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Veröffentlicht am 13.01.2024

Ein Teil der deutschen Geschichte

Josses Tal
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Ostroppa, ein Ort in Schlesien im Jahre 1930. Josef Tomulka ist erst fünf, trotzdem muss er die täglichen Schikanen und sogar Schläge von seinen Großeltern ertragen. Denn er ist für sie ein lebendiger ...

Ostroppa, ein Ort in Schlesien im Jahre 1930. Josef Tomulka ist erst fünf, trotzdem muss er die täglichen Schikanen und sogar Schläge von seinen Großeltern ertragen. Denn er ist für sie ein lebendiger Nachweis der Schande, die seine Mutter Helene über die Familie gebracht hatte. Schwanger und ohne einen Mann an ihrer Seite ist sie aus Breslau nach Hause zurückgekommen. Seitdem muss Helene die ständigen Demütigungen ihrer Eltern ertragen und das Leid ihres Sohnes erdulden. Um dem Spott der Nachbarn zu entgehen zieht die ganze Familie nach Reichenbach um, doch der Umzug ändert nichts an der bisherigen Lage der beiden.
Bis eines Tages ein junger Nachbar Wilhelm eingreift und dem Großvater weitere Misshandlung des Kindes verbittet. Wilhelm beschützt den kleinen Josef, schenkt ihm Zuneigung und ermöglicht ihm die schulische Ausbildung. Der freundliche und verständnisvolle Wilhelm ist aber auch ein überzeugter Nazi und Verehrer des Führers. Geschickt manipuliert er Josef und macht ihn zu seinem Helfer, der die bestimmten nützlichen Informationen an seinen Gönner liefert. Bis eines Tages die sterbenskranke Helena ihrem Sohn das streng gehütete Geheimnis verrät.

So fängt Josses Geschichte an; eine Geschichte, die berührt und bewegt. Das Leid des kleinen Jungen, der seinen Vater nicht kennt und von der Mutter und den Großeltern keine Zuneigung erhält, ist schwer zu ertragen. Umso mehr hat mir am Anfang Wilhelms Fürsorge für Josef gefallen; endlich konnte das Kind Herzenswärme und Anerkennung erfahren.
Aber dieser glückliche Lebensabschnitt endet abrupt. Denn Josefs Lebensgeschichte verläuft so wie das Zeitgeschehen damals: rasend und dramatisch, schmerzhaft und verhängnisvoll.
Realistisch und gefühlvoll erzählt die Autorin über diese turbulente Zeit. Angelika Rehse, die in einem Umfeld von Heimatvertriebenen aufwuchs, hat ausgiebig für ihren Roman recherchiert. Sowohl die Details aus den Gesprächen mit den Zeitzeugen, wie auch die historisch belegten Fakten flossen in die erzählte Geschichte ein. So ist es ein wichtiger Roman entstanden, der einen Teil der deutschen Geschichte authentisch darstellt. Eine starke Stimme, die auf die Gefahren der Manipulation und Propaganda hinweist. Eine wichtige Stimme, besonders in der heutigen Zeit.

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Veröffentlicht am 04.12.2023

Geschichte, die zu Herzen geht

Bergleuchten
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Seit Generationen gehört einer der ältesten Fuhrgeschäfte in Göschenen dem Fuhrhalter Franz Herger. Er transportiert die Waren über den gefährlichen Gotthardpass, seine Tochter Helene begleitet ihn bei ...

Seit Generationen gehört einer der ältesten Fuhrgeschäfte in Göschenen dem Fuhrhalter Franz Herger. Er transportiert die Waren über den gefährlichen Gotthardpass, seine Tochter Helene begleitet ihn bei den Touren gern. Als Franz über den Bau des Gotthardtunnels erfährt, erklärt er sich bereit die Baumaterialien für die Baugesellschaft zu transportieren. Obwohl er mit seiner Entscheidung den Groll den anderen Fuhrhalter auf sich zieht, vergrößert er sein Geschäft und übernimmt die Transporte für die Baufirma. Auch das hochexplosive Dynamit gehört zu den Materialien, die Franz Herger für den Tunnelbau nach Göschenen bringt.
Viele italienische Arbeiter kommen nach Göschenen, neue Geschäfte entstehen, Hotels und Unterkünfte für die Arbeiter wurden gebaut, der Ort wächst. Der Mineur Piero Caretti aus Piemont mietet ein Zimmer bei der Familie Herger, was nicht nur dem Vater Franz missfällt. Doch Helene verliebt sich in Piero und achtet nicht auf die Warnungen ihrer Eltern.

Der historische Roman „Bergleuchten“ erzählt die Geschichte des Gotthardtunnels, deren Bau im Jahre 1872 begann. Die Bauarbeiten wurden unter schwersten Bedingungen durchgeführt; lediglich mit Hilfe der Bohrmaschinen gruben die Mineure zuerst das Loch im Gotthardberg aus, kämpften ständig mit diversen technischen Schwierigkeiten. Dann kamen die Krankheiten, medizinische Versorgung war unzureichend, viele Arbeiter starben. Auch der Lohn für diese schwere Arbeit war miserabel.

