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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 31.10.2023

Herrlicher Dialog zwischen Hund und Mensch

Der Hund hat Recht
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Elfriede Hammerls Kolumnen im österreichischen Magazin „Profil“ sind pointiert und treffen fast immer ins Schwarze.

Das lässt sich von diesem satirischen Dialog zwischen einer Frau und ihrem Hund auch ...

Elfriede Hammerls Kolumnen im österreichischen Magazin „Profil“ sind pointiert und treffen fast immer ins Schwarze.

Das lässt sich von diesem satirischen Dialog zwischen einer Frau und ihrem Hund auch sagen. Der aus dem Tierheim, Pardon, Boarding House, stammende Hund verwickelt seine Besitzerin in zahlreiche Diskussionen, aus denen es kein Entrinnen gibt.

So stellt er mehrmals die Frage, was denn der Unterschied zwischen ihm und Michael, dem Liebhaber sei, beide fressen den Kühlschrank leer, liegen auf der Couch. Und, ob er, Michael, denn der Richtige wäre.
Gleichzeitig bekommt allerdings ER die Frage nach seinem Beitrag zur Haushaltskasse gestellt. Die Antwort fällt entsprechend ernüchternd aus.

Diesen gewitzten Dialog, der teilweise eine bissige Gesellschaftskritik enthält, habe ich sehr gerne gelesen. Manchmal musste ich ob der hündischen Besserwisserei herzlich lachen. Besonders die Szene im Supermarkt mit der quengelnden Tochter, die das Kleinkindalter schon längst überschritten hat, hat mir gut gefallen.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem satirischen Dialog 5 Sterne.

Veröffentlicht am 30.10.2023

Penibel recherchiert und opulent erzählt

Gottes Plagen
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Mit diesem historischen Roman entführt uns Robert Preis in das Spätmittelalter, genauer gesagt in die Zeit Kaiser Friedrichs III. (1415-1493). Diese Epoche ist geprägt von Aberglauben, Hexenwahn, Türkeneinfällen, ...

Mit diesem historischen Roman entführt uns Robert Preis in das Spätmittelalter, genauer gesagt in die Zeit Kaiser Friedrichs III. (1415-1493). Diese Epoche ist geprägt von Aberglauben, Hexenwahn, Türkeneinfällen, Feudalherrschaft sowie von Wetterkapriolen und dem Kampf um die Vormachtstellung der Kirche. Der wortkarge und menschenscheue Kaiser in seinen Residenzen in Graz und Wiener Neustadt trägt sein eigenes Scherflein zu diesem düsteren Umfeld bei. Menschen zählen für ihn nicht, sondern sind häufig Figuren auf dem Schachbrett der Politik. Dazu tragen auch zahlreiche Günstlinge wie der Münzmeister von Graz, Balthasar von Eckenperg bei.

Über den Inhalt des Romans will ich nur so viel sagen:

Das Buch beginnt und endet mit der Enthüllung eines Freskos mit dem Titel „Gottesplagen“, das an der Außenseite des Grazer Doms gemalt worden ist. Schöpfer, des von den Grazer Bürgern gestifteten Bildes ist Thomas von Villach, ein bekannter Maler dieser Epoche.

Dazwischen liegen fesselnde Seiten von Krieg, Brandschatzung, Mord und Totschlag, eine ungewöhnliche Liebesgeschichte, zwischen einem Georgsritter und einer entmachteten Königin sowie die Sicht auf eine politisch höchst instabile Zeit und einen zaudernden Kaiser.

Robert Preis ist für seine peniblen Recherchen und seine opulente Erzählweise bekannt. Seine Leidenschaft gilt den Sagen und Mythen seiner Heimat Steiermark. Mit diesem historischen Roman, der uns in das Spätmittelalter führt, hat er sich einen großen persönlichen Wunsch erfüllt.

Geschickt verknüpft Robert Preis Fakten mit Fiktion. Dazu gibt es ein Personenverzeichnis, das die historischen Personen als solche kennzeichnet. Im Nachwort erklärt der Autor wo er die (Welt)Geschichte der Dramaturgie des Buches wegen ein wenig geglättet hat. Ein Verzeichnis der wichtigsten Begriffe ergänzt diesen historischen Roman.

