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Veröffentlicht am 09.11.2023

Bis auf die Protagonistin mit spannendem Konzept unterwegs

Starling Nights 1
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Ich habe Merit Niemeitz über ihre NA-Reihe „Mulberry Mansion“ bei Lyx kennengelernt und ich habe sie als Erzählerin, die eine unglaubliche Bildsprache hat, erlebt, was eben speziell bei Liebesgeschichten ...

Ich habe Merit Niemeitz über ihre NA-Reihe „Mulberry Mansion“ bei Lyx kennengelernt und ich habe sie als Erzählerin, die eine unglaubliche Bildsprache hat, erlebt, was eben speziell bei Liebesgeschichten auch echt nicht verkehrt ist, weil man diese Gefühlsebene dann ganz anders inszenieren kann. Dennoch habe ich natürlich auch mitbekommen, dass einige sich mit ihrem Stil schwer getan habe. Nun ist bei Reverie eine neue Dilogie angekündigt worden, die zwar auch Liebesgeschichten erzählt, aber eben auch auf Fantasy geeicht ist und ich war wirklich sehr gespannt, wie sich die Stilistik der Autorin dadurch vielleicht verändert und wie ich das finde.

Zunächst einmal kann ich sagen, dass „Starling Nights“ einerseits immer noch 100% Merit Niemeitz ist, aber ich habe definitiv auch andere Seiten von ihr erlebt und das finde ich als Mischung für eine neue Reihe eigentlich das perfekte Ergebnis. Autoren und Autorinnen sollen in meinen Augen definitiv einen Stil entwickeln, der sie herausstechen lässt, aber dennoch dürfen sie sich in diesem neu erfinden und neu ausprobieren und das wurde für „Starling Nights“ definitiv gemacht. Die Anteile der Liebesgeschichte und wie dann die Sprache wieder auf ein besonders Level gehoben wurde, das habe ich der Autorin sofort als typisch zuordnen können. Ansonsten finde ich aber, dass die Geschichte schon deutlich düsterer ist und auch in der Erzählweise flotter. Die Mulberry Mansion-Reihe hat eben auch viel von ausführlichen Gedankenprozessen gelebt, was hier nun deutlich reduzierter der Fall ist. Zudem finde ich auch, dass die Charaktere ganz anders angelegt sind. Es gibt wirklich einige Figuren, die sicherlich niemand so schnell ins Herz schließt und auch die ‚sympathischen‘ sind deutlich mit mehr Ecken und Kanten ausgestattet. Überrascht war ich aber auch, wie ich Protagonistin Mabel wahrgenommen habe. Zwar waren die drei weiblichen Protagonistinnen aus der anderen Reihe nicht alle gleich, aber sie waren dennoch auf eine Art mir alle irgendwo nah. Mabel sticht hier für mich vollkommen raus.

Auch wenn ich glaube, dass Mabel auch ein guter Mensch ist, mit der ich mich mal gut unterhalten könnte, so hatte sie auch viele Züge an sich, die mich stellenweise auch mal in den leichten Wahnsinn getrieben haben. Zunächst musste ich über die Namensgebung noch schmunzeln, denn bei Mabel dachte ich sofort an „Only Murders in the Building“ und so kommt auch diese Mabel rüber. Wenn sie einmal wie ein Spürhund eine Fährte aufgenommen hat, dann beißt sie sich regelrecht fest, wider aller Vernunft. Sie hat sich wirklich in viele gefährliche Situationen gebracht und das Thema Angst ist von der Autorin auch selbst aufgegriffen worden, aber so tough wie sie war, das war mir fast schon wieder unnatürlich. Auch Mabel aus der Serie kennt ihre Grenzen, diese Mabel hier nicht. Deswegen habe ich mich eben oftmals schwer mit ihr getan. Ihre Art hat zwar dafür gesorgt, dass die Geschichte immer gut Zug hatte, aber gleichzeitig war eigentlich offensichtlich, dass die Menschen, die ihr etwas bedeuten, dass sie für die auch immer da ist, aber ihre ganzen Aktionen haben so viele in Gefahr gebracht, das war dem total entgegensprechend. Aber auch Mabel und Cliff zusammen… Wir haben ein paar wenige Cliff-Kapitel, die helfen, seine Fassade schnell aufzubrechen, so dass man weiß, hinter seiner Maske steckt so viel mehr. Aber Mabel hat nichts, außer die wenigen Momente und trotzdem läuft sie in manche Dinge so blind rein, wirft es aber gleichzeitig Zoe vor. Mabel und ich sind so nicht wirklich Freundinnen geworden, obwohl sie definitiv starke Momente hatte, aber es war insgesamt dennoch schwierig.

