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Veröffentlicht am 08.11.2023

Längst überfällige Betrachtung der Wiedervereinigung...

Der Osten: eine westdeutsche Erfindung
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Dieses Buch hat eher zufällig den Weg zu mir gefunden, lag es schlichtweg in der örtlichen Bücherei aus und hat mein Interesse geweckt.

Ich zähle sonst eher nicht zu den extrem politisch Interessierten, ...

Dieses Buch hat eher zufällig den Weg zu mir gefunden, lag es schlichtweg in der örtlichen Bücherei aus und hat mein Interesse geweckt.

Ich zähle sonst eher nicht zu den extrem politisch Interessierten, allerdings wenn es um Chancengleichheit, Fairness und ähnliches geht, dann bin ich an vorderster Fronst dabei. Dies jedoch meist im Kontext zu Feminismus und Rassismus. Mit meiner Ostidentität habe ich mich bisher als Jahrgang 1985 nicht beschäftigt, jedoch habe ich mich schon sehr oft gefragt warum meine westdeutschen Kollegen so viel selbstbewusster, redegewandter und ähnliches sind, obwohl sie keinen besseren Bildungsgrad haben. Erst durch dieses Buch wurde mir klar, dass es nicht nur an meiner ostdeutschen Erziehung liegt.

Ich kann nicht gerade behaupten als ostdeutsche Frau benachteiligt zu sein, als Frau ja, aber nicht aufgrund meiner Herkunft. Natürlich wird man mitunter für den eigenen Dialekt belächelt und einmalig hatte ich eine diskriminierende Erfahrung während meiner Ausbildung in Niedersachsen, aber das hatte irgendwie etwas Normales und ich habe es nie in Frage gestellt, genauso wie ich lange nicht die Wiedervereinigung in Frage gestellt habe. Warum auch? Zählte meine Familie ganz und gar nicht zu den Wendeverlierern, genießt das Reisen und andere Goodies, die der Anschluss an die BRD gebracht haben und dennoch ist da so ein kleines Grummeln im Bauch, was ich nie benennen konnte.

Prof. Dr. Dirk Oschmann findet wahre Worte zu dem was die letzten 30 Jahre passiert ist und wie die Zurückhaltung und Bescheidenheit des Ostdeutschen nicht als etwas Positives gewertet wird, sondern als Makel, denn mit Durchsetzungsstärke hat dies nichts zu tun, wenn man nicht immer an erster Stelle ist und sich nimmt was man glaubt, dass einem zusteht. Dann gilt man schnell als schwach und obendrein dumm dazu. Und wie soll man mithalten können, wenn die finanzielle Situation für viele sehr unterschiedlich ist. Natürlich studiert es sich leichter und man entscheidet sich für einen Master, wenn die Eltern das alles finanzieren können anstatt dass man 3 Jobs neben dem Studium wuppen muss. Bessere Leistungen durch mehr Fokus auf das Wesentliche, das liegt in der Natur der Sache.

Textlich hat sich das Geschriebene nicht ganz so leicht lesen lassen, weil Oschmann natürlich in erster Linie Professor ist und seine betroffenen Bereiche schildert und dennoch kann man dies gut auf sein eigenes Leben projizieren.

Erst mit den Jahren und durch Lesen solcher Titel wird mir bewusst, dass im Alltag und in den Medien die Präsens ostdeutschen Denkens nicht auftaucht und einfach keine Rolle spielt. Und wird doch mal etwas erwähnt, so ist dies immer negativ. In meinem Umfeld habe ich zwar nahezu ausschließlich ostdeutsche Freunde, aber davon ist niemand fremdenfeindlich, dumm oder lebt an der Gesellschaft vorbei, so dass Aussprüche "Ossis sind alles Nazis und AFD Wähler" einfach traurig machen.

Und trotz aller Diffamierung ist bei mir in manchen Bereichen die Faszination für das Ostdeutsche enorm, obwohl ich mich immer als Deutsche, nie als Ossi bezeichnen würde. Wenn ich in Berlin unterwegs bin und noch Reste sozialistischer Kunst sehe wie am "Haus des Lehrers" oder so, dann macht das etwas mit mir. Oder wenn ich alte Ostrezepte wiederverwende, auch dann spüre ich manches Mal mehr als bei weiten Reisen, nämlich eine gewisse Identität und auch Stolz, egal wie groß die Häme andernorts ist.

