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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.10.2023

Mit Längen

Die Glücksfrauen - Der Geschmack von Freiheit
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Ich hatte an das Buch andere Erwartungen. Ich dachte, etwas von den verschiedenen Schicksalswegen der drei Freundinnen Luise, Maria und Annie zu lesen. Im Mittelpunkt steht Luise, die als politische Widerständlerin ...

Ich hatte an das Buch andere Erwartungen. Ich dachte, etwas von den verschiedenen Schicksalswegen der drei Freundinnen Luise, Maria und Annie zu lesen. Im Mittelpunkt steht Luise, die als politische Widerständlerin bereits vor 1939 in die USA immigriert mit dem Ziel, dort ein Café für sich und ihre Freundinnen zu eröffnen, wenn diese ihr ins Exil folgen werden. Doch verliert sie über die Kriegswirren jede Spur von ihnen.
Auf der zweiten Zeitschiene, dem Jahr 2023, reist Luises Enkelin nach New York, um das Erbe ihrer Großmutter anzutreten. Damit verbunden ist allerdings die Aufgabe, die beiden Freundinnen oder ihre Nachkommen aufzuspüren, damit auch sie Anteil an ihrem Erbe nehmen können.
Achtung Spoiler: Leider braucht es das ganze Buch, um am Ende der Suche nichts herausgefunden zu haben, weswegen sich noch zwei Fortsetzungsbände anschließen.
Sicherlich bietet das Leben von Luise als Immigrantin in New York einige interessante Einsichten. Auch am Ende, als Luise noch einmal unmittelbar nach Kriegsende nach Deutschland zurückkehrt, nimmt das Buch an Fahrt und Spannung auf. Dazwischen aber längt es sich doch ziemlich in den Liebeswirren, die sowohl Großmutter als auch Enkelin in ihren Zeiten jeweils durchleben. Ich denke, das Buch hätte besser auf die Fortsetzungen verzichtet und durch die Auflösung der Frage nach den verschwundenen Freundinnen an Spannung gewonnen.

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  • Atmosphäre
Veröffentlicht am 18.09.2023

Eher keine Romabiographie

Fräulein Schopenhauer und die Magie der Worte
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Adele lebt nach dem Tod des Vaters mit ihrer Mutter ein recht unkonventionelles Leben in den Kreisen der Intellektuellen von Weimar zur Zeit Goethes. Immer wieder geplagt von Geldnöten und Krankheiten ...

Adele lebt nach dem Tod des Vaters mit ihrer Mutter ein recht unkonventionelles Leben in den Kreisen der Intellektuellen von Weimar zur Zeit Goethes. Immer wieder geplagt von Geldnöten und Krankheiten muss sie sich dem Leben stellen: Obwohl sehr musisch und feingeistig, hat Adele auch eine zupackende Seite, mit der sie versucht, das sehr verschwenderische Leben der Mutter in geregelte Bahnen zu lenken und in den Konflikten mit dem schwierigen Bruder zu vermitteln. Dabei fällt es schwer, sich ein eigenes Leben aufzubauen. Dass Adele eher dem weiblichen Geschlecht zugetan ist, macht es für sie nicht leichter.
Der Autorin gelingt es gut, die damalige Zeit und die Lebensumstände verschiedener Frauen in ihr, sei es ledig, verheiratet, verwitwet, sei es konventionell oder eher freigeistig, lebendig vor Augen erstehen zu lassen. Auch ihre Figuren sind voller Leben und der Leser folgt gespannt ihren Wegen.
Mir persönlich hätte manchmal noch mehr Einblick in das kulturelle und geistige Leben der Zeit gefallen. Auch vergisst man immer wieder, dass der Bruder Adeles jener berühmte Arthur Schopenhauer ist, der die Philosophiegeschichte bedeutend mitprägte. Lediglich die unsympathisch, misanthropische Art lässt an ihn denken. Hier wäre etwas mehr Tiefgang schon schön gewesen. Dafür hätte ich gerne auf das ganze Gefühlshin- und her in Adeles Leben verzichtet, das bisweilen ein wenig sprunghaft und wenig motiviert wirkt. Und letztlich dann doch die Frage aufwirft, inwieweit die Figur eine starke, unabhängige Frauengestalt darstellt. Für mich ist sie dafür viel zu sehr den Ansprüchen von Bruder und Mutter und der Unsicherheit in ihrer Gefühlswelt ausgeliefert.
Auch fehlt mir die im Titel angekündigte „Magie der Worte“.
Ich war stärker von einer Romanbiographie und weniger von einer historisch angehauchten „Frauengeschichte“ ausgegangen.