Normalerweise meckere ich ja gerne, wenn beide Perspektiven bei Liebesgeschichten abgebildet werden, es aber nicht gleichmäßig ist. Hier hat Niemeitz aber eindeutig alles richtig gemacht, denn die wenigen Kapitel von Cliff waren für die Geschichte sehr wichtig, aber wäre es mehr gewesen und sie hätte dennoch vieles zurückgehalten, um das Mysterium rund um den Bund der Stare offen zu halten, dann wäre es gezwungen unnatürlich rübergekommen. So haben wir dann eben Mabel mit ihren Ermittlungen und wir haben immer mal kleine Hinweise durch Cliffs Perspektive und so setzt sich angenehm ein Puzzle zusammen. Bei der Grundidee der Geschichte musste ich schon in ein paar Aspekten an „Twilight“ denken, vor allem, was das Miteinander von Cliff und Mabel sowie der Stare untereinander angeht. Aber natürlich ist die Parallele auch die moralische Betrachtung eines Problems, wo Menschen zu Schaden kommen, wo es aber praktisch keine Alternative gibt. Dennoch ist „Starling Nights“ eine ganz eigene Geschichte und ich mochte die Gedanken dahinter. Das ganze Konzept ist auch bisschen mystisch-physisch aufgebaut und ist eben eine interessante Betrachtung der Welt, die ich auch nicht für abwegig halte. Mir hat es auf jeden Fall Freude bereitet, dem nachzugehen, was der Bund der Stare ist und ich finde auch, dass auf dem Weg dahin es viele sehr spannende Momente gab. Nun gibt es noch einen zweiten Band, der das Paar wechselt. Ich hätte intuitiv gedacht, dass es mit Mabel und Cliff im Fokus weitergeht. Ist nun nicht der Fall, aber das macht gerade auch Lust auf mehr. Ich will unbedingt wissen, wie es weitergeht!

Fazit: „Starling Nights“ ist eine unterhaltsame, spannende und auch sehr düstere Fantasy-Erzählung von Merit Niemeitz, die sich als Autorin etabliert, aber auch weiter ausprobiert. Lobenswert. Während ich mich mit Mabel als Protagonistin doch an einigen Stellen schwer getan habe, so fand ich den Verlauf und die Grundidee aber wirklich gut und werde die Reihe eindeutig bis zum Ende verfolgen.

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Veröffentlicht am 26.10.2023

Aktuelle Thematik mit nicht immer zielführenden Perspektiven

Im Herzen so kalt (Ein Fall für Maya Topelius 1)
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Gut, dass Sandra Åslund nun anfängt, Schweden-Krimis zu schreiben, denn die Cover ihrer in Frankreich spielenden Krimis habe ich beim Scrollen zwar durchaus wahrgenommen, aber da ich nicht mehr so viele ...

Gut, dass Sandra Åslund nun anfängt, Schweden-Krimis zu schreiben, denn die Cover ihrer in Frankreich spielenden Krimis habe ich beim Scrollen zwar durchaus wahrgenommen, aber da ich nicht mehr so viele Krimis lese, wie es mal war, muss ich einfach sagen, dass mich Schweden als Kulisse einfach mehr anzieht als Frankreich, obwohl ich in Letzterem schon öfters war und auch dort natürlich spannende Verbrechen passieren können. Aber zack, „Im Herzen so kalt“ spielt in Östersund (außerdem Biathlon-Strecke!) und ich bin dabei.

