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Veröffentlicht am 16.02.2024

Was passiert, wenn der Lebenstraum wegfällt?

Spinner
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Nach dem Abitur hat Jesper alle sozialen Beziehungen gekappt und ist nach Berlin gezogen, um seinen Traum zu verfolgen: ein Buch schreiben und erfolgreicher Schriftsteller werden.
In einer ereignisreichen ...

Nach dem Abitur hat Jesper alle sozialen Beziehungen gekappt und ist nach Berlin gezogen, um seinen Traum zu verfolgen: ein Buch schreiben und erfolgreicher Schriftsteller werden.
In einer ereignisreichen Woche kommt dann doch alles anders und er muss aufhören, krampfhaft seinem einzigen Traum nachzujagen.

Benedict Wells überrascht in jedem seiner Romane mit einem ganz anderen Schreibstil und dennoch ist es jedes Mal unverkennbar Wells. In "Spinner" schreibt er sehr locker, ironisch, spricht manchmal den Leser/ die Leserin direkt an; und passt seine Ausdrucksweise so wunderbar dem eigensinnigen, zynischen und jungen Protagonisten an.
Oft finde ich die Sprache in Jugendromanen zu übertrieben, hier nimmt man dem Autoren jedes Wort ab. Es wirkt einfach authentisch. Vielleicht liegt es auch daran, dass Benedict Wells selbst erst 19 Jahre alt war, als er die erste Fassung des Buches schrieb.

Jesper ist ein Protagonist, den man einfach ins Herz schließen muss. Neben all seinen Eigenarten hat er ein Ziel, einen Traum, der sein Leben bestimmt.
Als er realisiert, dass dieser Traum mehr und mehr wegfällt, gerät er in eine Orientierungslosigkeit, die man nur allzu gut nachvollziehen kann. Seine Wirklichkeit vermischt sich mehr und mehr mit Tagträumen und auch als Leser*in fragt man sich teilweise bis zum Schluss, was wahr und was nur ein Hirngespinst war.
Besonders ist auch, dass die komplette Handlung des Romans auf den Zeitraum von einer Woche verdichtet wurde.

Inhaltlich ist es also "nur" ein weiterer Roman über das Erwachsenwerden, aber Wells' origineller Charakter, der lockere, selbstironische Schreibstil und die Tragikomik, die sich durchs ganze Buch zieht, machen es für mich zu einem der besten aus dieser Kategorie.

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Veröffentlicht am 24.01.2024

Mitmachspaß für Kleinkinder

Ein kleines Geheimnis – Spiel mit mir und ich verrat es dir!
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"Ein kleines Geheimnis" ist ein Pappbilderbuch, das schon die Kleinsten zum Mitmachen auffordert.

Empfohlen wird es ab zwei Jahren, aber auch schon kleinere Kinder werden ihren Spaß daran haben. Denn ...

"Ein kleines Geheimnis" ist ein Pappbilderbuch, das schon die Kleinsten zum Mitmachen auffordert.

Empfohlen wird es ab zwei Jahren, aber auch schon kleinere Kinder werden ihren Spaß daran haben. Denn die Seiten sind sehr stabil, die Illustrationen einfach und kontrastreich gehalten und die Texte kurz und gut verständlich.

Um das Geheimnis des Eichhörnchens zu erfahren, müssen die kleinen Leser*innen verschiedene Aufgaben erledigen, z.B. Seifenblasen antippen, klatschen, das Eichhörnchen füttern usw.
So wird spielerisch die Konzentration und das Textverständnis gefördert. Meine zweijährige Tochter hatte definitiv ihren Spaß daran, jedoch konnte sie die Aufgaben nach ein paar mal Anschauen schon auswendig. Deswegen würde ich es nicht unbedingt für ältere Kinder empfehlen, für diese könnte es schnell zu langweilig werden.

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Veröffentlicht am 30.10.2023

Angenehm ruhige Erzählung

Melody
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Kurz vor seinem Tod stellt Ex-Nationalrat Dr. Peter Stotz den jungen Tom Elmer ein, um seinen Nachlass zu ordnen.
Wie besessen erzählt Stotz Tom von seiner großen Liebe Melody, die vor über vierzig Jahren ...