Fazit:

Ein historischer Roman, der das Hochmittelalter in der Steiermark höchst lebendig auferstehen lässt. Gerne gebe ich hier 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 28.10.2023

Ein gelungener hist. Roman

Der Flakon
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Man schreibt das Jahr 1756, Friedrich II. der Große, überfällt Sachsen ohne die sonst übliche Kriegserklärung. (Friedrich) August II. Kurfürst von Sachsen und König Polen (1696-1763) und sein erster Minister ...

Man schreibt das Jahr 1756, Friedrich II. der Große, überfällt Sachsen ohne die sonst übliche Kriegserklärung. (Friedrich) August II. Kurfürst von Sachsen und König Polen (1696-1763) und sein erster Minister Heinrich von Brühl (1700-1763) setzen sich nach Warschau ab, um dort militärische Hilfe von ihren Verbündeten zu erbitten.

Beider Ehefrauen bleiben in Dresden, die Gemahlin des Königs, Maria Josepha von Habsburg (1699-1757), aus Krankheitsgründen, Maria Anna Franziska Reichsgräfin von Brühl aus Staatsräson.

Während die geschlagene Armee Sachsen kapituliert und der König in der Ferne versucht, zu retten, was noch zu retten sein könnte (wie man aus der Geschichte weiß eher weniger, denn mehr), schmiedet die Reichsgräfin einen Plan. Man müsste doch, ....

Kurzerhand setzt sie sich mit ihrer Kammerzofe Luisa von Barnhelm in die ordinäre Postkutsche und reist nach Leipzig, wo der Preußenkönig Hof hält. In Leipzig trifft die Reichsgräfin auf Friedrichs schwer verschuldeten Kammerdiener Glasow. Kann die resolute Reichsgräfin den Kammerdiener für ihre Pläne gewinnen?

Meine Meinung:

Hans Pleschinski ist ein überaus farbiger Roman gelungen, der gut unterhält und der Sachsen im 18. Jahrhundert zeigt. Neben dem unvermeidlichen Kriegsgeschehen erzählt der Autor einiges über Dresden und seine Bewohner. Es kommt allerdings nicht nur die High Society, sondern auch das Volk, das wie immer das Leid tragen muss, zu Wort. So wird die Misswirtschaft des Kurfürsten August II. und des Reichsgrafen von Brühl angeprangert. Während das Volk unter der ihm auferlegten Steuerlast leidet, nach Missernten hungert und die ohnehin kleine Armee kaputt gespart wird, frönen die beiden mächtigen Männer ihrer Leidenschaft für opulente Bauten und Kunstschätzen. Die Brühlschen Gärten und Brühlsche Terrasse geben beredtes Zeugnis für die teuren Hobbys des Ministers.

Wie dem Epilog zu entnehmen ist, hat Pleschinski eine kleine und zudem unklare Notiz entdeckt, die als „Glasowsche Angelegenheit“ in die Hofchronik des Grafen Lehndorff eingeht. Diese diffuse Randbemerkung, der Glasow sei ein Spion der Reichsgräfin, reicht, um Pleschinskis Fantasie zu entfachen. Hat sie oder hat sie nicht? Die Antwort bleibt es offen. Zuzutrauen wäre es der Anna Maria Franziska Reichsgräfin von Brühl sehr wohl, spricht sie doch ihre Gedanken zum Tyrannenmord offen aus. .

Ich habe diesen historischen Roman mit großem Interesse gelesen, da ich im Herbst 2022 eine Woche in Dresden verbringen durfte und mich vorab in die Geschichte Sachsens eingelesen habe. Natürlich bin ich auf der Brühlschen Terrasse spaziert.

Hans Pleschinski hat mit diesem Roman vergnügliche Lesestunden beschert, treten doch zahlreiche bekannte Persönlichkeiten des 18. Jahrhunderts auf. Gut gelungen ist die Darstellung der Lebensumstände des einfachen Volkes, abseits von Zobelpelze und Juwelen.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem penibel recherchierten und opulent erzählten historischen Roman 5 Sterne.

Veröffentlicht am 28.10.2023

Ein Gauner unter MOrdverdacht

Mord im Astoria
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Just am 13. Juli 1927 beschließt Theo von Hagendorf, augenscheinlich Sohn eines reichen Reeder aus Hamburg, das Wiener Hotel Astoria auf „französisch“ zu verlassen. Denn Theo ist eigentlich ein Hochstapler, ...

