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Veröffentlicht am 02.12.2023

(Schwestern)Liebesgeschichte

Book Lovers - Die Liebe steckt zwischen den Zeilen
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Emily Henry ist mir bis dato noch nicht bewusst ins Auge gefallen. Auch wenn mir ihre bisher in Deutschland veröffentlichten Bücher zeigen, dass sie offenbar schon ein Name ist, aber man kann eben nicht ...

Emily Henry ist mir bis dato noch nicht bewusst ins Auge gefallen. Auch wenn mir ihre bisher in Deutschland veröffentlichten Bücher zeigen, dass sie offenbar schon ein Name ist, aber man kann eben nicht alles mitbekommen. Umso besser für Henry, dass dieses Buch, was mich nun mit ihr bekannt gemacht hat, „Book Lovers“ heißt, denn dort bin ich hängen geblieben, denn ich bin auch eine Buchliebhaberin und da hat mich das schöne Cover und die Beschreibung definitiv eingefangen.

Im Großen und Ganzen habe ich mit „Book Lovers“ und der Hörbuchausgabe, durch die ich wunderbar durch Christiane Marx geleitet wurde, ein Buch geschenkt bekommen, durch das ich Emily Henry jetzt definitiv im Auge behalten werde. Vielleicht war der Roman insgesamt einige Kapitel zu lang, weil ich manchmal gemerkt habe, dass ich bei inhaltlichen Dellen etwas abgeschweift bin, aber es gab auch echte Höhepunkte, die mich sehr nachdenklich gemacht haben und die mich auch stellenweise persönlich ins Herz getroffen haben, weil sie so nah an mir selbst und meinen Gedankengängen wirkten. Mir hat vor allem auch gefallen, dass es so sehr eine Liebesgeschichte wie auch eine Schwesterngeschichte war, was ich erst gar nicht so absehen konnte, aber Nora und Charlie als Enemies to Lovers haben genauso das Geschehen geprägt wie Nora und Libby als höchst unterschiedliche Schwestern. Mir hat aber auch extrem die Metaebene das Buchs gefallen, weil Nora als Literaturagentin, die beinahe auch schon längst eine Karriere als Lektorin eingeschlagen hätte, natürlich sehr analytisch an Geschichten herangeht, wie wir es als Rezensentinnen unweigerlich auch tun. Es war schon am Anfang extrem lustig, wie sie ihr Leben wirklich perfekt in den Klischees eines Buches analysierte und mich unterhält das immer sehr, wenn es dann eben ein Medium im Medium ist und großes Reflexionsbewusstsein beweist. Was am Anfang vor allem lustig und charmant ist, wird später eher tragischer, denn man merkt doch, dass Nora sich zu sehr in diesen Klischees verliert und dann eben auch den Menschen in ihrem Leben unterstellt, sie nur so eindimensional zu erleben. Dass sie das tut, habe ich menschlich gut nachvollziehen können, aber es war natürlich traurig, weil sie sich auch lange nicht in ihren Beziehungen fallen lassen und einfach ‚sein‘ konnte.

Die Entwicklung von Nora ist das Herz dieses Buchs, weil wir sie eben als Workaholic und Karrierefrau kennenlernen, doch irgendwelche Vorbehalte hatte ich nie gegen sie, denn man merkt von Anfang an ihr großes Herz. Es gibt ja die verschiedenen Sprachen von Liebe und Nora agiert definitiv über Taten und vor allem materielle Sachen. Davon kann man halten, was man will, aber sie lebt ihre Liebe wenigstens aus, vor allem eben ihrer Schwester Libby und deren Kleinfamilie gegenüber. Deswegen fand ich sie auch durchgehend eine angenehme Protagonistin, denn wer es nur gut meint, was soll ich denn dagegen haben? Ich fand es auch extrem spannend, dass Libby als die Jüngere aus Noras Perspektive etwas naiver und einfacher charakterisiert wurde und Nora als die Ältere, die mit dem benötigten Durchblick ist, die sie durchgebracht hat. Aber alles hat immer zwei Seiten und das hat man hier auch überdeutlich gemerkt, denn Libby weiß genau, was bei Nora los ist, angefangen bei dem etwas verklärten Blick, den sie zu ihrer zu früh verstorbenen Mutter hat, bis hin dann eben ins Jetzt hinein. Man kann auch bei Libbys Art, Nora eine Lektion zu erteilen, gewisse kritische Gedanken haben, aber es brauchte definitiv einen längeren Prozess und nicht Mission Brechstange, um bei ihr die Schichten der Verarbeitung wirklich aufzubrechen. Ja, die Schwestergeschichte mochte ich fast lieber als die Liebesgeschichte, aber gerade zusammen haben sie das Buch auch reich an unterschiedlichen Aspekten gemacht.

