Einfühlsam erzählt
Eines Tages finden wir nach HauseVor dem Hintergrund des Nationalsozialismus erzählt Lynn Austin von Peggy, die ihrem besten Freund Jimmy helfen will, seine Kriegserlebnisse zu verarbeiten. Der Zweite Weltkrieg ist gerade mal vorbei, ...
Vor dem Hintergrund des Nationalsozialismus erzählt Lynn Austin von Peggy, die ihrem besten Freund Jimmy helfen will, seine Kriegserlebnisse zu verarbeiten. Der Zweite Weltkrieg ist gerade mal vorbei, wir schreiben das Jahr 1946. Als Sanitäter hat er unendliches Leid gesehen, heimgekehrt in die USA verstummt er regelrecht, schwer traumatisiert gleicht seine Behandlung in einer Heilanstalt für Veteranen eher einer Folter. Peggy gibt nicht auf, sie sucht nach Jims ehemaligen Kameraden. Und auch seine Mutter hat nur einen Wunsch: „Ich möchte meinen Sohn zurück.“ Gemeinsam mit seinen Eltern will sie ihn ins Leben zurückführen. Aber kann ihr das gelingen?
Der zweite Erzählstrang beginnt 1939, als die 16jährige Gisela mit ihrer Familie fliehen muss. Sie sind Juden, sie spüren die immer mehr aufkeimende Feindseligkeit und sie atmen auf, als sie auf der St. Louis Richtung Kuba fahren. Die Irrfahrt der St. Louis dürfte vielen ein Begriff sein, die Autorin hat ihre Hoffnungen und ihre Verzweiflung anschaulich geschildert, als sie vor Kuba lagen und nicht an Land durften. Ein Schiff voller Juden wollte keiner, auch die USA ließen sie nicht von Bord, Kanada hat sie ebenfalls abgewiesen. So ging es zurück mit Kurs Antwerpen.
Beide Handlungsstränge sind sehr intensiv, sie haben mich beide sehr berührt. Da ist zum einen Jim, der Kriegsveteran, der die Gräueltaten und die Grausamkeiten, die ein Krieg mit sich bringt, nicht mehr aushält. Der als Sanitäter auch nach der Kapitulation der Nazis im KZ Buchenwald wandelnde Skelette sieht, der seinen besten Freund auf dem Schlachtfeld verloren hat, der für einen sterbenden Jungen nichts tun kann, außer da zu sein, der immer nur helfen wollte und nun keine Kraft mehr hat, der sich aufgibt, nicht mehr leben will, nicht mehr leben kann. Seine Freundin seit Kindertagen Peggy kämpft nun für ihn, für den einst so unbeschwerten Jimmy, der sie stets unterstützt, der ihr immer Mut zugesprochen hat. Und da ist Gisela, die Sam, ihrer große Liebe, auf der St. Louis begegnet ist. Unbarmherzig werden sie als Juden verfolgt mit dem Ziel, sie auszurotten.
Auch wenn ich schon viel über diese Zeit gelesen habe, so erschüttert es mich immer wieder, dieses Unmenschliche, dieses Barbarische erneut zu lesen. In seiner ganzen Traurigkeit ist dies auch ein Buch über tief empfundene Freundschaften, über Liebe und Hilfsbereitschaft, aber auch über Kriegsverbrechen, über Verfolgung, unendliche Ängste und traumatische Erlebnisse und deren Verarbeitung. Die Autorin wird als christliche Romanautorin beschrieben, der Glaube fließt schon mit hinein, wenngleich bis auf wenige Ausnahmen eher dezent. Sie versteht es, Unfassbares ruhig und doch lebendig, ja behutsam wiederzugeben. Die beiden Zeitebenen werden im Wechsel erzählt, erst gegen Ende wird das Verbindende sichtbar.
„Eines Tages finden wir nach Hause.“ Ein Titel, eine Aussage, so voller Zuversicht inmitten unmenschlicher Zeiten. Ein lesenswertes Buch, das nachdenklich stimmt.