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Veröffentlicht am 22.10.2023

Vom Schatten ins Licht

Ich bin Frida
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Ich bin Frida ein Roman von Caroline Bernard (atb)

Sie holte tief Luft. Der Abend fing gut an. Jetzt würde sie da hineingehen und ihn noch besser machen. Frida stieg aus, wobei sie erst beide Füße auf ...

Ich bin Frida ein Roman von Caroline Bernard (atb)

Sie holte tief Luft. Der Abend fing gut an. Jetzt würde sie da hineingehen und ihn noch besser machen. Frida stieg aus, wobei sie erst beide Füße auf den Fußweg setzte, bevor sie eine entgegengestreckte Hand nahm und sich mit einem strahlenden Lächeln hochziehen ließ.
„Da ist sie“, hörte sie die Leute murmeln. „Da ist Frida Kahlo.“ S.94

Wir begleiten Frida in einer ihrer intensiven Lebensphasen von August 1938 bis März 1939. Frida kämpft für sich als Individuum, für ihren Erfolg und ihre Selbstverwirklichung. Doch der Weg bis dorthin ist nicht einfach und mit zahlreichen Hindernissen, Selbstzweifeln und Konflikten gepflastert. Doch gerade diese Steine lassen sie zu dem werden wer sie ist, eine Kämpferin mit Mut, Liebe zum Leben, eine Künstlerin mit all ihren bunten Farben. In dieser Zeit erleben wir eine authentische Frida mit verschiedenen Charakterzügen, Ecken und Kanten.

Caroline Bernard schreibt bildhaft, sensibel und mit größer Erzählkraft. Die farbenfrohen Bilder entstehen beim Lesen vor dem inneren Auge. Man erfährt einiges über die Entstehung der Kunstwerke dieser einzigartigen Malerin. Das Zusammentreffen mit Ikonen dieser Zeit in einem inspirierenden Milieu prägen Frida Kahlo für ihren weiteren Lebensweg.

Fazit: Die Autorin erzählt diese kurze Zeitspanne so intensiv, dass ich den Roman nicht aus der Hand legen konnte. Man ist hautnah dabei und kann tief in Fridas Gedanken- und Gefühlwelt eintauchen. Wie schon in ihrem Vorgängerroman haucht Carolin Bernard den Figuren und vor allem der mexikanischen Künstlerin Leben ein. Sehr gut geschrieben! Tolle Aufmachung mit ansprechenden, angehängten Informationen. Mir hat das Lesen großes Vergnügen bereitet!

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Veröffentlicht am 10.09.2023

Ein wirklich schöner Roman!

Fräulein Schopenhauer und die Magie der Worte
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Fräulein Schopenhauer und die Magie der Worte von Lucca Müller ( Lübbe Verlag)

Diese offenen, klaren Augen musterten sie nun freundlich. „Wie heißt du?“ „Adele, und du?“ Das schöne Mädchen streckte die ...

Fräulein Schopenhauer und die Magie der Worte von Lucca Müller ( Lübbe Verlag)

Diese offenen, klaren Augen musterten sie nun freundlich. „Wie heißt du?“ „Adele, und du?“ Das schöne Mädchen streckte die Hand aus. „Ottilie, sehr erfreut.“ Ihre Hand war eiskalt und zitterte. „Wollen wir etwas spielen?“, fragte Adele. „Gerne.“ S.47/48

Der Roman beginnt 1805 als Adeles Vater stirbt in Hamburg. Das Mädchen ist knapp 10 Jahre alt, als Johanna, ihre Mutter mit ihr nach Weimar zieht. Johanna weiß, wie man sich einen Namen macht und läd zu exklusiven Teegesellschaften und intellektuellen Zusammenkünften ein. Auch Goethe ist mit von der Partie sowie andere Geistesgrößen. Adele tun die kreativen Zusammenkünfte gut und sie entwickelt ein Talent für filigrane Scherenschnitte und kleinere Dichtungen. Trotzdem fehlt ihr die Gesellschaft von Gleichaltrigen. So ist es mehr als wundervoll, als Ottilie eines Tages in ihr Leben tritt. Es entwickelt sich eine Freundschaft, die prägend für Adeles Gefühlswelt ist.

Als Unbeteiligte verlieren Johanna und Adele fast ihr gesamtes Vermögen und ihr Leben ändert sich. Die Mutter beginnt mit Erfolg zu schreiben und Adele versucht das knapp erwirtschaftete Geld beisammenzuhalten. Adeles Träume scheinen unerreichbar. Erschwerend legt sich das Band der Verpflichtung um die Mutter-Tochter-Beziehung.

Doch die Autorin erstarkt ihre Protagonistin und lässt sie mit jeder weiteren Herausforderung und jedem Rückschlag reifen. Die schwierige familiäre Beziehung zu ihrem Bruder und dessen Sichtweise auf das Frauenbild in der Gesellschaft erschweren die Entfaltung zusätzlich. Lucca Müller zeichnet mit Adele eine höchst sympathische Figur. Ihre Entfaltung vom begabten Kind zu einer gerechtigkeitsliebenden, empfindsamen Frau habe ich sehr gern mitverfolgt.

