Cover-Bild Ich, Sperling
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10,99
inkl. MwSt
  • Verlag: dtv Verlagsgesellschaft
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: historischer Roman
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Ersterscheinung: 14.09.2023
  • ISBN: 9783423442633
James Hynes

Ich, Sperling

Roman | Der Sunday Times Bestseller
Ute Leibmann (Übersetzer)

»Niemand weiß, wer ich bin, am allerwenigsten ich selbst.«
Ein alter Mann blickt zurück auf seine oft unmenschliche Kindheit: Als namenloser Waise wächst er in einem Bordell inmitten der sogenannten "Wölfinnen" im spanischen Carthago Nova im 4. Jahrhundert n. Chr. auf. Eine von ihnen, Euterpe, wird seine Ziehmutter: "Sperling" nennt sie ihn liebevoll. Sperling weiß nicht viel von der Welt: Anfangs hilft er Euterpes geheimer Geliebten in der Küche, später schuftet er in der Taverne, bis er schließlich in das ominöse Obergeschoss geführt wird, wo die Prostituierten ihre Betten haben. Ein furchtbares Schicksal erwartet ihn dort. Doch wie ein kleiner Sperling entfliegt er in seiner Vorstellung der brutalen Realität immer wieder und vermag es, mit seinem Lied auch anderen Hoffnung zu geben.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.09.2023

Dinge haben keine Namen

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"Ich, Sperling" von James Hynes ist ein literarisches Meisterwerk, das mich tief berührt hat. Die Erzählung aus der Perspektive eines namenlosen Jungen, der als Sklave in einem Bordell aufwächst, ist von ...

"Ich, Sperling" von James Hynes ist ein literarisches Meisterwerk, das mich tief berührt hat. Die Erzählung aus der Perspektive eines namenlosen Jungen, der als Sklave in einem Bordell aufwächst, ist von einer schonungslosen Rohheit, die unter die Haut geht. Die Worte des alten Mannes, der von seinem Leben als "Ding" spricht, das keine Namen hat, verleiht dem Buch eine besondere Tiefe und verdeutlicht die Entfremdung, die er als Kind empfunden haben muss.
Die ehrliche und schonungslose Darstellung seines Lebens, seiner Qualen, des Missbrauchs und seiner alltäglichen Arbeit, lässt die Lesenden tief in die düstere Welt eintauchen, in der der Junge gefangen ist. Dabei verschont uns James Hynes nicht vor den harten Realitäten, sondern konfrontiert uns direkt damit.

Der Weg des Jungen, angefangen in der Küche bis zu seiner Kammer oben bei den Wölfinnen, den Prostituierten des örtlichen Bordells, ist ein zutiefst bewegender Prozess, der die Lesenden mitnimmt auf eine Reise durch Hoffnungen, Qualen und den unermüdlichen Kampf um ein würdevolles Dasein.
Die Beziehungen, die der Junge zu den anderen Protagonisten aufbaut, insbesondere zu seiner Ziehmutter Euterpe, sind mit so viel Feingefühl und Tiefe beschrieben, dass ich das Gefühl hatte, direkt dabei zu sein. Man spürt förmlich die Echtheit und Realität in jeder Zeile.

Besonders beeindruckend fand ich die Art und Weise, wie der Junge in seinen emotional schwierigsten Momenten als kleiner Sperling in die Lüfte flieht, um sich von den Grausamkeiten zu distanzieren, die ihm auf dem Boden widerfahren. Diese Metapher verleiht dem Buch eine poetische Dimension und zeigt, wie wichtig es für den Jungen war, sich manchmal von der Realität zu lösen, um zu überleben.
James Hynes' Schreibstil ist ein Genuss. Jedes Wort ist wohlüberlegt, jeder Satz trifft ins Mark. Es gibt keine überflüssigen Passagen, jede Beschreibung ist von eindringlicher Wirkung. Seine bildlichen Darstellungen erzeugen eine intensive Atmosphäre, die die Lesenden gefangen nimmt.

"Ich, Sperling" ist ein Buch, das einen nicht loslässt. Es ist ein Werk von außergewöhnlicher Tiefe und Schönheit, das einen nachhaltigen Eindruck hinterlässt. James Hynes hat hier Großartiges geleistet, und ich bin sicher, dass dieses Buch noch lange in meinen Gedanken verweilen wird. Eine absolute Empfehlung für jeden, der sich auf eine eindringliche und tiefgründige Leseerfahrung einlassen möchte.

