Hallt noch lange nach...
Als wir an Wunder glaubtenDeutschland Ende der 40er Jahre. Der Krieg ist endlich vorbei, aber die Wunden sind geblieben. Viele Männer sind gefallen, kriegsversehrt oder werden noch immer vermisst. So auch der Mann von Edith Abels ...
Deutschland Ende der 40er Jahre. Der Krieg ist endlich vorbei, aber die Wunden sind geblieben. Viele Männer sind gefallen, kriegsversehrt oder werden noch immer vermisst. So auch der Mann von Edith Abels und ihrer Tochter Betty (11 Jahre). Das Leben im kargen Unnenmoor, in der Heide ist hart und anstrengend und sie kommen gerade so über die Runden. Die helfende Männerhand fehlt und da Otto noch als vermisst gilt, gibt es auch keine Hinterbliebenenrente. Da auch der Mann ihrer Nachbarin Anni und deren geistig zurückgebliebenen Sohn Willi vermisst wird und auch sie nur das Nötigste haben, helfen sie sich gegenseitig und stehen einander bei. Willi ist für Betty wie ein Bruder und das er anders ist, stört sie nicht. Im Moor ist das Leben einfach, der Fortschritt ist noch nicht bis dort vorgedrungen und so ist auch Aberglaube weitverbreitet und Wanderprediger die vom Weltuntergang verkünden, finden offene Ohren. Als Betty eines nachts verschwindet und Willi am Morgen darauf grün und blau geschlagen ist, ist man sich im Dorf sicher, dass Hexen am Werk sind! Letztlich taucht Joseph, Annis Mann, dem beide Beine amputiert wurden wieder auf, denn er hatte Jahre lang das Gedächtnis verloren. Als er nur Augen für Edith hat, ist Anni überzeugt, dass die rothaarige Edith ihn verhext hat und macht sie und ihre Tochter für alles verantwortlich, was im Moor schief läuft. Die Stimmung wird immer angespannter...
Das Leben in der Abgeschiedenheit hat schon immer seine Spuren in den Charakteren der Einheimischen hinterlassen. Erkenntnis und Wissenschaft haben dort oft noch nie Einzug gefunden. Doch Edith ist anders, nachdem sie überzeugt ist, dass ihr Otto nicht wiederkehren wird, bandelt sie mit dem studierten Theo, einem Zeitungsfritzen an! Der weiß was in der Welt und in der Gegend los ist, auch wenn ihre Nachbarn nur allzu gerne die Augen vor der Realität verschließen.
Ich habe schon einige Bücher über die Nachkriegszeit gelesen, aber dieses ist aufgrund des tief verwurzelten Aberglaubens in der Abgeschiedenheit ganz anders. Sehr duster und bedrückend, weniger wegen der Armut, als wegen der Ignoranz, die nicht sehen will, was nicht erwünscht ist. Diese Dorfgemeinschaft, auf der Suche nach einem Sündenbock, für alles was ihnen nicht in den Kram passt! Nicht alle machen mit, aber die wenigsten trauen sich einzuschreiten, sondern blicken stumm weg. Auch wenn dieser Roman in einer ganz anderen Zeit spielt und im Moor und nicht am Meer, musste ich immer wieder an Theodor Storms Schimmelreiter denken, in welchem Aberglaube und Fortschrittsliebe einander gegenüberstehen.
Katja Danowski gelingt es ganz wunderbar und eindringlich diese ganz besondere Stimmung und Atmosphäre im Moor heraus zu beschwören. Mit ihrer prägnanten Stimme beschwört sie das unwegsame Moor ebenso vor meinem inneren Auge hervor, wie auch die Sympathie für Betty und ihre Mutter Edith. Sie lässt einen beim Hören spüren, wie sich die Stimmung im Dorf gegen sie wendet, auch wenn sie nichts Böses getan haben. Es ist unheilvoll und unheimlich zugleich. Es ist jetzt kein Roman für gute Laune und Entspannung, aber irgendwie faszinierend in seiner Andersartigkeit. Eine Erzählung die auch noch lange nachhallt.....