Kein Wunder, dass es schließlich zum Arbeiterstreik kam. Dieses Ereignis wurde ausführlich in dem Roman beschrieben, denn auch Piero war daran beteiligt.

Parallel zu der Baugeschichte erzählt Karin Seemayer über die Liebe zwischen Helene und Piero. Diese Beziehung wurde weder von Helenes Eltern noch von der Dorfgemeinschaft gebilligt. Letztendlich mussten die beiden einen hohen Preis für ihre Gefühle bezahlen.

Sehr interessant stellt die Autorin das Leben in dem zuerst kleinen Bergdorf dar; erzählt über den arbeitsreichen Alltag der Familien, über die Rolle der Frau in der Familie, über die damals geltenden Gesetze, die vor allem die Rechte der Frau sehr einschränkten. Wunderschön beschreibt sie die Natur und die stolzen unnahbaren Berge, die mit ihrer Schönheit bezaubern.

Bei dieser Lektüre habe ich das EBook gelesen und gleichzeitig dem Hörbuch gelauscht. Das Hörbuch, bei dem Aufbau Audio Verlag erschienen ist, wurde wunderbar von der Schweizer Schauspielerin Sophie Hutter vorgelesen. Mit ihrer klaren, empathischen Stimme ließ sie mich in die spannende Geschichte eintauchen. So zog vor meinem inneren Auge die wunderschöne, majestätische Bergwelt durch, sowie die duftenden Bergwiesen mit vielfältigen Pflanzen, die auch als Heilmittel damals dienten. Ich konnte die Gefühle der Menschen hautnah nachempfinden und den Geräuschen der schweren Arbeit im Tunnel zuhören.

Die tragische Liebesgeschichte der Protagonisten und auch die schwerem Frauenschicksale in der damaligen Zeit haben mich sehr berührt; es sind die Vorkommnisse, die unwillkürlich auf die Tränendrüse drücken.

FAZIT: eine lehrreiche, lesenswerte Geschichte! Ein unterhaltsames Hörbuch, dem ich gerne gelauscht habe. Beide Ausgaben des Buches sind absolut empfehlenswert!

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Veröffentlicht am 24.11.2023

Arne Stiller entschlüsselt rätselhafte Tattoos

Die Schrift
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Die Prostituierte Lena Karasek wurde als vermisst gemeldet. Der Fall landet bei der Dresdner Kriminalpolizei auf dem Schreibtisch von Arne Stiller. Zuerst ist der Kriminaloberkommissar überzeugt, dass ...

Die Prostituierte Lena Karasek wurde als vermisst gemeldet. Der Fall landet bei der Dresdner Kriminalpolizei auf dem Schreibtisch von Arne Stiller. Zuerst ist der Kriminaloberkommissar überzeugt, dass die vermisste Frau bald wieder auftauchen wird.
Auf einen anonymen Hinweis findet die Polizei die Frau, die auf brutalste Art und Weise verstümmelt wurde und eine rätselhalte Nachricht in Form eines Tattoos auf ihrem Rücken trägt. Der Fall stellt für den Kryptologe Arne Stiller eine enorme Herausforderung dar, denn die makabre Nachricht ist nur ein Teil der ganzen Botschaft. Es ist jetzt schon klar, dass die weiteren Taten folgen würden, wenn der Verbrecher nicht sofort gefasst wird.

„Die Schrift“ ist bereits der fünfte Teil der Reihe mit dem Dresdner Kryptologen Arne Stiller. Von Anfang an hat mich der Thriller in Atem gehalten, denn das grausame Verbrechen an Lena Karasek ist nur schwer zu ertragen. Auch das ungewöhnliche Verhalten Arnes Vorgesetzten Bernhard wirft viele Fragen auf und sorgt für viel Spannung.
Da das Tattoo mit dem rätselhaften Text nur der erste Teil der Nachricht ist, ist es zu befürchten, dass demnächst eine andere Frau für weitere Botschaften missbraucht wird. Unweigerlich stellt man sich die Frage, wer wird schneller – der Täter oder der Kryptologe? Die Spannung steigt.
Und auch in dem Teil der Reihe lässt uns der Autor in die Gedanken des Täters blicken. In den Rückblicken erzählt er seine Geschichte, ohne jedoch seine Identität preiszugeben.
Der Thriller überzeugt sowohl mit seinen ausgefallenen Verbrechen, wie auch mit der temporeichen fesselnden Erzählweise. Ich habe das Buch mit großem Interesse gelesen und empfehle es gerne weiter.

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Veröffentlicht am 09.10.2023

Spannender Krimi mit italienischem Flair

Toskanische Sünden
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Alles begann in der seltsamen Nacht zu Mittwoch:
„Der Vollmond schien der Erde so nah zu sein, als wollte er gleich herniedersinken… Sogar die Zikaden schienen verwirrt, sie zirpten immer noch, als wäre ...