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Veröffentlicht am 25.10.2023

Ein bewegender Roman

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In diesem erschütternden Roman begibt sich der Leser in das 4. Jahrhundert n.Chr. in das spanische Carthago Nova, dem heutigen Cartagena. Ein alter Mann sitzt in einer Bibliothek und schaut auf seine Kindheit ...

In diesem erschütternden Roman begibt sich der Leser in das 4. Jahrhundert n.Chr. in das spanische Carthago Nova, dem heutigen Cartagena. Ein alter Mann sitzt in einer Bibliothek und schaut auf seine Kindheit zurück. Namenlos, ohne Herkunft und nur „Pusus“ (Junge) genannt, wächst er in einer Taverne mit angeschlossenem Bordell auf. Schon von klein auf muss er hart arbeiten. Erst in der Küche, dann als Laufbursche und später als „Wölfin“ mit den anderen Prostituierten seinen Körper im oberen Geschoss des Hauses verkaufen. Sein Leben ist geprägt von unmenschlicher Grausamkeit und brachialer Gewalt. Aber auch in dieser schrecklichen Welt erfährt er Liebe und Freundschaft. Und vielleicht ist es deshalb möglich, das der alte Mann seine Kindheit ohne Hass und Bitterkeit aufschreiben kann.
In einem ruhigen Erzählstil beschreibt James Hynes nachvollziehbar die Kindheit eines Sklaven. Dass der Autor den Leser ehrlich und schonungslos in die Welt eines kleinen Sklavenjungen eintauchen lässt, der am Rande der Gesellschaft gnadenlos seinem Dominus ausgeliefert ist, macht diesen Roman authentisch, ergreifend und erschütternd. Lediglich den Schluss der Lektüre konnte ich nicht so richtig nachvollziehen.
Fazit:
Dieses Buch wird keinem Leser so schnell aus dem Gedächtnis weichen. Es ist erschütternd, brutal und sehr gut recherchiert. Und man muss so einiges aushalten können. 4 Sterne und eine Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 06.10.2023

Der Sperling

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Dass James Hynes mit "Ich, Sperling" keine leichte Kost für mich bereit hält, das war mir schnell klar.
„Ich, Jakob, Sohn von niemandem, Vater von niemandem, geliebt von niemandem, Sklave, Hure, ein Cineadus, ...

Dass James Hynes mit "Ich, Sperling" keine leichte Kost für mich bereit hält, das war mir schnell klar.
„Ich, Jakob, Sohn von niemandem, Vater von niemandem, geliebt von niemandem, Sklave, Hure, ein Cineadus, Eunuch, Nilschlamm, Arbeiter, Aufseher, Krüppel, Schwindsüchtiger, herrenloses Gut…“
So beschreibt sich der Hauptdarsteller am Anfang seiner Geschichte - am Ende seines Lebens. Und dieser Einleitung wird er im Laufe des Buches mehr als gerecht.

Als ausgesetztes Kind ohne Vergangenheit in einem Bordell. Was für eine Zukunft soll das werden, welches Leben kann da kommen. Dank der Hure Euterpe ist es zumindest in den ersten Jahren von einer betreuenden Hand geführt. Die Frau versucht dem Jungen jedes bisschen Wärme und Bildung zu geben, dass sie geben kann. So bekommt er ein Rüstzeug, als sein Sklavenleben härter wird.

Für LeserINNen, die empfindsam sind, bräuchte das Buch sicher jede Menge Triggerwarnungen, denn es es voller Härte, Grausamkeiten, Gewalt. Es ist auch keine Story, die gute Laune verbreitet. Man wird durchgerüttelt, auch mal abgestoßen und erschüttert. Dass man dennoch nicht komplett scheitert an der Geschichte liegt an der klugen Erzählweise des Autors, an deren literarischem Tiefgang man sich entlanghangeln kann.

Ein sehr gehaltvolles und tiefgründiges Buch. Sicher keine leichte Kost.

Veröffentlicht am 22.09.2023

Ein namenloser Mensch erzählt aus seinem Leben...

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Ein namenloses Kind, ein Junge, krabbelt durch eine Küche, in der eine ebenso namenlose, aber wütende Köchin Fische zerlegt. Sie wirft dem Kind die Fischköpfe zu. Das Kind (geraubt? verkauft!) lebt in ...

Ein namenloses Kind, ein Junge, krabbelt durch eine Küche, in der eine ebenso namenlose, aber wütende Köchin Fische zerlegt. Sie wirft dem Kind die Fischköpfe zu. Das Kind (geraubt? verkauft!) lebt in einem Bordell. Ein brutaler Einstieg in den Roman, was soll diese Anfangsszene uns sagen? Nicht mehr als dass das Kind weit unter der Sklavin steht. Es ist ein Nichts. Der brutale Ex-Soldat Audo, Aufseher im Bordell, befiehlt der Köchin, den Jungen zu erziehen, zusammen mit einer Wölfin.