Im Roman mit autobiographischer Struktur begegnen dem Leser historische Persönlichkeiten, denen die Autorin auf spannende Weise Leben einhaucht. Ihr Schreibstil ist unaufgeregt und begeistert zugleich. Die konventionellen Gepflogenheiten und die Stellung der Frau um 1800 sind glänzend recherchiert und passen sich fließend in die Rahmenhandlung ein. Adele nimmt eine gewisse Sonderstellung ein. Dies beschreibt die Autorin im anschließenden interessanten Nachwort.

Fazit: Eine richtig gut geschriebener historischer Roman, der dem Leser das Leben der Familie Schopenhauer näher bringt. Adele, eine ungewöhnlich vorausdenkende Frau ihrer Zeit! Es war mir eine Ehre, ich freu mich auf weitere Lektüre von Lucca Müller.

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Veröffentlicht am 10.09.2023

Faszinierendes spiel mit Worten

Eigentum
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Eigentum von Wolf Haas (Hanser Verlag)

Das Altenheim war damals noch eine Gebärklinik gewesen. Man hatte irgendwann die Zeichen der Zeit erkannt und die Gebärklinik auf Altenheim umgemodelt. Jetzt starb ...

Eigentum von Wolf Haas (Hanser Verlag)

Das Altenheim war damals noch eine Gebärklinik gewesen. Man hatte irgendwann die Zeichen der Zeit erkannt und die Gebärklinik auf Altenheim umgemodelt. Jetzt starb meine Mutter dort, wo sie uns zur Welt gebracht hat. S.39

Wolf Haas schreibt von seiner Mutter und spannt ein breites Tuch über die Geschehnisse des 20. Jahrhunderts. Erlebnisse, die man kennt oder die durch Erzählungen, Aussagen und typische Floskeln auf die nachkommenden Generationen projiziert worden sind. So ist man irgendwie unmittelbar beteiligt, berührt und fühlt sich selbst angesprochen. Wolf Haas ist ein grandioser Erzähler! Bei dieser Lektüre darf man sich nicht einfach zurücklehnen, hier ist Aktionismus gefragt.

Daher musste ich mich erst in den Erzählstil und die Gedanken des Autors einlesen. Doch nach einiger Zeit war es das reinste Vergnügen der Erzählung und den Geschichten von früher und heute zu folgen. Ein Einlassen und Akzeptieren lohnt sich!

Der schwarzhumorige Aspekt versteckt sich souverän hinter den Sätzen und schießt plötzlich und unerwartet hervor. Manch Gesagtes scheint beiläufig. Ganz zufällig. Nebenbei erkennt man Details, die gleichzeitig zum Nachdenken, Losweinen und Lachen animieren. Hier taucht man in einen höchst unterhaltsamen intellektuellen Schreibstil ein, der seinesgleichen sucht.

Fazit: Ein interessanter Autor und eine wunderbare Neuentdeckung für mich! Eigentum war mein erstes Buch von Wolf Haas. Es hat mich sehr angesprochen. Eine Hommage an die Mama und ein kurzweiliges Vergnügen, welches man öfter zur Hand nehmen kann. Gern dürfen es das nächste Mal ein wenig mehr Seiten sein!

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Veröffentlicht am 26.07.2023

Pariser Möbelpolitur für Beziehungsstress

C'est la vie, chérie
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C`est la vie, chérie ein Roman von Tessa Hennig (Ullstein Verlag)

„Ich weiß nicht mehr, was ich will“, sprudelte es aus Ulrike heraus.
Anja gab das anscheinend zu denken, denn sie schwieg, bis eine der ...

C`est la vie, chérie ein Roman von Tessa Hennig (Ullstein Verlag)

„Ich weiß nicht mehr, was ich will“, sprudelte es aus Ulrike heraus.
Anja gab das anscheinend zu denken, denn sie schwieg, bis eine der Kabinen frei wurde und Ulrike darin verschwand. Ein Wink des Schicksals, dachte Ulrike sich. Paris! Denk einfach an Paris! S.90

Was wäre schöner als ein Kurztrip nach Paris? In die Stadt der Liebe! Wenn nicht in Paris, wo sonst wird die eingefahrene Alltagsroutine mit dem angestaubten Liebesleben aufgemöbelt? So auch die Hoffnung von Markus und Anja, die fest an eine Rettung der Ehe des älteren Semesters in ihrer Familie glauben. Neben den Fast-Rentnern Ulrike und Hans gibt es ähnlichen Reparaturbedarf auf der Beziehungsebene zwischen Anja und Markus. Auch das Küken Sophie und ihr Freund Niklas unterstützen und beteiligen sich an dem Selbstfindungs-und Städtetrip. Unterschwellige Ängste sowie Rede-und Handlungsbedarf geben sich auch hier die Klinke in die Hand. Doch Paris verzaubert, ist magisch und so kommen alle Familiengeheimnisse, Probleme und unausgesprochenen Worte auf den Tisch. Mit frischem Pariser Wind um die Nase erwachen Erinnerungen und das gegenseitige Interesse wird wieder geweckt. So ist es für die Protagonisten hilfreich sich einmal wieder aus der eigenen Komfortzone zu bewegen und den Partner unverblümt ehrlich durch die mitgebrachte rosafarbene Brille zu sehen.

