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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.10.2023

Ein wichtiges Buch

Lieb doch, wie du willst
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In dieser Anthologie finden sich sinnliche Geschichten für junge Erwachsene ab 16 Jahren von zwölf Autorinnen. Ohne Tabuthemen unterstreichen die Geschichten, wie unterschiedlich Liebe, Lust und Erotik ...

In dieser Anthologie finden sich sinnliche Geschichten für junge Erwachsene ab 16 Jahren von zwölf Autorinnen. Ohne Tabuthemen unterstreichen die Geschichten, wie unterschiedlich Liebe, Lust und Erotik aussehen können. Dort wo andere Bücher konkrete Szenen ausblenden und der Phantasie überlassen, wird hier gerne ausführlich und in aller Freizügigkeit das Ausleben der Sexualität beschrieben.

Die Geschichten drehen sich um unterschiedliche Themengebiete von Liebe und Sexualität. Vom Altersunterschied über Homosexualität, Geschlechtsidentität, Selbstbefriedigung und sexueller Frustration oder sexuell übertragbaren Krankheiten werden unterschiedliche Aspekte in den Kurzgeschichten aufgegriffen.

Gerade für ein jüngeres Publikum finde ich es wichtig, dass Bücher wie dieses geschrieben und gelesen werden. Das Entdecken der eigenen Sexualität, der Neigungen und Vorlieben frei von Vorurteilen und „Normen“ ist essenziell für die persönlichen Entwicklung. Dafür ist Repräsentanz wichtig - konkrete Beschreibungen statt Andeutungen und zentrale Figuren statt Nebenrollen.

Es gibt viele verschiedene Arten zu lieben und jede
r hat das Recht, seinen/ihren individuellen Weg zu gehen. Ich wünsche mir, dass wir diese Offenheit in unsere Gesellschaft tragen, respektvoll miteinander umgehen und anderen die Freiheit geben, zu leben und zu lieben, wie sie möchten.

Einige Geschichten und Schicksale haben mich sehr nachdenklich gestimmt. Unsere Gesellschaft ist an vielen Stellen zu sehr an einer vermeintlichen Norm orientiert und macht es denen, die nicht so empfinden und sich an dieser Norm nicht orientieren, oft schwer. Niemand sollte sich dafür schämen oder gar verstecken müssen, wen oder wie er/sie liebt.

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Veröffentlicht am 17.10.2023

Ein intensives Leseerlebnis

Muna oder Die Hälfte des Lebens -
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Gewonnen hat das Buch den deutschen Buchpreis leider nicht, aber meiner Meinung nach wurde es zurecht nominiert (unbezahlte Werbung, Rezensionsexemplar):

Muna lebt in einer Kleinstadt in der DDR und ...


Gewonnen hat das Buch den deutschen Buchpreis leider nicht, aber meiner Meinung nach wurde es zurecht nominiert (unbezahlte Werbung, Rezensionsexemplar):

Muna lebt in einer Kleinstadt in der DDR und macht gerade Abitur. Ihr Vater ist schon lange tot und ihre Mutter kämpft mit ihrer Alkoholsucht. Muna verliebt sich in den Lehrer Magnus und verbringt eine Nacht mit ihm, bevor er in den Wirren nach der Wende verschwindet. Sieben Jahre später treffen sie wieder aufeinander. In der Zwischenzeit hat Muna in Wien, London und Berlin studiert und gearbeitet, doch die Sehnsucht nach Magnus ist nicht verschwunden.

Sie werden ein Paar und Muna wähnt sich im Glück - bis Magnus sein wahres Ich offenbart. Die Beziehung ist geprägt von Ablehnung, Abhängigkeit und schließlich psychischer und physischer Gewalt. Muna kommt dennoch nicht aus dieser toxischen Beziehung heraus, zu eng ist ihre Bindung an Magnus und der Wunsch nach einer Konstante im Leben - auch, wenn diese Verhaltensweise selbstzerstörerisch wirkt.

Schon allein wegen des Thema ist es kein leicht zu lesendes Buch, der Schreibstil unterstreicht dies und sorgt dafür, dass man sich das Leseerlebnis erarbeiten muss. Nie abgeschickte Briefe und durchgestrichene Gedanken machen die innere Zerrissenheit der Protagonistin, aus deren Ich-Perspektive die Geschichte erzählt wird, intensiv erlebbar.