Zunächst einmal finde ich die große Themenwahl, unter die dieser erste Band steht, sehr gut. Vor allem bei dem Thema Umweltschutz und speziell Kahlschlag von Wäldern hat man spätestens am Ende auch gemerkt, dass sich die Autorin intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt hat und das ist im Buch selbst schon angekommen, aber dass sie am Ende auch noch einmal weiterführende Lektüre empfiehlt, löblich. Denn ich muss auch gestehen, dass ich es hier in Deutschland so empfinde, als würden die nordischen Länder in Sachen Klimaschutz eine Art Vorreiter sein, aber das zeigt doch wieder, unkritisch darf man die Medien nicht konsumieren. Was ja nicht bedeutet, dass Schweden jetzt zu den schlimmen Fingern zählt, genauso wenig wie Deutschland überall nachhängt. Aber es ist ein wichtiges Thema und ich fand es in dem Krimi lebensnah verpackt. Ich empfand es auch unaufdringlich, wie sich dann Maya beispielsweise mit ihrem Partner Pär über einige Maßnahmen unterhält. Es ist keine Maßreglung, was nicht alles sofort und sogleich abzuändern ist, sondern es sind die kleinen Ideen, die etwas Großes bewirken können. Das zweite Thema ist dann natürlich sexueller Missbrauch. Auch ein Thema, was nie weniger wichtiger wird. Ich fand es zwar bei keiner der betroffenen Frauen richtig konsequent ausgearbeitet, aber in allen Geschichten zusammen steckte genug drin.

Bei Krimis sind für mich die Erzählperspektiven immer ein großes Thema. Es ist definitiv das Genre, wo ich für mehrere Perspektiven auf jeden Fall plädiere, weil die verschiedenen Erzählstimmen helfen können, neue Theorien anzustoßen, aber auch Verwirrung zu stiften. Dennoch müssen sie immer einen klaren Sinn für mich ergeben, sonst sind es verschwendete Seiten, um es mal ganz platt zu sagen. Während Maya natürlich keine Diskussion ist, so war ich bei Sanna am Anfang auch sehr verwirrt. Zwar kreuzen sich die Wege der beiden Freundinnen dann auch in Östersund und sie gibt schließlich auch wichtige Hinweise für die Ermittlung, die Maya in eine neue Richtung lenken, aber das wäre möglicherweise auch ohne eigene Perspektive gegangen. Aber offenbar war der Autorin eben das Thema sexueller Missbrauch wichtig, aber im Zusammenhang mit dem Ermittler aus Östersund, Hilding, würde ich es als Thema lassen, dass die Autorin bei den Perspektiven aufpassen könnte, zumindest in meinem Empfinden. Ich brauchte die Perspektive von Pär nicht, weil er und Maya ja wirklich das meiste zusammen gemacht haben, aber der örtliche Polizist hat wirklich keinen Mehrwert gebeten. Am Anfang hat er mal kurz den Eindruck erweckt, dass er und sein Kollege Sonny da was am drehen sind, aber danach kam nichts mehr als eine unnötige Perspektive. Frida als Perspektive dagegen war sehr geschickt. Daher nochmal: Perspektiven, super, aber dann auch mit Bedacht gewählt.

Maya als Protagonistin ist auf jeden Fall ein guter Ausgangspunkt. Da sie deutsche Wurzeln hat, ist es ganz passend, wie sie die beiden Länder auch schon mal gegeneinandersetzt. Da ich Schwedisch gelernt habe, finde ich es auch gut, dass der Du-Stil konsequent umgesetzt wird. Ungewohnt, aber entspricht dort eben der Kultur. So wird man als deutsche Leserschaft gut in dieses Land rübergenommen. Aber auch ansonsten ist Maya sympathisch. Sie ist offensichtlich auch eine gute Freundin und der Fall zeigt, dass sie für ihren Job ein gutes Gespür hat. Im Verlauf der Ermittlungen kann man durchaus diskutieren, wie professionell sie sich ab einem bestimmten Punkt verhalten hat, denn keine Ahnung, wie die Beweise hätten herhalten sollen, außer in Schweden gibt es da ganz andere Regelungen. Aber dennoch hat es eben bewiesen, dass Maya Dinge gut durchschaut und dass sie auch genau die richtige Portion Mut hat. Der Fall an sich war gut konstruiert, aber irgendwann waren die Puzzleteile auch gut zusammenzusetzen. Aber genauso wurde auch ersichtlich, dass Åslund es sich gar nicht als Ziel gesetzt hat, erst auf der letzten Seite alles aufzulösen. Es gibt stattdessen nach der Auflösung nochmal ordentlich Action und dann ein längeres Auslaufen der Geschichte. Es ist eine andere Stilistik, als ich es sonst gerne mag, aber dennoch hat es mich nicht so sehr gestört wie die Perspektiven beispielsweise. Denn die Action hat mich auch an den Seiten kleben lassen und dass sich am Ende nochmal viel Zeit genommen wurde, das hat für mich signalisiert, dass die Autorin Mayas Welt wirklich etablieren will, dass man auch zurückkehren will. Das kann ich der Autorin nicht vorwerfen.

