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Veröffentlicht am 05.11.2023

Ein Klassiker in edlem Design und düster-schaurigen Illustrationen

Biblioteca Obscura: Frankenstein
1

Frankenstein erschafft ein Monster. Unabsichtlich. Aber ungeschehen kann er es nicht machen. Die Geschichte, die einst Mary Shelley im zarten Alter von neunzehn Jahren ersann, ist bekannt. Sollte dies ...

Frankenstein erschafft ein Monster. Unabsichtlich. Aber ungeschehen kann er es nicht machen. Die Geschichte, die einst Mary Shelley im zarten Alter von neunzehn Jahren ersann, ist bekannt. Sollte dies nicht so sein, so ist dieses Buch, diese Schmuckausgabe – illustriert von Marcin Minor – ein guter Grund, dieses Werk kennenzulernen und für diejenigen, die „Frankenstein“ kennen, werden schon alleine die Illustrationen ein Anreiz sein, es neu zu entdecken.

Frei nach Goethe und seinem Zauberlehrling konnte Frankenstein „den Dämon, den er erschuf“ nicht mehr loswerden. Er war nicht mehr in der Lage, diesem von ihm erschaffenen Wesen Herr zu werden.

Vor langer Zeit habe ich Mary Shelleys Werk gelesen und nun war der richtige Zeitpunkt, es wiederzutun. „Was darf der Mensch“ fragt Dr. Sandra Miehling, die für die Neubearbeitung zeichnet und Marcin Minor erzählt im Nachwort, wie er den Roman in Vorbereitung zu seinen Illustrationen empfunden hat.

„BIBLIOTECA OBSCURA vereint die schönsten Schauergeschichten in eleganten, bibliophilen Schmuckausgaben voller düsterer Versuchung, Horror und Mystik.“ Schon der erste Blick auf das Buch begeistert mich. Das Zusammenspiel von Haptik und Optik ist bestens gelungen und dann das erste Hineinblättern - es nimmt mich vollends gefangen. Das edle Design, dazu die düsteren, teils gespenstisch anmutenden Illustrationen in Grau, Schwarz und Weiß oder in Rot gehalten bilden ein harmonisches Ganzes. Das Lesen und dazu Marcin Minors Bebilderungen sind ein Hochgenuss – hätte sich da nicht ein Fehler eingeschlichen, der in einer Schmuckausgabe einfach nicht sein darf.

Ich hatte die Seite 224 gelesen und folglich wäre als Nächstes die Seite 225 dran. Aber nicht da! Mitten im Satz ist die Story aus dem Zusammenhang gerissen, denn was ich hier lese, ist der Anfang von Seite 241. Nach anfänglicher Verwirrung sehe ich, dass die Seiten falsch gebunden sind. Normalerweise habe ich beim Lesen die Seitenzahl nicht präsent, es ist schlichtweg nicht erforderlich und dem Lesefluss auch abträglich. Aber nun, da ich mir den Anschluss nach den vorgeschobenen acht beidseitig bedruckten Blättern suchen musste und den letztendlich auch gefunden habe, gilt nach dem Umblättern mein erster Blick der Seitenzahl. Gut, Frankensteins Geschichte konnte ich weiterlesen, ärgerlich war es trotzdem.

Die Schmuckausgabe von „Frankenstein“ wäre auch das perfekte Geschenk für jeden, der Bücher schätzt, der in ihnen mehr als Lesestoff sieht. Nicht so schön wäre es, wenn der Beschenkte meint, es mit einem Mängelexemplar zu tun zu haben, sollte dieser eines dieser fehlerhaften Exemplare in Händen halten. Trotzdem ist dieses exquisit gestaltete Buch ein Blickfang, es ziert mein Bücherregal und – wäre da nicht dieser unerfreuliche Fehler beim Binden des Buches passiert – wären es zweifelsfrei 5 euphorische Sterne gewesen. Und doch hat es mir diese exzellente Schmuckausgabe angetan, ich liebäugle mit einem weiteren Band von Biblioteca Obscura.

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Veröffentlicht am 28.10.2023

Ein historischer Bayernkrimi

Francobaldi – Familiengeheimnisse
2

„Francobaldi – Familiengeheimnisse“ ist ein historischer Bayernkrimi, der sich von Eichstätt nach Wien und wieder zurück in die bayerische Heimat bewegt mit etlichen Zwischenstationen wie etwa München, ...

