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Veröffentlicht am 25.03.2024

Aeneis neu erzählt

Elyssa, Königin von Karthago
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Eine geschickt konzipierte, durchweg unterhaltsame und berührende Erzählung von Politik und Macht, Krieg und Liebe und dem Streben nach Freiheit.



Retellings der Odyssee und anderer griechischer Sagen ...

Eine geschickt konzipierte, durchweg unterhaltsame und berührende Erzählung von Politik und Macht, Krieg und Liebe und dem Streben nach Freiheit.



Retellings der Odyssee und anderer griechischer Sagen aus weiblicher Sicht gibt es momentan viele und ich liebs. Die Aeneis, die sich an den Trojanischen Krieg anschließt und zu Roms Gründungssaga gehört, kam bisher zu kurz; wie schön, dass Irene Vallejo das nun ändert!

Vorweg: Dieses Buch ist nicht wie Circe, Die Stille der Frauen oder XY eine reine Geschichte von und über die Schwestern, Töchter, Ehefrauen und Geliebten. Elyssa und ihre Schwester erzählen, aber nicht nur. Auch Aeneas selbst und Vergil kommen zu Wort und streckenweise fieberte ich mehr mit diesen beiden als mit dem karthargischen Schwesternpaar. Dass die Männer Elyssa und Anna überstrahlten, störte mich jedoch, nachdem ich mich an ihre Erzählperspektive gewöhnt hatte, nicht und der ausgesprochen angenehme Schreibstil ließ mich zudem durch die Seiten fliegen.

Elyssa ist keine Liebesgeschichte, auch wenn Eros durchaus mitmischt und die Liebe eine wichtige Rolle einnimmt. Politik und Selbstbehauptung, das Streben nach dem eigenen Glück und Freiheit sind jedoch bedeutendere Motive und Vallejo zeigt wunderbar, wie Liebe an falschen Erwartungen und fehlender Kommunikation scheitert.

Dank dieser wunderschön geschriebenen und durchweg spannenden Geschichte konnte ich meine mythologische Wissenslücke schließen, wie es nach dem Fall Trojas weiterging, zu Roms Aufstieg kam und warum Rom und Karthago verfeindet waren – reichte mein Vorwissen doch nicht darüber hinaus, dass Vergil das Epos um Aeneas geschrieben hatte und jener zu den Ahnen der Römer gehörte. Ich wüsste noch gerne, warum sich die Autorin beim Namen der titelgebenden Figur für Elyssa statt für das bekanntere "Dido" entschieden hat.

Ein überraschender, und wie ich finde genialer, Schachzug von der Autorin war es, die Geschichte Vergils mit den Ereignissen in Karthago zu verknüpfen und Eros eine erzählende Rolle zuzugestehen; das rundete das Buch für mich ab.

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Veröffentlicht am 18.11.2023

Wohlfühlroman

Lighthouse Bookshop
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Ein wohlig-warmer Roman, perfekt für die ungemütliche Jahreszeit und für ein paar schöne Lesestunden mit einer gelungenen Mischung aus Liebe, Freundschaft, Geheimnissen und den Schwierigkeiten des alltäglichen ...

Ein wohlig-warmer Roman, perfekt für die ungemütliche Jahreszeit und für ein paar schöne Lesestunden mit einer gelungenen Mischung aus Liebe, Freundschaft, Geheimnissen und den Schwierigkeiten des alltäglichen Lebens. Besonders angetan hat mich die Stärke der Frauen und ihre Unterstützung untereinander.



Die verschrobenen, liebenswerten Menschen machen den Charme des Buches aus - Figuren mit Ecken und Kanten, ihren eigenem Schicksal und gleichzeitig warmen Herzen. Dieses Buch ist eine gemütliche Geschichte, wenig unerwartbare Ereignissen und sicherlich klassisch im Aufbau; es gibt ja schon allerhand "Kleine Läden"-Bücher und dorfige Liebesgeschichten, die genau wegen dieses charmanten Schemas funktionieren. So auch diese Geschichte, die mich dennoch in den Einzelheiten überraschen konnte und vor allem mit den Dynamiken der Frauen überzeugen konnte.

