Ein anschaulich geschriebenes Sachbüchlein mit interessanten Einblicken in die Lebenspartnerschaft zwischen Goethe und Vulpius
„Goethes Ehe“ ist ein Sachbuch von Wolfgang Frühwald, das sich mit der Lebensgemeinschaft zwischen Christiane Vulpius und Johann Wolfgang von Goethe beschäftigt. Dabei setzt Frühwald verschiedene Schwerpunkte. ...
„Goethes Ehe“ ist ein Sachbuch von Wolfgang Frühwald, das sich mit der Lebensgemeinschaft zwischen Christiane Vulpius und Johann Wolfgang von Goethe beschäftigt. Dabei setzt Frühwald verschiedene Schwerpunkte. Zunächst zeichnet er differenziert den Charakter der Christiane Vulpius nach, wobei er verschiedene Zeitgenossen zu Wort kommen lässt und deren Äußerungen bilanziert (neben Vulpius selbst u. a. Goethe, dessen Mutter sowie die Weimarer Damen der höheren Stände). Darauf aufbauend beleuchtet Frühwald ausführlich die Meilensteine der Beziehung zwischen Vulpius und Goethe: das erste Treffen, das Leben im Gartenhaus sowie am Frauenplan, die Hochzeit 1806 nach 18-jähriger Beziehung, die Geburten der gemeinsamen Kinder sowie letztlich der Tod Christiane Vulpius‘ 1816. Dabei fokussiert Frühwald drei übergreifende Aspekte. Einerseits versucht er zu eruieren, warum Goethe sich in Christiane Vulpius verliebte bzw. was er an ihr liebte. Andererseits diskutiert er, welche Gründe dazu geführt haben könnten, dass Goethe und Vulpius 1806 ihre „Gewissensehe“ in einen kirchlich/bürgerlich legitimierten Bund aktualisierten. Der dritte übergreifende Aspekt, mit dem sich Frühwald beschäftigt, ist die Art und Weise, wie die Partnerschaft zwischen Goethe und Vulpius im zeitgenössischen Weimar gesehen wurde: So zeichnet Frühwald eindrücklich die Mauscheleien, Beleidigungen und Verleumdungsaktionen nach, die die Weimarer Damen der höheren Stände gegen Vulpius richteten. Diese bezogen sich u. a. auf die Herkunft, das Aussehen sowie das Verhalten Christiane Vulpius‘. Während seiner Ausführungen blickt Frühwald zudem mehrfach über den Tellerrand des Themenbereiches „Goethes Ehe“ hinaus und lässt kulturgeschichtliche Hintergrundinformationen in seine Darstellung einfließen (z. B. zur Kindersterblichkeit, zu der zeitgenössischen Eltern-Kind-Beziehung sowie zu dem aufkommenden Konzept der „Gewissensehe“). Abgerundet wird „Goethes Ehe“ durch zahlreiche Abbildungen (u. a. Porträts von Christiane Vulpius und anderen Zeitgenossen sowie Faksimile-Drucke von Dokumenten). Insgesamt ist „Goethes Ehe“ ein anschaulich geschriebenes Sachbüchlein, das interessante Einblicke in die Lebenspartnerschaft zwischen Goethe und Vulpius gibt. Ein großes Verdienst dieser kleinen Studie ist es, mit dem Bild der „tumben“ Vulpius aufzuräumen, dem Generationen von Literaturhistorikern – den Damen der Weimarer Oberschicht unhinterfragt folgend – aufgesessen sind.