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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.02.2017

Eine Truhe voller wahrer Geschichten

Ich wollte nur, dass du noch weißt ...
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Worum geht's?

Emily Trunko, eine amerikanische Teenagerin, hätte niemals mit so viel Rückmeldung gerechnet, als sie begann, auf ihrem Tumblr-Blog "Dear My Blank" ihre unverschickten Briefe zu veröffentlichen. ...

Worum geht's?

Emily Trunko, eine amerikanische Teenagerin, hätte niemals mit so viel Rückmeldung gerechnet, als sie begann, auf ihrem Tumblr-Blog "Dear My Blank" ihre unverschickten Briefe zu veröffentlichen. Unzählige Menschen schickten ihr eigene Briefe aus allen Lebens- und Gefühlslagen zu, und sie begann sie zu sammeln.
In diesem Buch sind einige dieser Briefe abgedruckt und lebensfroh in Szene gesetzt.

Was mich neugierig gemacht hat:

Ich kann von mir nicht unbedingt behaupten, dass ich eine große Briefschreiberin wäre, aber wie die meisten Menschen kenne ich das Gefühl gut, Dinge nicht auszusprechen zu wagen. Auch das Gefühl, dass meine Gedanken klarer und geordneter werden, wenn ich sie zu Papier bringe, ist mir nicht fremd. Obwohl ich also von Emily Trunkos tumblog noch nichts gehört hatte, hat das Buch sofort meine Aufmerksamkeit erregt.
Der Titel "Ich wollte nur, dass du noch weißt ..." ist wirklich schön gewählt - er könnte aus so einem nie verschickten Brief stammen und fasst das, was all diese Botschaften gemeinsam haben, auf sehr passende Weise zusammen.

Wie es mir gefallen hat:

Dieses Buch ist von außen und von innen ein Kunstwerk. Schon bevor man es auch nur aufschlägt, macht die aufwändige und liebevolle Gestaltung richtig neugierig. Der Einband ist sehr stabil, hat abgerundete Ecken und liegt gut in der Hand; er ist farbenfroh und mit kleinen schimmernden Highlights versehen. Schön finde ich auch, dass es ein Lesebändchen gibt - das ist in letzter Zeit gefühlt relativ selten geworden.
Das Buch strahlt irgendwie die Intensität all der Geschichten aus, die sich zwischen seinen Deckeln verbergen.

Was sich im Inneren befindet, ist eine Zusammenstellung von Gefühlen, Gedanken und teils simplen, teils poetischen Worten in wundervollem Gewand. Die Texte sind von Lisa Congdon bunt und ansprechend mit zum jeweiligen Text passenden Symbolen illustriert worden, das Lettering stammt von typealive.

Nach einem kleinen Vorwort von Emily Trunko, die berichtet, wie sie zu ihrem Blog kam, was er für Konsequenzen mit sich zog und zum Riesenerfolg wurde, kann man sich direkt in die Briefe vertiefen. Da alle maximal zwei Seiten lang sind und sich auch immer wieder nur ganz kurze Botschaften dazwischen befinden, ist es ein bisschen wie mit Chips - man möchte immer noch einen und noch einen und hat im Nu das ganze Buch durchgeblättert.

Die Briefe sind nach verschiedenen Kategorien sortiert: Auf die Sammlungen zu "Liebes Ich" und "Liebe Welt" folgen große Schlagworte - Liebe, Freunde, Familie, Herzschmerz, Unerwiderte Liebe, Verrat, Verlust und zum Schluss Dankesbriefe.
Da hier so viele verschiedene Menschen Einblicke in ihr Leben geben, werden die Briefe natürlich jeden Leser in unterschiedlichem Maße ansprechen. Einige werden einen direkt ins Herz treffen, in einigen wird man sich selbst wiederfinden, andere werden einen rühren oder einen aber auch gar nicht ansprechen. Die Fantasie geht auch auf Wanderschaft und man malt sich aus, was für ein Mensch der jeweilige Verfasser sein und in welchen Kontext sein Brief gehören könnte.