Wie im wahren Leben verläuft nicht alles stringent, es gibt viele verschiedene parallele Handlungsstränge - der rote Faden bleibt dabei stets die „Amour fou“ zwischen Muna und Magnus.

Dieses Buch lässt seine Lesenden nicht kalt, hallt lange nach und lässt sie auch nach der Lektüre nicht los. Ein anspruchsvolles, literarisch hochklassiges und (leider) sehr aktuelles Buch.

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Veröffentlicht am 16.10.2023

Herzliche Geschichte in Frankfurt am Main

Das kleine Kräutercafé – Herzkirschen
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Natália fehlt zur Eröffnung ihres Traums, dem „Allesgrün-Café“, die baurechtliche Genehmigung. Um über die Runden zu kommen, jobbt sie als Putzfrau bei der EZB in Frankfurt am Main. Dort trifft sie auf ...

Natália fehlt zur Eröffnung ihres Traums, dem „Allesgrün-Café“, die baurechtliche Genehmigung. Um über die Runden zu kommen, jobbt sie als Putzfrau bei der EZB in Frankfurt am Main. Dort trifft sie auf den charmanten Banker Marco und auf Robert, der eher zugeknöpft ist. Bei einem Stromausfall bleibt sie ausgerechnet mit Robert im Fahrstuhl stecken und das Liebeschaos nimmt seinen Lauf.

Wer nun denkt, es handele sich um einen Standard-Liebesroman, der irrt. Erste Besonderheit ist, dass die Geschichte aus den Perspektiven von allen dreien erzählt wird, also Natália, Marco und Robert. Die Charaktere könnten unterschiedlicher nicht sein, auch wenn der lebenslustige Frauenheld mit italienischen Wurzeln und der eher spröde und introvertierte Robert als Bio-Deutscher auf den ersten Blick Stereotype zu bedienen scheinen.

Ferner gibt es neben dieser Dreiecksgeschichte weitere interessante Handlungsstränge. Bankiersgattin Gabriele und Kurierfahrer Yul stammen aus verschiedenen Welten der Metropole Frankfurt, treffen aufeinander und machen eine interessante Entwicklung durch.

Mich hat das Buch besonders angesprochen, da ich selbst einige Jahre im Frankfurter Umland gewohnt habe und den Kontrast zwischen den verschiedenen Welten, die das „Kuhdorf mit Skyline“ zu bieten hat, aus eigener Erfahrung kenne. Besonders habe ich mich über das Rezept für „Frankfurter Grüne Soße“ bzw. „Grie Soß“ gefreut, das natürlich perfekt zum Kräutercafé passt.

Das Buch bietet überraschend viel Spannung und noch mehr Herzenswärme, als Titel und Cover vermuten ließen. Auf den zweiten Teil bin ich schon gespannt - dieser wird sich dann stärker um Isa drehen, Natálias Mitgründerin des Kräutercafés - die in dieser Rezension etwas kurz kommt. Ich spreche eine Leseempfehlung aus und vergebe 5/5 Sternen.

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Veröffentlicht am 11.10.2023

Einfach toll

Nebel über der Uckermark
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Achtung, Etikettenschwindel! Auf dem Cover prangt „Kriminalroman“, wie bei den ersten beiden Carla-Stach-Krimis. Aber mit „Nebel über der Uckermark“ hat Richard Brandes einen lupenreinen Thriller abgeliefert.

War ...

Achtung, Etikettenschwindel! Auf dem Cover prangt „Kriminalroman“, wie bei den ersten beiden Carla-Stach-Krimis. Aber mit „Nebel über der Uckermark“ hat Richard Brandes einen lupenreinen Thriller abgeliefert.

War ich bei meinem ersten Buch von Brandes noch äußerst angetan vom sehr ruhigen Erzählstil, der ohne großen Spannungsbogen und vor allem ohne Cliffhanger auskam, so hat mich dieses Buch gepackt und nicht mehr losgelassen. Und was soll ich sagen - auch dieser Stil hat mir sehr gut gefallen!

Praktisch jedes Kapitel endet mit einem veritablen Cliffhanger und macht es (wo wir schon beim Bullsh*t-Bingo, äh, denglischen Buchblogger-Fachbegriffen sind) zum Pageturner. Ich konnte es kaum weglegen und wollte sofort wissen, wie es weitergeht.