Charlie und Nora sind in ihrem Miteinander, was mit Kabbeln losgeht und schließlich in Funkensprühen mündet, ein übliches Trope, dessen ich aber einfach nicht müde werde. Ich habe mich von den Wortgefechten sehr gut unterhalten gefühlt, aber ich bin auch dahin geschmolzen, wenn sich beide im letzten Viertel auch sehr warmherzige Dinge sagen und damit endgültig beweisen, dass sie richtig füreinander sind, weil sie einander erkannt haben. Ihre Geschichte lebt natürlich auch durch den Ort Sunshine Falls. Dieser Urlaub an den Ort, der als Schauplatz eines Bestsellers fungiert hat, da musste ich irgendwie an klassische Weihnachtsfilme denken. Deswegen war es ein schöner Bruch, dass es in Sunshine Falls nicht utopisch war, sondern dass es eher das Gegenteil war, die liebevollen Seiten musste man erstmal finden. So wurde auch Stadt und Land gegeneinander ausgespielt und ich fand es gut, dass eben beides in seinen Vor- und Nachteilen dargestellt wurde. Letztlich beweisen beide Handlungsorte aber auch, dass es selten die Orte sind, die etwas zu einem Zuhause zu machen, sondern vorrangig die damit verbundenen Menschen.

Fazit: „Book Lovers“ hat ein paar Schlenker zu viel und schrammt immer mal wieder daran vorbei, zu langatmig zu werden, aber ansonsten habe ich einen inhaltsreichen Roman bekommen, der viele berührende Themen angepackt hat und eine ebenso schöne Liebesgeschichte zwischen Mann und Frau als auch zwischen zwei Schwestern erzählt.

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Veröffentlicht am 28.11.2023

Mal wieder mit Wow-Faktor

Wenn deine Wärme meine Kälte besiegt
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Die Bücher von Brittainy C. Cherry sind für mich wirklich immer Muss-Bücher, weil ich ihre Liebesgeschichten, so voll von schönen Zitaten, von tiefen Gefühlen und Leichtigkeit und Schwere, immer auf eine ...

Die Bücher von Brittainy C. Cherry sind für mich wirklich immer Muss-Bücher, weil ich ihre Liebesgeschichten, so voll von schönen Zitaten, von tiefen Gefühlen und Leichtigkeit und Schwere, immer auf eine Art genieße. Dennoch hat es in den letzten Jahren auch viel Durchschnitt gegeben, was es immer noch zu lesenswerten Büchern macht, wo dann aber oft der besondere Funke fehlt. Bei „Wenn deine Wärme meine Kälte besiegt“ kann ich nun zufrieden vermelden, dass dieses Buch vor allem in den ersten zwei Dritteln mich definitiv richtig umgehauen hat.