Just am 13. Juli 1927 beschließt Theo von Hagendorf, augenscheinlich Sohn eines reichen Reeder aus Hamburg, das Wiener Hotel Astoria auf „französisch“ zu verlassen. Denn Theo ist eigentlich ein Hochstapler, Zechpreller und Gauner, der sich Aufenthalte in teuren Hotels erschleicht sowie die eine oder andere Affäre mit einsamen Frauen hat und eine unbezahlte Rechnung hinterlässt. Doch diesmal gelingt ihm der Abgang nicht so recht elegant. Seine aktuelle Flamme Adele vermisst ein teures Collier und, obwohl sie behauptet immer alleine im Zimmer gewesen zu sein, findet die Polizei dort Theos Fingerabdrücke.
Für die Polizei ist der Fall klar, denn Theo, eigentlich Teddy Steuber, ist kein Unbekannter, hat er doch schon dreimal wegen Zechprellerei eingesessen. Zunächst gelingt ihm die Flucht, doch dann wird Adele ermordet und der Linkshänder Teddy ist natürlich der Hauptverdächtige. Noch dazu ist Teddys Messer die Tatwaffe.
Teddys Vater, ehemaliger Polizeibeamter, begleitet seinen Sohn zu Polizei, um die Sachlage klarzustellen, doch niemand will ihm glauben, sprechen doch die Indizien gegen Teddy.

Als dann alle verfügbaren Polizeikräfte zu einer Demonstration auf der Ringstraße gerufen werden, gelingt es Teddy, im darauffolgenden Chaos erneut zu fliehen. Blöderweise ist damit noch nichts gewonnen, denn außer seinem Vater glaubt nur noch Mina, eine Schreibkraft der Wiener Polizei, an seine Unschuld. Mina, die an einem Kriminalroman schreibt, unterstützt Teddy tatkräftig, nur um selbst in Gefahr zu geraten.

Wird es den beiden gelingen, Adeles Tod aufzuklären und Teddys Unschuld zu beweisen?

Meine Meinung:

Als historischen Hintergrund hat sie sich die Ereignisse rund um den Justizpalastbrand vom 15. Juli 1927 ausgesucht. Die Vorgeschichte zu den Demos und der Brandstiftung ist das sogenannte „Schandurteil von Schattendorf“: Eine Versammlung der Sozialistischen Frontkämpfer wurde von einer Gruppe nationalistischen Schutzbündlern beschossen. Dabei wurden zwei unbeteiligte Menschen ermordet - ein Kriegsinvalide und ein Kind. Der nachfolgende Prozess zeigte deutlich, dass Morde an Arbeitern und Sozialisten als „Kavaliersdelikt“ behandelt worden sind. Die Ermittlungen der Polizei sowie die Zeugenaussagen waren widersprüchlich, sodass die Geschworenen die Zweidrittelmehrheit für einen Schuldspruch nicht erreicht haben. Der Richter fällte daher eine Freispruch für die drei Angeklagten. Der mutmaßliche Mord wurde als Notwehr dargestellt, und die Täter als „ehrenwerte Männer“.
Nach dem Bekanntwerden des Urteils kam es in Wien zu einem Generalstreik, der von der berittenen Polizei gewaltsam aufgelöst wurde. In diesem Zusammenhang wurde der Justizpalast - als Symbol für die ungerechte Justiz - in Brand gesteckt. Bilanz des Polizeieinsatzes: 84 tote Demonstranten, 5 tote Polizisten und Hunderte Verletzte auf beiden Seiten. Einer davon ist der fiktive Charakter von Teddy Steubers Vater, der ehemalige Polizist.

Der Autorin gelingt es ausgezeichnet, das Leben der Zwischenkriegszeit in Wien darzustellen. Dieser Krimi besticht durch das Lokalkolorit und die gut herausgearbeiteten Charaktere.

Ursula Heinrich hat mit Teddy Steuber eine sympathische Figur geschaffen. Ein Schlitzohr, dem man fast nicht böse sein kann. Auch der Charakter der Mina Nowak, die davon träumt, einen Kriminalroman zu schreiben und ihr Herz am rechten Fleck hat, gefällt mir. Sie schnüffelt in den Akten, wird natürlich erwischt und hilft dennoch Teddy bei seinen Nachforschungen. Unterstützung erhalten die beiden von Otto Novacs, dem Besitzer der Veilchen-Bar, mit dem Teddy im Gefängnis war.

Ich hatte recht bald eine Idee, die sich als richtig erwiesen hat. Trotzdem habe ich mit diesem Krimi vergnügliche Lesestunden verbracht.

Fazit:

Gerne gebe ich diesem Krimi, der im Wien von 1927 spielt, 5 Sterne.