Manche Briefe sind anonym mit Initialen, manche mit Vornamen, einige auch einfach an das eigene Ich, den eigenen Körper, die Welt oder alle Menschen gerichtet, die das im Brief Geschilderte auch kennen. Es gibt lange Nachrichten, die wie ein Gefühlsausbruch sind, und solche, die nur aus einem einzigen Satz bestehen und auf die das genauso zutrifft.
In jeder Kategorie finden sich die verschiedensten Aspekte der jeweiligen Beziehungsebene wieder.
Ganz am Ende gibt es noch Hinweise, wie man einen eigenen Brief einsenden kann.

(Für wen) Lohnt es sich?

In diesem Buch bedeutet sicher nicht jeder Brief für jeden Leser das Gleiche, aber für jeden Leser wird es Briefe geben, die etwas für ihn bedeuten, die ihn betreffen und von Menschen geschrieben sind, deren Erfahrungen er teilen kann.
Es mögen Briefe dabei sein, mit den man nicht viel anfangen kann oder bei denen man sich fragt, warum ihr Empfänger sie nicht bekommen hat und was an ihrem Inhalt so schwierig zu sagen war - besonders die schönen, in denen dieser Person anvertraut wird, wie wichtig sie dem Verfasser ist. Vielleicht fragt man sich auch, ob wirklich alle Briefe echt sind oder nicht auch Menschen absichtlich welche für Emilys Blog verfasst haben, um dort aufzutauchen.
Insgesamt aber wird man aber auf jeden Fall einige Gedanken für sich persönlich mitnehmen können und voller Neugier, Mitgefühl und Verbundenheit die Briefe durchstöbern.

In einem Satz:

"Ich wollte nur, dass du noch weißt" ist echt, direkt aus dem Leben mit seinen Höhen und Tiefen, fremd und vertraut und voller wahrer Geschichten.


Herzlichen Dank für das Rezensionsexemplar an Vorablesen und den Loewe Verlag!

Veröffentlicht am 21.12.2016

Ein Buch voller märchenhafter Abenteuer, das beweist, dass es für eine große Geschichte nicht immer eine Reihe braucht

Das dunkle Herz des Waldes
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Zitat aus dem Buch:

Es gab zu viel von ihr. Sie hätte jedes Loch, das wir in der Welt aufreißen würden, ausfüllen können, und es wäre trotzdem noch etwas von ihr übrig geblieben. Sie war der Dunkle Wald, ...

Zitat aus dem Buch:

Es gab zu viel von ihr. Sie hätte jedes Loch, das wir in der Welt aufreißen würden, ausfüllen können, und es wäre trotzdem noch etwas von ihr übrig geblieben. Sie war der Dunkle Wald, der Dunkle Wald war sie. Ihre Wurzeln reichten zu tief. (S. 507)

Wie es mir gefallen hat:

Es gibt diese Bücher, die man nach dem Lesen mit einem zufriedenen Lächeln zuschlägt und ins Regal stellt. Mit genau so einem Buch haben wir es bei "Das dunkle Herz des Waldes" zu tun.
Hatte ich während des Lesens auch ab und zu das Gefühl, dass einzelne Dinge ein wenig hätten gestrafft werden können, fügt sich im nachträglichen Gesamteindruck alles gut zusammen.
Ganz besonders gut gefallen hat mir das Ende. Es ist nicht leicht, eine Geschichte so treffend und schön abzurunden.

Mit seinen fast 600 Seiten hat das Buch mir einiges an Lesezeit beschert. Insgesamt ist das Erzähltempo eher ruhig und erreicht in mehreren Wellen verschiedene Spannungspunkte.
Im Grunde geht es von Beginn an um den Kampf gegen den Dunklen Wald, doch in dessen Verlauf ergeben sich immer wieder neue Herausforderungen und Abenteuer.

