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Veröffentlicht am 10.11.2023

Draußen ist Freiheit dort, wo der Horizont beginnt (Tanz der Vampire)

Landgang
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Magdalena sitzt mit Ihrer Mutter im Zug gen Western und erlebt als 12-Jährige, was es heißt, von "drüben" zu sein. Das, was gestern selbstverständlich war, ist heute Vergangenheit und fernab jeglicher ...

Magdalena sitzt mit Ihrer Mutter im Zug gen Western und erlebt als 12-Jährige, was es heißt, von "drüben" zu sein. Das, was gestern selbstverständlich war, ist heute Vergangenheit und fernab jeglicher Sicherheit. Magdalena kann sich auf die Veränderungen nicht wirklich einlassen, versucht aber mit ihrer kindlichen, leicht authistisch geprägten Sichtweise, das Beste aus der Sache zu machen. Das Leben im Westen Ende der 1980er Jahre lebt sich dann doch nicht so leicht, wie gedacht, denn auch der Westen hat seine Tücken. Existenzängste, gesellschaftliche Stolperfallen und das Gefühl, nirgendwo richtig dazuzugehören, sind von nun an an der Tagesordnung...


"Landgang" von Mayjia Gille ist an und für sich ein sehr treffend gezeichneter Roman, der die innere Zerrissenheit eines Kinder darstellt, das von jetzt auf gleich alles Gewohnte hinter sich lassen und neu anfangen muss. Da Magdalena mit Veränderungen aufgrund ihrer leicht authistischen Wesenszüge nicht gut umgehen kann, flüchtet sie sich in ihre ganz eigene Welt, zu der Wasserstandsmeldungen gehören wie die Sonne am Himmel.

Gille lässt biografische Züge einfließen und strickt drumherum eine liebenswerte, wenn auch nicht immer einfach zu lesende Geschichte, die von innerer Zerrissenheit, Heimatlosigkeit und dem Drang nach Selbstverwirklichung handelt. Körperliche Züchtigungen finden ihren Weg ins Buch und verletzten nicht nur die Kinderseele von Magdalena, auch die Leser:innen erfahren beim Lesen psychische Schmerzen, die wie feine Nadelstiche immer wieder piksen.

Es gibt urkomisch Szenen, bei denen Lachmuskelkater vorprogrammiert ist (ich sage nur "Eurythmie und Gelb") , die in sehr nachdenklich stimmende Passagen übergehen. Die Leser;innen sind hautnah bei der Entwicklung von Magdalena vom braven, angepassten DDR-Mädchen zum aufmüpfigen West-Punk dabei und lernen die zwei Seiten der Medaille kennen, die die Hauptfigur unbewusst immer mit sich trägt.

Die 1980er-Jahre werden durch den mitreißenden Worte wieder lebendig und lassen eigene Erinnerungen an die Jugend in eben jener Zeit wach werden. Und jetzt kommt leider das Aber: Es gibt Rechtschreibfehler im Buch, manchmal fehlen auch ganze Worte, sodass die Logik des Satzes nicht auf den ersten Blick zu erfassen ist. Auf S. 139 kann sich das Lektorat nicht entscheiden, ob Carl nun mit "C" oder "K" geschrieben wird, denn innerhalb weniger Sätze wechselt der Anfangsbuchstabe hin und her. Das empfinde ich schon als störend und der Lesefluss wird durch diese Stolpersteine immer wieder ausgebremst.

Ansonsten eine liebenswert chaotische Rückblende, die durchaus lesenswert ist.

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Veröffentlicht am 30.10.2023

Von Einem, der auf die Hügel stieg und sein Herz an seine Heimat verlor

Hügelland
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Nicht erst seit dem Kinoerfolg "Herr der Ringe" sind Hügel in unser aller Bewusstsein. Oft nur als kleine bucklige Erhebung in der Landschaft auszumachen, wenig beachtet und dabei doch prägend für das ...

Nicht erst seit dem Kinoerfolg "Herr der Ringe" sind Hügel in unser aller Bewusstsein. Oft nur als kleine bucklige Erhebung in der Landschaft auszumachen, wenig beachtet und dabei doch prägend für das Landschaftsbild, sind Hügel einfach da und umgeben unsere Orte wie eine kleine Umarmung.