Komplett unbekannt war mir jedoch, dass vor allem der ostdeutsche Mann teils mit enormen Problemen zu kämpfen hat, da er mitunter im Vergleich abgewertet wird. Das war mir nie bewusst und dennoch hätte es das sein können, schließlich sind alle wichtigen, bedeutenden Posten in der Firma, in der ich arbeite, nicht nur durch Männer besetzt, sondern durch westdeutsche Männer mit all ihrem Denken und ihren Erfahrungen.

Fazit: Offen, schonungslos, das musste mal raus. Darf jeder mal als Denkanstoß lesen. Gelungen.

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Veröffentlicht am 05.11.2023

Andere Wege der Autorin...

Glutspur
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Ich habe die Reihe um Jeppe und Anette geliebt und daher gar nicht großartig geschaut worum es im Buch geht, sondern Katrine Engberg gelesen und gedacht, dass das nur gut werden kann.

In der Geschichte ...

Ich habe die Reihe um Jeppe und Anette geliebt und daher gar nicht großartig geschaut worum es im Buch geht, sondern Katrine Engberg gelesen und gedacht, dass das nur gut werden kann.

In der Geschichte geht es um Liv Jensen, die neuerdings nicht mehr bei der Polizei arbeitet, sondern als Privatdetektivin. Sie soll einem ehemaligen Polizeikollegen bei einem alten Fall helfen. Undercover begibt sie sich auf Spurensuche, nur um schnell festzustellen, dass ihre einstigen Kollegen doch recht schlampig ermittelt haben. Was wird sie herausfinden und wird sie ihr Ansehen bei der Polizei dadurch wieder aufwerten können?

Anders als die mir bekannten Kopenhagen- Krimis ist dieser Fall doch eher gemütlich und unterhält nicht durch Spannung, sondern durch das Streuen zahlreicher Puzzleteile. Zu Beginn haben mich die vielen Infos und vielen Personen doch erst einmal erschlagen. Erst nach gut hundert Seiten hatte ich dann endlich den Durchblick, aber keine Sorge durchquälen musste ich mich nicht. Es liest sich einfach komplett anders als "Krokodilwächter" und Co.

Die Figuren Liv, Hannah und Nima lernen wir nur ein kleines Stück kennen, was ich aber beim Start einer Reihe auch normal finde. Ich mochte vor allem Nima sehr gern und mich reizt am meisten noch mehr über seine Flucht und seine Familie zu erfahren. Es tat in der Seele weh wie er aufgrund seiner Hautfarbe natürlich direkt ins Schema der Polizei passte.

Was mich am meisten fasziniert hat an der Geschichte war, dass ich wirklich dachte, dass es nicht mehr zur Auflösung des Falls kommen wird. Das passiert alles gefühlt erst auf den letzten 50 Seiten und dann so Knall auf Fall, dass man atemlos liest. Die Erklärungen sind schlüssig und nachvollziehbar und ich stelle nichts davon in Frage. Allerdings hätte man als Leser nie darauf kommen können, was ich gerade bei Spannungsromanen sehr schade finde. Da möchte man doch miträtseln und hoffentlich richtig liegen, was den Täter anbelangt.

Die Übersetzung ist leider etwas holprig und sollte nochmal nachgebessert werden. Wenn eine Zahnbürste einen Mittelscheitel aufweist, so löst das ein innerliches Lachen bei mir aus, kann aber nicht wirklich korrekt übersetzt sein.

Fazit: Ein solider erster Fall, der durchaus gut unterhält, aber leider nicht mit der Geschichte rund um Körner und Werner mithalten kann. Für Fans ein Muss, alle anderen lesen bitte "Krokodilwächter", "Blutmond" und Co, um sich von der grandiosen Schreibe der Autorin zu überzeugen.

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Veröffentlicht am 08.10.2023

Selbstzweifel sind Werkseinstellung...

Pick me Girls
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Da mich bereits andere Bücher von Frau Passmann sehr gut unterhalten haben, allen voran "Komplett Gänsehaut", wollte ich natürlich auch in ihr persönlichstes Buch blicken.