Veröffentlicht am 26.10.2023

Regt zum Nachdenken an

Tiohtiá:ke
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Dieser Roman von Michel Jean handelt von Élie Mestenapeo, einem jungen Innu, der wegen Mordes an seinem gewalttätigen und alkoholsüchtigen Vater nicht nur zehn Jahre im Gefängnis von Montréal verbracht ...

Dieser Roman von Michel Jean handelt von Élie Mestenapeo, einem jungen Innu, der wegen Mordes an seinem gewalttätigen und alkoholsüchtigen Vater nicht nur zehn Jahre im Gefängnis von Montréal verbracht hat, sondern - wie es die ungeschriebenen Gesetze der Innu vorschreiben - aus der Gemeinschaft seiner Gemeinde Nutashkuan an der Côte Nord verbannt worden ist. Nach Verbüßung der Haftstrafe kann Élie daher nicht zurück in sein Heimatdorf und auch seine Mutter, derentwegen er ja im Gefängnis gesessen ist, nimmt keine Notiz von ihm.

So landet er bei einer Gruppe autochthonen Männern und Frauen zu, die als Obdachlose auf den Straßen Montréals – Tiohtiá:ke, wie die Stadt in der Sprache der Mohawk genannt wird – leben.

Anders als zahlreiche andere Autochthone gelingt es Élie Mestenapeo unter den Obdachlosen, die unterschiedlichen Nationen wie den Innu, Cree, Atikamekw oder Inuit angehören, Freunde zu finden. Obwohl jeder von ihnen seine eigene Geschichte hat, helfen vor allem Geronimo, Charlie, der Sänger Caya, die Inuit-Zwillinge Mary und Tracy aus Nunavik oder der alten Nakota Jimmy, der die Obdachlosen in seinem Kochmobil mit Essen versorgt, über die erste Zeit.

Mit den Zwillingen Mary und Tracy verbindet ihn eine besondere Freundschaft, als er entdeckt, dass Mary ihre Tochter Lisbeth zur Adoption freigegeben hat. Lisbeth ist nun Ärztin, wird Élies Freundin und bestärkt ihn, seinen Schulabschluss zu machen und zu studieren.

Als dann mehrere Obdachlose, darunter auch Mary, durch scheinbare (Auto)Unfälle getötet werden, beginnt Élie zu recherchieren.

In einem Selbstbesinnungscamp, in dem er auf Anraten von Nakota-Jimmy, arbeitet, findet Élie Mestenapeo zu seinen Wurzeln zurück.

Meine Meinung:

Dieses Buch hat mich so berührt, dass ich es in einer Nacht gelesen habe. Ich habe es nicht weglegen können. Michel Jean spricht in diesem Buch neben Élie Mestenapeo zahlreiche andere Schicksale stellvertretend für das Unrecht, das den Autochthonen angetan worden ist, an. Da geht es um erzwungene Sesshaftigkeit durch die dann die Jagd und das Fischen als Lebensgrundlage wegfallen und die, nunmehr in eilig errichteten Häusern lebenden Autochthonen, zum Nichtstun verurteilt worden sind. Dass ein Großteil dieser Menschen von Alkohol und Drogen abhängig geworden sind, ist keine Überraschung. Ohne sinnvolle Beschäftigung und der Traditionen beraubt, sind Tage ewig lang.

Ein weiteres dunkles Kapitel in der Geschichte Kanadas ist die Verschleppung der autochthonen Kinder in kirchliche Umerziehungsinternate, die ihre Auswirkungen auf die Menschen bis heute haben.

Allerdings gibt es einige, die trotz (oder gerade deswegen) ihre Menschlichkeit haben bewahren können.

Dieser Roman schließt an die anderen Romane Michel Jeans an und ist quasi die Brücke ins 21. Jahrhundert. Wie begegnen wieder der Anwältin Audrey Duval und Nakota-Jimmy, die bereits in „Maikan“ eine wichtige Rolle gespielt haben.

Dass sich Élie Mestenapeos Schicksal zum Guten wendet, ist einer Heerschar von Personen zu verdanken, doch nicht zuletzt Élie selbst, der hart dafür arbeitet.

Das Buch selbst ist in gediegener Aufmachung inklusive Lesebändchen im kleinen österreichischen Verlag Lojze Wieser erschienen.


Fazit:

Ein bewegendes Buch, das ich mit einer unbedingten Leseempfehlung und 5 Sterne versehe.