Aber sind sie wirklich einfach nur da ? Haben sie eine ganz besondere Bestimmung ? Thomas Kunadt kehrt nach langer Abstinenz zurück in seine Oberlausitzer Heimat und erkundet sämtliche Hügel zu Fuß. Stolze 6000 Kilometer ist er gegangen, kennt jetzt jeden Hügel und jede Erhebung, die aus seiner Heimat eben Heimat machen.

Es ist ein lesenswerter Ausflug in die Erdgeschichte, die manchmal ein wenig frischer und peppiger hätte erzählt werden können, aber dennoch springt die Begeisterung des Wandernden Kunadt auf die Leser:innen über. Er hat Goethes Ausspruch "Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen" wortwörtlich genommen und dabei die Oberlausitz intensiv und ganz bewusst wieder für sich entdeckt.

Zahlreiche Fotos, Karten, Tabellen und QR-Codes als Wanderempfehlungen vervollständigen das kleine Buch. Wer Hügellandschaften neu entdecken und für sich erobern möchten, findet hier ganz viele Inspirationen, um ein wenig Höhenluft zu schnuppern ohne sich verausgaben zu müssen.

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Veröffentlicht am 30.10.2023

Schauergeschichten

Verlassenes Ostbayern
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Lost Places ziehen mich magisch an, erzählen sie doch Geschichten einer längst vergangenen Zeit. Aus den verfallenen Mauern sind noch leise Stimmen und Knarzen zu vernehmen, auch wenn dort niemand mehr ...

Lost Places ziehen mich magisch an, erzählen sie doch Geschichten einer längst vergangenen Zeit. Aus den verfallenen Mauern sind noch leise Stimmen und Knarzen zu vernehmen, auch wenn dort niemand mehr in uns aus geht.

In "Verlassenes Ostbayern" erzählen Schriftsteller:innen über paranormale Erscheinungen, seltsamen Ereignissen, über eine von einem mysteriösen Fluch betroffene Abschlussklasse und einer Schreibmaschine, bei deren Berührung der Tasten ein Pakt mit den Teufel geschlossen wird. Alle Gruselgeschichten eint, dass sie allesamt ihre Handlung in oder an Lost Places haben, die in Ostbayern zu finden sind.

Es ist eine ganz eigene Welt, die die Autor:innen mit ihren Geschichten beschreiben, die den Übergang von Weltlichem zum Übersinnlichen fließend gestalten und für schaurige Momente fast wie am Fließband verantwortlich sind. Dabei kriecht der Grusel wie auf leisen Sohlen aus jeder Seite, verursacht kribbelnde Kopfhaut, kalte Hände und Gänsehaut auf den Armen. Der Nervenkitzel kommt mit leisen Tönen und krubelt das Kopfkino ordentlich an. Das könnte allerdings noch viel mehr plastische Bilder produzieren, wenn die Aufnahmen im Buch wirklich erstklassig wären. Leider sind die Fotos anstatt auf Fotodruckpapier auf normalem Papier gedruckt, alle Schwarz-Weiß und mitunter unscharf, weshalb sie viel an Aussagekraft und Atmosphäre einbüßen, daher muss ich 1 Sternchen abziehen.

Ein perfider Lesespaß, der auch als Dark-Toruism-Reiseführer geeignet ist.

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Veröffentlicht am 30.10.2023

Fernab von Kitsch und Kommerz

Weihnachten mit Sisi
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Es gibt wohl kaum jemand, der/die zu Weihnachten nicht die Sissi-Filmtrilogie geschaut hat. Sie gehören zu Weihnachten dazu wie ein festlich geschmückter Christbaum, die Krippe und Geschenke. Doch wie ...

Es gibt wohl kaum jemand, der/die zu Weihnachten nicht die Sissi-Filmtrilogie geschaut hat. Sie gehören zu Weihnachten dazu wie ein festlich geschmückter Christbaum, die Krippe und Geschenke. Doch wie hat die Kaisern von Österreich ihre Weihnachtsfeste erlebt ? Selbst am 24. Dezember geboren, prophezeite man ihr ewiges Glück.

