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kerstin_aus_obernbeck

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Veröffentlicht am 12.11.2023

wunderbar und EI_nzigartig

Isaac und das Ei
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Isaac Addy steht auf einer Brücke. Unter ihm das Wasser, in ihm ganz viel Traurigkeit, Wut, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit. Mary, seine Frau, ist nicht mehr da. Von einer Minute auf die andere hat ...

Isaac Addy steht auf einer Brücke. Unter ihm das Wasser, in ihm ganz viel Traurigkeit, Wut, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit. Mary, seine Frau, ist nicht mehr da. Von einer Minute auf die andere hat sich alles geändert - sein bisheriges Leben gibt es nicht mehr.

All dies ist noch nicht lange her, sein Schmerz ist unbeschreiblich groß, er kapselt sich ab, ignoriert Familie und Freunde. Isaac lässt sich gehen und sein Dasein besteht ausschließlich aus Trauer und Schmerz; ein Schmerz, der so groß ist, dass ihm Sinn und Kraft fehlen, um weiterzuleben.

Er sitzt bereits auf dem Geländer der Brücke und ist zum Absprung bereit, da entdeckt er etwas zwischen den Bäumen am Ufer: weiß, groß … ein Ei ?¿ Was auch immer es ist: es schreit.
Isaac fühlt sich gestört, er ist abgelenkt und irritiert, aber gleichzeitig auch neugierig.
Also klettert er von dem Brückengeländer und macht sich auf den Weg zu dem Ei. Näherkommend sieht er, dass es flauschig ist, Arme und Beine hat.
Einer spontanen Eingebung folgend nimmt er das Wesen mit nach Hause.

So beginnt eine außergewöhnliche Wohngemeinschaft. Isaac und das Ei schauen Filme, essen Toast mit Bohnen – und sie passen aufeinander auf und sind füreinander da. Ganz langsam wird Isaacs Schmerz weniger. Ist es nun an der Zeit, sich von dem Ei zu verabschieden? Und was ist in dem verschlossenen Zimmer im Dachgeschoss?

Der Roman „Isaac und das Ei“ ist eine traurig-schöne Geschichte. Noch nie habe ich ein Buch gelesen, in dem Trauer so berührend und nachvollziehbar beschrieben wird. Gleichzeitig gibt es lustige Momente, das Ei ist so liebenswert, absolut „wawuu“. Ich habe beim Lesen geweint und gelacht, ganz viel mit Isaac gehofft und (das liest sich jetzt vermutlich eigentümlich) das Ei in mein Herz geschlossen. Bobby Palmer ist ein besonderer Roman gelungen, der bei aller Unwahrscheinlichkeit, bei aller Phantasie, real und greifbar erscheint.

Warmherzig und wunderbar, sehr lesenswert.

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Veröffentlicht am 30.10.2023

Tausende liebevolle Kalorien

Der späte Ruhm der Mrs. Quinn
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Wenn man alt wird, hat man manchmal das Gefühl, ein einfacheres, ruhigeres Leben würde besser zu einem passen, aber Jenny hat bewiesen, dass man in jeder Phase seines Lebens Träume haben kann … und dass ...

Wenn man alt wird, hat man manchmal das Gefühl, ein einfacheres, ruhigeres Leben würde besser zu einem passen, aber Jenny hat bewiesen, dass man in jeder Phase seines Lebens Träume haben kann … und dass sie gerade wegen und nicht trotz unseres Alters wahr werden können (S. 306)

Jennifer Quinn ist 77 Jahre alt und lebt mit ihrem Mann Bernhard (82) in Kittlesham. Sie haben es gemütlich in ihrem kleinen Haus und genießen den Ruhestand. Schon 59 Jahre sind sie verheiratet, im kommenden Jahr feiern sie ihren 60 Hochzeitstag und auch nach all den Jahren sind sie einander immer noch sehr zugetan, achten aufeinander und tun sich gegenseitig gut und Gutes. Jenny backt für ihr Leben gern, immer schon. Sie kommt aus einer Familie, in der das Backen eine wichtige Rolle gespielt hat und während Bernie und sie im Fernsehen „Das Backduell“ schauen, kommt ihr die Idee, sich als Kandidatin für die Sendung zu bewerben. Aus Angst, dass sie nicht angenommen oder es eine Enttäuschung wird, hält sie ihre Bewerbung geheim – und es ist nicht Jennys einzige Geheimnis, denn schon seit 60 Jahren gibt es etwas, dass niemand erfahren darf.

„Der späte Ruhm der Mrs. Quinn“ erzählt von der fabelhaften, patenten Jenny Quinn. Mit ihrem Mann Bernhard erlebt sie intensiv „den Herbst des Lebens“, beide sind sich der Endlichkeit bewusst, gehen liebevoll und zugewandt miteinander um und aufeinander ein. Bernie ist ruhig, besonnen und liebt seinen Garten und Jenny stürzt sich mutig in das Abenteuer, an der TV-Show teilzunehmen. Diese Teilnahme wirbelt ihr ruhiges Leben durcheinander – und ist für Jenny auch auf andere Weise eine Herausforderung, da es Erinnerungen an früher heraufruft, an die Zeit, bevor sie mit Bernhard verheiratet war und aus der sie noch immer ein Geheimnis mit sich herumträgt. Diese Zeit wird in dem Roman in Rückblenden erzählt und so wird nicht nur nachvollziehbar, warum Jenny das Backen so sehr liebt.

