnig, ergreifend, traurig und voller Hoffnung, Zuversicht und Zusammenhalt.

Das Dorfleben und die Armut werden genau so authentisch beschrieben, wie die Emotionen der Gäste im Hotel. Was die Natur den Menschen in dem kleinen Dorf beschert ist unglaublich zerstörerisch und man lernt mit dieser Geschichte, die Naturgewalten anzunehmen und auch wie wichtig es ist, sich gegenseitig zu unterstützen und zu helfen.
Irene lernt viel in ihrer Zeit als Hotelbesitzern, viele Themen wurden in dieser Geschichte angeschnitten u.a. Trauerbewältigung, Selbstfindung, Freundschaft, Zusammenhalt und Hoffnung, Vertrauen und einige Umweltthemen.

Wir sollten uns an dem erfreuen, was wir haben, statt traurig zu sein, wenn es vorbei ist (s.168)

Die verschiedenen Geschichten von Irene verknüpfen sich und zuletzt lösen sich alle Fragen auf. Ein sehr schöner Roman, absolut empfehlenswert, voller Wärme und Poesie.

Mein Fazit aus dieser Geschichte:

Das Leben mit seinen Tragödien und Schicksalsschlägen anzunehmen und weiterhin das positive und Schöne im Leben zulassen.

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Veröffentlicht am 28.10.2023

Erfahrungen

Damals im Sommer
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„Damals im Sommer“ von Florian Gottschick beschreibt eine wundervolle, melancholische Geschichte über zwei Brüder, das Erwachsenwerden und das Outen in jungen Jahren.

Der leichte Schreibstil trifft den ...

„Damals im Sommer“ von Florian Gottschick beschreibt eine wundervolle, melancholische Geschichte über zwei Brüder, das Erwachsenwerden und das Outen in jungen Jahren.

Der leichte Schreibstil trifft den Leser mit einer Wucht, die Geschichte wurde in ihrer Kürze intensiv, gefühlvoll und ergreifend geschrieben.

Die Verbindung zwischen den Brüdern ist voller Herzenswärme. Fer, der muskulöse, vorlaute und ältere Bruder verspottet und gängelt gerne. Der 15 jährige Bruder bewundert Fer, fällt jedoch immer wieder auf dessen Scherze herein.

Es war eine Schmach, als kleiner Bruder einer Maschine aus Raffinesse und List ausgesetzt zu sein. Wie töricht, an das Gute im Menschen zu glauben (s.32)

Trotz des Konkurrenzkampfes kann man die innige Bindung der beiden Brüder spüren.

In einem Sommerurlaub in den 90er Jahren lernen die beiden Brüder den ruhigen Franzosen Filip kennen. Der Jüngere ist sofort von dem muskulösen Jungen mit dem schönen Lächeln fasziniert.

Die drei jungen Erwachsenen verbringen gemeinsam die Tage am Strand und beim Wandern.
In der letzten Nacht vor Filips Abreise verbringen der Ich-Erzähler und Filip eine gemeinsame Nacht.

„Jetzt mache ich mich auf die Reise - in meine Seele hinein und hinaus in die Welt“ (s.110)

Der junge Teenager wird nach dieser Nacht erwachsen, er ist euphorisch und melancholisch zugleich. Wann wird er Filip wiedersehen? Ist sein Mut bereits groß genug um sich zu outen?
Die Verbindung der beiden Jugendlichen bleibt über SMS und Emails erhalten und
doch spürt man die Entfernung und Entfremdung. Filip tut dem jungen Mann auf Dauer nicht gut, sein Leben wird geprägt von den Momenten am Pc. Seine schulischen Leistungen lassen nach und er kappt die Verbindung.

Und dann erfährt er etwas schier unglaubliches und die Ereignisse und Geschehnisse prägen sein Leben.

Der Autor zeichnet feinfühlig ein Porträt der beiden Brüder, die Konkurrenz und Liebe zueinander, das verwirrende Verhältnis innerhalb der dysfunktionalen Familie und das distanzierte Verhältnis zu ihrer Mutter, einer wundervollen Frau, die mit Kindern nicht das geringste anfangen kann.