Sehr gelungen ist die Darstellung von Magie. Ich finde, dass es in vielen Büchern schwierig ist, sich vorzustellen, wie man sich die jeweilige Magie vorzustellen hat, wie sie sich anfühlt oder wie sie gewirkt wird. Naomi Novik zeigt sich als Meisterin in dieser Disziplin: Immer wieder findet sie wunderbare Beschreibungen und macht den Zauber ihres Buches für den Leser greifbar.

Der Dunkle Wald ist eine faszinierende eigene Welt, die in all ihrer Grausamkeit liebevoll detailliert gestaltet ist. Seine Geschichte enthüllt sich erst nach und nach und lässt Raum zum Interpretieren und Nachdenken.

Was mir persönlich ein bisschen gefehlt hat, sind die Emotionen der Figuren. Ich würde die Geschichte als modernes Märchen betrachten, und in Märchen erfährt man selten viel über die Gefühlswelt der Helden; daher ist es stimmig, dass man auch hier ein bisschen außen vor gelassen wird. Für meinen Geschmack hätte es dennoch zumindest etwas tiefere Einblicke geben dürfen. Besonders Agnieszka wäre sicher zugänglicher geworden, wenn ihre Empfindungen mehr hervorgehoben worden wären. Es war ungewohnt, eine Ich-Erzählerin zu haben, die einem immer ein wenig fremd erscheint. Beispielsweise ihre Freundschaft zu Kasia oder ihre Einstellung gegenüber dem Drachen hätten noch stärkere Konturen bekommen können.

(Für wen) Lohnt es sich?

Obwohl ich natürlich nicht sagen kann, wie das Buch jemandem gefallen würde, der wesentlich jünger oder älter als ich ist, wage ich zu behaupten, dass "Das dunkle Herz des Waldes" durchaus das Potenzial zu einem All-Ager hat. Der Märchencharakter der Geschichte macht sie alters- und zeitlos.
Jeder, der fantasievolle Romane mit Magie und dem Kampf gegen das Böse mag, sollte es mit diesem Buch versuchen.

In einem Satz:

"Das dunkle Herz des Waldes" ist märchenhaft, verwunschen, voller Bilder und in jedem Fall ein Buch, das unter Beweis stellt, dass nicht immer eine Reihe nötig ist, um eine große Geschichte zu entfalten.

Herzlichen Dank an den Verlag für das Rezensionsexemplar!

Veröffentlicht am 12.10.2016

Tragischschön wie das Leben

Black Rabbit Hall - Eine Familie. Ein Geheimnis. Ein Sommer, der alles verändert.
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Worum geht's?

Amber Alton liebt die Ferien auf Black Rabbit Hall, dem Sommersitz ihrer Familie. Hier scheinen eine eigene Zeitrechnung, eigene Regeln zu gelten und alles im Gleichgewicht zu sein. Doch ...

Worum geht's?

Amber Alton liebt die Ferien auf Black Rabbit Hall, dem Sommersitz ihrer Familie. Hier scheinen eine eigene Zeitrechnung, eigene Regeln zu gelten und alles im Gleichgewicht zu sein. Doch dann ereignet sich ein schlimmes Unglück, und es gilt für Amber und ihre Geschwister, einander in einer schweren Zeit Halt zu geben. Doch weitere Zerreißproben bahnen sich bereits an ...
Ungefähr dreißig Jahre später stoßen Lorna Smith und ihr Verlobter bei ihrer Suche nach einer Hochzeitslocation auf ein altes Anwesen mit seinem ganz eigenen Zauber. Vom ersten Moment an spürt Lorna, das hier eine ganz besondere Geschichte auf sie wartet ...

