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Veröffentlicht am 18.09.2017

Alte Sagen - neuer Mord

Erzähl mir vom Tod (Ein Fall für Anne Kirsch 3)
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Anne Kirsch, Sauerländer Kommissarin, hat nach Ansicht ihres Chefs ein Problem mit ihrer Teamfähigkeit. Ein Seminar soll eine Disziplinierungsmaßnahme abwenden. Das findet in Obermarsberg statt, ausgerechnet ...

Anne Kirsch, Sauerländer Kommissarin, hat nach Ansicht ihres Chefs ein Problem mit ihrer Teamfähigkeit. Ein Seminar soll eine Disziplinierungsmaßnahme abwenden. Das findet in Obermarsberg statt, ausgerechnet zur Zeit des großen mehrtägigen Mittelaltermarkts. Dort wird in alten Kostümen aufgetreten, Handel getrieben und die Zuschauer unterhalten. Dass ein Bäckergeselle eine jämmerliche Nacht am Pranger verbringen musste und Gunnar gar mit einem alten Eisen geblendet wurde, hat aber mit Folklore nicht allzu viel zu tun. Dann gibt es den ersten Toten und Anne Kirsch darf endlich bei den Ermittlungen mitmischen und das seltsame Seminar, inclusive eines narzisstischen, manipulativen Leiters in den Wind schießen.
Bis zur Mitte des Krimis ist der „3. Fall für Anne Kirsch“ nur am Rande ein Krimi. Es geht viel um das Seminar, seltsame Teilnehmer und urige Typen rund um den Mittelaltermarkt in Obermarsberg. Viele Figuren treten auf, die ich manchmal gar nicht recht einordnen konnte. Als dann endlich Anne Kirsch ermittelt, nimmt die Geschichte deutlich an Fahrt auf, aber ich hatte bis dato schon das Gefühl, das einiges an Potential ungenützt blieb. Der Roman schildert malerisch den Markt, die alten Bräuche und Sagen. Schnell wird auch dem Leser klar, dass alle Vorfälle in alten Sagen ihre Vorbilder haben und der Kreis der Verdächtigen engt sich ein.
Verschenkt ist der eigentliche Höhepunkt der Geschichte, die Entlarvung des Täters, die ganz Schluss ein nebensächliches Anhängsel wirkt. Die Charaktere rund um Seminar und Dorf sind nicht immer ganz echt geraten, manche Handlungen haben sich mir dadurch nicht immer schlüssig dargestellt.
Mein Fazit: Ein unterhaltsamer Heimatkrimi für zwischendurch, der aber noch einiges an Potential verschenkt hat. Wobei ich meine, dass die Autorin schon bewiesen hat, dass sie es noch besser kann.

Veröffentlicht am 13.09.2017

Erinnerungen

Die Liebe, die uns bleibt
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Schweren Herzens entschließt sich Edwina dazu, ihr Haus zu verkaufen. Es ist zu groß, zu leer geworden. Sie geht durch die Räume, öffnet Schubladen und Schränke, sortiert und erinnert sich fast mit jedem ...

Schweren Herzens entschließt sich Edwina dazu, ihr Haus zu verkaufen. Es ist zu groß, zu leer geworden. Sie geht durch die Räume, öffnet Schubladen und Schränke, sortiert und erinnert sich fast mit jedem Gegenstand an die Geschichte ihrer jungen Ehe, ihre Kinder, die glücklichen und traurigen Tage.
Dieser erste Abschnitt hat mich sofort für das Buch eingenommen. Wie Edwina ihre Gedanken frei schweifen lässt, sich an die Absurdität mancher Alltagssituationen erinnert und in Rückblenden ihr Leben und das Leben ihrer Familie beschwört, hat mich fasziniert. Dann wendet sich der Familienroman den anderen Mitgliedern zu und wir erfahren die Familiengeschichte aus anderen Blickwinkeln. Dabei schimmert auch die Ära des 60iger Jahre Londons durch. Jugendrebellion, die Musik, die Drogen, die immer mehr aufkommen. Damit erfahren wir auch von den vielen Verletzungen und Brüchen in Edwinas Leben.
Mir hat dieser Roman gut gefallen und ich habe mich gut unterhalten gefühlt. Die Autorin hat immer wieder mit gekonnt platzierten Seitenhieben für einen witzigen Touch gesorgt und mit diesen leicht ironischen Zwischentönen auch die „Londoner Society“ treffend beschrieben. Die Welt der Privatschulen und Bällen und den Gesellschaftsspalten in der Zeitung, der der Wind der neuen Zeit entgegen weht. An diesen kleinen, treffenden Einfällen merkt man der Autorin ihre Erfahrung als Comedian an. Sie weiß, wie und wann sie Pointen setzen muss.
Bis auf Edwina, deren Charakter mir sehr gut gefallen hat, fand ich allerdings die anderen Beteiligten fast ein wenig blass und hölzern dargestellt. Da fehlten mir manchmal die Zwischentöne. Ich hatte mir nach der Beschreibung und des ersten Kapitels fast ein wenig mehr versprochen. Aber als Fazit bleibt mir das Buch als melancholisch-schöne Familiengeschichte in Erinnerung.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Atmosphäre
  • Charaktere
  • Gefühl
  • Handlung
Veröffentlicht am 12.09.2017

