Wer entscheidet: Freier Wille, Schicksal oder gar der Zufall?
Die ButterbrotbriefeWer schreibt heute noch richtige Briefe - handgeschrieben und auf Papier? Kati will mit ihren fast 40 Jahren ein neues Leben beginnen, denn so richtig zufrieden ist sie nicht damit, wie es bisher gelaufen ...
Wer schreibt heute noch richtige Briefe - handgeschrieben und auf Papier? Kati will mit ihren fast 40 Jahren ein neues Leben beginnen, denn so richtig zufrieden ist sie nicht damit, wie es bisher gelaufen ist. Doch vorher will sie Lebewohl sagen und so verfasst sie Abschiedsbriefe an alle, die sie geprägt haben – egal ob auf welche Art und Weise. Die Besonderheit: sie stellt diese Botschaften eigenhändig zu und trägt sie den Empfängern vor.
Dies führt natürlich zu einigen emotionalen Momenten. Einen solchen Brief zu erhalten kann sowohl Fluch als auch Segen sein. Und so wird sie nicht selten gebeten, den Brief nicht zu verlesen. Doch Kati hält an ihrem Vorhaben fest. Einerseits eine schöne Idee und für sie selber bestimmt eine gute Methode Geschehenes zu verarbeiten. Anderseits aber auch ziemlich egoistisch, schließlich ist der Inhalt nicht immer positiv.
Im Verlauf werden Dinge über Katis Familie und Vergangenheit aufgedeckt, die erschüttern, die einem unheimlich leid tun und die so definitiv nicht passieren sollten. Da kann man wirklich verstehen, dass sie erschüttert ist und erstmal über alles hinwegkommen muss.
Es gibt auch eine zarte Liebesgeschichte und somit eine zweite Perspektive: Kati lernt Severin kennen, einen Klavierstimmer, der aufgrund eines Unglücks sein altes Leben hinter sich gelassen hat. Er hält ihre Begegnung für Schicksal, doch davon will sie nichts wissen.
In die Butterbrotbriefe kommt somit die Frage auf, ob wir selbst über unser Leben entscheiden, andere es tun oder gar das Schicksal oder sogar der Zufall das Zepter führen. Letztendlich zeigt sich, dass das Schicksal vielleicht bestimmt, wer in unser Leben tritt, aber das Herz, wer darin bleibt. Es geht um Heimat, Familie, Liebe und Freiheit, um Unabhängigkeit und dem Wunsch nach Zugehörigkeit. Dabei ist es humorvoll, ebenso herzerwärmend wie herzzerreißend und regt damit zum Nachdenken an.
Mir haben die Protagonisten und vor allem auch die Nebencharaktere richtig gut gefallen: Katis Onkel steckt all sein Herzblut in sein Arktis-Museum, sein einziger Angestellter ist ein hochbegabter und neunmalkluger Junge (dieser erinnert ein wenig an Sheldon von „Young Sheldon“ oder später „The Big Bang Theory“). Katis großes Vorbild ist die Besitzerin des hiesigen Friseursalons. Toll fand ich auch, dass sogar Charaktere aus den anderen Büchern des Autoren einen kleinen Gastauftritt hatten. Insgesamt also sehr gelungen!