Fazit: „Im Herzen so kalt“ ist ganz eindeutig ein Band, der zeigt, wie Sandra Åslund diese Reihe gestalten will. Sie beschäftigt sich mit aktuellen Themen, sie will nicht nur den Fall, sondern sie will auch die Action. Alles gut und hat mich auch überzeugt, aber in der Stilistik, beispielsweise welche Perspektiven gewählt wurden, da sehe ich noch Verbesserungspotenzial, dass ich auch in allen Aspekten an Bord bleibe.

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Veröffentlicht am 25.10.2023

Komplex am Ende zusammengeführt

Glutspur
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Katrine Engberg ist eine Krimiautorin, die mir namentlich durchaus schon mal begegnet ist, zumindest kommen mir einige Cover ihrer Bücher sehr vertraut vor, aber komplett ohne Kontext hätte ich sie nie ...

Katrine Engberg ist eine Krimiautorin, die mir namentlich durchaus schon mal begegnet ist, zumindest kommen mir einige Cover ihrer Bücher sehr vertraut vor, aber komplett ohne Kontext hätte ich sie nie einordnen können. Nun ist Herbst, es wird wieder früher dunkel, eine ganz andere Atmosphäre und da Krimis bei mir doch etwas ins Hintertreffen geraten sind, merke ich doch vermehrt, dass es eine Frage der Jahreszeit ist, dass ich wieder richtig Lust auf Krimis bzw. Thriller habe. Da kommt Engberg mit ihrer neuen Reihe zu Liv Jensen genau recht.

Ich habe „Glutspur“ als Hörbuch konsumiert und der Sprecher ist Peter Lontzek. Ich war erst etwas überrascht, weil ich zuletzt bei den Hörbüchern vermehrt den Eindruck hatte, dass sich je nach Perspektive um das jeweilige Geschlecht bei den Stimmen bemüht wird. Hier haben wir zwei Frauenperspektiven und eine Männerperspektive, da hätte ich intuitiv eine Frauenstimme erwartet. Aber meckern will ich deswegen wahrlich nicht, denn ich kenne Peter Lontzek vor allem als Synchronsprecher, beispielsweise als Stimme von Tom Hiddleston als Loki, sowie aus vielen Serien und Filmen und ich denke, da braucht man mehr nicht mehr zu sagen, die sind nicht ohne Grund in diesem Job, denn er hat wirklich eine schöne, volltönige Stimme, die vor allem auf so ein Genre wirklich gut passt. Ich hatte auch nicht den Eindruck, dass er sich für Frauenstimmen unangenehm verstellt. Zwar brauchte ich dadurch an einem neuen Kapitelanfang immer erst, dass mal der Name der aktuellen Perspektive genannt werden musste, um mich zu orientieren. Da das aber spätestens im zweiten Satz immer der Fall war, fand ich das auch nicht kritikwürdig.

