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Veröffentlicht am 03.10.2023

Eine nette Familie

Der Rausch der Tiefe
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Für die Familie war es ein Schock. Vor sieben Jahren verschwanden Jesse Dempsey, seine Frau Alexandra und ihr kleiner Sonn Forest. Und nun wurde ein Junge an der Tasmanischen Küste angespült, der ein Tattoo ...

Für die Familie war es ein Schock. Vor sieben Jahren verschwanden Jesse Dempsey, seine Frau Alexandra und ihr kleiner Sonn Forest. Und nun wurde ein Junge an der Tasmanischen Küste angespült, der ein Tattoo hat, durch das er als Forest identifiziert werden könnte. Die verbliebenen Dempseys sind elektrisiert. Als Sohn des Firmeninhabers hätte er Anspruch auf das Erbe. Und mit dem Auftauchen des Jungen ist Daxey Dempsey plötzlich nicht mehr auffindbar. Er hatte auf Geheiß seiner Mutter die Geschäftsführung übernommen. Der jüngste Bruder MacKenzie ist in einem schwebenden Gerichtsverfahren auf Bewährung draußen. Er muss den Kopf ganz unten halten und darf sich nichts zu schulden kommen lassen.

Natürlich wollen die Familienmitglieder wissen, was damals geschehen ist. Aber immer wenn sie Forest darauf ansprechen, reagiert dieser mit Schweigen. Mit dem traumatisierten Jugendlichen umzugehen, ist die Dempseays nicht leicht. Auch sie haben ihre Päckchen zu tragen oder auch so manches Geheimhis zu verbergen. Man hatte sich ohne Jesse, Alexandra und Forest eingerichtet. Und nun ist Forest auf einmal wieder da. Warum schweigt er? Kann er nicht anders? Oder will er nicht anders? Oder ist er einfach nur genervt, weil sowohl Polizei, Therapeuten als auch die Familie in ihn dringen?

Diese Dempseys sind schon eine besondere Familie, manche ihrer Mitglieder sind nach üblicher Definition eher normal andere haben echt Dreck am Stecken, meint man beim Lesen. Und über allem thront Mutter Ivy. Nicht bei allen Szenen hat man das Gefühl, so würde man auch reagieren, doch meist versinkt man in der rasanten Handlung mit wahrhaft unerwarteten Wendungen. Immer mehr vertieft man sich in die Beziehungen unter den Despseys und entdeckt Charakterzüge, von denen man sich manchmal fragt, ob man das denn wissen wollte. Man sieht Veränderungen in eigenartige Richtungen aber auch zum Besseren. In Teilen der Familie wächst der Zusammenhalt und vielleicht kann sich Forest auch irgendwann öffnen. Dieser Thriller bestickt mit seiner Eigentümlichkeit und der atemberaubenden Geschwindigkeit.

Veröffentlicht am 01.10.2023

Die Privatdektivin

Glutspur
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Liv Jensen hat die Ausbildung bei der Polizei durchlaufen. Im Moment aber baut sie sich eine Existenz als Privatdetektivin auf. Deshalb zieht sie auch nach Kopenhagen. Sie findet Unterschlupf bei Hannah ...

Liv Jensen hat die Ausbildung bei der Polizei durchlaufen. Im Moment aber baut sie sich eine Existenz als Privatdetektivin auf. Deshalb zieht sie auch nach Kopenhagen. Sie findet Unterschlupf bei Hannah und deren Vater, die einen Verlust zu verkraften haben und für die etwas frischer Wind im Hans nicht das Schlechteste ist. Für ihren ehemaligen Chef übernimmt sie Nachforschungen in einem Cold Case, bei dem ein Journalist umgebracht wurde. Die Hintergründe der Tat konnten ne richtig geklärt werden und ein Täter nicht ausfindig gemacht werden. Tatsächlich findet Liz ein paar neue Ansätze. Petter, der vormalige Kollege, ermittelt derweil in einem Mord an einer Frau, die in einem Museum gearbeitet hat.

Der erste Fall für Liv Jensen. Eine ganz neue Ermittlerin, die ihre Karriere bei der Polizei erstmal für beendet erklärt hat, die aber doch gerne wieder dazu gehören möchte. Ihr Wunsch, dass sie auch Aufträge für die Polizei übernehmen könnte, um sich wieder ins Gespräch zu bringen, erfüllt sich zwar, doch ein riesiges Honorar bringt das nicht. Aber Livs Interesse an dem Fall ist schnell geweckt, ihr Gefühl sagt ihr, dass da noch nicht alles ans Licht gekommen ist. Hannah, die als Psychologin gerade im Krankenstand ist, bietet als Vermieterin und als kluge Frau immer mal ein Gespräch.

