Profilbild von Dreamworx

Dreamworx

Lesejury Star
offline

Dreamworx ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Dreamworx über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 26.02.2024

„Der Zimmermann bearbeitet das Holz, der Schütze krümmt den Bogen, der Weise formt sich selbst.“ - Buddha

Das Holz, aus dem wir geschnitzt sind
0

18. Jh. Westerwald. Schon als Kind liebt der sensible Karl die Schnitzerei, was ihm in der eigenen Familie viel Hohn und Spott einbringt, einzig sein Großvater Jakob macht ihm immer wieder Mut, seinen ...

18. Jh. Westerwald. Schon als Kind liebt der sensible Karl die Schnitzerei, was ihm in der eigenen Familie viel Hohn und Spott einbringt, einzig sein Großvater Jakob macht ihm immer wieder Mut, seinen Weg weiter zu verfolgen und weiht ihn zudem in ein Geheimnis ein, dass Karl bewahren soll. Nach Jakobs Tod nehmen die Spannungen innerhalb der Familie dermaßen zu, was zu einem folgenschweren Unfall führt. Karl hält es nicht länger aus, und flüchtet mit seinem Hab und Gut, um sich andernorts allein ein eigenes Leben aufzubauen. Bei seinem Onkel Adam kann er schließlich unterkommen. Doch auch dort hält er es aufgrund einer weiteren Pechsträhne nicht lange aus. Als er in einem Kloster Unterschlupf findet, entdeckt er dort von seinem Großvater Jakob gefertigte Schnitzereien. Das ihm von Jakob anvertraute Geheimnis treibt Karl um, deshalb begibt er sich auf Spurensuche. Ob die Lösung Karls Leben endlich Ruhe und Glück bescheren wird?
Annette Spratte hat mit „Das Holz, aus dem wir geschnitzt sind“ einen wunderschönen und berührenden historischen Roman vorgelegt, der nicht nur durch seine unterschiedlichen Zeitebenen, sondern auch durch die Familiengeschichte mit seinen Parallelen eine spannende Lektüre verspricht. Der gefühlvolle, flüssige und empathische Erzählstil katapultiert den Leser schnell in die Vergangenheit, wo er sich mal an der Seite von Karl, mal 30 Jahre früher an Großvater Jakobs Seite wiederfindet, um ihren Lebensweg zu begleiten und ihr Schicksal mitzuverfolgen. Karl findet in seiner Familie keinerlei Rückhalt, wird von seinem Vater sowie den Brüdern schikaniert und belacht ob seiner Vorliebe für die Schnitzerei. Den einzigen Rückhalt erfährt Karl durch seinen Großvater Jakob, der ihn in seinem Talent bestärkt und ihm für sein späteres Leben mit der Einweihung in ein Geheimnis Rüstzeug mit auf den Weg gibt. Doch es braucht einige Schicksalsschläge und eine Reifung Karls, bis dieser aus dem ihm zuteil gewordenen Geheimnis seinen Nutzen ziehen kann. Rückblenden in Großvater Jakobs Vergangenheit legen offen, dass auch dieser mit einigem zu kämpfen hatte, aber sein Glaube seine Hoffnung auf das Leben genährt hat. Welch großes Geschenk Jakob Karl vermacht hat, begreift Karl erst viel später, als er sich daran macht, dass Vermächtnis seines Großvaters zu lüften. Erst danach ist er selbst fähig, die Dinge in einem anderen Licht zu sehen und dadurch sein persönliches Glück zu erfahren. Spratte vermag es hervorragend, den Leser mit ihrer Geschichte zu vereinnahmen und ihn während der Lektüre durch eine Gefühlsachterbahn zu schicken. Der christliche Aspekt wurde unaufdringlich in die Handlung mit eingewebt und thematisiert Gottvertrauen, Vergebung und Hoffnung.
Die Charaktere sind wunderbar gezeichnet und ziehen den Leser mit ihren glaubwürdigen Ecken und Kanten sofort an ihre Seite. Karl ist ein introvertierter, sensibler und feinfühliger Mann, der die Stille und die Arbeit mit Holz liebt. Er gibt nie auf und nimmt mutig alle Hürden, die ihm im Weg stehen. Er ist seinem Großvater Jakob sehr ähnlich, dessen Lebensweg viele Parallelen zu Karls aufzeigen. Beide Männer eint ihr tiefer Glaube und die Hoffnung, die sie nie verlieren. Auch Anna ist bemerkenswert, denn sie hält Karl auch während der Trennung die Treue und gibt die Hoffnung nie auf.
Der Titel „Das Holz, aus dem wir geschnitzt sind“ beschreibt genau das: jeder Mensch ist in all seinen Facetten einzigartig und liebenswert. Die traurige Familiengeschichte Karls und sein beschwerlicher Lebensweg, der ihn am Ende zur Ruhe kommen lässt sowie auch Jakobs Vergangenheit fließen hier wunderbar ineinander und bescheren dem Leser nicht nur Weisheiten für das eigene Leben, sondern unterhält zudem mit einer berührenden Geschichte vor historischem Hintergrund, die ihresgleichen sucht. Wunderbar erzählt – absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 03.12.2023