Kurz vor seinem Tod stellt Ex-Nationalrat Dr. Peter Stotz den jungen Tom Elmer ein, um seinen Nachlass zu ordnen.
Wie besessen erzählt Stotz Tom von seiner großen Liebe Melody, die vor über vierzig Jahren verschwunden ist.
Schnell stellt sich Tom die Frage, was Wahrheit und Fiktion ist und beginnt mit eigenen Nachforschungen.

"Melody" war mein erstes Buch von Martin Suter und ich wurde nicht enttäuscht.
In gemächlichem Tempo erzählt er seinen LeserInnen die Geschichte, ohne dabei auch nur einen überflüssigen Satz zu nutzen. Der ganze Plot wird sehr unaufgeregt beschrieben, dennoch weckt das Verschwinden Melodys das Interesse und man kommt nicht umhin, eigene Theorien aufzustellen.
Die Wortwahl wirkt sehr bedacht und Suter zeigt definitiv sein schriftstellerisches Können.

Die Charaktere fand ich allerdings allesamt äußerst schwach, keiner hatte wirklich viel Tiefe. Sie erscheinen überaus klischeehaft und ihre Gedanken, Meinungen, Handlungen sehr eingestaubt.

Dennoch hat mir das Buch unterhaltsame Stunden beschert, wenn ich es auch nicht als große Literatur bezeichnen würde.

Nachtrag zur Hörbuchversion: Andreas Fröhlich ist mein absoluter Lieblingssprecher und hier hat er mal wieder bewiesen, warum. Meiner Meinung nach wertet er das Buch noch auf, seine ruhige Erzählart passt perfekt zur Atmosphäre der Geschichte.
Falls ihr vor der Wahl steht: Entscheidet euch unbedingt für das Hörbuch.

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Veröffentlicht am 22.10.2023

Überraschend spannend

Das Damengambit
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Die achtjährige Beth Harmon kommt in ein Waisenhaus. Dort spielt sie durch Zufall eine Partie Schach mit dem Hausmeister im Keller. Ebenso wie ihre Liebe zum Spiel, entdeckt Beth schnell, dass die hier ...

Die achtjährige Beth Harmon kommt in ein Waisenhaus. Dort spielt sie durch Zufall eine Partie Schach mit dem Hausmeister im Keller. Ebenso wie ihre Liebe zum Spiel, entdeckt Beth schnell, dass die hier verabreichten Beruhigungspillen ihre Konzentration fördern.
Nach ihrer Adoption gelingt ihr eine Karriere als Schach-Wunderkind, die jedoch stets von ihrer Drogensucht überschattet wird.

Walter Tevis zeigt mit "Das Damengambit" auf jeden Fall eines: Mit dem nötigen Talent kann man über jedes Thema fesselnd schreiben.
Denn Schach hat mich nie sonderlich interessiert, dennoch hat mich die Handlung des Buches sehr gepackt.
Die einzelnen Partien werden sehr detailliert beschrieben und auch ohne Schachkenntnisse kann man die Spannung der jeweiligen Spiele praktisch greifen. Generell schafft es Tevis trotz seines sehr nüchternen Schreibstils gut, zwischen den Zeilen Emotionen zu erzeugen.

Die Protagonistin Beth mochte ich sehr. Sie war von Anfang an eine Außenseiterin und bleibt es auch bis zum Schluss, selbst in ihrer Schachwelt. Ich bin ihrem Werdegang gerne gefolgt, hab jeden Sieg mit ihr gefeiert, jede Niederlage bedauert und besonders ihren inneren Kampf gegen die verschiedenen Süchte, die ihre Karriere in Gefahr bringen, fand ich gut dargestellt.
Sie ist ein eigenwilliger, starker Charakter, und hebt sich nicht nur wegen ihres Alters, sondern auch wegen ihrer Weiblichkeit in einer männerdominierten Sportwelt ab.
Dass sie von den Medien dabei stets auf ihr Geschlecht statt auf ihr Talent reduziert wird, ist ebenso Thema wie viele andere kleine Kritikpunkte an der amerikanischen Gesellschaft der 50er-/ 60er-Jahre.