Im Gegensatz zu den ersten Bänden steht diesmal der psychologische Ansatz und das Rätseln über Identität und Motivation des Täters weniger im Vordergrund, es gibt keinen typischen (Serien-)Mörder, sondern wir bewegen uns in kriminellen Strukturen. Statt der Profiling-Komponente kommt diesmal Übernatürliches ins Spiel: Eine Hellseherin hat einen Mord vorausgesehen - und als ein zum mutmaßlichen Opfer passender Vermisstenfall gemeldet wird, sind die Kommissarinnen Carla Stach und Julia Engel hin- und hergerissen zwischen Rationalität und dem Anerkennen des Übersinnlichen.

Zum esoterischen Touch gesellt sich dann die Schwurblerszene: Maik Frosch wurde als verdeckter Ermittler bei Verschwörungstheoretikern eingeschleust, die ein „großes Ding“ planen und Verräter kaltblütig hinrichten lassen. Carla Stach sorgt sich um ihren Kollegen, zumal die Fälle etwas miteinander zu tun zu haben scheinen.

Klimawandelleugner, Reichsbürger, Hetzer gegen eine „Ökodiktatur“ - Brandes greift aktuelle Themen auf und lässt keinen Zweifel an seiner eigenen Sicht auf die Dinge. Auch wenn ich das Thema hoch relevant finde und es absolut richtig ist, dass es in aktueller Literatur Platz findet, so wirkte es auf mich ein wenig konstruiert - klitzekleiner Wermutstropfen eines ansonsten absolut gelungenen und lesenswerten Buches, das eine würdige Fortsetzung der Reihe darstellt. Die alles andere als perfekten Charaktere um Carla, Julia, Ruben und Maik haben es mir vom ersten Buch an angetan und ich bin absoluter Fan der Reihe.

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Veröffentlicht am 10.10.2023

Ein tolles Finale

Violas Versteck (Tom-Babylon-Serie 4)
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Im vierten und finalen Band der Reihe rund um das Ermittlerduo Sita Johanns und Tom Babylon lässt es Marc Raabe wieder ordentlich krachen: In zwei Handlungssträngen, die nicht hätten spannender sein können, ...


Im vierten und finalen Band der Reihe rund um das Ermittlerduo Sita Johanns und Tom Babylon lässt es Marc Raabe wieder ordentlich krachen: In zwei Handlungssträngen, die nicht hätten spannender sein können, schickt der Autor Tom und Sita auf getrennten Wegen aus, um endlich Violas Versteck zu finden.

Tom wacht in einem Krankenhaus in London auf und leidet unter Gedächtnisverlust. Nach und nach findet er heraus, was vorher geschah und alles deutet darauf hin, dass er kurz davor war, Viola zu finden. So ermittelt er auf eigene Faust weiter, während Sita sich auf den Weg zum Hochsicherheitsgefängnis in Traunstein macht, um Informationen aus Walter Bruckmann herauszubekommen. Leider dauert es nicht lange, bis Sita sich selbst fixiert in einer Zelle wiederfindet und Bruckmann ihre einzige Möglichkeit zu sein scheint, dort wieder herauszukommen.

Man sollte zuerst die anderen Bücher gelesen haben, bevor man sich diesen Teil zu Gemüte führt, der mit über 600 Seiten der dickste Band der Reihe ist.

Nach vielen spannenden und actionreichen Szenen läuft am Ende alles schlüssig zusammen. Obwohl ich mir die Auflösung spektakulärer vorgestellt hätte, war ich doch froh, dass ich das Buch zur Seite legen konnte, denn ich habe noch nicht oft so an den Seiten geklebt beim Lesen. Freunde von spannender Lektüre kommen hier definitiv auf ihre Kosten, versprochen.

Bereits die ersten drei Bände konnten mich begeistern und bei „Violas Versteck“ hat Marc Raabe es geschafft, tatsächlich noch eine Schippe draufzulegen mit einer komplexen und intelligenten Handlung, viel Spannung, facettenreichen Charakteren und einem flüssigen und lückenlosen Schreibstil einen würdigen Abschluss für die Reihe zu schaffen.

Ich vergebe 5/5 Sternen und sage „Chapeau“!

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