Denn es spielen zwar Männer, nun ja - mit. Doch handlungstragend sind im Guten wie im Schlechten die Frauen, ihre Ambitionen und ihre Beziehungen untereinander. Ich habe es geliebt, zuzuschauen, wie sich zwischen Edie und Gilly eine Freundschaft entwickelt, wie die Frauen füreinander da sind, sich zuhören und ganz viel Wärme und Respekt schenken. Es gibt keinen sinnlosen Optimismus und keine krampfhafte Bemühung, in einer Beziehung zu sein, sondern gemächliche Entwicklungen und ehrliche Auseinandersetzungen und Gespräche.

Ich habe mich von der ersten Seite an wohlgefühlt im Schottland Goslings und wäre am liebsten zu Tee und Shortbread dazugestoßen und fühlte mich bestens unterhalten, da die Geschichte weder unnötig aufgeregt noch komplett vorhersehbar und flach verlief.

Der Schreibstil las sich wunderbar leicht, war gespickt mit lustigen Passagen und die Perspektivwechsel trugen zur Spannung bei, da die Autorin an geschickt gewählten Momenten sprang, ohne dabei jedoch Unübersichtlichkeit zu verursachen.

Kurzum, ein Wohlfühlroman mit viel Tee und Süßem, wunderbaren Frauenfreundschaften und Spannung ohne schockierende Dramatik.

Ohne Fishergirl´s Luck gelesen zu haben, meine ich doch die Referenz auf Sharon Goslings Debüt verstanden zu haben - eine süße Anspielung und obwohl das Buch ohne Leuchtturm und Buchhandlung so gar nicht meinem üblichen Leseverhalten entspricht, bin ich geneigt, auch diese Geschichte zu lesen; so wohl habe ich mich im buchigen Schottland gefühlt!

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Veröffentlicht am 04.11.2023

Wohlfühlfantasy

Girl, Goddess, Queen: Mein Name ist Persephone
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Die Art von Jugendbuch, von der es mehr geben muss - inhaltlich überzeugend, spaßig zu lesen und mit gesunden Darstellungen von Liebe, Freundschaft und Auseinandersetzung mit eigenen Gefühlen und Zielen.




Bea ...

Die Art von Jugendbuch, von der es mehr geben muss - inhaltlich überzeugend, spaßig zu lesen und mit gesunden Darstellungen von Liebe, Freundschaft und Auseinandersetzung mit eigenen Gefühlen und Zielen.




Bea Fitzgeralds Interpretation von Hades und Persephone holte mich von der ersten Seite an ab. Und zwar literally von der ersten - mir gefiel das "Vorwort" ausgesprochen. Zu wissen, welchen potentiellen Inhalt ich (nicht) zu erwarten hatte, kreierte für mich ein angenehmes Leseklima.

Und wow, die Figuren. Ich liebe, wie sehr sich Persephone (und Hades) im Laufe des Buches weiterentwickelten; wie viel Wachstum da zu sehen war. Auch die Beziehung der Beiden zueinander ist davon geprägt und ich bin begeistert über das Level an Kommunikation - in Jugendbüchern läuft die Entwicklung zum Paar ja häufig non-verbal und in Sprüngen ab. Und ganz viel unangenehme Missverständnisse. Persephone und Hades hingegen sprechen viel miteinander und lernen, ihre Bedürfnisse zu formulieren und rücksichtsvoll miteinander zu sein. Keine unnötige Misskommunikation, die das Buch nur in die Länge zieht und Augenrollen auslöst, sondern Gespräche und Rückfragen. Das feiere ich - schade eigentlich, dass es mir auffiel; das sollte im echten Leben wie in Büchern immer so sein...