Die Sennerin vom Geigelstein

Harte Tage, gute Jahre
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Eine unglückliche erste Liebe wirft Maria aus der Bahn. Ausgerechnet ihre Schwester wurde ihre Nebenbuhlerin, sie will sich zurückziehen und als der Großvater sie den Sommer über auf die Alm schickt, wird ...

Eine unglückliche erste Liebe wirft Maria aus der Bahn. Ausgerechnet ihre Schwester wurde ihre Nebenbuhlerin, sie will sich zurückziehen und als der Großvater sie den Sommer über auf die Alm schickt, wird ihr der Lebensweg klar: sie geht nicht zurück ins Dorf, wenn der Almsommer vorbei ist.
Eine Siebzehnjährige trifft aus enttäuschter Liebe eine Entscheidung, die ihr komplettes Leben beeinflussen wird. Mit vielen Höhen und Tiefen, aber immer selbstbestimmt und frei. Christiane Tramitz hat das Leben der Almbäuerin Maria – der „Oberkasermare“ in Worte gefasst. Sie hat die Greisin noch selbst erleben dürfen und viele Gespräche mit ihr geführt. Das macht die Biografie dieser Frau so lebendig und farbig wie ein Bergroman.
Keine einfache Frau, ein unbeugsamer Charakter, der es ihrer Umwelt nicht immer leicht macht. Eine stolze Frau, die sich alles selbst erarbeitet hat und nie jemandem zur Last fallen wollte. Die nach ihren eigenen Regeln lebt und nur die Natur als Gesetz annimmt. Solche Menschen gibt es nur wenige und ich finde, die Autorin hat mit dieser Biografie der Sennerin Maria Wiesbeck ein Denkmal gesetzt.
Die Beschreibung der Lebensumstände auf einer Alm in den entbehrungsreichen Zeiten der Nachkriegszeit, als noch keine Straßen, keine Elektrizität und kein fließendes Wasser das Leben leichter machten, hat mich fasziniert. Was war das für eine unberührte, aber auch harte Welt.
Ich finde es überaus gelungen, wie Christiane Tramitz in ihrer Buch diese Frau und diese Zeit geschildert hat. Dabei hat mir auch besonders gefallen, dass die Autorin nicht chronologisch ein Leben nacherzählt, sondern Vergangenheit und Gegenwart nebeneinander stellt.

Veröffentlicht am 01.09.2017

(K)ein Dorfidyll

Toni und Moni oder: Anleitung zum Heimatroman
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Toni und Moni oder die Anleitung zum Heimatroman – diesen Titel muss man ernst nehmen. Was gehört in einen Heimatroman: ein idyllisches Dorf (Schöngraben) an einem plätschernden Bach (Rauscher) eine malerische ...

Toni und Moni oder die Anleitung zum Heimatroman – diesen Titel muss man ernst nehmen. Was gehört in einen Heimatroman: ein idyllisches Dorf (Schöngraben) an einem plätschernden Bach (Rauscher) eine malerische Bergkulisse, ein Wirtshaus und eine Kirche und natürlich ein Happy End am besten in Form einer Trachtenhochzeit.
Das alles macht die Lektorin der Autorin Petra Piuk klar und diesen Briefwechsel liest der Leser in Form von Fußnoten, die den Rahmen bilden. Aber auch der Leser darf mitbestimmen. So verfolgen wir also Toni und Moni ins Erwachsenenleben, das von den Erwartungen der heimattreuen Dörfler mitbestimmt wird.
Heimat und Dorfidyll werden hier ironisch, ja sogar zynisch, aufs Korn genommen. Da darf dem Leser ruhig das Lachen im Hals stecken bleiben. Wenn der kleine Toni beim Nachbarn die Waffensammlung bewundern darf, während der Alte behutsam über Lauf und Schaft streichelt und gerührt erzählt, dass mit diesem Gewehr der kleine Max am liebsten spielte, lässt die darunter abgedruckte Zeitungsmeldung „5jähriger erschießt beim Spielen seine kleine Schwester“ das Blut gefrieren.
Überhaupt lässt dieser Text keine Komfortzone zu. Das Dorf als Vorhölle – die Großcousine wohl als Alter Ego der Autorin gilt als Nestbeschmutzerin, hat sie es doch gewagt, den vorgezeichneten Weg zu verlassen. Schlimmer noch, sie erzählt der Moni von der Welt da draußen, da muss doch ein Riegel vorgeschoben werden.
Ich bin in ein Wechselbad der Gefühle eingetaucht, das Buch hat mich herausgefordert und ich bin nicht sicher, ob es mir gelungen ist, diese Herausforderung zu meistern. Wenn es darum ging, mich aufzurütteln und mir einen Text zu geben, der mich lange nach der Lektüre noch beschäftigt, dann ja.
Der Wechsel aus Umfragen, Zeitungsnotizen (ob erfunden oder wahr vermag ich nicht zu beurteilen) und Erzähltext macht das Buch zu einem besonderen literarischen Experiment. Gesellschaftskritik und abgründige Ironie haben mir gut gefallen, aber ich habe das Buch auch mit Erleichterung zugeklappt.
Die Ausstattung ist übrigens etwas besonders, schwarz und orange fällt das Cover sofort ins Auge, Personenverzeichnis, Raum für Notizen und Ehrenzeichen zum Ausschneiden, das alles gehört zum Gesamtkunstwerk dazu.