Metaebene war für mich immer schon etwas, ob nun in Wissenschaft, in Literatur oder in Film und Fernsehen, wo ich immer drauf anspringe und hier nutzt Cherry nun den Umstand, dass ihre Hauptfigur Holly selbst Autorin von Liebesromanen ist, aber einen großen Dämpfer erlebt hat und nun relativ verzweifelt auf der Suche nach Partnerschaft sich ins Datingleben stürzt und auf der Suche nach den magischen Momenten ist, die sie in ihren Büchern immer erzeugt. Ich mochte Holly sofort. Auch wenn das Buch denkbar dramatisch startet, so war das mal ein Ausrufezeichen-Moment, von dem man aus eine Ausgangslage hat, wo zu Holly nicht mehr viel zu erklären ist. Das macht es einfach, direkt voll mit ihr in der Geschichte drin zu sein und dieses Fliehen in fiktionale Welten, am liebsten ständig und immer, sehr vertraut. Kai ist da eigentlich das totale Gegenteil, aber was soll ich sagen? Die beiden hatten mich von ihrem Ugly Meet-Moment an völlig im Bann. Ich habe die Dialoge zwischen ihnen geliebt, aber auch die ganze Entwicklung, die sie miteinander durchmachen.

Bei Cherry sind die Frauen oft die emotionalen Wirbelstürme, während die Männer dann eher die sind, die alles wieder rational einfangen. Das haben wir auch hier vorliegen, aber dennoch ist es für mich nicht ausgelutscht. Zumal auch hier deutlich wird, wie ähnlich der Stil der Autorin sein kann, dennoch fühlt sich jedes Paar anders an. Bei Holly ist einfach liebenswert, was sie manches Mal für einen Unsinn von sich gibt, aber sich doch so sinnig die Welt ordnet. Sie ist auch sehr ungefiltert, aber das ist vor allem gepaart damit, dass sie ein großes Herz hat und jedem die Chance gibt, selbst wenn ihre inneren Alarmglocken vielleicht etwas anderes sagen. Kai ist ein ähnlicher Wahrheitsfanatiker, aber seine Analysen sind wirklich rational auf den Punkt und auch wenn sich Kritik in seinen Worten verbirgt, so kann man seine Komplimente genauso für bare Münze nehmen, weil er sagt, was er meint und niemanden umschmeichelt. Die einzigen ‚Lügen‘ in dem Sinne, die er über die Lippen bringt, das sind die, wo er sich seine Gefühle einfach noch nicht selbst eingestanden hat. Ich fand es auf jeden Fall absolut prickelnd, diese beiden Figuren aufeinandertreffen zu sehen, weil bei ihnen die Gegenteile es so spannend gemacht haben. Es war herrlich, wie Kai Holly bei ihren Dateexzessen geholfen hat und sich dabei selbst verliebt hat. Da hat jeder Moment auf seine Art gesessen und die beiden hätte ich irgendwo auch ewig begleiten können.

Das Buch ist auch voll von liebenswerten Nebenfiguren, wie beispielsweise jeweils die Brüder. Mano und Kai haben eine ganz andere Beziehung als Holly und Alec, aber doch hat man jeweils eine Dynamik gesehen, die über alles Normale hinausgeht. Auch Hollys Eltern sind natürlich extrem liebenswert. Einziges Manko war wohl der gute Matthew, weswegen ich eingangs von den zwei Dritteln sprach. Dass er für die Geschichte nochmal so wichtig wurde, das war unerwartet, hat der Geschichte aber auch wieder diese Note gegeben, wo Cherry für mich manchmal eine Grenze nicht erkennt. Die Geschichte hätte auch so ihre dramatischen Höhepunkte noch finden können, da hätte es diese Figur nicht gebraucht. Mir fehlte auch am Ende eine echte Aussprache bei Holly und dem Betrug ihrer Vergangenheit. Bei Kai wurde das zum Beispiel mit seinen Eltern eingelöst und es war ein befriedigender Moment. Aber bis auf diese Kleinigkeiten muss ich wirklich sagen, einer der besten Wow-Bücher seit langem von Cherry.

Fazit: „Wenn deine Wärme meine Kälte besiegt“ hat mich mit einem Paar mit absolut genialer Chemie überzeugt. Ich mochte auch die Metaebene des Buchs sowie den Verlauf der Handlung. Erst am Ende gab es so einen kleinen Knick, aber den habe ich letztlich auch gut verwunden und muss wirklich sagen, eines der besten Bücher seit langem von Cherry. Einfach mit Wow-Faktor!