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Veröffentlicht am 06.09.2023

Bleibt hinter den Erwartungen zurück

Wie ein Stern in mondloser Nacht
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Ein spannendes Thema hat Marie Sand für ihren zweiten Roman gewählt: eine Hebamme, die für ungewollt Schwangere und ihre Kinder kämpft, in einer Zeit, in der Abtreibung illegal und ungewollte oder uneheliche ...

Ein spannendes Thema hat Marie Sand für ihren zweiten Roman gewählt: eine Hebamme, die für ungewollt Schwangere und ihre Kinder kämpft, in einer Zeit, in der Abtreibung illegal und ungewollte oder uneheliche Kinder ein Tabuthema sind, denn alles steht auf Wiederaufbau, Wirtschaftswunder und Erfolg. Da finden manche Themen keinen Platz. Die Hebamme Henni ist, wie so manche der ihr begegnenden Figuren, eine starke und interessante Figur. Ihre Widersacherin, die Mutter ihres Geliebten, dagegen bleibt zu klischeehaft, ihr Geliebter zu unsympathisch und viele der Frauen, die bei Henni Rat und Tat suchen, zu gesichtslos. Die Handlung hat so manche logische Schwäche und Ungereimtheit. Die Handlung tritt immer mehr hinter der Schilderung von Gefühlslagen zurück und das spannende Thema ist leider nicht so ansprechend umgesetzt, wie erwartet.

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Veröffentlicht am 30.08.2023

Ist das Leben wirklich so schwer?

Schönwald
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Harald und Ruth Schönwald haben drei Kinder, die eigentlich alles haben könnten, wessen es bedürfte, um das Leben zu meistern. Der älteste Sohn war ein Shootin-Star der US-amerikanischen Literaturprofessorenszene, ...

Harald und Ruth Schönwald haben drei Kinder, die eigentlich alles haben könnten, wessen es bedürfte, um das Leben zu meistern. Der älteste Sohn war ein Shootin-Star der US-amerikanischen Literaturprofessorenszene, bis er über einen Skandal stolperte, was aber noch keiner „zu Hause“ weiß. Sein jüngerer Bruder ist ein genialer Mathematiker, der kurz dafür ist, ein mathematisches Problem zu lösen und dafür eine Unsumme Geld zu bekommen, die er eigentlich nicht braucht, weil seine Frau reich ist. Er möchte aber nicht auf ihre Kosten, sie nicht auf Kosten ihres Vaters. Ihre Beziehung ist von Spannungen und verbalen Ausfällen gekennzeichnet. Die Schwester eröffnet einen queeren Buchladen in Berlin, was die Familie wieder zusammenbringt – zumindest räumlich. Queer ist der Buchladen wohl auch, weil sie queer ist, es aber nicht weiß oder nicht gewusst haben will. Die Mutter, die ihr Leben zugunsten ihrer Familie geopfert hat, kann trotzdem keinen Zugang zu ihren Kindern oder ihrem Mann finden. Und ihr Mann ist einer nicht ganz ernstzunehmende Gestalt des Ritters von der traurigen Figur.
Auch wenn der Grundton des Erzählers ein ironischer ist, ist die Darstellung all dieser menschlichen Lebensunfähigkeit, die schon damit beginnt, das man mehr damit beschäftigt ist, Bilder vom eigenen Leben zu inszenieren als ein Leben zu leben und aufrichtig miteinander zu sein, doch sehr mühselig zu lesen. Auch wenn der Autor durchaus viele bisweilen befremdliche Tendenzen in der heutigen Gesellschaft, nicht nur in Deutschland, sondern auch in Amerika aufs Korn nimmt, hat man bei aller satirischen Überzeichnung doch das Gefühl zu sehr im Klischee zu verharren. Die Figuren sind eher Typen als Charaktere und die Darstellung eher plakativ als subtil.
Das Thema der vererbbaren Schuld aus der NS-Zeit ist ein durchaus spannendes, wird für mich hier aber nur zur Projektionsfläche für die Darstellung von Figuren, die so sehr zur Karikatur ihrer selbst verkommen, das man kaum Empathie für sie entwickeln kann.