Mit Neugier geht man an diesen ersten Band einer Reihe, zumindest wenn man sich vorher mit den alten Ermittlerhasen angefreundet hatte. Liv Jensen hat ein paar Ecken und Kanten und nicht alles offenbart sie gleich zu Beginn, dennoch wird sie schnell sympathisch. Der Hintergrund zu dem Fall erschließt sich auch durch ein Interview mit der Autorin, in der sie ein paar Einblicke gibt. Gerade zu Beginn kommt dieser fesselnde Hintergrund etwas zu kurz. Je weiter die Nachforschungen gedeihen, desto mehr ist man gepackt. Die Geschichte hat es wirklich in sich und mit Liv Jensen ist eine vielschichtige Ermittlerin gelungen, auf deren weitere Entwicklung man gespannt sein darf.

Und noch etwas, hat man sich im Vorfeld mit einer Online-Leseprobe beschäftigt und bekommt dann das Buch geschickt, gibt es beim Auspacken einen echten Aha-Moment. Die besondere haptische Gestaltung des Covers gibt dem Buch etwas Besonderes. Man möchte es immer wieder erfühlen, so ähnlich wie man sich Liv nach und nach erfühlt hat.

Veröffentlicht am 22.09.2023

Jetzt ist sie weg

Die Erfindung des Lächelns
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Als die Sicherheitsleute im Louvre von einem Besucher darauf hingewiesen werden, dass die Mona Lisa nicht an ihrem Platz ist, reagieren sie erst sehr reserviert. Könnte ja sein, dass sie zum Fotografieren ...

Als die Sicherheitsleute im Louvre von einem Besucher darauf hingewiesen werden, dass die Mona Lisa nicht an ihrem Platz ist, reagieren sie erst sehr reserviert. Könnte ja sein, dass sie zum Fotografieren gebracht wurde. Doch als das Bild nach einiger Zeit immer noch nicht wieder da ist, wird man im Museum doch langsam nervös. Es ist das Jahr 1911 und die Mona Lisa, eine auf den ersten Blick eher unscheinbare Dame, wird zum berühmtesten Gemälde der Welt. Die Polizei beginnt fieberhaft zu ermitteln. Nebenbei werden dabei weitere Diebstähle entdeckt, Der Louvre scheint eine Art Selbstbedienungsladen zu sein.

Die Pariser Bohème im frühen 20. Jahrhundert spielt in diesem historischen Kriminalroman eine große Rolle. Etliche bekannte Persönlichkeiten haben ihren Auftritt und das nicht ohne Grund. Sie führten ein lockeres Leben und schreckten vor manchem Unsinn nicht zurück. Als Gegenpart dazu könnte man die Anarchisten sehen, die mit ihrer guten Sache schwere Verbrechen rechtfertigten. Kommissar Juhel Lenoir hat es ganz schön schwer mit seinen Ermittlungen, denn die Kollegen von der anderen Polizeieinheit halten nicht viel vom Bündeln der Kräfte. Und die Sicherheit im Museum war dermaßen vernachlässigt, dass es schon eher ein Wunder ist, dass überhaupt noch Kunstwerke vorhanden sind. Es gibt also reichlich Verdächtige und kaum Spuren.

Ein historischer Kriminalroman von einem Autor, der einem bisher von seiner Xavier Kieffer Reihe bekannt war. Mal etwas ganz anderes. Da war doch was, denkt man beim Lesen und stellt nach einer Befragung des www fest, dass da tatsächlich was war. Wenn ein Schriftsteller sich zum einen an historische Tatsachen hält, die keineswegs alle gesichert sind, und es doch versteht diese so auszuschmücken, dass ein lesenswerter Krimi dabei herauskommt, hat das. Auch wenn manchmal etwas sehr detailliert geschildert wird und man unsicher wird, wieso das gebraucht werd, so lebt der Roman nicht unerheblich, von den erhellenden Momenten, in denen man dahinter kommt, wie gewisse Züge zusammenhängen. Ein Füllhorn an Ideen, dass einem einen guten Einblick in die Pariser Künstlerkolonien vergangener Tage verschafft.

Veröffentlicht am 21.09.2023

Die Entführung

Kleine Gefallen
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Eine Schneeballschlacht sollte eigentlich ein lustiges Erlebnis für Harry Dresden, seine Elevin Molly und die ganze Familie Carpenter werden. Doch als die Lichter ausgehen, erfolgt ein Angriff ausgerechnet ...

Eine Schneeballschlacht sollte eigentlich ein lustiges Erlebnis für Harry Dresden, seine Elevin Molly und die ganze Familie Carpenter werden. Doch als die Lichter ausgehen, erfolgt ein Angriff ausgerechnet von Feen. Auf der Suche nach dem Grund für den Angriff findet Harry heraus, dass der Gangsterboss John Marcone verschwunden ist. Damit nicht genug die Königin des Winterhofs bittet oder besser verlangt einen Gefallen, den Harry ihr schuldet. Mal wieder geht es in Harrys Leben drunter und drüber und er tut alles, um seine Freunde zu schützen. Karrin Murphy und sein Bruder Thomas helfen so gut sie können und das ist ziemlich gut.