Alfons Schweiggert schlägt die Geschichtsbücher auf und ermöglicht seinen Leser:innen einen sehr intimen Einblick in die Gefühls- und Gedankenwelt der Kaisern von Österreich und bildet in sehr kurzen, aber doch lesenswerten Kapiteln einen interessanten Überblick über die Weihnachtstage im Leben Elisabeths.

Fernab von Kitsch und Kommerz werden sehnsuchtsvolle, hoffnungsvolle aber auch traurige Ereignisse geschildert, die die Kaiserin erlebt hat und die sie nachhaltig geprägt haben. Von üppigen Geschenken seitens Kaiser Franz Josephs ist die Rede, aber auch von Tod und Trauer, verhassten Hofbällen und der Aussicht, wieder in Gödöllö ganz ohne Zwang im Kreis ihrer Kinder das Fest der Geburt Jesu zu begehen.

Mitunter sehr nüchtern und trocken, aber doch immer sehr aufschlussreich, führt Schweiggert durch die Jahrzehnte. Die kurzen Kapitel werden durch zahlreiche Zeichnungen, historische Bildtafeln und Abbildungen belebt. Seelenheil und Herzensleid werden nachfühlbar in Worte gefasst und zeigen ein komplett anderes Bild wie das, was wir aus den romantisch-verklärten Filmen kennen.

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Veröffentlicht am 27.10.2023

"Von allen Welten, die der Mensch erschaffen hat, ist die der Bücher die Gewaltigste." - Heinrich Heine -

Andromeda
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Mit den ersten Schritten in den Stockholmer Verlag Rydéns öffnet sich für Studentin Sofie eine Welt, in der die Fantasie, aufregende Geschichten und kleine Schätze Zuhause sind. Auch wenn sie sich erst ...

Mit den ersten Schritten in den Stockholmer Verlag Rydéns öffnet sich für Studentin Sofie eine Welt, in der die Fantasie, aufregende Geschichten und kleine Schätze Zuhause sind. Auch wenn sie sich erst freischwimmen muss merkt sie schon bald, dass die von Verlagsleiter Gunnar auf der Taufe gehobenen Reine "Andromeda" etwas ganz Besonderes ist. Denn in dieser Reihe dürfen sich die Worte mit ihrer ganzen Wucht entfalten, einhüllen und verzaubern. Aber der Höhenflug endet abrupt, als Gunnar stirbt und Sofie plötzlich wieder auf sich alleine gestellt ist....


Es gibt viele Bücher über Bücher und die große Kunst ist es, etwas zu kreieren, das einzigartig und besonders ist, um inmitten der vielen beschriebenen Buchseiten zu leuchten. Und genau das ist Therese Bohamn mit "Andromeda" gelungen. Im Buch befindet sich eine wunderschöne Metapher, die ganz genau beschreibt, was mir beim Lesen dieses Romans passiert - ein Buch wie eine Flaschenpost, die gefunden werden will und ihren Schatz nach dem Öffnen zugänglich macht.

Dabei gelingt es Bohmann, viel zwischen den Zeilen einließen zu lassen und trozdem klare Aussagen zu treffen, die die Leser:innent umgarnen und bezirzen. Ein Buch, das eine eher ungewöhnliche Beziehung zwischen einer jungen Studentin und ihrem in die Jahre gekommenen Vorgesetzten auf eine ganz intime, aber nicht bloßstellende Art beleuchtet und nicht zwischenmenschliche Interessen, sondern die gemeinsame Verbundenheit zum geschriebenen Wort in den Vordergrund stellt.

Sofie blüht regelrecht auf und mit jedem Buch, das in der "Andromeda"-Reihe als Stern am Bücherhimmel funkeln darf, funkelt auch Sofie etwas mehr. Viele werden die Beziehung der beiden kritisch betrachten, fußt sie doch auf einer gewissen Abhängigkeit. Aber hier über Moral und Ethik zu urteilen, wäre falsch und es liegt einzig und allein der Fokus auf der positiven Entwicklung, die Sofie aus dieser Beziehung ziehen kann.

Das Buch bietet viele interessante Einblicke, ist eine Hommage an die Welt der Bücher und die, die es möglich machen, uns immer wieder darin zu verlieren. Manches ist ein wenig sperrig im Ausdruck, aber trotzdem sehr lesenswert :)

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