„Francobaldi – Familiengeheimnisse“ ist ein historischer Bayernkrimi, der sich von Eichstätt nach Wien und wieder zurück in die bayerische Heimat bewegt mit etlichen Zwischenstationen wie etwa München, Posssenhofen und Wasserburg.

Es ist bereits der zweite Band um Francobaldi, der mit seiner Ottilie im beschaulichen Eichstätt lebt. Babette, Ottilies Tochter aus erster Ehe, ist im heiratsfähigen Alter. Ein standesgemäßer Ehemann muss gefunden werden und da Babette nicht daran denkt, heimzukehren, machen sich Ottilie und Francobaldi auf den Weg nach Wien. Dort lernen sie Eleonore von Gleizenstein kennen, Babette ist ihre Gesellschafterin. Als dann Eleonores ehemalige Gourvernante durch einen Treppensturz stirbt, kommen einige Ungereimtheiten ans Licht, derer sich Francobaldi annimmt.

Das gesellschaftliche Leben im ausgehenden 18. Jahrhundert wird anschaulich geschildert. Die Moralvorstellungen zwängen die Frauen in ein enges Korsett, Männer dagegen erfreuen sich sämtlicher Freiheiten. Uneheliche Kinder waren auch damals in allen Gesellschaftsschichten keine Seltenheit, den Umgang mit diesen „Bastarden“ kann man eher als kaltherzig bezeichnen, auch wenn einigen von ihnen dank ihrer nachgewiesenen adeligen Abstammung ein besseres Leben bevorstand, wenngleich fernab der Ursprungsfamilie.

Die politischen und die gesellschaftlichen Umbrüche sind Thema, auch die Geheimbünde, allen voran die Illuminaten. Ein Verzeichnis der im Krimi vorkommenden historischen Personen findet man im Anschluss an diese „Familiengeheimnisse“ wie etwa einige Mitglieder jener Illuminaten. Auch der Pfalzgraf Karl Theodor, Mirabeau und selbst Mozart und dessen Zauberflöte, um nur einige ganz wenige zu nennen, haben ihren Auftritt.

Die gut recherchierten historischen Ereignisse sind informativ, sie fließen in den fiktionalen Teil ein und bilden eine homogene Einheit. Ganz wenige geschichtliche Fakten waren für mein Empfinden etwas zu lang geraten, die kriminalistischen Elemente haben diese Längen aber wieder gut abgefangen. Die Autorin hat ihre Charaktere nahbar dargeboten, ihr Schreistil ist gut lesbar und was mir besonders gut gefallen hat – man atmet beim Lesen die damalige Zeit direkt ein.

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Veröffentlicht am 21.10.2023

Kurzweiliger Lesespaß

Mrs Potts' Mordclub und der tote Bräutigam
2

Wie fast jeden Tag steigt Mrs. Potts auch an diesem Januarmorgen in die Themse, um ihre Runden zu schwimmen. Einer vermeintlich toten Ente will sie ausweichen und gerät dabei direkt an eine Schwanenfamilie. ...

Wie fast jeden Tag steigt Mrs. Potts auch an diesem Januarmorgen in die Themse, um ihre Runden zu schwimmen. Einer vermeintlich toten Ente will sie ausweichen und gerät dabei direkt an eine Schwanenfamilie. Mit denen ist nicht zu spaßen, also schnell aus dem Wasser. Am Ufer erwartet sie eine weite Überraschung – eine Familie bekommt ihren textilfreien Auftritt hautnah mit. Ganz lässig, total entspannt, springt sie wieder in die Themse, die Situation ist á la Judith gerettet.

Kaum habe ich die ersten Seiten gelesen, war mir Judith in ihrer liebenswürdigen Schrulligkeit wieder sehr präsent. Ja, Mrs. Potts ermittelt wieder, wird doch der Bräutigam, der am nächsten Tag die sehr viel jüngere Jenny Page ehelichen will, leblos in seinem Arbeitszimmer gefunden. Dass es sich um keinen natürlichen Todesfall handelt, scheint ziemlich sicher zu sein, denn Sir Peter liegt am Boden und über ihm ein riesiger Mahagonischrank. Wie kann dieses Ungetüm so einfach wegkippen? Sehr rätselhaft ist auch, dass dieses Zimmer, in dem Sir Peter gefunden wurde, von innen verschlossen war und Sir Peters Gäste dieses erst mit Gewalt öffnen mussten.

