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Veröffentlicht am 14.04.2024

Cosy Crime mit Schwächen

Der falsche Vogel
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Einst war Antiquitätenhändler Arthur für Freya wie ein Ziehopa, hat ihr zusammen mit Tante Carole über den Verlust ihrer Eltern hinweggeholfen; bis es zum Bruch kam und er jahrzehntelang aus Freyas Leben ...

Einst war Antiquitätenhändler Arthur für Freya wie ein Ziehopa, hat ihr zusammen mit Tante Carole über den Verlust ihrer Eltern hinweggeholfen; bis es zum Bruch kam und er jahrzehntelang aus Freyas Leben verschwunden war. Doch ausgerechnet nach seinem Tod nimmt er wieder Einfluss auf ihr Leben, denn er hinterlässt ihr nicht nur Anteile des Ladens, sondern auch einen Brief voller rätselhafter Hinweise.

Der falsche Vogel ist Millers Debüt, und an einigen Stellen merkt man das auch. Der Erzählstil gefiel mir gut, ebenso die Erzählweise aus unterschiedlichen Perspektiven; Freya wird hier als Hauptcharakter deutlich, da nur sie aus der Ich-Perspektive erzählt. Ich fand sie ganz sympathisch, sie hat aber auch nervige Seiten. Natürlich bohren die Geschehnisse in alten Wunden, trotzdem finde ich, dass nach all der Zeit etwas Abstand möglich gewesen sein müsste. Auch ihr Umgang mit dem Ex-Mann, allgemein die Einstellung, dass sie ja doch schwer arm dran ist, naja… etwas weniger Selbstmitleid hätte den Zweck dann doch auch erfüllt. Ihre Tante Carole wirkt da wie das maßgeschneiderte Gegenstück, sehr viel mehr als diese Rolle erfüllt sie auch nicht. Überhaupt finde ich die Figurengestaltung nicht ganz so gelungen, vieles sind 08/15-Pappkameraden, da hatte ich doch größere Erwartungen. Einzig Arthur ist eine interessante Figur, blöd nur, dass er tot ist ; ) Auch die Handlung wirkt nicht immer ganz ausgegoren, obwohl sie durchaus Spannung zu erzeugen weiß und unterhalten kann. Es fließt einiges an Infos über Antiquitäten und –handel mit in die Handlung ein, das ist wirklich gut gelungen und hat der Story etwas mehr Gehalt verschafft.
Trotzdem hatte ich mir von diesem Cosy Crime deutlich mehr versprochen, der Vergleich mit Ms Marple ist dann doch reichlich übertrieben.

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Veröffentlicht am 13.01.2024

Hessische Idylle?

Der Dorfladen - Wo der Weg beginnt
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1923 zieht Krämersfrau Marthe ihre drei Töchter alleine groß, der Dorfladen ist ein Familienprojekt. Doch während sich die älteste Tochter gut einfügt, hat Tochter Frieda hochfliegende Pläne: sie will ...