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Veröffentlicht am 21.11.2023

Nah an meiner Idealvorstellung

Shine Bright - New England School of Ballet
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Ich war bislang kein riesiger Fan der New England School of Ballet-Reihe nach Anna Savas, was mich doch ausgesprochen geärgert hat, denn es ist nicht so, dass ich mich an Stilistik gestört habe, denn die ...

Ich war bislang kein riesiger Fan der New England School of Ballet-Reihe nach Anna Savas, was mich doch ausgesprochen geärgert hat, denn es ist nicht so, dass ich mich an Stilistik gestört habe, denn die Autorin kann ohne Frage schreiben. Aber mit der Ankündigung der Reihe hatte ich mir wirklich viel Ballettinhalt gewünscht sowie eben auch kritische Blicke hinter die Kulissen. Das haben die beiden ersten Bände nicht geliefert, da war die Ballettschule eigentlich nur eine Rahmung, aber kein Schwerpunkt. Nun kommt zum Glück „Shine Bright“, der dritte Band, um die Ecke und ich kann endlich sagen: ja, das ist so nah dran an dem, was ich mir von Anfang an gewünscht hätte.

Ich wusste vorab nun wirklich nicht, dass es bei „Shine Bright“ endlich Klick machen würde, aber ich war dennoch sehr gespannt auf Lias Geschichte, weil sie eben in den ersten beiden Bänden schon eine Faszination aufgebaut hat, weil sie die unnahbare Eisprinzessin war und ich wollte da unbedingt hinter die Fassade blicken. Das wird nun auch tatsächlich geliefert und ich mochte schon die Grundidee, dass da jemand ist, der Lia bzw. Ophelia völlig losgelöst aus dem Kontext von Familie und Tanzen kennenlernt, und damit wirklich sie sieht, denn so sehen wir sie auch. Sie kann uns ab diesem Zeitpunkt nichts mehr vormachen, weil wir es auch gesehen haben. Ich habe über den ganzen Verlauf der Geschichte hinweg eine enge Verbindung zu ihr aufgebaut und sie tat mir wirklich sehr leid. Man konnte durch die Geschichte von Jase natürlich vieles schon erahnen, aber nun wirklich all diese hässlichen Gedanken ausgesprochen zu lesen, die sich in ihr über Jahre festgesetzt haben, das war schon bedrückend. Gleichzeitig dann eben zu sehen, dass sie wirklich niemanden hat, weil letztlich auch die Freundschaft zu Katie und Susannah auf einem oberflächlichen Niveau verharrt, achja, große Liebe für Lia. Ich mochte hier auch das kleine Gimmick von Savas, die die Kapitel aus ihrer Perspektive mal mit Lia, mal mit Ophelia überschrieben hat. Denn wir haben wirklich zwei Versionen eines Menschen kennengelernt, die natürlich zusammengehören, aber das eine ist eben die Schutzmauer nach außen, weil die andere sich nicht liebenswürdig anfühlt. Eine tolle Idee, die den inneren Zwiespalt sehr gut rübergebracht hat.

Das Rauskitzeln der wahren Lia übernimmt Phoenix. Er ist natürlich die geeignete Figur, um das zu erreichen, aber er ist dennoch nicht nur eine Funktion, sondern er ist eine sehr eigenständige Figur mit eigenen Dämonen. Auch wenn ich mir schon früh denken konnte, was sein(e) Geheimnis(se) sind, so hat mich das nicht gestört, denn seine Gedankengänge und auch die Entwicklung, die er durchgemacht hat, waren nachvollziehbar dargestellt. Vielleicht war es letztlich anteilig doch mehr Lias Geschichte und man hätte bei Phoenix noch ein bisschen mehr rauskitzeln können, beispielsweise auch über seine Mutter, aber insgesamt habe ich nicht ständig daran denken müssen, was mir fehlt. Ich war vielmehr dankbar für das, was ich bekommen habe. Die Chemie zwischen Lia und Phoenix war wirklich toll und ich fand es über den Verlauf der Geschichte hinweg auch gut, dass es nicht im Überfluss darum ging, die beiden in Konfliktsituationen zu stecken. Selbst nach einem größeren Streit setzt sich bei Phoenix schnell fest, warum Lia getan hat, was sie getan hat. Das passiert eben auf der Grundlage, dass die beiden sich von Anfang an wirklich kennenlernen wollten und es sich auch nicht haben durchgehen lassen, es nicht zu tun. Das ist eine so schöne Grundlage für eine Liebesgeschichte und das hat mich durch die ganze Geschichte mit den beiden getragen.