Neben den Ermittlungen, in die sich auch Detective Sergant Tanika Malik einschaltet, hat Becks ihre privaten Geheimnisse. Das geht gar nicht, ihre Freundinnen Judith und Suzie möchten schon wissen, was los ist. So einsilbig kennen sie Becks gar nicht und wer weiß, in was sie sich hineinmanövriert hat. Herrlich schräg ist Suzie unterwegs. Sie führt die Hunde der anderen aus, ein Broterwerb, den sie zugunsten ihrer Radioshow ein wenig vernachlässigt. Und Judith ist die Kreuzworträtsel-Expertin schlechthin. Je komplizierter, desto besser.

Auch der zweite Streich aus der Feder von Robert Thorogood um die umtriebige Mrs. Potts is very british. Tanikas Vorgesetzer ist der Meinung, dass es keiner Ermittlung bedarf. Die Umstände lassen einen Unfall vermuten, also wird sie zurückgepfiffen. Das kann Judith natürlich nicht so stehen lassen. Trotz ihres fortgeschrittenen Alters ist so topfit und wenn sie doch mal schwächelt, hilft ein kleiner Schluck ungemein. Verdächtige gibt es so einige und genauer betrachtet hätte jeder ein Motiv. Sind die Todesumstände schon rätselhaft, sind es die mehr oder weniger fragwürdigen Gestalten um Sir Peter erst recht. So manch geschickt ausgelegte Fährte führt letztendlich ins Nichts, auch wenn jede Spur die richtige sein könnte. Zweifel sind bis zuletzt angebracht und auch wenn ich mich irgendwann auf eine Täterspur festgelegt habe, die ich dann zwischendurch schon noch hinterfragen musste, war ich mir doch nie ganz sicher.

So abstrus die Umstände um den toten Bräutigam, so beinahe nonchalant ist es den drei Ladys, allen voran Mrs. Potts, gelungen, diesen Fall doch noch aufzuklären. Robert Thorogood hat liebenswürdige, sehr authentische Charaktere geschaffen, die hoffentlich noch so manchem Mörder das Handwerk legen werden und ich werde bestimmt dabei sein, wenn Mrs. Potts Mordclub wieder ermittelt.

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Veröffentlicht am 14.10.2023

Endzeitstimmung…

Ein Fluss so rot und schwarz
2

…trifft es wohl am Ehesten, wollte ich den Zustand rund um diese Dystopie beschreiben. Als apokalyptischer Thriller wird er dargeboten, was den Kern dieses Romans gut trifft. Anthony Ryan präsentiert eine ...

…trifft es wohl am Ehesten, wollte ich den Zustand rund um diese Dystopie beschreiben. Als apokalyptischer Thriller wird er dargeboten, was den Kern dieses Romans gut trifft. Anthony Ryan präsentiert eine Katastrophe unvorstellbaren Ausmaßes, furchteinflößend, Horrorelemente sind ausreichend vorhanden.

Er wacht auf und weiß weder, wo er sich befindet, noch was ihm zugestoßen ist. Neben ihm kauert ein Mann, der sich allem Anschein nach selbst erschossen hat. Er ist kahlgeschoren, seinen Schädel ziert eine dunkelviolette Narbe, der hochgerutschte Ärmel lässt ein Tattoo erkennen. CONRAD ist ihm auf dem Unterarm eintätowiert. Was ist hier los? Auch auf seinem Arm liest er einen Namen. HUXLEY. Auch er hat dieselbe Narbe am Kopf, seine Haare sind abrasiert, die Kleidung dem des Toten identisch. Was nun? Der Drang, sich zu verstecken, ist übermächtig, aber eine Lösung ist es nicht. Darum macht er sich auf, das Boot, auf dem er sich befindet, zu erkunden und trifft auf weitere Personen, jeder mit Tattoo und weiteren übereinstimmenden Merkmalen. Ein Toter, sechs Lebende, und keiner weiß von sich, wer er ist, ihr Gedächtnis scheint ausgelöscht.