Alles begann in der seltsamen Nacht zu Mittwoch:
„Der Vollmond schien der Erde so nah zu sein, als wollte er gleich herniedersinken… Sogar die Zikaden schienen verwirrt, sie zirpten immer noch, als wäre es Tag…“ (8)

Es ist der Vollmond der Streitigkeiten, erklärte die Gemüseverkäuferin Maria, die den Commissario Luca wegen eines ungewöhnlichen Streits zwischen zwei Fischhändlern zum Markt bestellt hat. Das Wetterphänomen erscheint in Montegiardino alle zehn Jahre und bewirkt, dass die sonst friedlichen Stadtbewohner streitsüchtig und aggressiv werden.

Später in der Nacht zu Donnerstag ereignet sich ein mysteriöser Autounfall, in dem ein Markthändler beinahe sein Leben verliert, und am Morgen entdeckt ein Spaziergänger einen Toten am Flussufer liegen. Pflichtgemäß meldet Commissario Luca den Mordfall in Florenz an; Vice-Questora Aurora Mair eilt sofort um gemeinsame Ermittlungen vor Ort zu führen.

Auch im zweiten Band mit Commissario Luca geht es um ein Verbrechen, das eigentlich überhaupt nicht in die idyllische Welt von Montegiardino passt. Der Autor versteht es, über die ungewöhnlichen Ereignisse spannend zu erzählen und mit seiner bildhaften Sprache den Leser an den Ort des Geschehens zu versetzen. Die Romanfiguren wirken authentisch, ihre Handlungen - nachvollziehbar. So konnte ich für manche von „ihren Sünden“ Verständnis aufbringen.

Für prickelnde Spannung sorgen die Szenen, in denen Dottoressa Chiara und Vice-Questora Aurora einander begegnen. Beide Damen haben Gefühle für den attraktiven Commissario entwickelt und beide wollen Lucas Herz erobern.

Bildhafte Beschreibungen des malerischen Ortes, des italienischen Alltags mit dem obligatorischen Espresso in Fabios Bar und dem besten toskanischen Wein -natürlich von einem Winzer aus Montegiardino- wecken Sehnsucht nach La Dolce Vita und dem nächsten Urlaub in Italien!

Ein Wohlfühlkrimi, der gute Unterhaltung bietet. Auf die Fortsetzung, die Anfang 2024 erscheint, bin ich sehr gespannt.
Klare Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 04.10.2023

Spannende Einblicke hinter die Mauer der DDR – das Glück ihrer Kinder

Wellenkinder
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In ihrem Roman „Wellenkinder“ erzählt Liv Marie Bahrow eine bewegende Geschichte, die ihren Anfang in den letzten Kriegstagen hat und in der aktuellen Zeit endet.

Die Geschichte wurde abwechselnd von ...

In ihrem Roman „Wellenkinder“ erzählt Liv Marie Bahrow eine bewegende Geschichte, die ihren Anfang in den letzten Kriegstagen hat und in der aktuellen Zeit endet.

Die Geschichte wurde abwechselnd von drei Hauptakteuren erzählt: Margit, Oda und Jan:

In letzten Tagen des Krieges flieht Margit von Königsberg über die Ostsee nach Deutschland. Am Bord des Schiffes rettet sie einem kleinen Jungen das Leben. In der DDR fängt sie ein neues Leben an, glaubt an die Ideale der DDR und wurde zu einer treuen Parteigenossin.

Im Jahre 1970 versucht Oda über die Ostsee nach Westdeutschland zu fliehen, was tragisch endet. Nicht nur sie wurde erwischt; mit aller Wahrscheinlichkeit hat sie auch ihren Freund verloren. Im Gefängnis Hoheneck merkt sie, dass sie schwanger ist.

Während Jan um seine gescheiterte Ehe kämpft, erreichen ihn beunruhigenden Nachrichten aus seinem Heimatort Rügen. Es gibt neue Erkenntnisse im Falle seiner seit 30 Jahren vermissten Mutter, und der alleinstehende Vater benötige dringend seine Hilfe.

Die dramatischen Ereignisse, mit denen jede von diesen Geschichten anfängt, erschüttern und fesseln zugleich. Sehr einfühlsam zeichnet die Autorin die Lebenswege ihrer Figuren, die von den Wellen des Schicksals mitgerissen wurden. Doch die Protagonisten geben nicht auf, mit allen Mitteln versuchen sie gegen schwere Schicksalsschläge zu kämpfen. Bei allen drei stehen an der ersten Stelle das Glück der Familie und das Leben in Freiheit.

Liv Marie Bahrow, die selbst in der damaligen DDR aufgewachsen ist, zeichnet in ihrem Roman ausdrucksstarke Bilder der deutsch-deutschen Geschichte; erzählt über Menschen, deren Leben von den politischen Machtspielen und Schikanen stark beeinflusst wurden.

Ich habe den Roman mit großem Interesse gelesen. Seine Protagonisten und ihre bewegenden Lebensschicksale bleiben lange in meiner Erinnerung.
Herzergreifend! Wärmstens zu empfehlen!

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