1923 zieht Krämersfrau Marthe ihre drei Töchter alleine groß, der Dorfladen ist ein Familienprojekt. Doch während sich die älteste Tochter gut einfügt, hat Tochter Frieda hochfliegende Pläne: sie will an die Schauspielschule in der nahen Großstadt Frankfurt. Auch das Nesthäkchen Ida scheint zu intelligent, um ihr ganzes Leben im verschlafenen Dörfchen zu verbringen. Und das wirkt auf einmal gar nicht mehr so verschlafen, als Wanderarbeiter Oskar nach Jahren zurückkehrt.
Die Autorin lies sich von der Lebensgeschichte ihrer Mutter zu dieser Trilogie inspirieren, die mittlere Hallertochter Frieda ist nach ihrem Vorbild entstanden. Das fiktive Dorf Dingelbach liegt unweit von Frankfurt, entsprechend wird breitestes Hessisch gesprochen; ich bin mir unklar, ob die Dialoge immer für jeden soweit verständlich sind. Ansonsten ist die Geschichte sehr leicht zu lesen, nur gerade zu Beginn habe ich dann doch ein Personenregister vermisst. Dingelbach ist zwar ein kleines Dorf, aber gefühlt jeder Dorfbewohner hat in kürzester Zeit seinen Auftritt, sodass die Dorfgemeinschaft doch zunächst unübersichtlich war. Die Charaktere sind recht gut gezeichnet, der ein oder andere verkörpert stur seine Rolle (nerviger, tumber Bruder zum Beispiel), andere wie die Hallerfamilie zeigen Entwicklungspotential. Der Roman zeigt einige starke Frauenbilder, sei es die Fabrikbesitzerin Ilse oder auch die Dorffrauen, die ihre Kinder alleine großziehen müssen. Insgesamt wird im Dorf großen Wert auf Tradition gelegt, ebenso auf Anstand und Moral. Dass das nicht unbedingt auch mit Nächstenliebe einhergeht, das zeigt die Geschichte sehr schön auf. Gerade diese Handlungsentwicklung fand ich sehr stark und hat für mich der sonst doch eher seichten Story etwas Tiefe verliehen. Jacobs gibt die sozialen Gefüge in der Dorfgemeinschaft sehr gut wieder, auch der Kontrast zur Großstadt Frankfurt gelingt gut.
Insgesamt hat Der Dorfladen leider einfach nicht so richtig zu meinem Lesegeschmack gepasst, mir war die Handlung zu laff, das ein oder andere Klischee war mir zu viel. Doch die Autorin punktet auch mit ihrem angenehmen Schreibstil und den lebendigen Figuren, sodass Fans des Genres sich bestimmt gut unterhalten fühlen können.

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Veröffentlicht am 11.10.2023

Nicht ganz mein Fall

Bournville
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Mary erblickt 1934 in Bournville das Licht der Welt, das Städtchen, das sich mit der berühmten Cadburyschokolade einen Namen machen soll. Auch wenn sie nie weit aus ihrem Städtchen herauskommt, erlebt ...

Mary erblickt 1934 in Bournville das Licht der Welt, das Städtchen, das sich mit der berühmten Cadburyschokolade einen Namen machen soll. Auch wenn sie nie weit aus ihrem Städtchen herauskommt, erlebt sie Weltgeschichte. Mal hautnah, mal im Fernsehen, mal wie nebenbei, während ihr eigenes Leben ganz neue Wendungen nimmt.

In sieben wichtigen Ereignissen führt der Autor durch die jüngere Geschichte Englands. Ich fand sie ganz gut ausgewählt, einige waren prägend für die ganze Welt, andere eher auf das Land selbst zugeschnitten. Über den Schokoladenkrieg wusste ich beispielsweise nicht viel, und fand dieses Kapitel sehr interessant. Anderes wie die Coronapandemie hat man selbst live erlebt und kann vieles nachvollziehen. Coe versucht anhand der Familie Lamb aufzuzeigen wie jeder einzelne die Geschehnisse erlebt haben könnte, das gerät mal mehr oder weniger überzeugend. Leider wurde ich mit der Geschichte insgesamt nicht so recht warm. Mary wird als Dreh- und Angelpunkt beworben, spielt aber für mein Empfinden gar nicht so eine große Rolle. Zudem gibt es eine Fülle an Familienmitgliedern, die dank Stammbaum im Roman zwar gut einzuordnen sind, die mir aber doch eher fremd blieben. Einzig Marys Sohn Peter ist mir als Figur etwas näher gekommen, der Rest blieb eher distanziert. Auch Coes Stil hat nicht so recht zu mir gepasst, er schreibt zwar locker, aber alles wirkt auf mich oberflächlich, oft wie emotionslos aufgezählt. Das ändert sich zum Ende hin etwas, kann meinen Gesamteindruck aber nicht wirklich verbessern. Da die gewählten Ereignisse oft viele Jahre auseinander liegen, ist auch die Geschichte der Familie Lamb zerrissen, z.T. fällt es schwer gedanklich wieder anzuknüpfen. Insgesamt hat der Roman meine Erwartungen nicht erfüllt, da mir Tiefe fehlte und auch die Familiengeschichte selbst nicht in Gänze überzeugen kann.