Während der Lektüre stellte ...

Da mich bereits andere Bücher von Frau Passmann sehr gut unterhalten haben, allen voran "Komplett Gänsehaut", wollte ich natürlich auch in ihr persönlichstes Buch blicken.

Während der Lektüre stellte ich schnell fest, dass es mittlerweile zwischen den Jahrgängen doch größere Unterschiede gibt als ich bisher annahm, denn vieles was die mir gegenüber 9 Jahre jüngere Autorin beschreibt an Serien und Co und das Social Media Leben, hatte ich einfach in meinen 20ern nicht. Nicht nur weil es das in der heutigen Form damals nicht gab, sondern auch meine Interessen anders gelagert waren.

Die von ihr geschilderten Alltagssituationen habe ich dann aber doch auch erlebt und die immer wieder erwähnte Scham ist mir auch nicht fremd. Der Neid auf andere Frauen, die vielleicht irgendwann mal mehr Aufmerksamkeit von Männern erhielten als man selbst, obwohl die Betroffene es vielleicht selbst nicht wollte oder gar verursacht hat. Die eigenen Erfahrungen von sexueller Belästigung und immer wieder die Zweifel am Selbstwert wie gut man denn jetzt eigentlich ist oder eben nicht. Denn taugt man etwas, wenn man nicht in einer festen Partnerschaft ist? Medien und Gesellschaft scheinen da ja eine ganz klare Meinung zu haben. Während der Singlemann als einsamer Wolf und cool gilt, kann ja mit der Singlelady etwas nicht stimmen. Entweder ist sie zu wählerisch oder hat einen Knacks in ihrem süßen Köpfchen.

Am meisten bewegt mich jedoch dadurch mehr zu wissen: das passiert uns allen. Wir sind nicht besonders, weil uns diejenige hintergangen oder derjenige verlassen hat, da es einfach im Leben einer Frau passiert. Der einen vielleicht häufiger als der anderen, aber das macht es nicht weniger schlimm.

Beim Thema Optimierung der Optik durch Schönheitseingriffe, Make-up und Co bin ich dann doch sehr froh einige Jahre älter zu sein als die Autorin und eben nicht mit Dauerbeschallung aus den sozialen Medien groß geworden zu sein.

Besonders bewegt mich jedoch folgendes: Warum wird man als Frau, vor allem in den jungen Jahren einfach nicht für voll genommen und dauernd unterschätzt? Das passiert jungen Männern nie, denen wird immer mehr zugetraut und sie sollen auf Risiko gehen. Wann hat die Einstellung sich in die Gehirne der Menschen eingenistet?

Leider muss ich gestehen, dass mir erst mit Ende 30 so langsam aber sicher egal ist was andere von mir denken, wie sie mich bewerten und ob gelästert wird. Das war aber auch ein sehr langer Prozess, der gewiss noch lange nicht abgeschlossen ist, denn natürlich gibt es immer mal Bemerkungen oder Ereignisse, die die einst gesäten Zweifel im Kopf wieder hervorholen, ohne dass man es wirklich möchte oder beeinflussen kann.

Ein Buch, welches mich doch sehr nachdenklich stimmt. Habe ich alles richtig gemacht oder Lebensphasen verschwendet an die Falschen? Herausfinden werde ich es wohl nicht, denn rückgängig kann man Erlebnisse eben nicht mehr machen.

Fazit: Hat mich über meine Vergangenheit nachdenken lassen und was ich zukünftig vielleicht anders mache. Lesenswert für all jene, die nicht übermäßig engstirnig denken. Und natürlich leicht provokant, aber das mag ich ja an den Texten von Sophie so.

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Veröffentlicht am 08.10.2023

Solider zweiter Teil...

DARK dream CASTLE
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Nachdem mich der erste Band "DARK gleam CASTLE" richtig derbe abgeholt hat und ich diesen verschlungen habe, musste ich dann auch zeitnah die Fortsetzung lesen. Es wird düsterer, es wird krasser, aber...

Der ...

Nachdem mich der erste Band "DARK gleam CASTLE" richtig derbe abgeholt hat und ich diesen verschlungen habe, musste ich dann auch zeitnah die Fortsetzung lesen. Es wird düsterer, es wird krasser, aber...

