Buch über Flucht, Schmerz und starke Frauen
Der Geruch von Ruß und RosenMadina teilt ihre Gefühle und Gedanken mit dem Leser, als wäre es ihr Tagebuch. Die Sprache hört sich an einigen Stellen sehr altklug an. Aber schließlich musste das Mädchen schnell erwachsen werden. Ihre ...
Madina teilt ihre Gefühle und Gedanken mit dem Leser, als wäre es ihr Tagebuch. Die Sprache hört sich an einigen Stellen sehr altklug an. Aber schließlich musste das Mädchen schnell erwachsen werden. Ihre Tante wirkt geheimnisvoll und bringt sie schließlich dazu, mit ihr ins Ungewisse aufzubrechen, um nach dem Vater zu suchen. Es wird spannend. Doch zunächst ist Madina gut angekommen, in ihrem neuen Zuhause. Sie ist mit ihrer Familie nach der Flucht sicher und geborgen bei einer Familie untergekommen. Sie ist umgeben von starken Frauen und ist auf dem Weg, selber eine zu werden, auch wenn es in ihrer Heimat nicht möglich gewesen wäre. Laura, die Tochter des Hauses, sieht sie als ihre beste Freundin an. Sie fahren sogar zusammen in den Urlaub. Es scheint, alles gut zu zu werden, zu sein.
Aber da ist eine weitere junge Frau, die im Flüchtlingsheim wohnt und bei dem Freund der Mutter von Laura im Café arbeitet. Sie spricht ihre Muttersprache und ist verbittert. Sie hat Schlimmes in ihrem gemeinsamen Heimatland, das nicht genannt wird, erlebt. Sie ist später geflohen. Madina lebt schon viel länger im neuen Land. Sie fühlt sich mittlerweile eher zum neuen Land zugehörig. Becca bringt Madina zum Grübeln. Und besonders eine Frage quält sie: Wo ist ihr Vater? Er ist in die Heimat zurückgekehrt. Wie ist es ihm ergangen? Es kommt kein Lebenszeichen. Das Buch ist in drei Teile geteilt. Im ersten Teil lernt man Madina, die Hauptfigur, kennen, auch wenn man die ersten beiden Bücher der Reihe nicht gelesen haben sollte. Der zweite Teil ist schon härtere Kost, den muss man erst einmal verdauen.
Madina und ihre Tante kehren zurück in die Heimat und finden alles zerstört vor, nicht nur die Häuser, auch die Seelen. Es wird sehr gut beschrieben, wie fremde Menschen einem teilweise näher stehen, als die eigenen Verwandten. Wie verschiedene Parteien eine Familie, ein Dorf spalten können. Wie Hass entstehen kann. Der Krieg ist nicht wirklich vorbei. Die Menschen sind immer noch untereinander verfeindet. Nur ein paar Menschen aus einer anderen Stadt wagen einen zarten Neuanfang in dem alten Dorf, haben aber mit den Menschen, die immer noch dort gewohnt haben, nichts zu tun. Es passiert etwas sehr Schlimmes, womit ich nicht gerechnet habe. Madina kann es nicht verhindern, aber ihr wird geholfen. Als sie zurückreist, beschreibt die Autorin den Gang durchs Fluggate wie eine Wiedergeburt. Sie ist durch das Erlebte, durch den Schmerz eine andere.
Madina hat einiges mitgemacht und kommt in anderer Besetzung wieder nach Hause, erträgt alles tapfer. Das Mädchen arbeitet das Erlebte auf, so weit das möglich ist und kämpft um ihre Familie. Am Ende lernt sie, ihre eigenen Bedürfnisse zu formulieren. Hut ab! Die Figur kommt einem nahe. Die Geschichte und die Figuren wirken sehr authentisch. Man merkt, dass die Autorin gut recherchiert hat. Hat das Buch nun meine Sicht auf Menschen, die durch Krieg und Konflikte geprägt worden sind, verändert? Ja und nein. Ich habe schon vieles gewusst bzw. geahnt, aber das Lesen hat meine Eindrücke doch nochmal sehr stark intensiviert und mich auch viele Handlungen noch besser nachvollziehen lassen. Wunderbar in Sprache verpackte, gewaltige Bilder und Figuren, die nicht mehr so leicht aus dem Kopf gehen. Es gibt sicher viele Romane, die das Thema Flucht zum Inhalt haben, dieser gehört zu den besonderen. Unbedingt lesen!