Und auch die Handlung an sich überzeugte mich - gerade weil nicht von einer Actionszene zur nächsten gehetzt wird, sondern Zeit für alltägliche Ratssitzungen, Feiern mit Freunden und Erkundungstouren ist. Dadurch hatte ich das Gefühl, die Unterwelt und Persephone kennenzulernen und bei der langsamen Rache mitzuwirken. Denn die Wut über die unfaire patriarchale Welt und der Wunsch, sie besser zu machen, treibt Persephone kontinuierlich an - ich habe es geliebt, ihr auf diesem Weg zu folgen. Spannend fand ich auch das Mutter-Tochter-Verhältnis, das nicht auf Verurteilung heruntergebrochen wird, sondern in seiner Komplexheit bestehen darf. Außerdem bin ich begeistert über die Frauenfreundschaften und wie Hades´ Bisexualität nur eine Randnotiz ist.

Die Narrativumkehr zieht Bea Fitzgerald zudem konsequent durch - Hades hat Persephone nicht geraubt; sie ist zu ihm gekommen. Nicht sie nimmt seinen Antrag an, sondern er ihren. Sie krönt sich zur Königin; nicht sie wird gekrönt. Viele Details und gleichzeitig ausdrucksstarke Szenen. Ich liebs.

Feminismus, Mythologie, ganz viel Humor und eine Prise Liebe - was für eine grandiose Kombination! Ich hatte viel Spaß und flog durch die Seiten, denn Bea Fitzgeralds Schreibstil liest sich wunderbar. Ich liebe die Schlagabtäusche zwischen Persephone und Hades und das Knistern zwischen den Beiden. Zudem gab es etliche Momente, in denen ich mich hervorragend mit Persephone identifizieren konnte und ihr oder der Autorin für gelungene Momente, Aussagen und Szenen applaudieren wollte. Ich feiere die Botschaften des Buches an junge Leser*innen - consent is sexy, Feminismus geht auch Männer was an, weil das Patriarchat tatsächlich auch sie einschränkt, Liebe ist schön, aber nicht das einzige Lebensziel und "vollständig" bist du allein schon, dafür brauchst du niemanden. 💥

Wohlfühlfantasy; der Begriff schwebte nach Beenden des Buches in meinem Kopf herum - genau das will ich künftig lesen. Denn auch wenn ich mittlerweile deutlich weniger Fantasy lese als früher, mag ich das Genre noch immer. Aber ich will keine toxischen Liebesbeziehungen mit problematischem Verhalten. Ich will keine Gewalt (gegen Frauen) nur um zu schocken bzw. ich will allgemein wissen, was ich (nicht) erwarten kann. Ich will starke Frauen, die Gefühle haben dürfen, lieben dürfen - und trotzdem selbstständig bleiben. Die nicht vollkommen in einer Beziehung aufgehen, sondern sie kontinuierlich prüfen und reifen. Ich will Frauenfreundschaften. Und all das bot mir Girl, Goddess, Queen - ich konnte die Liebesgeschichte genießen, weil sie realistisch und respektvoll war und gleichzeitig die eigentliche Handlung nicht überschrieb.

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Veröffentlicht am 25.10.2023

Violette Begeisterung

Das Stefan Zweig Album
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Ein Sachbuch, das bereits durch seine hochwertige Gestaltung, das handliche Format und das angenehme Schriftbild begeistert und auch inhaltlich allen Erwartungen gerecht wird. Ein großes Bildmaterial ermöglicht ...

Ein Sachbuch, das bereits durch seine hochwertige Gestaltung, das handliche Format und das angenehme Schriftbild begeistert und auch inhaltlich allen Erwartungen gerecht wird. Ein großes Bildmaterial ermöglicht fast schon ein "Dabeisein".



Von Stefan Zweig habe ich ja bereits drei Bücher gelesen und mich in seinen Schreibstil verliebt. (Und immer noch nicht die Beiträge zu Magellan und Vespucci geschrieben, aber das ist eine andere Geschichte!) Über sein Leben wusste ich jedoch bisher wenig; mir war vage bewusst, dass er ins südamerikanische Exil ging und den Freitod wählte - mehr aber auch nicht.