Veröffentlicht am 30.08.2017

Solider Krimi

Finster ist die Nacht
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Philip Long, ein bekannter Radiomoderator wurde entführt. Es gelingt ihm, in einem unbewachten Augenblick einen Notruf abzusetzen. Bis die Polizei eintrifft, ist das Haus leer. Macy Greeley ist in dichtem ...

Philip Long, ein bekannter Radiomoderator wurde entführt. Es gelingt ihm, in einem unbewachten Augenblick einen Notruf abzusetzen. Bis die Polizei eintrifft, ist das Haus leer. Macy Greeley ist in dichtem Regen auf dem Weg zum Schauplatz als ihr plötzlich ein Fußgänger vors Auto läuft. Es ist Philip Long, sie gerät ins Schleudern, der Wagen überschlägt sich. Hilflos muss sie mit ansehen, wie ein Motorradfahrer bremst, sich ihrer Dienstwaffe bemächtigt und Long erschießt. Sie kann sich im überfluteten Straßengraben verbergen.
Kurz danach werden zwei Leichen gefunden, Junkies, die aber offensichtlich Philip Longs Entführer waren, denn ihre Fingerabdrücke wurden auch im Haus gefunden, in dem Long gefangen gehalten wurde. Aber wer hatte ein Interesse daran Philip zu töten und wer hat die Entführer getötet. Es gibt viele Fragen in diesem Fall, die Macy nicht beantworten kann. Die Spuren und Verdachtsmomente führen in viele Richtungen.
Macy, in diesem 3. Band nun Mutter eines Kindes, die Geschichte ihres Privatlebens wird in den Bänden kontinuierlich weitererzählt, wird durch den Fall auch privat gefordert. Sie hat ständig ein schlechtes Gefühl, wenn sie ihr Kind allein lassen muss und auch gegenüber Aiden, ihrer neuen Beziehung muss sie sich ständig rechtfertigen.
Als Emma, Philip Longs Tochter zur Beerdigung anreist, erfährt Macy auch von Philip Longs Tagebuch, in dem er akribisch notierte, was er an Verfehlungen und Geheimnissen von Mitmenschen wusste. Ist das der Grund für seinen Tod?
Der Fall hat unglaublich viele Aspekte, immer wieder ergeben sich neue Spuren für Macy und auch für den Leser. Das ist gut geschrieben und die Atmosphäre gefällt mir gut mit ihren düsteren Anklängen. Obwohl der Auftakt mit Entführung und Mord sehr fulminant ist, entwickelt sich die Spannung erst allmählich. Als Leser musste ich, genau wie Macy, die einzelnen Spuren erst langsam aufdröseln, manchmal hatte ich das Gefühl, dass die Geschichte dabei etwas abdriftet. Aber immer wieder gelingt es der Autorin mit einem gekonnten Dreh und einer neuen Entwicklung mich festzunageln.
Mir hat besonders gut die Entwicklung von Macy Greeley im Verlauf der drei Bücher gefallen. Ich finde sie als Ermittlerin und Hauptfigur besonders gelungen. Ich weiß nicht, wie es Lesern geht, die neu einsteigen, ich denke aber, die Kenntnis eines Vorläufers ist von Vorteil.
Insgesamt finde ich „Finster ist die Nacht“ einen wirklich gelungenen Thriller, solide aufgebaut, mit einem spannenden Plot. Die kleinen Längen, die ich manchmal empfunden habe, tun dem keinen Abbruch.