Die einzelnen Kapitel sind mit Backwaren betitelt und in dem Buch wimmelt es nur so von Schwarzwälder Kirsch und Co;
1 Millionen liebevolle Kalorien auf 400 Seiten.

Jennys Rezeptesammlung beinhaltet Rezepte von ihrer Oma und Mutter und mit diesen Rezepten sind Erinnerungen an geliebte Menschen und besondere Momente verbunden. Es sind auch Jennys Erinnerungen und ihre Geschichte, die mich berührt haben und sie zeigen, dass es gut ist, dass sich die Zeiten in mancher Hinsicht geändert haben.

Ein Wohlfühlroman, der warmherzig eine wunderbare Geschichte von Liebe, Träumen und Mut erzählt.
Große Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 07.10.2023

Ein grandioser Krimi

Mord auf der Insel Gokumon
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Jane Marple, Sherlock Holmes, Kalle Blomquist, Kosuke Kindaichi.
ähm…Kosuke wer?
Genau! Mir war dieser Name zuvor auch kein Begriff. Aber nun bin ich im #teamkosuke und begeistert von den Krimis von Seishi ...

Jane Marple, Sherlock Holmes, Kalle Blomquist, Kosuke Kindaichi.
ähm…Kosuke wer?
Genau! Mir war dieser Name zuvor auch kein Begriff. Aber nun bin ich im #teamkosuke und begeistert von den Krimis von Seishi Yokomizo, in denen Kosuke Kindaichi ermittelt.

September 1946, „Die rätselhaften Honjin-Morde“, der erste Fall von Kosuke Kindaichi liegen 9 Jahre zurück und kehrt aus dem Krieg zurück.
Auf dem Rückweg hat ihn sein Kriegskamerad und Freud Chimata Kito im Sterben liegend gebeten in seine Heimat, auf die Insel Gokumon zu reisen, um dort zu verhindern, dass seine 3 Halbschwestern ermordet werden.
Mit einem Empfehlungsschreiben an den Bürgermeister, den Arzt und den Priester der Insel reist Kosuke nach Gokumon, nicht wissend, was ihn dort erwartet.

Gokumon ist eine abgelegene Insel, die nur per Boot zu erreichen ist. Die Bewohner leben von der Fischerei und die Familie Kito betreibt den größten Fischereibetrieb, dessen Erbe Chimata gewesen wäre. Die Familienverhältnisse sind etwas wirr, neben seinem Cousin, der noch nicht aus dem Krieg zurück ist, sind die 3 Halbschwestern erbberechtigt. Ferner gibt es noch einen Seitenzweig der Familie Kito, der ebenfalls Anspruch auf eine Vormachtstellung auf Gokumon erhebt.

Bereits auf der Überfahrt trifft Kosuke den Priester und erhält die Möglichkeit, für die Zeit des Aufenthaltes bei ihm zu wohnen.
Auch wenn sich manche Bewohner ein wenig merkwürdig verhalten, Gokumon etwas weltfremd und realitätsfern erscheint, ist die Welt dort doch überwiegend in Ordnung und es scheint keine Gefahr für die Halbschwestern zu bestehen. Aber der Schein trügt, denn bald schon wird Hanako, die älteste Halbschwester, tot aufgefunden.

Ich habe bereits den 1. Fall von Kosuche Kindaichi gelesen und bin erneut total begeistert - dies ist ein richtig guter Krimi der allerbesten Sorte.
Ruhig und ausführlich wird der Lesende mit auf die Insel genommen, mit der Umgebung und den Menschen vertraut gemacht. Seishi Yokomizo erzählt wunderbar, spricht immer wieder die Leser*innen an und beschreibt lebhaft Land, Leute und Lebensart.
Die Lösung dieses Krimis ist raffiniert und absolut christie-like!

In dem Buch findet sich ein Personenregister, welches für mich recht hilfreich war. Ferner gibt es auch ein interessantes Glossar, dass dem Lesenden interessante Informationen gibt.

Große Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 14.09.2023

ein berührender Roman

Sylter Welle
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Lore und Ludwig haben in ihrem Leben gern Urlaub gemacht, bevorzugt Camping und dies gern auch auf Sylt. Nun gehen beide auf die 90 zu, für einen vielleicht letzten Urlaub auf der Lieblingsinsel haben ...

