Einer von den Guten
"Einer von den Guten" ist ein fesselndes Buch, das den Leser durch eine meisterhaft gestaltete Handlung in den Bann zieht. Die Hauptfigur, Ben Neven, ist ein angesehener Kriminalermittler, der von seinen ...
"Einer von den Guten" ist ein fesselndes Buch, das den Leser durch eine meisterhaft gestaltete Handlung in den Bann zieht. Die Hauptfigur, Ben Neven, ist ein angesehener Kriminalermittler, der von seinen Kollegen hochgeschätzt wird und ein geheimes Doppelleben führt, von dem niemand etwas ahnt. Als glücklich verheirateter Familienvater sucht er einmal pro Woche einen abgelegenen Parkplatz auf, um dort Adrian zu treffen, einen minderjährigen Jungen. Adrian lebt mit seinem Vater zusammen, der ihn zur Prostitution zwingt. Die Begegnung mit der gleichaltrigen Vera öffnet ihm die Augen für ein völlig neues Leben, das er vor seinem Vater verbergen muss.
Besonders beeindruckend ist die Art und Weise, wie der Autor das innere Dilemma von Ben Neven darstellt. Neven beschönigt seine eigene Neigung und seine Handlungen, während er andere, wie zum Beispiel den katholischen Pfarrer, der gerade von seinem Kollegen Christian festgenommen wurde, verurteilt und verabscheut. Diese scheinbare Widersprüchlichkeit verdeutlicht die Zerrissenheit und den moralischen Konflikt, dem Neven gegenübersteht.
Eine weitere fesselnde Facette der Geschichte ist die Beziehung zu Landmann, seinem früheren Mentor, der Nevens Geheimnis auf die Spur kommt und versucht, ihm zu helfen. Landmann spielt eine entscheidende Rolle in Bens Leben. Die Darstellung dieser komplexen Verbindung verleiht der Handlung eine zusätzliche Dimension und ermöglicht es dem Leser, sich in die Charaktere hineinzuversetzen.
"Einer von den Guten" ist ein Buch, das einfühlsam Tabus aufgreift und die inneren Kämpfe der Hauptfiguren schonungslos beleuchtet. Es stellt die schwierige Frage nach dem Preis, den man für einen Ausweg aus einer unhaltbaren Situation zahlen muss. Die Geschichte von Ben Neven, Adrian und Vera geht tief unter die Haut und lässt den Leser nicht unberührt. Der Autor schafft es mit sorgfältiger Formulierung und mitreißender Erzählweise, das Bewusstsein für die Verantwortung und die Konsequenzen des eigenen Handelns zu schärfen.
Das Buch regt dazu an, über gesellschaftliche Normen, moralische Grenzen und die menschliche Natur nachzudenken. Es zeigt auf beeindruckende Weise, wie Menschen in Situationen geraten können, in denen sie mit ihren eigenen Werten und Neigungen konfrontiert werden. Die Geschichte von Ben Neven, Adrian und Vera ist eine Erinnerung daran, dass es keine einfachen Antworten gibt und dass manchmal radikale Entscheidungen getroffen werden müssen, um aus einer ausweglosen Situation auszubrechen.
Insgesamt ist "Einer von den Guten" eine eindringliche und ergreifende Lektüre. Mit ihrer komplexen Charakterzeichnung, ihrem anspruchsvollen Thema und ihrer intensiven Erzählweise hinterlässt das Buch einen bleibenden Eindruck. Es regt dazu an, sich mit den eigenen Werten, der Verantwortung und den Konsequenzen des eigenen Handelns auseinanderzusetzen.
Bin ich mit dem Ende des Buches zufrieden? Selten stelle ich mir die Frage, so bewusst wie bei der Reihe um Ben Neven. Ich weiß es nicht, ich habe das Buch immer mit einem beklemmenden Gefühl aufgeschlagen, ich war hin und hergerissen zwischen Abscheu gegenüber Ben und zutiefst empfunden Mitleid für Adrian und all die anderen Opfer, aber auch für Ben.
Vielleicht ist das Buch, die Geschichte um Ben und Adrian, nicht für jeden Leser etwas, sie tut weh und der Schmerz steigert sich mit jedem Satz, denn Jan Costin Wagner legt nicht nur den Finger auf die Wunde die sexueller Missbrauch bei den Opfern hinterlässt, er bohrt nach in dem er die Leser und Leserinnen in das Innere eines Täters blicken lässt.