Aber Liebesgeschichten waren bisher nicht die Problematik von Savas in dieser Reihe, es war eben das Tanzen, was mir gefehlt hat. Das war hier besser gelöst, weil diese große Drucksituation für die Tanzenden diesmal mehr in den Blick genommen wurde. Bei Lia wurde es darüber gesteuert, perfekt gegenüber echt zu sein und bei Susannah über das Thema Essstörung, das wurde gut zusammengebracht. Ebenso aber auch das Zwischenmenschliche. Auch wenn Lia und Susannah keine richtig besten Freundinnen waren, so wäre diese Eifersucht und das Konkurrenzdenken auch bei einem besseren Verhältnis unweigerlich aufgetaucht, denn man tanzt an dieser Schule nicht für die Nebenrolle. Aber auch sonst ist Tanzen als Ausdrucksform des Inneren eine schöne Idee. Das war alles sehr gut miteinander verwoben und so war ich durchweg mitgerissen. Zuletzt habe ich noch einen sehr positiven Punkt, denn in den anderen Bänden hatte ich in einigen Aspekten den Eindruck, dass die Autorin manchmal Baustellen aus den Augen verloren hat. Das war hier auch gar nicht der Fall. Denn die Familiengeschichte mit Jase und den Eltern ist aufgebrochen worden. Aber es waren auch in dem Band selbst so Kleinigkeiten wie mit der Kette, den Typus Freundschaft den Lia mit ihren Freundinnen hat und noch mehr. Ich habe am Ende einen richtig runden Eindruck.

Fazit: „Shine Bright“ ist endlich inhaltlich das, was Savas der gesamten „New England School of Ballet“-Reihe hätte zukommen lassen sollen, zumindest in meiner Wahrnehmung. Hier wurden Tanzen und private Entwicklungen gut in eine Balance gebracht. Es gab sehr nahbare Charakterentwicklungen, eine tolle Liebesgeschichte und vor allem einen runden Eindruck, wo es mir am Ende an nichts fehlte. Hoffentlich kann das für den Abschlussband beibehalten werden!

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Veröffentlicht am 30.10.2023

Ein Feuerwerk-Ende

Hope's End
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Von Riley Sager habe ich bislang noch nichts gelesen und tatsächlich ist mir der Name bislang auch noch nicht wirklich begegnet, aber ich fand das Cover und dazu den Klappentext dann doch so interessant, ...

Von Riley Sager habe ich bislang noch nichts gelesen und tatsächlich ist mir der Name bislang auch noch nicht wirklich begegnet, aber ich fand das Cover und dazu den Klappentext dann doch so interessant, dass ich hier gerne mal zugegriffen habe und ich habe es zu keinem Zeitpunkt bereut.