Was mich neugierig gemacht hat:

Bevor sich meine Bücherliebe vor einigen Jahren vor allem auf Fantasy, Dystopien und Jugendbücher konzentriert hat, habe ich Familiengeschichten mit verschiedenen Zeitebenen und Tragödien, Intrigen und Geheimnissen, die sich nach und nach lüften, immer sehr gern gemocht. Ich kann gar nicht recht sagen, warum ich dieses Genre so vernachlässigt habe.
"Black Rabbit Hall" hat es jedenfalls geschafft, mich auf eine solche Geschichte wieder richtig neugierig zu machen, nicht zuletzt auch durch die traumhafte Gestaltung (hach, dieser Umschlag mit dem Durchscheineffekt, diese Covergestaltung und das Lesebändchen und überhaupt - ich könnte da echt ins Schwärmen geraten!).

Wie es mir gefallen hat:

Zum Einstieg war erst mal Konzentration gefragt - es gab viele Figuren kennenzulernen und Beziehungen einzuschätzen. Da die Autorin auf zwei verschiedenen Zeitebenen agiert, gibt es entsprechend auch zwei Erzählperspektiven: auf der einen Seite Ich-Erzählerin Amber, auf der anderen Seite die personale Erzählweise bei Lorna. Zuerst war es etwas gewöhnungsbedürftig für mich, die dritte Person im Präsens zu lesen, aber nach einer Weile war ich dann drin.

Ich würde die Geschichte trotz der tragischen Verwicklungen als eher ruhig beschreiben. Es gibt keine reißerischen Passagen oder absolute Schockmomente. Auflösungen bahnen sich durch leise Vorahnungen an, ohne dann in einem großen Knall zu enden. Ich persönlich fand das Erzähltempo angenehm und habe mich schnell in die Atmosphäre des Buches hineinziehen lassen, bis ich es kaum noch weglegen konnte. Nur wenn ein Abschnitt mit einem kleinen Cliffhanger endete, der dann später nur in einer Rückblende zuende erzählt wurde, hat mich das ein bisschen gestört, weil ich dadurch das Gefühl hatte, etwas verpasst zu haben.

Man rätselt die ganze Zeit mit, wie sich die Dinge entwickelt haben könnten, und ist gespannt, wann die Vergangenheit die Gegenwart berührt und einzelne Geheimnisse ans Licht kommen. Was mag aus den Alton-Kindern geworden sein? Wie wird ihre Geschichte vielleicht auch Lorna beeinflussen? Schön fand ich es besonders, wenn bestimmte Gegenstände in beiden Zeitschienen vorkamen, sodass man richtig spüren konnte, wie viel das alte Haus schon erlebt hat und welche Geschichten sich dort ereignet haben.

Mich hat das Buch aufs Neue auf den Geschmack von Familiengeschichten dieser Art gebracht, sodass es mir nach dem Lesen der letzten Seiten nun ähnlich geht wie Lorna:

"Trotz der Befremdlichkeit und der Tragödie, die dem Anwesen anhaften, wird sie Black Rabbit Hall vermissen, so wie man Orte vermisst, die einen die eigene Landkarte umschreiben lassen; Orte, an denen man ein bisschen von sich selbst zurücklässt, die einem im Gegenzug aber auch etwas von ihrer Aura mitgeben." (S. 269)

(Für wen) Lohnt es sich?

Mit "Black Rabbit Hall" kann man nichts falsch machen, wenn man etwas für Familiengeschichten über mehrere Generationen hinweg übrig hat und sich gern auf Spurensuche begibt. Die Geschichte verläuft eher ruhig und stetig, sodass man hier keine Actionszenen erwarten sollte. Dennoch gibt es viele überraschende Wendungen und dramatische Ereignisse.

In einem Satz:

"Black Rabbit Hall" entführt den Leser in die Vergangenheit einer Familie, deren Auswirkungen bis in die Gegenwart hineinreichen, und lässt zwischen Unglücksfällen und menschlichen Fehlern immer wieder Hoffnungsschimmer aufglühen, die zeigen, dass auch aus Schlimmem Gutes entstehen kann.

Herzlichen Dank an den Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Sehr eigen und fast schon skurril, aber gerade dadurch brillant!