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Veröffentlicht am 18.09.2023

Eher mittelmäßige Kost

Trügerisches Lavandou (Ein-Leon-Ritter-Krimi 9)
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Le Lavandou ist in heller Aufregung, denn zwei kleine Kinder werden vermisst; aus dem Auto der Mutter entführt, am helllichten Tag. Das Unternehmerpaar wirkt geschockt, doch auch merkwürdig auf die Ermittler. ...

Le Lavandou ist in heller Aufregung, denn zwei kleine Kinder werden vermisst; aus dem Auto der Mutter entführt, am helllichten Tag. Das Unternehmerpaar wirkt geschockt, doch auch merkwürdig auf die Ermittler. Der Vater scheint desinteressiert, die Mutter scheint nicht zu verstehen wie wichtig die Hilfe der Polizei ist. Ein Fall, bei dem die Uhr unerbittlich tickt.
Remy Eyssen lässt Rechtsmediziner Leon Ritter hier zum neunten Mal auftreten. Der Erzählstil ist gewohnt leicht, der Krimi liest sich flüssig. Mir hat dieser Band jedoch nicht ganz so gut gefallen wie die Vorgänger, die Reihe wirkt etwas müde. Zum einen lag es an dem Fall per se, der nicht so recht vorankommt und es an Spannung vermissen lässt. Zum anderen hat mir das typische Urlaubsflair etwas gefehlt. Für einen Provencekrimi war es definitiv zu wenig Provence. Zwar werden Boule, Rosé, Zistrosen etc. erwähnt, aber es wirkt eher aufgezählt und abgearbeitet. Auch die Interaktionen der Protagonisten wirken etwas ausgelutscht, seien es die Reibereien zwischen Zerna und Leon, die Stammgäste in Leons Lieblingsbistro, je selbst seine Beziehung zu Isabelle wirkt auserzählt. Ich hoffe, dass sich das im Folgeband wieder etwas gibt, denn eigentlich mag ich die Reihe wirklich gerne. Trügerisches Lavandou ist sicherlich kein ganz schlechter Krimi, aber definitiv auch kein Highlight.

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Veröffentlicht am 03.05.2023

Amour fou

Feuer
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Aus einem zufälligen Treffen wird unversehens mehr. Die verheiratete Laure lässt sich auf den nur an seinen Hund gebundenen Clément ein. Die beiden sind nicht nur in ihrer Lebensgestaltung ganz unterschiedlich, ...

Aus einem zufälligen Treffen wird unversehens mehr. Die verheiratete Laure lässt sich auf den nur an seinen Hund gebundenen Clément ein. Die beiden sind nicht nur in ihrer Lebensgestaltung ganz unterschiedlich, sondern auch in ihren Erwartungen an diese Liaison.
Clément ist ein erfolgreicher, aber ziemlich kaputter Typ, der sich zunehmend selbst verliert. Ich habe mich immer wieder gefragt, warum Laure nicht hinter seine Fassade schauen kann. Sie projiziert auf ihn das Bild einer gelungenen Affäre und großer Leidenschaft, ohne zu merken, dass Realität und Projektion hier weit auseinanderdriften. In gewisser Weise lebt sie in einer Fantasiewelt, während Clément derart nüchtern durch die Welt geht, dass ihn diese schier zu erdrücken droht. Das Innenleben der Figuren ist vielschichtig, aber manchmal schwer zu greifen. Auch der Stil der Autorin eckt etwas an, die Perspektiven wechseln zwischen den beiden Figuren hin und her; Clément spricht immer wieder seitenweise mit seinem Hund, jedem seiner Kapitel sind Blutdruck, Herzfrequenz etc. vorangestellt. Auf mich wirkte das Ganze gewollt gekünstelt. Laure darf dafür mit ihren toten Verwandten sprechen. Der Ton ist trotz der (nicht wirklich) leidenschaftlichen Affäre oft trocken und düster, insgesamt liest sich das Buch sehr deprimierend. Da war der Schluss schon ein fast unverhoffter Lichtblick. Wer ihn kennt, weiß wie makaber der letzte Satz war.

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