Ihre Ausgangssituation ist bedrohlich. Das Schiff nicht steuerbar. Zumindest können sie es selbst nicht durch den wabernden, rötlichen Nebel manövrieren, es wird wie von Geisterhand gelenkt. Auch wissen sie nicht, auf welchen Gewässern sie sind, stellen jedoch bald fest, dass sie auf ein postapokalyptisches London zusteuern. Ein Grauen, dem sie sich nicht entziehen können…

…ein Horrorszenario, das mich neugierig gemacht hat. Ich bin eher im Thriller verhaftet, ab und an dürfen es aber auch Dystopien und ähnliches sein. Die Idee an und für sich finde ich gut, auch wenn ich über so manche Ungereimtheit wie etwa dem des Veggie-Fleisches, das auch Hunde und Katzen und Ratten meint, hinweggesehen habe. Zumal aus diesem veganen Zeugs Blut fließt. Seis drum, die Spur aus schwarz und rot fließt, das wird gegen Ende zu ziemlich plastisch offeriert. Die düstere Atmosphäre zieht sich durchs Buch, die Story driftet zuweilen ins allzu Unwirkliche ab. Die sechs auf dem Schiff befindlichen Personen sind gut beschrieben, nahe gekommen ist mir jedoch keiner.

Anthony Ryan hat Wesen in gruseliger Umgebung erschaffen, die ich mir gar nicht so recht vorstellen mochte - zumindest nicht den Großteil dieser Monsterwesen. Er hat mich gleich mal mit einem starken Anfang ins Geschehen gezogen. Actionreiche Momente wechseln sich mit zu langatmigen Szenen ab, die Spannung war dadurch nicht durchgängig da. Warum das Ganze von wem auch immer inszeniert wurde, wird letztendlich klar, das Buch hat mich trotz einiger Mängel gut unterhalten, ich habe es zwar einmal zur Seite gelegt, wollte aber dann doch wissen, wie es weitergeht.

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Veröffentlicht am 12.10.2023

Briefe auf Butterbrotpapier

Die Butterbrotbriefe
2

Kati hört die seelenlosen Worte, die hohlen Phrasen bei der Beerdigung ihrer Mutter. Beschweren will sie sich beim Priester, aber telefonisch wird das eher nichts, die Worte wollen sorgfältig gewählt sein ...

Kati hört die seelenlosen Worte, die hohlen Phrasen bei der Beerdigung ihrer Mutter. Beschweren will sie sich beim Priester, aber telefonisch wird das eher nichts, die Worte wollen sorgfältig gewählt sein und so beschließt sie, dies brieflich zu erledigen. Ihr Vater hat vor langer Zeit Butterbrotpapier gesammelt, er hat dabei an Bastelarbeiten gedacht und doch lädt der ganze Stapel Kati direkt dazu ein, hierauf Briefe zu schreiben, denn der leichte Glanz des Butterbrotpapiers verleiht den Worten einen besonderen Schimmer. So fängt alles an, denn Kati hat beschlossen, allen hier „lebe wohl“ zu sagen. An die dreißig Briefe sollen es werden, dreißig Mal spürt sie ihr Herz bis zum Halse klopfen.

Diese anrührende Geschichte, Katis Geschichte, hat mir Steffen Groth näher gebracht. Das ungekürzte Hörbuch über 6 Stunden und 34 Minuten waren genussvolle, sehr intensive Hörstunden. So einiges erfahre ich aus Katis Leben. Sie, die in der Stadtverwaltung arbeitet, aber viel lieber Friseurin wäre, lebt zumindest am Wochenende ihren Traum, indem sie kostenlos Haare schneidet. Und so lernt sie auch Severin kennen…

Zuweilen kommt mir Katis Welt direkt märchenhaft vor. Märchen im Sinne von nicht ganz echt, ein wenig träumerisch. Und doch haben die Figuren Ecken und Kanten, sie haben Fehler gemacht, mussten viel einstecken, sind eklig oder liebenswürdig, ein Querschnitt direkt aus dem Leben gegriffen - so wie die lieben Mitmenschen eben sind.

Das Besondere an Katis Briefen ist, dass sie diese selbst überbringt und nicht nur das, sie liest ihre Briefe auch dem Empfänger vor. Sie rechnet ab, nimmt Abschied von der Vergangenheit, schreibt an diejenigen, die ihr nichts Gutes wollten, lässt all die Begebenheiten nochmal Revue passieren, endet mit „leben Sie wohl.“ Aber natürlich denkt sie auch an die anderen, die ihr wohlgesonnen waren. Katis Briefe sind wütend und liebenswürdig, sie sind traurig und lebensfroh, aber immer sind sie ehrlich. Am Ende schreibt sie den wichtigsten Brief, den Brief an sich selbst. Denn irgendwann erkennt sie, dass sie sich selbst annehmen, sich selbst lieben muss.

Ein Buch, das berührt. Wer einen Brief schreibt, nimmt sich Zeit. Zeit, um an den Menschen zu denken, für den er gedacht ist. Man sollte viel öfter handschriftlich verfasste Briefe schreiben.

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