Stärke wächst nicht aus körperlicher Kraft – vielmehr aus unbeugsamen Willen. - Mahatma Gandhi

Stark wie die Blumen der Prärie
0

1863 Kansas. Botanikerin Linnea geht gemeinsam mit ihrem Großvater auf eine Exkursion des Smythsonian Institute, um die Pflanzenwelt des Santa Fe Trails zu erforschen und zu kategorisieren. Als sich Linnea ...

1863 Kansas. Botanikerin Linnea geht gemeinsam mit ihrem Großvater auf eine Exkursion des Smythsonian Institute, um die Pflanzenwelt des Santa Fe Trails zu erforschen und zu kategorisieren. Als sich Linnea in ihrem Übermut an einem Fluss in Gefahr bringt, wird sie von dem Viehtreiber Flynn McQuaid gerettet. Diese Situation lässt Linneas Großvater einmal mehr Sorgenfalten auf die Stirn treiben, weshalb er Flynn kurzerhand für die Dauer der Exkursion und vor allem für die Sicherheit seiner Enkelin engagiert. So muss Flynn doppelte Arbeit leisten: nicht nur die ihm anvertrauten Rinder müssen zu seinem Bruder Wyatt auf dessen Ranch, gleichzeitig muss er auch noch Linnea im Auge behalten, die sich in einer unbekannten Umgebung immer wieder in eine riskante Lage bringt. Doch je mehr Linnea und Flynn Zeit miteinander verbringen, umso mehr wissen sie den anderen zu schätzen. Dabei haben beide eigentlich ganz andere Lebenspläne…
Jody Hedlund hat mit „Stark wie die Blumen der Prärie“ den zweiten Band ihrer historischen Colorado-Reihe vorgelegt, der dem ersten Teil in punkto Handlung, Spannung und starker Charaktere in nichts nachsteht. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil nimmt den Leser sofort in seinen Bann und lässt ihn schnell in den Wilden Westen des 19. Jahrhunderts reisen, um dort Linnea als unsichtbarer Schatten zu folgen. Linnea ist ein Freigeist und darf als erste Frau sowie ausgebildete Botanikerin ihren Großvater auf eine Expedition begleiten. Da sie oftmals nur Augen für die unbekannte Flora hat, nimmt sie die Gefahren um sie herum nicht war und bringt sich dabei immer wieder in Notlagen, die ihren Großvater dazu zwingen, ihr mit Flynn einen Aufpasser an die Seite zu stellen. Flynn selbst ist mit seinen Geschwistern und einer Rinderherde auf dem Weg zu seinem Bruder Wyatt, zu dem er ein gespanntes Verhältnis hat. Er trägt eine große Verantwortung für seine jüngeren Geschwister sowie die Viehherde und nun auch zusätzlich für Linnea. Zwischen Linnea und ihm entwickelt sich während dieser Reise ein festes Band, dass sich beide nicht wirklich eingestehen wollen, da es so gar nicht ihren eigenen Lebensplänen entspricht. Und der Konflikt mit seinem Bruder liegt Flynn auch im Magen. Die Autorin beschreibt die beschwerliche, abenteuerliche Reise so bildhaft, dass der Leser das Gefühl bekommt, Teil dieser Expedition zu sein und alles hautnah mitzuerleben. Sowohl Flora und Fauna als auch die lauernden Gefahren und die zwischenmenschlichen Beziehungen zwischen den Protagonisten sind spannend und lassen Raum für einige Spekulationen. Der christliche Aspekt wurde unaufdringlich in die Handlung eingewoben und thematisiert Vergebung, Verzeihen und Gottvertrauen.
Die Charaktere sind sehr lebendig skizziert und in Szene gesetzt, so dass der Leser sich sofort mit ihnen wohlfühlt und ihnen auf dem Fuße folgt. Linnea ist eine freigeistige, etwas träumerisch veranlagte junge Frau, die alles um sich herum vergisst, wenn sie ihrer Leidenschaft frönt. Sie ist ebenso liebenswert wie eigensinnig, hat das Herz am rechten Fleck und ist sehr naturverbunden. Flynn ist ein sympathischer, zurückhaltender Mann mit viel Verantwortungsgefühl. Seine Hilfsbereitschaft ist grenzenlos, bringt ihn allerdings auch an seine Grenzen. Seine Schwester Ivy ist ein kleiner Lichtblick, sie ist ausgesprochen direkt, während Flynns Bruder Dylan eher ruhiger und ernst ist. Aber auch Wyatt und seine Beziehung zu Flynn spielen eine wichtige Rolle in dieser Geschichte.
„Stark wie die Blumen der Prärie“ ist ein toller Mix aus Abenteuer, Spannung und Romantik mit starken Hauptprotagonisten vor historischem Wild West-Hintergrund. Eine sehr kurzweilige, aber auch tiefgründige Lektüre, die den Leser an die Seiten fesselt und bis zum Ende nicht mehr loslässt. Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 03.12.2023