Lore und Ludwig haben in ihrem Leben gern Urlaub gemacht, bevorzugt Camping und dies gern auch auf Sylt. Nun gehen beide auf die 90 zu, für einen vielleicht letzten Urlaub auf der Lieblingsinsel haben sie ein Apartment in der „Sylter Welle“ gemietet und ihren Enkel Max für das Wochenende eingeladen.
Eigentlich ist für Max alles wie immer - und doch ist vieles anders. Natürlich ist Oma Lore noch immer resolut und Opa Ludwig nimmt vieles mit einem Augenzwinkern, jedoch wird die Leichtigkeit der Ferien, der Eindruck der schieren Unendlichkeit, den die Sommerferien früher versprüht haben, bei diesem Besuch vermehrt und sehr intensiv von Veränderung und Endlichkeit abgelöst.

Gemeinsam verbringen sie ein Wochenende, reden und schweigen über vergangene Zeiten, leben im Hier und Jetzt und genießen das Beisammensein.

„Ich sehe die beiden vor mir, wie sie da so nebeneinanderhocken, und es ist beinahe unmöglich, mir vorzustellen, dass sie ja irgendwann einmal zwei völlig voneinander getrennte Leben geführt haben müssen.“ (S.128)

„Sylter Welle“ erzählt die Geschichte einer Familie, die auch meine Familie sein könnte – insbesondere die bisweilen spröde westfälische Herzlichkeit ist mir nicht fremd.
Ja, Kartoffeln sind solide und um eine Schramme am Knie macht man kein großes Gewese. Selbstverständlich sind Detmolder Landbier und Pickert eine Spezialität, zum Glück sind die Zeiten von „Bärenfang“ vorbei (ich habe mich extra bei meinen Eltern erkundigt)

Der Autor erzählt aus dem Leben von Lore und Ludwig, von ihren Kindern und Enkeln, als ob man sich schon ewig kennt. Eine Familie, die sich nicht durch inflationäre Zuneigungsbekundungen hervortut, die jedoch füreinander da ist; Freud, Leid und Veränderung miteinander teilt. Und Max Richard Leßmann formuliert ganz wunderbar die Empfindung, die mit der Erkenntnis der Endlichkeit einhergeht.

Ein wunderbarer, zwischenzeilig warmherziger Roman. Dieser Text voller Wärme, Zuneigung und Liebe hat mich sehr berührt.

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Veröffentlicht am 14.09.2023

Absolutes Herzensbuch

Leonard und Paul
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„Lass uns einfach glücklich sein. Solange wir noch Zeit haben.“
Ein wunderbarer Satz aus einem wunderbaren Buch

Leonard und Paul, beide Ü30, sind geliebt und behütet aufgewachsen, allerbeste Freunde und ...

„Lass uns einfach glücklich sein. Solange wir noch Zeit haben.“
Ein wunderbarer Satz aus einem wunderbaren Buch

Leonard und Paul, beide Ü30, sind geliebt und behütet aufgewachsen, allerbeste Freunde und führen ein unaufgeregtes Leben in ruhigen Bahnen. Leonard arbeitet als Ghostwriter für Kinderlexika. Seine Mutter ist kürzlich verstorben, nun lebt er allein in seinem Elternhaus. Paul wohnt bei seinen Eltern und arbeitet als Aushilfspostbote.

Doch irgendwie ist klar, dass es nicht immer so weitergehen wird. Leonard hat den Wunsch nach einer Veränderung –

„Ich werde das Gefühl nicht los, dass ich die Türen und Fenster in meinem Leben ein bisschen aufschieben muss.“

– und stellt sich dieser zögerlich, bisweilen unbeholfen, aber voller Überzeugung und Ehrlichkeit. Und auch Paul, der nach Meinung seiner Schwester bisher munter in seinem kleinen Lebenskarussel herumgegondelt ist, nimmt auf seine Art und Weise, in seinem Rahmen sein Leben in die Hand.

„Leonard und Paul“ ist eine wunderschöne Geschichte über zwei Menschen, die im Alltag übersehen werden, die in einer Art sozialen Unsichtbarkeit eine Randexistenz führen - und dabei ihrem Umfeld, der Gesellschaft, viel zu geben haben, denn was sie auszeichnet, sind
scheinbar unerschütterliche Freundlichkeit, Ehrlichkeit und Friedfertigkeit und der Glaube, an das Gute. Erzählt wird die Geschichte einer Freundschaft von zwei besonderen Menschen. Das Buch hat mich berührt, mir hat diese stille, unaufgeregte und warmherzige Geschichte sehr gut gefallen.

„Wenn es eines gab, woran sich die innige Zuneigung der beiden Freunde ablesen ließ, dann war es der Enthusiasmus, mit dem sie ihrer Freude über gute Nachrichten teilten, gewiss, dass jedem dem anderen nur das Allerbeste wünschte.“

– und so ist es mir auch beim Lesen ergangen, ich habe Leonard und Paul nur das Allerbeste gewünscht.


ES WIRD EMPFOHLEN, OBIGES ZU BEACHTEN
(um das zu verstehen, sollte man das Buch lesen)

Ein wirklich wunderbares, absolut lesenswertes Buch!

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