Sprachlos hadern
Diamantnächte"Und dann hob ich ab und trieb sanft im Zimmer umher, ganz von allein." (S. 237)
Genauso wie eben angeführtes Zitat treibt die Geschichte der Protagonistin - einmal heißt sie Agnete, einmal Marianne - ...
"Und dann hob ich ab und trieb sanft im Zimmer umher, ganz von allein." (S. 237)
Genauso wie eben angeführtes Zitat treibt die Geschichte der Protagonistin - einmal heißt sie Agnete, einmal Marianne - umher, zwar nicht immer sanft, aber ganz von allein. Wobei, ich bin mir unschlüssig ob es tatsächlich eine Geschichte ist. Vielmehr sind es Gedanken, die wir in "Diamantnächte" mitverfolgen können. Zwar gibt es eine Rahmengeschichte, diese erscheint aber zweitranging. Dabei hadert die Erzählerin ständig - mit sich, mit dem Gesehen Werden, mit einer angeblichen Inkompetenz mit Menschen umzugehen, mit Beziehungen, mit Träumen und Selbstverletzungen. Den roten Faden bildet dabei eine Beziehung zu einem wesentlich älteren Mann - der Vater einer Freundin - die sie Jahrzehnte aufrecht erhält, auch wenn sie immer nur eine flüchtige Begegnung darstellt. Es ist nicht klar: geht es um Sex, um Nähe, sieht sie der Mann, wie sie ist, weil er glaubt, dass er es kann? Was zieht sie immer und immer wieder zu ihm? Was ist so speziell an dieser Beziehung, dass sie deren Geschichte niederschreiben muss? Was ist es, das Agnete, oder Marianne, antreibt und wo will sie überhaupt hin? Mühelos könnte ich noch zahlreiche Fragen formulieren, eine Antwort bekomme ich in diesem Buch aber nicht.
Interessant ist der Aufbau des Buches: es umfasst drei Abschnitte. Im ersten versucht sie sich einer Geschichte anzunähern, wird aber immer wieder von ihren Gedanken unterbrochen. Sie erkennt, dass sie so nicht zum Ziel kommt (welchem???). Bis hierhin ist aus der Ich-Perspektive erzählt. Im nächsten Kapitel plötzlich wechselt die Erzählweise auf eine Erzählung in der Dritten Person. Nun heißen die Protagonist*innen anders, aus Agnete wird plötzlich Marianne und es wird geschildert, wie sie den Mann - hier heißt er nun Alexander und nicht mehr Christoph - kennenlernt. Er ist der Vater ihrer Freundin Jenny, die hier nun aber Sarah heißt. Nachdem sie und Alexander die ersten Intimitäten ausgetauscht haben, endet scheinbar völlig natürlich die Freundschaft zwischen Agnete und Jenny. Im dritten Abschnitt kehrt die Ich-Erzählform wieder zurück, der Mann wird nun schlicht C benamt. Hier tauchen wir mehr und mehr in die Gegenwart der Protagonistin ein - vermutlich versucht sie zu schildern, warum alles so geworden ist, wie es ist. Angenehm ist im Buch, dass die Unterkapitel nur sehr kurz sind, teilweise nur zwei Zeilen und ein neues beginnt immer in der Mitte der Seite - das Buch kann also schnell hinter sich gebracht werden.
"Diamantnächte" macht mich sprachlos und ich hadere. Sprachlos, weil mir nicht eingeht, was das Buch eigentlich erzählen will. Ich verstehe es schlicht nicht. Nichts scheint von Bedeutung zu sein, aber alles ist pathetisch wichtig. Ich hadere, weil der Erzählstrang, die Geschichte wirklich gut sein könnte, würde sie auserzählt werden, würde sie tiefer gehen, würden wenigstens Ansätze von Erklärungen vorhanden sein. Trotzdem ich daran wirklich kaum etwas verstehe, ich mich zwischendurch ob der fehlenden Tiefe und Nachvollziehbarkeit geärgert habe, habe ich das Buch nichtsdestotrotz irgendwie doch gern gelesen.