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Veröffentlicht am 14.08.2023

Traumatisch

Sterne über Berlin
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Indi ist Lampenkünstlerin. Aufgewachsen in Berlin bei ihrem Großvater, bei dem sie ihre Mutter einst vor der Tür zurückließ. Da sie ihre Eltern nicht kennt, trifft sie der frühe Tod ihres Großvaters umso ...

Indi ist Lampenkünstlerin. Aufgewachsen in Berlin bei ihrem Großvater, bei dem sie ihre Mutter einst vor der Tür zurückließ. Da sie ihre Eltern nicht kennt, trifft sie der frühe Tod ihres Großvaters umso mehr. Sie scheint den Halten im Leben verloren zu haben. Als sie René begegnet schwankt sie zwischen Hoffnung und Angst: Hoffnung auf einen neuen Anfang mit neuer Beziehung und vielleicht neuer Familie, aber auch Angst davor, ob sie sich beide gegenseitig den Halt geben können, den sie brauchen. Denn auch René hat Traumatisches erlebt als Kriegsreporter in Syrien. Auch er kämpft um ein wenig Normalität in seinem Leben, nicht nur für sich, sondern auch für seine kleine Tochter, die er gerade erst kennengelernt hat und die er gleich wieder verlieren könnte…
Eigentlich eine gute Basis für einen Unterhaltungsroman: eine schwierige Ausgangslage, verzwickte Umstände und dennoch die Aussicht auf ein gutes Ende. Die Figuren sind sympathisch angelegt, das Ambiente ist auf Wohlfühlfaktor programmiert: eine Künstler-Altbauwohnung in Berlin, und die Autorin hat ein enormes Potential an Phantasie, wenn sie für den Leser Indis Installationskünste entwirft, dass er das Gefühl bekommt, etwas ganz Großartiges zu sehen, ohne doch ein wirklich klares Bild davon zu haben. Der Rest bleibt Magie.
Leider kann sich das Buch aber nicht wirklich entscheiden, was es sein will: gute Unterhaltung, die ein bischen Drama verträgt, aber nicht zu schwer und zugleich nicht zu plakativ sein darf, oder tiefgründige Seelenstudie über postraumatische Belastungsstörung, die wohl schwere Kost sein darf, aber nicht zu melodramatisch und auch nicht zu platt. Leider haben wir davon in diesem Buch zu viel. Gerade zum Ende hin steigert sich die Handlung ist Überdramatische, um sich dann in einer Hundertachtziggraddrehung zum Positiven zu wenden. Unendliche Tränenflüsse und Enttäuschen über Vertrauensbrüche, die gar keine sind, Selbstvorwürfe und Verzweiflung auf beiden Seite wollen über Seiten bewältigt werden. Dabei bleibt bis zum Ende das ungute Gefühle, das sich fragt, ob man ein durch die Eindrücke des Krieges ausgelöste posttraumatische Belastungsstörung auf gleiche Stufe stellen darf mit den Partyabstürzen einer Frau, die mit den Geheimnissen in ihrer Familie nicht klar kommt, wobei man sagen muss, dass ihr der Großvater und die skurile Hausgemeinschaft mehr liebevolle Familie waren, als manch anderer trotz Anwesenheit von Vater und Mutter je hatte. Auch wenn Leid sicher immer subjektiv ist, klingt das doch ein wenig nach Überproblematisierung und wird dem wirklichen Trauma nicht gerecht. Auch wenn die Autorin sich um vielschichtige Charaktere bemüht, alle sind irgendwo Opfer und Täter, so sind die Sym- und Antipathien doch sehr klar verteilt: Indi und René haben sind emotional, liebenwürdig, künstlerisch-kreativ und auf positive Weise ungewöhnlich. Den Gegenpart muss Renés Ex einnehmen: sie ist die Böse, Anwältin, kühl, nörglerisch, zickig, ohne Verständnis für ihr Gegenüber, bis sich herausstellt, dass auch sie nur geliebt werden will. Etwas platt.
Ich hätte lieber den Unterhaltungsroman gelesen über die Lampenkünstlerin Indi, die so wunderschöne Lichterfeste feiert, in einer bunten Hausgemeinschaft lebt und nach einigen Verirrungen ihrem René in die Arme fallen darf. Es dürfen auch ein paar Seelen gerettet werden, aber der Wohlfühlfaktor solte überwiegen. Denn das war meine Erwartungshaltung an das Buch und das wunderschöne Cover, das mir eigentlich verspricht, mich für ein paar stimmungsvoll beleuchtete Lesestunden von allen schlimmen Traumata dieser Welt zu entführen.

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