Umso mehr freute ich mich über das Erscheinen eines Sachbuchs über ihn und noch viel mehr, es dann in den Händen zu halten - hat es doch ein wunderbares Format, eine großartige Haptik und eine ansprechende Gestaltung. Den Titel Album trägt das Buch zu Recht - eine umfangreiche Sammlung von Fotografien und Handschriften gaben mir die Möglichkeit, den Autor fast schon persönlich kennenzulernen. Ein Leben in Bildern, wahrlich!

Überhaupt - dem Buch gelingt es neben der Lebensgeschichte Zweigs auch dessen mitunter schwierigen oder zumindest etwas kauzigen Charakter darzustellen und brachte mich bisweilen zum Schmunzeln ob der Eigenarten von Stefan Zweig. Auch sein familiäres Umfeld und die politischen sowie gesellschaftlichen Umständen beleuchtet das Buch.

Ich habe jetzt auf jeden Fall Lust, noch mehr Bücher von Stefan Zweig zu lesen.

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Veröffentlicht am 21.10.2023

Absolut begeistert

Gar es ohne Bares!
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Was für eine geniale Idee - gut Kochen trotz und mit schmalem Geldbeutel! Ich habe viel Inspiration gefunden und ein paar Tipps & Tricks mitnehmen können.




Ich hätte nie gedacht, dass mir mal jemand ...

Was für eine geniale Idee - gut Kochen trotz und mit schmalem Geldbeutel! Ich habe viel Inspiration gefunden und ein paar Tipps & Tricks mitnehmen können.




Ich hätte nie gedacht, dass mir mal jemand durch ein Kochbuch sympathisch werden würde. Oder dass ich wegen eines solchen Buches so begeistert sein würde. But here we go.

"Gar es ohne Bares" ist erst einmal keine klassische Rezeptsammlung, in der auf Zitatenlisten stichpunktartige Anleitungen folgen, sondern ein erzählendes Kochbuch. Mir war nicht klar, dass ein Kochbuch respektvoll sein kann, aber Sebastian Maas ist es - in seiner Sprache und gegenüber kulturellem Eigentum, schmalen Geldbeuteln sowie vegetarischer/veganer Ernährungsweise. I like!

Das (Koch-)Buch beginnt mit Worten zu Armut und auch zwischen den Rezepten kommt Maas unterschiedlich spezifisch immer wieder auf gesellschaftliche Missstände und Probleme unserer heutigen Welt zu sprechen. Zusätzlich zwischen die Rezepte und persönlichen Einschübe zu den Gerichten streut er zudem Spartipps und kleinere Life-Hacks. Da werde ich sicherlich einiges ausprobieren.

Und erst recht bei den Mahlzeiten an sich - in drei (bzw. vier, wenn ich die Festtagsgerichte gesondert zähle) Preisgruppen sortiert und mit ansprechenden, aber sympathisch semi-professionellen Bildern versehen, löste bei mir der Großteil Lust auf Nachkochen aus. Sebastian Maas gibt zudem häufig Anmerkungen, wie ich Gerichte noch aufpeppen, variieren oder nach Lust und Laune auch komplett vegan oder eben mit Fleischbeilage kochen könnte. Seine Rezepte erfordern weder Hightechgeräte noch ausgedehnte Küchenerfahrungen - und alle Zutaten sind im Discounter zu bekommen. Sicherlich das perfekte Buch für Studierende - und eigentlich für alle Menschen; denn gut & günstig kochen, ist doch in unser aller Interesse!

Kurzum, ich kann dieses Kochbuch einfach nur allen ans Herz legen, feiere Sebastian Maas auch für kleine Spitzen wie "Starköchinnen und süddeutsche Hausmänner" und freue mich aufs Nachkochen.

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