Vielleicht habe ich es maximal am Anfang etwas bereut, aber tatsächlich passiert mir das bei jedem dritten Buch mindestens, dass ich etwas brauche, um in das Geschehen hineinzufinden, von daher hat mich der Einstieg bei „Hope’s End“ nun nicht verunsichert. Es sollte eben erstmal mehr zu Kit erzählt werden. Wir sollten sie besser als Figur kennenlernen und viel zu ihrer Geschichte hat eben auch große Bewandtnis, um dann im Umkehrschluss zu begreifen, warum sie aus welchen Gründen auf dem Anwesen Hope’s End so agiert. Wenn Kit dann aber als Pflegekraft an dem riesigen Anwesen direkt an der Küste ankommt, da geht es richtig los in der Geschichte und hiernach war es wirklich sehr schwer, sich noch von den Seiten zu lösen. Ich finde auch, dass es Sager gelungen ist, auf nahezu allen Ebenen eine spezielle Atmosphäre zu erzeugen. Die Figuren vor Ort haben genau die passende Mischung, die skeptisch macht. Allen voran Mrs. Baker und Archie, die Urgesteine des Anwesens, die Kit in dem akzeptieren, was sie beruflich zu leisten hat, aber sofort dichtmachen, wenn es um mehr geht. Dazu dann die Beschreibung des Anwesens, wo klar ist, dass es von außen immer noch beeindruckend wirken mag, aber überall auf dem Gelände und im Haus selbst sind die Spuren eines sinkenden Schiffs zu erkennen. In einem Haus leben zu müssen, das gefühlt jeden Moment ins Meer stürzen könnte, oh weh, definitiv kein Traum von mir. Letztlich sind es aber auch die Geschehnisse im Haus, die Kit in der Nacht den Schlaf rauben, die auch zur Atmosphäre beitragen. Da fällt es wirklich schwer, überhaupt noch etwas zu trauen.

Die Verbindung zu Kit ist da für uns Leser sicherlich am wichtigsten. Ihr konnte ich auch vertrauen, auch wenn ich nicht immer alles so wie sie gesehen habe. Es war schon beachtlich, wie sehr sie sich in die Geschehnisse von damals reingekniet hat, ich hätte trotz manches Mal gut ausgeprägter Neugierde wohl längst die Koffer gepackt. Aber Kit zieht ab einem bestimmten Punkt knallhart durch und ich musste manches Mal den Hut ziehen, dass sie wirklich sehr mutig, gewieft und auch clever ist. Die restlichen Figuren aber brauchen das spezielle Mysteriöse, vor allem auch Patienten Lenora. Auch wenn wir sie nur durch Kits Augen erleben, so war es dennoch sehr abwechslungsreich, wie sie beschrieben wurde. Dass ihr Geist hellwach ist, das war auf jeden Fall immer zu merken und es war ein ansprechendes Rätsel, wie viel sie vielleicht körperlich noch kann. Aber auch ansonsten war alles ein großes Rätsel. Ich wurde immer begieriger, dass wir auf die Lösung stoßen und die Mischung aus Geständnis von Lenora und Kits eigenen Forschungen hat gut durch die Geschichte getrieben. Irgendwann hatte ich dann doch eine entscheidende Idee, die sich dann tatsächlich bewahrheitet hat und erst dachte ich, oh je, sind aber noch knapp 100 Seiten, warum ist es so früh klar. Aber ich wurde zum Glück eines Besseren belehrt, denn in diesem Ende steckt ein WTF-Moment nach dem nächsten. Immer wenn man denkt, das war es doch jetzt, dann kommt doch noch was oben drauf. Ja, vielleicht waren es zwei, drei Enthüllungen zu viel, aber insgesamt kann ich da kaum böse sein, denn es war wirklich ein Erlebnis. Ich bewundere auch, wie viele Fäden noch zusammengeflochten wurden, ohne dass ich vorher gewusst hätte, dass es diese losen Fäden überhaupt gibt. Schon beeindruckend, welch facettenreiche Welt Sager geschaffen hat, ohne dass ich es auf Anhieb gemerkt hätte. Und dennoch war die Unterhaltung immer da. Hut ab dafür!

Fazit: „Hope’s End“ ist auf jeden Fall ein sehr empfehlenswertes Buch. Die angespannte und stellenweise auch gruselige Stimmung wird vielfältig erzeugt, aber auch die Stilistik treibt fast unbarmherzig durch das Geschehen. Das Ende ist aber das Prunkstück, so viele Enthüllungen, so viel noch zu entdecken, vielleicht etwas viel, aber besser zu viel als zu wenig ist hier das Motto.

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Veröffentlicht am 19.09.2023

Guter zweiter Streich von Stehn

Nur eine Lüge – Zwei Familien, eine tödliche Verbindung
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Von Malin Stehn hatte ich über die Feiertage zwischen Weihnachten und Neujahr passenderweise „Happy New Year“ gelesen, was mich wirklich gut unterhalten hatte und nun kommt mit „Nur eine Lüge“ schon das ...