Kommen wir nun aber zum eigentlichen Krimi. Perspektiven in Krimis sind immer so eine Sache. Ich habe gerne mehrere in diesem Genre und weil neben Liv ja auch Hannah und Nima als weitere Perspektiven schon im Klappentext genannt waren, war ich dementsprechend natürlich gespannt, wie sich die Geschichte mit ihnen entwickelt. Liv ist sicherlich unumstritten. Sie gibt der Reihe ihren Namen und sie leistet auch das, was ich für dieses Genre als üblich finde. Auch wenn sie als Privatermittlerin tätig ist und damit nicht so viele Befugnisse wie die Polizei hat, sie ist emsig, sie ist mutig, sie ist wirklich wie ein Hund mit dem Knochen und beißt sich fest, was ich als sehr positiv empfunden habe. Hannah und Nima sind dagegen ganz eindeutig die Nebenrollen in einer Art und Weise. Hannah geht auch Spuren nach, indem sie eben mehr über den letzten Geisteszustand ihres Bruders Daniel rausfinden will, nachdem dieser Selbstmord begangen hat. Aber im Vergleich zu Liv war das wenig konkret, weniger bissig und hat mich dementsprechend auch nicht so sehr mitgerissen. Nima ermittelt gar nicht, er gerät selbst unter Verdacht. Seine Perspektive fand ich da als Abwechslung sogar spannender als die von Hannah, denn bei ihm wurde es so gestaltet, dass man manchmal doch dachte, ist er ein Mörder? Hat er das Potenzial? So mysteriös wurde er gestaltet. Aber da eben vermittelt worden war, dass alle drei Geschichten miteinander zu tun haben, sah ich immer nur, wie es weniger Prozent wurden und wir schienen von einer Lösung weit weg. Dementsprechend muss ich wirklich den Hut ziehen, denn am Ende hat sich tatsächlich noch alles zusammengefügt und einen komplexen Krimi bestätigt.

Auch wenn mir das zeigt, dass Engberg ihr Handwerk in diesem Genre also eindeutig versteht, so würde ich doch auch sagen, dass der Weg dorthin noch verbessert werden kann. Denn es war zwischendurch manchmal etwas zäh, gerade eben die Perspektive von Hannah, die ich wirklich gerne mehr gemochte hätte, weil ich eigentlich keine Zweifel habe, dass sie ein guter Mensch ist. Auch die Gedankenschleifen von Nima waren manchmal zu wiederholend, aber bei ihm mochte ich eben die Perspektive als Flüchtling. Liv dagegen ist wirklich vielversprechend gelungen. Es gibt schon genug Andeutungen, warum sie von ihrem Job als Polizistin zunächst Abstand genommen hat, aber genauso ist offensichtlich, dass das wahrscheinlich erst im zweiten Band richtig zur Geltung kommt. Aber auch so wird es viel zu ihr zu entdecken geben, denn so wie sie sich alleine durchgekämpft hat, würde es mich auch nicht wundern, wenn sie wieder integriert auf einem Revier dennoch eine Einzelkämpferin bleibt. Einen Kritikpunkt habe ich noch, weil mir die Beobachtung immer wieder kam. Die Kapitel enden oft in Momenten, die sich ‚mittendrin‘ anfühlen. Viele Thrillerautoren arbeiten ähnlich, setzen dann im nächsten Kapitel dort aber unmittelbar wieder an, um die Spannung weiter fortzutragen. Das war hier gar nicht. Gerade bei Liv und Hannah gab es mehrere Situationen, wo sie in unangenehmen oder angespannten Gesprächen steckten, Cut und wenn sie wieder auftauchen, hat es sich wie magisch gelöst. Das fand ich etwas seltsam, weil es so manchmal unfertig wirkte.

Fazit: Mit „Glutspur“ habe ich einen guten ersten Eindruck von Katrine Engberg bekommen, denn komplexe Krimis schreiben, das kann sie offenbar. Drei teilweise zusammenhanglos erscheinende Teilgeschichten am Ende so geschickt zusammenzuführen, das hat schon was. Dennoch gibt es paar Längen durch die verschiedenen Perspektiven und manche Kapitel wirkten am spannendsten Punkt abgehackt. Dennoch sicherlich eine Reihe, die ich weiterverfolgen werde.

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Veröffentlicht am 12.10.2023

Autor mit Potenzial

Selbst in dunkelster Nacht
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Auf „Selbst in dunkelster Nacht“ bin ich tatsächlich durch den Fakt aufmerksam geworden, dass es ein Autor geschrieben hat. Zwar gibt es sicherlich vereinzelte männliche Vertreter, die im Genre New Adult ...