Goddess of Poison - Tödliche Berührung
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Worum geht's?

"... Dass du die Gottgleiche Daunen bist, bedeutet nicht nur, dass du singen und beten musst. Nicht nur der Morgenandorn ist deine Prüfung, es stehen dir noch andere bevor. Das Gift und ...

Worum geht's?

"... Dass du die Gottgleiche Daunen bist, bedeutet nicht nur, dass du singen und beten musst. Nicht nur der Morgenandorn ist deine Prüfung, es stehen dir noch andere bevor. Das Gift und du, ihr habt noch eine andere Bestimmung." (S. 17)

Twylla ist siebzehn und trotz ihres jungen Alters schon in einer außergewöhnlichen Position: Sie verkörpert Daunen, die Tochter der Götter und soll dem Königreich Lormere Stabilität verleihen und durch eine Vermählung mit dem Kronprinzen später seine Herrscherin werden. Doch Twylla ist auch eine mächtige Waffe - nur sie kann den Morgenandorn trinken, ein tödliches Gift, und dabei überleben, und jeder, der von ihr berührt wird, stirbt. Die Menschen begegnen Twylla zwar mit Ehrfurcht, aber vor allem mit Angst, und jeder, der mit ihr in Kontakt kommt, ist stetig in Gefahr. Doch dann durchbricht ein Mensch ihre Isolation: Lief, der neue Wächter, der zu Twyllas Schutz abgestellt wird. Er kommt aus dem Nachbarland und stellt alles, woran Twylla glaubt, infrage. Was ist wirklich Twyllas Bestimmung?

Was mich neugierig gemacht hat:

Was mich an diesem Buch sofort angesprochen hat, ist die Giftthematik - die Zusammenfassung hat mich ein wenig an die "Shatter me"-Trilogie von Tahereh Mafi erinnert, die ich über alles liebe, und ich habe mir hier eine ähnlich faszinierende Geschichte erhofft.
Außerdem ist das Cover ein echter Eyecatcher, der sofort Lust auf das Buch weckt. Motiv und Stimmung sind hier sehr gut gewählt und wenn man den Umschlag näher betrachtet, scheint er fast einen 3D-Effekt zu haben.

Wie es mir gefallen hat:

Trotz der großen Auswahl an Büchern aus diesem Genre ist es selten, dass man auf etwas stößt wie dieses Buch. Es besitzt seine ganz eigene Genialität, und die besteht darin, dass es keine "hübsche" Geschichte ist. Zwischen den vielen netten Prinzessinnengeschichten, glatten Romanzen und träumerisch märchenlastigen Storys eckt "Goddess of Poison" ein bisschen an - und das gefällt mir.

Die Atmosphäre ist ein wenig speziell - geschichtsträchtige Königreiche und alte Sagen treffen auf Elemente, die fast schon skurril sind und für eine eher bedrohliche, dunkle Stimmung sorgen. Um den Eindruck beim Lesen zu beschreiben: Wenn ich mir dieses Buch als Film vorstelle, würde ich auf Tim Burton in der Regie tippen.

Ich persönlich mag Fantasy sehr gern, mache um alles, was mit irgendwelchen magischen Göttern zu tun hat, aber normalerweise einen großen Bogen. In diesem Fall gestaltet sich das Ganze jedoch etwas anders, als man bei dem Titel zunächst erwarten würde, und der Fokus liegt ganz klar auf den Menschen und ihren Motiven und Wünschen.

Das Buch ist eher ruhig - das heißt nicht, dass die Handlung dahinplätschert, aber Hintergründe, Rückblenden, Dialoge und innere Entwicklungen haben hier deutlich Vorrang vor Kampfszenen oder ähnlichem. Das ist sicherlich Geschmackssache; mir selbst hat das sehr gut gefallen.