Erst die Möglichkeit, einen Traum zu verwirklichen, macht unser Leben lebenswert. - Paolo Coehlo

Lindy Girls
0

1928 Berlin. Wally Kaluza ist Tanzlehrerin aus Leidenschaft und versucht, in einem gemieteten Studio junge tanzbegabte Frauen aus allen Gesellschaftsschichten zu einer Gruppe zu formen. Die „Lindy Girls“ ...

1928 Berlin. Wally Kaluza ist Tanzlehrerin aus Leidenschaft und versucht, in einem gemieteten Studio junge tanzbegabte Frauen aus allen Gesellschaftsschichten zu einer Gruppe zu formen. Die „Lindy Girls“ sollen mit einer Choreographie zu amerikanischer Swing-Musik frischen Wind in die etablierten Etablissements der Stadt bringen, die bisher immer noch auf Altbewährtes setzen. Thea, Alice und die anderen Frauen trainieren hart und gehen bis an ihre Grenzen. Doch Wally und den Mädels wird der Einstieg nicht leicht gemacht, zu sehr sitzen alte Gewohnheiten in den Köpfen der Entscheider fest. Erst als Wallys bester Freund und ehemaliger Geliebter Toni aus den USA zurückkehrt und sich Wally als Teilhaber aufschwatzt, wendet sich langsam das Blatt. Toni verschafft der Tanztruppe erste Auftritte in kleinen Etablissements. Werden die „Lindy Girls“ Erfolg haben?
Anne Stern hat mit „Lindy Girls“ einen sehr unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt, der den Leser nicht nur in das Berlin der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts entführt, sondern auch mit starken Profilen aufwartet, die stellvertretend für die Frauen der damaligen Zeit stehen. Der flüssige, farbenprächtige und empathische Erzählstil kann den Leser sofort an sich fesseln und führt ihn per Zeitreise ins alte Berlin. Dort findet er sich im Wechsel an der Seite der unterschiedlichsten Protagonistinnen wieder und erhält dabei nicht nur Zugang zu deren Gedanken- und Gefühlswelt, sondern auch in die zwischenmenschlichen Beziehungen untereinander sowie in die einzelnen Lebensumstände und Schicksale. Wally hat sich nach einem Schicksalsschlag als Tanzlehrerin in Berlin niedergelassen, hat zwar kaum Geld, aber einen großen Traum, den sie unbedingt verwirklichen will. Dafür verzichtet sie auf vieles und verlangt auch ihren Elevinnen für den Erfolg alles ab. Ihr bester Freund, der alles von ihr weiß, ist ein Kriegsveteran, der sich als Callboy verdingt und innerlich mit dem Leben abgeschlossen hat, während ihre große unerfüllte Liebe Toni sich an jeden Rock heftet, der ihm über den Weg läuft und ihr immer wieder das Herz bricht. Während Thea aus gutem Hause stammt und mit einer körperlichen Einschränkung trotzdem ihr Glück bei der Tanztruppe versuchen will, steht Alice in einer Fabrik am Fließband, um sich und ihren jüngeren Bruder Ben durchzubringen. Den Rahmen der Handlung bildet Gila, die als Sekretärin bei einer Zeitung arbeitet, jedoch auf eine Karriere als Schriftstellerin hofft und die Entwicklung der „Lindy Girls“ über ihre Freundin und Mitbewohnerin Thea beobachtet. Stern hat ihre Handlung nicht nur mit einem sehr farbenfrohen historischen Hintergrund des alten Berlins unterlegt, sondern bildet auch die unterschiedlichen Gesellschaftsschichten wunderbar in ihrer Geschichte ab. Der Gegensatz zur Haute volaute, die in teuren Etablissements die Korken knallen lässt, während andere nicht wissen, ob sie sich etwas zu essen leisten können, wird sehr gut dargestellt. Gerade bei den „Lindy Girls“ wird deutlich, wie groß die Träume der jungen Frauen sind, die in ihrer Tanztruppe einen Mikrokosmos bilden, sich gegenseitig unterstützen und zusammenhalten. Der Wechsel zwischen den einzelnen Charakteren ist so wunderbar geschaffen, dass der Leser die Lektüre kaum aus der Hand legen kann, derweil er ein Wechselbad der Gefühle durchlebt ob der einzelnen Schicksale.
Die Charaktere sind wie aus dem Leben gegriffen, authentisch und mit menschlichen Ecken und Kanten wachsen sie dem Leser sofort ans Herz, der sie nicht aus den Augen lässt. Wally ist nach außen hart und unerbittlich, aber innerlich leidet sie. Gila ist großzügig und hat das Herz am rechten Fleck. Wally wirkt unsicher, doch die Musik lässt sie alles vergessen und über sich hinauswachsen. Alice trägt viel Verantwortung, ist verlässlich und doch lebt sie immer in Angst. Toni ist ein großspuriger Windhund, zeigt jedoch auch liebenswerte Seiten.
„Lindy Girls“ ist ein wunderbarer, tiefgründiger historischer Roman, der mit einer Mischung aus Träumen, Freundschaft, Liebe, tollen Frauen, Schicksalen und einigen alten Ohrwürmern dem Leser sehr unterhaltsame Lesestunden beschert, während er unbewusst mit dem Fuß wippt und im Geiste mitsingt. Absolute Leseempfehlung für diese Zeitreise in die Golden Twenties im alten Berlin!