Fazit: Tessa Hennig hat mit der Lokation Paris eine sehr gute Wahl getroffen. Die Stadt wirkt unterstützend durch so manches Klischee, welches man nur zu gerne beim Lesen in Kauf nimmt. Ihr unverblümt witziger Schreibstil gefällt mir immer wieder gut. So findet man sich inmitten einer lustigen, unbeschwerten Geschichte wieder. Doch so manche Äußerung ihrer agierenden Figuren ist tiefgründig und beinhaltet einen wahren Kern. Genau diese Mischung fasziniert mich immer wieder an ihren Romanen, die aus dem Leben gegriffen sind und um die Ecke spielen könnten. Ulrike, Hans, Anja und Co. Sind alle sympathisch. Sie scheitern, lieben, weinen und lachen wie jedermann. Zum Schluss findet sich ein versöhnliches Ende. Genau so möchte ich Unterhaltungsliteratur lesen.

C`est la vie! Auf alle Fälle mit diesem Roman und weiteren Büchern von Tessa Hennig!

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Veröffentlicht am 01.07.2023

Irgendwann findet man sich selbst in dieser Situation wieder

Elternhaus
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Elternhaus ein Roman von Ute Mank (dtv)

„Ja, nun kommt doch!“ Sanne hatte Türen geöffnet, gerufen „Guckt doch mal, was für eine hübsche Aussicht“, oder „Ist diese Küche nicht praktisch?“ oder „Das Bad ...

Elternhaus ein Roman von Ute Mank (dtv)

„Ja, nun kommt doch!“ Sanne hatte Türen geöffnet, gerufen „Guckt doch mal, was für eine hübsche Aussicht“, oder „Ist diese Küche nicht praktisch?“ oder „Das Bad ist viel größer als eures. Und vor allem kann man in die Dusche fahren.“
Die Eltern hatten genickt und „Ja, ja“ gesagt. Wie gehorsame Kinder, hatte Sanne gedacht. Als sie sie wieder an ihrem schmalen Haus abgesetzt hatte, war Sanne so erschöpft gewesen, als hätte sie zwölf Stunden ohne Pause gearbeitet.
Sie hatte den Eltern noch viel bessere Wohnungen gezeigt. Moderner. Offener. Größere Fenster. Aber sie hatten die Köpfe geschüttelt. „ Das ist nichts für uns.“
Einmal hatte die Mutter die Hand auf ihre gelegt und „Du meinst es ja gut“ gesagt. Als müsste Sanne getröstet werden. S.53

In dem schmalen Haus sieht jeder etwas anderes für sich und zugleich ist es ein Zufluchtsort, an dem die Familie zusammenkommt und beieinander sein kann, auch hier jeder auf seine Art und Weise. Die Eltern sind dort die Basis, an einem Ort, an dem sich die Kindheit und das Erwachsenwerden noch immer versteckt haben. Doch was passiert mit diesem Haus, welches auch Heimat ist, wenn Vater und Mutter älter werden? Was geschieht mit den Eltern und ihren erwachsenen Kindern, wenn diese Situation unausweichlich näher rückt? Die Aufgaben kehren sich um und jeder muss seine Rolle finden, ob er sie nun freiwillig spielt oder nicht.

Ute Mank hat ein feines Gespür für Situationen und umschreibt ihre Beobachtungen in klaren, kurzen Sätzen. Es ist ein stilles Hinsehen mit deutlichen Worten und spezifischen Gedankengängen. Ich habe ihre Zeilen gern gelesen.

Die drei Schwestern sind sehr unterschiedlich und gehen jede für sich mit Sannes Entscheidung, die Eltern in einer altersgerechten Wohnung unterzubringen, um. Die Beweggründe und Argumente, ob realistisch oder gefühlsbetont, sind alle nachvollziehbar. Bei dem schwelgenden Konflikten und Entfremdungen reißen alte Wunden wieder auf. Es ist Zeit, verdrängte Sachen aufzuarbeiten.

Für mich ist „Elternhaus“ ein brandaktuelles und zeitloses Buch. Mich hat die Lektüre zum Nachdenken angeregt. Die leisen Töne, die die Autorin anschlägt hallen noch deutlich nach. Vielleicht sollte man sich viel öfter in sein Gegenüber hineinversetzten, zeitnah miteinander reden, Hilfe annehmen und über die Bequemlichkeit hinaus dem anderen die Hände reichen. Es besteht die Kunst darin, sich von Vorwürfen zu lösen und wieder einen Schritt aufeinander zuzugehen.
Ehrlich und nachdenklich stimmend! Berührend und lesenswert!

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