Der Roman ‚Ich, Sperling‘ spielt in der Antike, im Vierten Jahrhundert anno domini. Im spanischen Carthago Nova. Das römische Reich ist im Zerfallen. Die Christen dominieren mittlerweile mit ihrer Religion. Die alten Sitten verfallen, doch christliche Heuchlerei nimmt ebenfalls zu.
Der namenlose Junge wächst in dem römischen Bordell auf. In der Küche bei der Köchin, die nichts anderes als ‚Köchin‘ geheißen wird. Die gebildete Euterpes, eine der ‚Wölfinnen‘ genannten zwangsprostituierten Sklavinnen, nimmt sich mit der Köchin dem kleinen Jungen an. Beide Frauen lehren ihm die Welt… (zuerst im Bordell, dann in der Stadt…). Bereits als kleiner Junge kennt er nichts anderes als Arbeit und Schläge. Doch es kommt noch schlimmer, er muss ins Obergeschoss
(dort, wo die Frauen arbeiten, und muss als Lustknabe dienen). Euterpes erklärt ihm, dass Sklaven nichts anderes als ‚Dinge‘ sind, es gibt die ‚ dominus‘ und eben die ‚Dinge / die Sklaven und Sklavinnen‘. Der Junge erhält viele Namen, Puces (was einfach nur Junge heißt), Maus, Sperling, Kleiner, Antichous, und weitere. Er selbst nennt sich irgendwann Jakob.
Wissensbegierig und auf der Suche nach gefühlsmäßiger Annäherung an seine Wölfinnen, erlebt und erleidet er den engen Rahmen seiner Welt. Aus seiner Sicht beschrieben: Ich - der Sperling.

Der Roman ist harter Tobak. Nichts für zarte Gemüter. Aber wann war die Menschheit schon etwas für zarte Gemüter? Der Autor beschreibt seinen Roman aus der ersten Person Singular, der erzählende Sperling. Für Geschichtsinteressierte ein packender Stoff, interessant und gut recherchiert beschrieben.
Der Autor erklärt in seinen Anmerkungen, dass der Roman ein Fiktiver ist, er jedoch sein Wissen aus vielen wissenschaftlichen Büchern zusammengestellt hat (ein Anhang führt Bücher und Aufsätze auf). Dass diese Welt in der Antike (griechische, römische Antike) eine brutale Gesellschaft war ist belesenen Menschen bekannt – eine Sklavenhaltergesellschaft, in der wenige Herren (buchstäblich, denn auch ihre Frauen standen in der Hierarchie weit unter ihnen, danach kamen die Sklav:innen) das Sagen hatten. Auf die Vorstellungen der antiken Welt beruhen viele menschliche Errungenschaften der modernen Welt. Zum Glück demokratisiert, obwohl es weltweit immer noch Gesellschaften, Nationen, Kulturen gibt, wo der einzelne Mensch keinen Wert besitzt (Kanonenfutter, Organspender, Arbeitstier in ähnlicher Weise wie in der Antike, ohne Namen dieser boshaften Kulturen zu nennen). Es gibt auch heute noch Kulturen, wo Lesen restriktiv behandelt wird, wo das Internet eingeschränkt wird von den Herrschenden.

Es ist ein Roman, der nachdenklich macht über diese beschriebene Zeit, über unsere Zeit, über die Kulturen, in denen unsere ‚Freiheit‘ nicht gilt. Über eine Welt, in der acht Milliarden Menschen leben, von denen der größte Teil immer noch in einem fast Zustand wie in der, in dem Roman beschriebenen, Antike lebt. Zwar nicht unbedingt Sklave genannt, aber fast genauso rechtlos. Es erinnert an ‚Spartacus‘ und die Sklavenaufstände, es erinnert an Revolutionen, wo sich Menschen gegen die Unterdrücker gestellt haben…

Das bunte Umschlagsbild zeigt einen Vogel, ein Sperling (das Vögelchen, wie ihm von seiner geliebten Euterpes erklärt wird, das fliegen und hüpfen kann und sich daher aus der Hierarchie der Vögel etwas erheben kann). Dieses Beispiel führt den Jungen, den Mann dann durchs Leben… wird es zu schlimm fliegt er in Gedanken davon...Und doch erlebt der kleine Sperling auch schöne Momente. Das Umschlagsbild ist ein Bild aus Mosaiksteinchen zusammengesetzt, wie sie oft gefunden wurden an antiken Plätzen…

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