Von Malin Stehn hatte ich über die Feiertage zwischen Weihnachten und Neujahr passenderweise „Happy New Year“ gelesen, was mich wirklich gut unterhalten hatte und nun kommt mit „Nur eine Lüge“ schon das zweite Buche, was nach einem recht ähnlichen Prinzip funktioniert. Wir wissen, dass am Ende etwas Schlimmes passiert und wir haben mehrere Perspektiven, um uns nach und nach der Wahrheit zu nähern.

Während ich das erste Buch von der Autorin selbst gelesen habe, war „Nur eine Lüge“ als Hörbuch vorliegend und ich muss wirklich sagen, dass es bei so multiperspektivischen Erzählungen wirklich ein besonderes Geschenk ist, zumal eben für alle vier Perspektiven auch eine eigene Stimme gewonnen wurde, so dass ich alleine schon mit der Stimme jeweils perfekt in die Figur einfinden konnte. Natürlich macht es das Buch nicht weniger gut, aber so zu lauschen und wirklich verschiedene Stimmen im Ohr zu haben, das ist nochmal ein besonderes Highlight. Ich habe mich auch wirklich gut durch die Geschichte leiten lassen, weil die Erzählung gut aufgebaut ist. Sie wird über zwei Zeitebenen hinweg erzählt. Wir haben verschiedene Ereignisse in der Vergangenheit sowie den Hochzeitstag, der einiges noch einmal auf den Kopf stellt. Das Gute ist auch, dass auf beiden Ebenen immer wieder so kleine Hinweise gestreut werden, die eine kleine Wendung darstellen, so dass die bislang getätigten Gedanken sich wieder auflösen und man wieder anders denken muss. Deswegen finde ich auch nicht, dass „Nur eine Lüge“ einen Hänger oder Ähnliches aufweist.

Ich habe zwar zwischendurch mal kritisch darüber nachgedacht, ob es wirklich so clever war, die Perspektiven nur auf Familie Brandt zu verteilen, denn irgendwo ist es doch auch die Geschichte der Nihlzéns. Dennoch hatte es natürlich auch etwas Spezielles, eben diese eine Familie zu haben und dann aus vier Perspektiven sowohl auf die Vergangenheit als auch auf die Gegenwart einen Blick zu bekommen, der viele Dissonanzen offenlegt. Denn das bleibt in Stehns Stilistik sehr klar erhalten. Natürlich haben wir Fragen zu beantwortet, die aus einem klassischen Kriminalroman entstammen könnten, aber vor allem ist es eben eine Charakterstudie, die am Ende auch so offen gestaltet ist, dass man sich aufgrund der angehäuften Informationen über die Figuren ausgiebig Gedanken machen kann, wie es wohl weitergeht. Es bleibt zwar offen, aber weil man sie kennengelernt hat, bleiben dann doch nur wenige Optionen übrig und das ist eben faszinierend, wie intensiv Stehn da Charaktersierungen schaffen kann.

Dennoch waren die Perspektiven für mich nicht immer gleichwertig. Manchmal hätte ich mir eine andere Gewichtung gewünscht, manches Mal schienen gewisse Kapitel das Geschehen nicht vorwärts zu bringen, aber gerade im Nachhinein denke ich doch, dass alles seinen Sinn hatte. Manches vom Anfang konnte man erst am Ende wieder gebrauchen, um sich da etwas zu erklären. Deswegen muss man klar sagen, dass Stehn es schafft, mit ihren Büchern wirklich komplexe Zusammenhänge zu erzeugen, die einfach zu unterhalten wissen. Mir wurde auf jeden Fall zu keinem Zeitpunkt langweilig.

Fazit: „Nur eine Lüge“ ist ein zweites wirklich empfehlenswertes Buch von Malin Stehn und speziell als Hörbuch mit vier verschiedenen Stimmen gab es nochmal einen Extrakick. Die Figurenstudien sowie die erzeugte Spannung sitzen und kleinere Fragezeichen zwischendurch bleiben eben genau das: klein.

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