Das Einzige, womit ich nicht ganz zufrieden bin, ist Twyllas Entwicklung. Dass sie ihr Leben lang vorgesetzt bekommen hat, wer sie zu sein und was sie zu tun hat, hat sie stark geprägt, und daher ist es verständlich, dass sie sich selbst erst nach und nach entdeckt. Dennoch hätte ich mir in diesem Punkt etwas mehr Tiefe gewünscht - sie wirkte stellenweise doch etwas zu naiv, leichtfertig und ich konnte ihre Gefühle und Entscheidungen nicht immer nachvollziehen.

Das Ende ist stimmig und macht neugierig auf mehr. Trotz minimaler Kritikpunkte insgesamt ein fast schon brillantes Buch!

(Für wen) Lohnt es sich?

"Goddess of Poison" lohnt sich meiner Meinung nach sehr. Es ist außergewöhnlich, originell, aber auch ein bisschen schräg und düster. Wer sich bei diesen Worten angesprochen fühlt und gern in interessante Fantasywelten eintaucht, sollte hier unbedingt zugreifen!
Für Jugendliche ab ca. 15 Jahren aber auf jeden Fall auch für erwachsene Fantasyleser zu empfehlen.

In einem Satz:

Der erste Band der "Goddess of Poison"-Trilogie setzt mehr auf ruhige Töne als auf Actionszenen, überzeugt durch die faszinierend andersartige Hintergrundwelt und eine fesselnde Atmosphäre und ist gerade durch seine Einzigartigkeit absolut lesenwert.

Herzlichen Dank an den Verlag und vorablesen für das Rezensionsexemplar!

Veröffentlicht am 31.10.2023

Der Trauer Raum geben – aber auch der Liebe und dem Leben

Hinter den Sternen ganz nah
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Es kommt selten vor, dass ich nicht nur bei meinen Lieblingsautor*innen, sondern sogar bei einem Verlag praktisch zu jedem erscheinenden Buch greifen kann, ohne das Risiko einer Enttäuschung einzugehen. ...

Es kommt selten vor, dass ich nicht nur bei meinen Lieblingsautor*innen, sondern sogar bei einem Verlag praktisch zu jedem erscheinenden Buch greifen kann, ohne das Risiko einer Enttäuschung einzugehen. Beim Jugendbuchprogramm von Südpol ist das für mich der Fall, und auch „Hinter den Sternen ganz nah" hat sich da nicht als Ausnahme entpuppt.

Der Roman ist komplett in Handynachrichten verfasst. Zuerst war ich skeptisch, da diese Form ja doch eine eher zusammenfassende, oftmals rückblickende Erzählweise bedeutet, doch sie passt zur Geschichte und vermittelt mehr Emotionen, als man vermuten könnte. Ohne zu viel verraten zu wollen, kann ich sagen, dass ich auch das Aufbrechen von Felis Monolog im Chat mit ihrer verstorbenen Schwester sehr gelungen fand.
Einzig sprachlich bin ich über einzelne Stellen gestolpert, die besser zur alten Clara als zur jugendlichen Feli gepasst hätten.

Das Thema Trauerverarbeitung und die generationsübergreifende Freundschaft, die sich im Buch entwickelt, sind feinfühlig und liebevoll umgesetzt, hinzu kommt eine dezente Lovestory.
Obwohl Feli lange viel Wut mit sich herumträgt und damit auch andere verletzt, verliert man beim Lesen nie den Draht zu ihr. Hoffnungsvoll beobachtet man, wie sie sich aus dem Schmerz herauskämpft, ohne ihn dafür verdrängen oder vollständig loslassen zu müssen.

In einem Satz:

„Hinter den Sternen ganz nah" ist ein Buch, das sich einem schweren Thema durch eine außergewöhnliche Erzählweise nähert, so wie seine Protagonistin wiederum durchs schriftliche Erzählen ihrer Trauer Raum gibt – eine schöne Geschichte, die trotz aller Schwermut die Schönheit des Lebens in den Mittelpunkt stellt.