Der erste Teil endete natürlich mit einem Cliffhanger und so wird man hier direkt ins kalte Wasser gestoßen und ist mitten im Geschehen, was ich persönlich gern mag. Madison ist immer noch die Gefangene der Lords und ihr einziger Gedanke gilt ihrem Bruder und ihn hoffentlich lebend zu finden. Wird ihr dies gelingen? Und was werden die dunklen Lord noch alles von ihr verlangen? Die düstere einsame Insel als Setting ohne Kontakt zur Außenwelt sorgt für die richtigen Gänsehautmomente.

Gut gefallen hat mir, dass den Leser wieder jede Menge Spannung erwartet und es wird sowohl blutig als auch spicy. Es ist schon hart wie Diabo einfach seine Kollegen umlegt und man einfach nicht weiß aus welchen Beweggründen er dies tut. Man tappt hier völlig im Dunklen. Wer auch immer dann verletzt wird, lässt einen dann ebenfalls nicht kalt. Man kann den Schmerz förmlich durch die Seiten spüren. Der Spice im Buch ist enorm, mehr geht nicht. Die Szenen sind explizit beschrieben und in meinen Augen auf jeden Fall anregend, wenn auch die Fetische sicher nicht jedermanns Sache sind.

Nun zu meinem Kritikpunkt, weshalb ich nicht ganz so angetan war wie vom ersten Band. In meinen Augen hat Maddie keine wirkliche Entwicklung durchgemacht im Vergleich zum ersten Teil. Sie schien irgendwie naiver und lässt alles mit sich machen. Es wirkte teilweise willenlos für mich. Natürlich gibt es Szenen in denen sie sich wehrt und auch ihr Widerstand aufblitzen, aber irgendwie war mir das etwas zu wenig. Aber vielleicht erwarte ich auch zu viel, da das Geschilderte zwar wirkt als wären wir seit Wochen auf der Insel, dabei sind es nur wenige Tage, wenn ich nicht sogar irgendwas von drei Tagen gelesen habe.

Ansonsten liest sich der Stil von D.C. ODESZA einfach unglaublich entspannt und relaxt. Ich kann dabei sehr gut abschalten und auf andere Gedanken kommen, gerade nach einem anstrengenden Arbeitstag.

Fazit: Solider zweiter Band, der wieder mit einem miesen Cliffhanger endet, dass einem ja nichts anderes übrig bleibt als die Nase in den nächsten Band zu stecken. Empfehlenswert mit etwas Luft nach oben. Ich mochte ihn trotzdem gern.

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Veröffentlicht am 08.10.2023

Etwas übersichtlich...

Regen
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Als großer Fan von Ferdinand von Schirach lese ich alles von ihm ohne großartig vorher zu recherchieren was mich da erwarten wird. Etwas schade fand ich dann aber, dass man für diesen stolzen Buchpreis ...

Als großer Fan von Ferdinand von Schirach lese ich alles von ihm ohne großartig vorher zu recherchieren was mich da erwarten wird. Etwas schade fand ich dann aber, dass man für diesen stolzen Buchpreis 50 Seiten Theaterstück bekommt und dann ein Interview, was bereits anderweitig erschienen ist. Und das alles in Großdruck, einer Schriftgröße, die man sonst eher aus Kinderbüchern kennt.

Das Theaterstück als Monolog des unfreiwilligen Schöffen und Autors ist natürlich spannend und entspricht der Qualität, die man von Schirach kennt. Die Gedankengänge stimmen nachdenklich, regen an zu hinterfragen und man denkt noch lange darüber nach. So eine Wirkung soll Literatur ja haben. Ich stelle es mir sehr wirkungsvoll vor, wenn der Autor damit auf einer Bühne auftritt.

Ich habe das Geschrieben laut und mit Betonung gelesen, so hatte es nochmal einen anderen Eindruck auf mich als Leser, weil man sich mehr in die Figur einfühlen kann.

Fazit: Definitiv gut geschrieben, aber auch leider Wucher. Bei der aktuellen Lage muss man sich als Leser wirklich sehr gut überlegen, ob es einem das wert ist oder man dies vielleicht besser in der örtliche Bücherei leiht. Punktabzug gibt es ausschließlich aufgrund des Preises.

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