Die erste Liebe, sexuelle Abenteuer, Erfahrungen mit dem eigenen Körper und die Sehnsucht nach einem Körper, einem Kuss, einer Umarmung. Romantisch, wehmütig, traurig und voller Emotionen beschreibt der Autor die Erfahrungen des Ich-Erzählers. Sehr authentisch und detailliert werden die Protagonisten und Orte beschrieben. Der Wechsel zwischen den Zeiten fesselt und lässt mich als Leser das Buch kaum aus der Hand legen.

Ein wundervolles coming of age und coming out Buch, das ich sehr empfehlen kann.

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Veröffentlicht am 03.10.2023

Aufarbeitung

Im Prinzip ist alles okay
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Der Debütroman “Im Prinzip ist alles okay” von Yasmin Polat überzeugt in vollem Umfang.

“Vertrauen ist die Basis für alles im Leben. Und das Gute ist: Vertrauen kann man trainieren, wie einen Muskel.” ...

Der Debütroman “Im Prinzip ist alles okay” von Yasmin Polat überzeugt in vollem Umfang.

“Vertrauen ist die Basis für alles im Leben. Und das Gute ist: Vertrauen kann man trainieren, wie einen Muskel.”

Miryam Topal ist dreißig Jahre alt, voller Selbstzweifel, leidet an postnatalen Depressionen und ist Mutter der kleinen Kaya. Sie hat unglaublichen Druck, eine perfekte Mutter zu sein, kommt Miryam doch selbst aus einer gewalttätigen Familie. Und in den sozialen Medien gibt es nur perfekte Mütter mit perfekten Kindern. Auch Miryam wirkt annähernd perfekt, mit Bildbearbeitung und Make-up Tricks ist vieles möglich.

Miryam hat ein unglaubliches Bedürfnis nach Bestätigung. Sei es bei der Zubereitung eines Salats zur Selbstliebehochzeit ihrer Freundin oder durch die Wahrnehmung von Männern auf der Straße. Und doch fühlt sie sich wie „ein menschlicher Laternenpfahl“, dem man auf dem Gehweg ausweichen muss, jedoch keine Beachtung schenkt.

Die Autorin schreibt in der Ich-Form über die schrecklichen Kindheitsszenarien in der Familie Topal. Die häusliche Gewalt prägt Miryam und ihren kleinen Bruder Deniz. Jedoch versucht jeder auf seine Weise dieses gewalt- und angstvolle Traumata zu verarbeiten.
Miryam versucht mit psychologischer Hilfe ihren Eltern zu verzeihen und wartet darauf, dass sie sich alle in den Armen liegen und endlich eine Familie werden können. Ihr Psychologe meint, dass man nicht immer verzeihen muss, um zu heilen. Miryam ist hier ausnahmsweise nicht seiner Meinung.

Seit der Geburt ihrer Tochter hat ihr Partner Robert seinen Drogenkonsum eingestellt, hofft sie und doch ist Robert ein Lügner. Solange sie seine Lügen erträgt, weiß er, dass sie ihn liebt. Dies ist keine Basis für Miryam, die bereits das Vertrauen in die Menschen verloren hat.

Ihre Beziehung geht in die Brüche, wo doch Miryam versucht alles besser und anders zu machen als ihre Eltern. Liegt es wirklich nur an ihrer verkorksten Art? Oder lügt Robert wieder?

Alles entgleitet Miryam und auch ihr kleiner Bruder entwickelt sich in eine Richtung, der sie nicht folgen kann.
Seine Worte “Einmal die Vergangenheit hinter dir lassen, dann läuft es sich leichter auf dem vernünftigen Weg” passen zum Dalai Lama aber nicht zu ihrem kleinen Bruder Deniz. Was passiert mit ihm?

Angst vor der Mutterschaft und vor allem, mit ihrer Tochter alleine zu sein begleiten Miryam. Sie weiß nichts mit dem Baby anzufangen und sitzt dissoziiert neben dem Kind. So benimmt sich doch keine gute Mutter.

