Junge Frauen kämpfen um ihren Arbeitplatz
Die Postbotin„...Die Kolleginnen haben sich vier Jahre lang für einen mageren Lohn abgerackert. Sie haben die Hälfte von dem verdient, was die Männer sonst kriegen. Und jetzt, wo man sie nicht mehr braucht, setzen ...
„...Die Kolleginnen haben sich vier Jahre lang für einen mageren Lohn abgerackert. Sie haben die Hälfte von dem verdient, was die Männer sonst kriegen. Und jetzt, wo man sie nicht mehr braucht, setzen sie sie auf die Straße...“
Dieses Zitat gibt den Grundkonflikt wieder, der in der Geschichte steckt. Wir schreiben das Jahr 1919. Mit der Rückkehr der Männer aus dem Krieg sind die Stellen der weiblichen Postzusteller in Gefahr.
Die Autorin hat einen abwechslungsreichen historischen Roman geschrieben Der Schriftstil ist locker und leicht. Die unterschiedlichen Handlungsstränge geben einen guten Einblick in das Zeitgeschehen. So heißt es von der Gegend um die Orangenburger Straße:
„...Seit Kriegsende wurde an dieser Ecke der Stadt jede Nacht gefeiert und getanzt. Wer das große Töten an West- und Ostfront überlebt hatte, wollte das Leben wieder mit jeder Pore seines Körpers spüren...“
Regine ist Postbotin. Sie möchte sich dafür einsetzen, dass die Kolleginnen ihren Job behalten. Das aber ist nicht einfach. Einerseits hat sie keine Erfahrung, andererseits war ihr Vater Postbeamter. Er hätte keinerlei Verständnis für seine Tochter.
Als Regine den Gewerkschafter Kurt kennenlernt, verliebt sie sich Hals über Kopf. Es gibt aber noch eine anderen Mann, der Regine mag. Und er könnte ihr eine sichere Zukunft bieten.
Ihre Freundin Evi, die Telefonistin ist, hatte mit einem Vorgesetzten ein Techtelmechtel. Seine Zurückweisung hat sie noch nicht verarbeitet. Außerdem ist sie auf der Suche nach ihrem im Krieg verschollenen Bruder. Ihr Vater ist Musiker und hat die Familie verlassen. Die Mutter, Hugenottin und aus einst begüterten Haus, kommt mit dem sozialen Abstieg nicht zurecht.
Aus dieser komplexen Anfangskonstellation entwickelt sich die Handlung. Zu Beginn steht der mögliche Streik im Vordergrund.
„...Um auf die Lage im Dienst zurückzukommen – ich denke, wir sollten den Vorschlägen der Gewerkschaft folgen und ein Streikkomitee bilden. Dann hat unsere Bewegung endlich eine ordentliche Vertretung...“
Was sich so einfach anhört, erweist sich als schwierig. Viele der Frauen haben andere Sorgen, als im Streikkomitee mitzuarbeiten. Deshalb wird dieses Thema bald nur noch marginal behandelt. In den Mittelpunkt treten dafür die persönlichen Probleme der Protagonisten.
Zu den sprachlichen Höhepunkten gehören manche der Gespräche. So erfahre ich einiges über das Wirken der Gewerkschaft in dieser Zeit. Gleichzeitig wird in anderen Dialogen deutlich, wie die jungen Frauen denken und welche Träume sie haben.
Trotzdem konnte mich das Buch nicht restlos überzeugen. Das liegt zum einen daran, dass es am Ende eine Petition der Frauen gibt, ohne dass deren Entstehung nochmals beschrieben wird. Zum anderen gibt es eindeutig zu viele lose Enden, deren Fortführung der Phantasie des Lesers überlassen bleibt.