Auch die Sprecherin des Hörbuchs, Luise Helm, hat bei mir definitiv zum Hörvergnügen beigetragen: Mal abgesehen davon, dass ihre Stimme perfekt zu Beth passt, hat sie sowohl Spannung, als auch Emotionen erstklassig vermittelt, hat durch kleinste Veränderungen ihrer Stimme jeder Figur die nötige Eigenständigkeit verliehen und verdient meinen größten Respekt für ihre Leistung. Dies wird ganz sicher nicht mein letztes Hörbuch mit ihr sein.

Insgesamt war es ein wirklich interessanter Ausflug in eine mir unbekannte Welt mit einer tollen Protagonistin, jedoch bietet der Roman neben der spannenden Handlung nicht besonders viel Tiefe oder Mehrwert. Daher gebe ich ⭐️4/5⭐️.

*Übersetzt von Gerhard Meier

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Veröffentlicht am 10.10.2023

Horrorgeschichte ganz ohne Übersinnliches

Holly
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Der Anruf einer besorgten Mutter holt Privatermittlerin Holly Gibney aus einem Tief. Die Tochter der Auftraggeberin ist verschwunden, die Polizei unternimmt nichts.
Auf der Suche nach Bonnie stößt Holly ...

Der Anruf einer besorgten Mutter holt Privatermittlerin Holly Gibney aus einem Tief. Die Tochter der Auftraggeberin ist verschwunden, die Polizei unternimmt nichts.
Auf der Suche nach Bonnie stößt Holly auf immer mehr verschwundene Personen, deren Spuren alle zu einem Täter führen ...

Mit Holly hat Stephen King wohl eine der kontroversesten Figuren geschaffen: Die einen lieben sie, die anderen hassen sie. Ich konnte sie schon seit ihrem ersten Auftritt in "Mr Mercedes" ganz gut leiden, alle anderen können aber aufatmen: Holly hat den Großteil ihrer Marotten abgelegt und wird für die Kritiker wohl inzwischen besser zu ertragen sein.

Die Story fand ich sehr gelungen. Mit "Holly" hat King diesmal einen spannenden Thriller geschrieben, der ganz ohne Übersinnliches auskommt.
Sehr gut gefallen hat mir, dass in zwei Zeitebenen berichtet wird, wobei der Vergangenheitsteil irgendwann auf die Gegenwart trifft. Apropos Gegenwart: Der Roman spielt im Jahr 2021, das Thema Corona wird - mit allem, was dazugehört - sehr häufig erwähnt, ebenso wie es vor zwei Jahren auch noch dauerhaft in unseren Köpfen war. King muss viel Kritik dafür einstecken, mich persönlich stört es nicht, wenn AutorInnen das aktuelle Zeitgeschehen mit in ihre Geschichten einfließen lassen.

Zu Kings Stärken zählt meiner Meinung nach definitiv das Schaffen von facettenreichen Charakteren und das ist ihm auch diesmal gelungen: Angefangen bei dem außergewöhnlichen Täterduo, über die verschiedenen Opfer und ihre Angehörigen, bis hin zu Barbaras Mentorin Olivia sind alle Figuren wie immer ausgesprochen gut ausgearbeitet.

King konnte mich nach dem enttäuschenden "Fairy Tale" letztes Jahr wieder mit einer spannenden Horrorgeschichte fesseln, wenn es auch kein richtiges Highlight für mich war.

Kleiner Nachtrag noch zur Hörbuchversion: David Nathan zählt für mich zu den talentiertesten Sprechern überhaupt, diesmal war ich jedoch sehr enttäuscht. Einen Großteil der Geschichte leiert er roboterhaft runter, lediglich bei der wörtlichen Rede hatte ich das Gefühl, dass sich Mühe gegeben wurde.
Hat das noch jemand so empfunden?

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