Auch im zehnten Band der dunklen Fälle des Harry Dresden gilt es wieder etliche Gefahren zu bestehen. Zum Glück ist ein Magier weniger kaputtbar als ein normaler Mensch. Dennoch wird es wieder heikel für Harry. Werziegen, Feen, der verschwundene Marcone - eigentlich kann es kaum schlimmer kommen. Doch nicht lange dauert es, da steht Harry wirklich den übelsten Widersachern gegenüber. Deren Ziel ist etwas, an das Dresden gar nicht denken darf. Sollte es gelingen, wäre es fast so als würde die Welt zum Stillstand kommen.

Mal wieder beginnt ein Fall leicht und locker, nur um dann wirklich brisant zu werden und spannend. Nicht zum ersten Mal stellt man fest, dass es gut ist, dass die nächsten Bände der Reihe in relativ kurzen Abständen erscheinen. So ist einem die Handlung noch gegenwärtig und man ist gleich im Bilde, wenn alte Bekannte, über deren Auftauchen man sich manchmal freut, deren Auftauchen aber manchmal auch Furcht und Schrecken auslöst. Immer mehr bekommt man den Eindruck, dass der Autor einen Plan hat. Harry Dresden entwickelt sich weiter sowohl in seinen Fähigkeiten als Magier als auch menschlich. Und so bleibt man an die Reihe gefesselt und verfolgt gebannt die Verwicklungen, die in diesem Bann einen Schritt weiter führen und freut sich auf den nächsten Band, der schon bereitliegt.

Veröffentlicht am 20.09.2023

Großelternurlaub

Doppler
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Auf diese Art bei den Großeltern anzukommen, hat der Junge nicht gedacht. Auf einer Autofahrt verliert sein Vater die Kontrolle über den Wagen. Und die Familienmitglieder landen im Krankenhaus. Der Junge ...

Auf diese Art bei den Großeltern anzukommen, hat der Junge nicht gedacht. Auf einer Autofahrt verliert sein Vater die Kontrolle über den Wagen. Und die Familienmitglieder landen im Krankenhaus. Der Junge ist kaum verletzt und es wird entschieden, dass er den Sommer 1970 bei den Großeltern verbringen soll. Was für eine fremde Welt ist dieses Frankenhayn. So richtig scheint die heutige Zeit noch keinen Einzug gehalten zu haben. Doch irgendwie will man sich eingewöhnen. Die Großeltern werden von allen Mutter und Vater genannt. Die beiden Cousins sind echte Rabauken, die mit ihren Späßen manchmal recht weit gehen. Doch so langsam beginnt der Junge den Geschichten zu lauschen.

Damals gab es noch nicht so ausgiebige Besuchszeiten in den Krankenhäusern und den Kindern wurde auch nicht viel erklärt. Und so wird der Junge in die Welt der Großeltern geworfen. Sie reden nicht viel, dafür arbeiten sie viel und sprechen auch viel dem Wein zu. Sie besitzen einen Weinberg und der will gehegt und gepflegt werden. Abgefüllt wird er irgendwann in Zweiliterflaschen, die Doppler genannt werden. Auch der Junge darf probieren, verkosten nennt man das. Meist ist er auf sich allein gestellt, aber ins Dorfleben eingefügt als wäre er schon immer da gewesen. Manche Dinge sind einfach so und werden auch so genommen wie sie sind.

Auf den Listen der Nominierten zu den Buchpreisen lässt sich immer etwas entdecken. Und wenn es dann ein Autor sowohl auf die Shortlist Debüt des Österreichischen Buchpreises 2023 als auch auf die Longlist zum Deutschen Buchpreis 2023 geschafft hat, dann spricht das schon für sich. Es ist eine Schilderung eines Ausschnitts einer Kindheit, die in Erinnerung bleibt. So ein Sommer prägt sicher, der zeitweilige Verlust der Eltern, die Begegnung mit etlichen ersten Malen bei den Großeltern und die Unsicherheit, wie lange der Aufenthalt dauern wird. Vielleicht hätte doch eine Erklärung zu den Unfallfolgen gutgetan und nicht immer wird ganz klar, wie der Junge an einige Geschichten gekommen sein soll. Und doch ist es beeindruckend, wie die Lektüre auch eigene Erinnerungen wachruft und wie viel Zeitgeschichte in den Roman hinein geschrieben wurde. Die Welt der Großeltern ist eine Welt, die auch an die Welt der eigenen Großeltern erinnert, mit dem, was einfach hingenommen wurde, über das nicht groß geredet wurde und in der man doch klarkam. Ein sehr beeindruckendes Erstlingswerk, das gerne gelesen wird.