Ihr Alltag ist grauenvoll und doch versucht sie täglich mit ihrem Leben klarzukommen. Die Autorin zeichnet die Gefühlslage der jungen, traumatisierten Mutter unglaublich intensiv. Der einfache Schreibstil spricht mich als Leser an, ebenso die Höhen und Tiefen der Protagonisten. Die Hauptprotagonistin versucht, sich aus alten Mustern zu befreien, ihre familiäre Beziehung zu kitten funktioniert leider nicht, auflösen jedoch genau so wenig.
Aufarbeitung und Annäherung stellen sich trotz ihrer Bemühungen nicht ein. Miryam kann nicht mehr in diesem Alltag leben, sie braucht Selbstliebe und vor allem Raum für sich.

Die Autorin wechselt zwischen Gegenwart und Vergangenheit, bis zuletzt die Erzählstränge zusammengefügt werden.
Die Hoffnung, Selbstzweifel und die Misserfolge der Protagonistin berühren.

“Alles ist Gewöhnungssache, auch das Glück”.

Eine Leseempfehlung für diesen Debütroman.

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Veröffentlicht am 02.10.2023

Aufarbeitung

Geschwister im Gegenlicht
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“Geschwister im Gegenlicht” von Sabine Bode handelt von einer Familiengeschichte, die mich als Leser nachdenklich zurücklässt.
Sonja Sänkel, SS-Sonja wurde sie während der Jugend genannt, und ihr älterer ...

“Geschwister im Gegenlicht” von Sabine Bode handelt von einer Familiengeschichte, die mich als Leser nachdenklich zurücklässt.
Sonja Sänkel, SS-Sonja wurde sie während der Jugend genannt, und ihr älterer Bruder Rolf hatten jahrelang nur sehr wenig Kontakt. Erst als Sonja nach dem Tod ihres Mannes eine kleine Ferienwohnung an der Ostsee anmietet, wird der Kontakt intensiver.
Rolf kommt mit seiner schwierigen Tochter Nina auf Besuch und die beiden Geschwister beginnen sich anzunähern und gleichzeitig mit der Aufarbeitung ihrer Kindheit. Einer Kindheit während der Nachkriegszeit mit stolzen Nazis als Eltern.
Rolf war der Liebling ihrer narzisstischeren Mutter und Sonja, das Vorzeigekind nach Außen, wurde bereits als Kleinkind von der Mutter geschlagen. Rolfs Schläge durch den Vater wurden von der Mutter wohlwollend gesehen und jeder laute Schrei zauberte ein Lächeln auf ihr Gesicht.
Das Trauma ihrer Kindheit musste Sonja durch Therapien auflösen; deshalb hat sie bereits in jungen Jahren den Kontakt zur Mutter abgebrochen,
Rolf beginnt erst nach seiner gescheiterten Ehe und seinem Burnout mit der Aufarbeitung. Er kümmert sich immer noch um die narzisstische Mutter und versucht die Hintergründe der Eltern während der Kriegsjahre zu erforschen.
Viele Missverständnisse und Unausgesprochenes haben die Geschwister entzweit und jeder musste sein Leid durch die Eltern alleine verarbeiten.
Die Sprecherin Hemma Michel passt perfekt und durch ihre angenehme, ruhige Stimme gibt sie den Emotionen der Geschwister Raum.
Sabine Bode zeichnet die Protagonisten sehr verletzlich, empathisch und die bildliche Sprache vertiefen die Geschehnisse.
Das Thema der Nachkriegszeit wird beleuchtet, die Aufarbeitung der Familiengeschichte wird einfühlsam geschildert. Die Tatsache, dass beide Elternteile stolze Nazis waren, muss erst verdaut werden. Die Suche nach Antworten wird von vielen schlimmen Ereignissen während der Kindheit gezeichnet und erst jetzt wird vieles offenbart.
Die Nichte Nina gewinnt ihre Tante Sonja für sich, eine Verbindung wird aufgebaut und das Mädchen vertraut sich ihrer Tante an. Auch durch diese Bindung werden die zarten Familienbande gefestigt.
Die Gespräche und Erfahrungen von Rolf und Sonja bauen auf Vertrauen und die Vergangenheit kann gemeinsam besser angenommen werden.
Eine feinfühlige Erzählung und Aufarbeitung einer grausamen und schrecklichen Kindheit.
Ein empfehlenswertes Hörbuch,

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