Auf „Selbst in dunkelster Nacht“ bin ich tatsächlich durch den Fakt aufmerksam geworden, dass es ein Autor geschrieben hat. Zwar gibt es sicherlich vereinzelte männliche Vertreter, die im Genre New Adult Bücher schreiben, dann ist es in meinem Eindruck aber oft auch so, dass es LGBTQ+ Bücher sind. Ja, aber warum nicht mehr Autoren, die heterosexuelle Liebesgeschichten erzählen, die immer noch den Großteil des Marktes ausmachen? Deswegen war für mich klar, dass ich das unbedingt auch unterstützen möchte und habe daher bei „Selbst in dunkelster Nacht“ von Ali Kassemyar gerne zugegriffen.

Zunächst ist für mich eine löbliche Angelegenheit, dass Kassemyar sich beide Perspektiven, also die von Kieran und die von Liora gleichermaßen vornimmt. Auch bei weiblichen Autorinnen erlebt man es oft, dass sie entweder nur die weibliche Perspektive anbieten oder beides machen, dann aber dennoch eine deutliche Tendenz zur Frau haben. Ich verstehe das durchaus, weil man sich ganz logisch in das eigene Geschlecht besser eindenken kann. Aber mein Standpunkt ist dennoch, dass es in einer Liebesgeschichte für mich vollständiger ist, wenn eben Seiten zu Wort kommen und man sie wirklich verstehen kann. All diese Beobachtungen kann ich für Kassemyar nun nicht festhalten, denn er nimmt beide Perspektiven und wie ich finde sehr gleichberechtigt. Ich habe jetzt nicht nachgezählt, aber es hat sich gleich angefühlt und ich habe zu beiden Figuren einen wirklich ausführlichen Eindruck erhalten und fand auch, dass sie jeweils sehr nachvollziehbar ausgestaltet worden sind. Ich habe „Selbst in dunkelster Nacht“ als Hörbuch gehabt und die beiden Erzählstimmen waren beide auf ihre Art sehr angenehm und sie sind schnell zu Kieran respektive Liora geworden.

Auch wenn an der Geschichte nicht viel ‚neu‘ ist, so habe ich es mich vor allem von kleineren Aspekten gut mitreißen lassen. Die gemeinsame Arbeit im Blumenladen ist sicherlich einer davon. Da ich gerade erst „Die verlorenen Blumen von Alice Hart“ auf Prime Video gesehen habe, wo es viel um die Bedeutung von Blumen ging, fühlte sich das Buch wie die logische Fortsetzung an und ich fand es wirklich schön, wie die beiden Figuren sich durch die gemeinsame Leidenschaft dafür einander öffnen konnten. Ein weiterer Aspekt ist dann Kieran und sein Umgang mit dem kleinen Luke. Auch wenn da eine tragische Geschichte hintersteckt, die sicherlich auch im zweiten Teil noch eine größere Rolle spielen wird, so finde ich doch, dass jede Szene etwas sehr Herzerwärmendes hatte. Schon vor Liora und Kieran waren es daher die Momente, die mir sein Wesen erklärt haben. Wer so mit Kindern umgeht, der hat das Herz am richtigen Fleck. Letztlich haben wir dann auch noch die Vergangenheit von Liora mit dem Mobbing wegen ihres Gewichts und wie sie auch noch in der Gegenwart darunter leidet. Hier kann ich gerne auch nochmal speziell Kassemyar hervorheben, denn übergewichtige Figuren, egal, ob Männlein oder Weiblein, findet man viel zu wenig und dann diese Gefühle auch noch für das andere Geschlecht darzustellen, Hut ab. Ich fand es auch sehr authentisch. Als selbst Betroffene konnte ich mich in Lioras Gefühlen sehr gut wiedererkennen.

Ich fand aber auch generell, dass das Buch voll von tollen Figuren war. Auch die Nebenfiguren haben auf ihre Art etwas, was sich sofort ins Gedächtnis gräbt. Es unterstreicht letztlich auch, dass es nicht nur Liora und Kieran füreinander sind, sondern dass es so viele Menschen sind, die einem tagtäglich begegnen, mal nur kurz und einmal, mal immer wieder, sie alle können einen prägen und ich fand, dass die unterschiedlichsten Beziehungen, Freundschaft, mütterliche Fürsorge, weise Ratgeberin etc. gut rübergebracht wurden. Alles fühlte sich echt an. Auch wenn ich mir tatsächlich aktuell noch nicht vorstellen kann, wovon der gesamte zweite Band handeln wird, weil ich beim ersten schon den Eindruck hatte, er steuert auf ein sauberes Ende zu, so machen mich die anderen Eindrücke doch positiv gestimmt, dass Ali Kassemyar schon weiß, was er da macht. Erzählen kann er auf jeden Fall.

