Bewegende Lebensgeschichte
Ich war doch noch ein JungeDer Junge Mitka musste sich in den Kriegszeiten ohne Hilfe und Familie durchschlagen. Er kommt bereits als kleines Kind ins Konzentrationslager und wird später als Haussklave bei einer Nazi-Familie gehalten, ...
Der Junge Mitka musste sich in den Kriegszeiten ohne Hilfe und Familie durchschlagen. Er kommt bereits als kleines Kind ins Konzentrationslager und wird später als Haussklave bei einer Nazi-Familie gehalten, die ihn unmenschlich behandelt. Jedes Tier auf dem Hof hatte es besser als er. Obwohl ich über die Grausamkeiten dieser Zeiten schon viel gelesen habe, hat mich die Schilderung dieses Kinderschicksals sehr bewegt. Unglaublich, dass Menschen ein Kind so behandelt haben. Sowohl im KZ, als auch bei dieser Familie hat Mitka grauenhafte Dinge erlebt, aber er gibt sein Leben nie auf, sondern kämpft sich durch.
Nach dem Krieg gibt es viele dieser traumatisierten Kinder, es wird versucht zu helfen. Erstmals kommt Mitka in anderen Verhältnissen unter und schließlich kann er in die USA auswandern. Dort schließt er seine Vergangenheit weg, begräbt sie tief in sich. Es gelingt dem Analphabeten immer wieder mit Jobs über die Runden zu kommen, er findet eine tolle Frau, sie gründen eine Familie. Keiner weiß um seine Vergangenheit, bis es nach vielen Schicksalsschlägen regelrecht aus Mitka herausbricht. Seine Frau reagiert klasse, sie unterstützt ihn. Gemeinsam mit einigen Helfern begeben sie sich auf eine Identitätssuche. Diese gestaltet sich schwierig, aber es gibt auch immer wieder Erfolge.
"Heute führt Mitka ein bescheidenes Leben. Er lebt froh und ohne Bitterkeit. Er ist ein liebevoller Mensch voller Hoffnung." (S. 355)
Die drei Autoren haben sich Mitkas Geschichte von ihm und seiner Frau erzählen lassen, die Begebenheiten mit Recherchen unterlegt und dieses Buch geschrieben. Sie erzählen Mitkas Geschichte, so als wäre er gerade dabei und würde sie unterstützen, oft werden seine Mimik und Gesten, die er bei bestimmten Passagen hatte, erwähnt. Das wirkt ab und an etwas ungewohnt, unterstützt aber die Botschaft.
Es ist grausam zu lesen, wie der kleine Junge sich immer wieder durch die Gräuel der Zeit gekämpft hat. Er war noch zu klein, um etwas über seine Familie zu wissen und warum ihm das alles passierte. Sein Lebenswille war immens und hat ihn getragen. Es ist bewundernswert, das so ein toller Mensch und liebevoller Vater aus ihm geworden ist.
An allen Scheidepunkten hat er immer das Leben gewählt.
Das Buch lässt unsere Geschichte, die Auswirkungen des Nationalsozialismus und des Antisemitismus spürbar werden. Häufig enden Berichte von Opfern mit Ende des Krieges oder in den Jahren danach. Hier geht es viel weiter, man kann lesen, wie es Mitka bis ins hohe Alter ergeht. Als junger Mann versucht er, das Erlebte tief in sich zu begraben und erfährt, wie dies Vorhaben scheitert. Als die Wahrheit aus ihm herausbricht, wendet er sich auf ganz neue Weise dem Leben zu.
Diese Überlebensgeschichte ist ein besonderes Zeitzeugnis, das ich sehr empfehle.