Fazit: Ich habe mich von „Selbst in dunkelster Nacht“ gut einfangen lassen, denn in die safte Erzählung hinein ist sehr viel Echtes eingewoben worden, so dass ich wirklich durch die Hörbuchstimmen dachte, das alles passiert gerade wirklich. Ali Kassemyar hat auf jeden Fall eine Erzählstimme, die ich mit viel Potenzial sehe und ich werde ihn ab jetzt auf dem Schirm haben.

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Veröffentlicht am 11.10.2023

Schwermütig und wichtig

Heartstopper Volume 4 (deutsche Hardcover-Ausgabe)
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Im Deutschen sind bislang vier Volumes der Graphic Novel-Reihe zu „Heartstopper“ erschienen und die vierte Ausgabe ist mit einer größeren Storyline auch schon in der zweiten Staffel der Netflix-Serie enthalten. ...

Im Deutschen sind bislang vier Volumes der Graphic Novel-Reihe zu „Heartstopper“ erschienen und die vierte Ausgabe ist mit einer größeren Storyline auch schon in der zweiten Staffel der Netflix-Serie enthalten. Ansonsten sind die Inhalte wohl für die bereits bestellte dritte Staffel vorgesehen, wozu die Dreharbeiten auch schon begonnen haben. Grund genug, um mal einen Blick auf Volume 4 zu werfen.

Volume 4 nach Alice Oseman sticht in jedem Fall aus der Reihe heraus, denn nach den ganzen Vorbereitungen zuvor war doch klar, nun geht es durch ein dunkles Tal und Charlies mentale Gesundheit wird ins Zentrum gerückt. Ich finde das Thema wichtig und nachdem, was Oseman in den drei Volumes und auch in der Serienadaption schon umgesetzt hat, wäre es wohl wenig passend gewesen, dieses Kapitel einfach auszusparen oder es zu verharmlosen, indem Charlie nur durch die Liebe zu Nick sofort geheilt ist. Das bedeutet umgekehrt aber natürlich auch, Volume 4 ist wirklich anders und das spricht die Autorin im Nachklang auch mit eigenen Worten an. Ich schätze sie für ihre Ähnlichkeit und dass sie ihre Fans da auch mit in ihre Gedankengänge einlädt.

Triggerwarnungen werden in Büchern, aber auch in Formaten mit Bewegtbildern immer wichtiger, und diese Volume 4 hat definitiv eine verdient. Wo man sich zuvor in diese süßen, unbeholfenen und stets leidenschaftliche Momente zwischen Nick und Charlie verliebt hat, so ist die Liebe natürlich auch in Teil 4 da, aber die Liebe hat es auch sehr schwer, weil Charlie völlig von seine Gesundheit übernommen wird. Dem Band fehlt also oft eine Portion Leichtigkeit. Ja, das habe ich doch irgendwie vermisst, aber ich erkenne eben gleichzeitig auch an, dass die Autorin um eine authentische Darstellung bemüht war. Dadurch, dass die vergehende Zeit auch einen größeren Zeitrahmen umfasst, bekommt man auch Monat für Monat Einblicke darin, wie es Charlie geht und wie umgekehrt Nick damit umgeht und was es mit ihm macht. Es ist also nicht nur ein kleiner Blick hinein, sondern ein langwieriger Prozess. Ich würde mir dennoch wünschen, dass Volume 5, was schon angekündigt ist, Charlies Gesundung genauso wie dem sonstigen Flair von Heartstopper gerecht werden kann.

Fazit: Volume 4 von „Heartstopper“ wird innerhalb der Reihe sicherlich der Teil sein, der zwar natürlich dazu gehört, aber eben nicht, den ich immer wieder lesen möchte. Es war nur konsequent, Charlies Zustand so ausführlich darzustellen, aber es ergibt einen wirklich schwermütigen Inhalt, wonach man sich trotz der löblichen authentischen Darstellung wieder etwas mehr Leichtigkeit wünscht.

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