Veröffentlicht am 31.10.2023

Alle Schuld rächt sich auf Erden. - Johann Wolfgang von Goethe

Die verschwiegenen Jahre
0

1972. Die 27-jährige amerikanische Lehrerin Hannah Sterling wird aufgrund von Verhaltensauffälligkeiten vom Unterricht freigestellt. Diese sind eine Folge des sehr unterkühlten Verhältnisses zwischen Hannah ...

1972. Die 27-jährige amerikanische Lehrerin Hannah Sterling wird aufgrund von Verhaltensauffälligkeiten vom Unterricht freigestellt. Diese sind eine Folge des sehr unterkühlten Verhältnisses zwischen Hannah und ihrer Mutter, die vor kurzem verstorben ist. Hannah hatte nie eine vertraute Beziehung zu ihrer Mutter Lieselotte, weil diese es nie zuließ. Darunter hat Hannah zeitlebens gelitten. Als sie in den Hinterlassenschaften von Lieselotte alte Briefe findet, erlebt sie eine große Überraschung, die sie zu weiteren Nachforschungen nach Deutschland reisen lassen. Wird Hannah dort die Antworten auf ihre Fragen finden, die sie nachträglich endlich mit ihrer Mutter versöhnen und sie ihr etwas näher bringen?
Cathy Gohlke hat mit „Die verschwiegenen Jahre“ einen sehr berührenden historischen Roman vorgelegt, dessen Handlung den Leser nicht nur mit zwei Zeitebenen unterhält, sondern auch zurück in die schlimme Zeit des 2. Weltkriegs zurückführt. Der flüssige, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil lässt den Leser mit wenigen Worten an Hannahs Seite gleiten, um ihre Gedanken- und Gefühlswelt kennenzulernen und sie bei ihren Unternehmungen im Jahr 1972 zu begleiten. Das Leben mit einer lieblosen Mutter hat Hannah psychisch gezeichnet, sie konnte nie begreifen, warum Lieselotte ihr gegenüber immer distanziert und kühl war. Die Briefe in Lieselottes Nachlass veranlassen Hannah, den neugewonnenen Informationen nachzugehen und nach Deutschland zu reisen, wo sie angeblich einen Großvater hat, von dessen Existenz sie bisher nichts wusste und der Hannah nach ihrer Ankunft abweisend begegnet. Irgendwas stimmt nicht mit dieser Familie, das wird Hannah schnell klar, doch ihre Neugier treibt sie weiter in die Vergangenheit ihrer Mutter in den Jahren 1938 bis 1945, die über den zweiten Erzählstrang preisgegeben wird. Dabei wird sie von der Zufallsbekanntschaft Karl unterstützt. Gemeinsam finden sie heraus, dass Lieselotte in einem nazigetreuen Haushalt aufwuchs und heimlich verliebt in Jugendfreund Lukas Kirchmann, dessen Familie heimlich verfolgte Juden versteckt und Mitglieder der Bekennenden Kirche sind. Schon bald unterstützt Lieselotte die Kirchmanns, heiratet sogar heimlich ihre große Liebe Lukas. Gohlke treibt die Spannung ihrer Handlung mit den wechselnden Zeitebenen immer weiter in die Höhe und zeigt dem Leser neben dem Gewissenskonflikt von Lieselotte auch die Veränderung von Hannah wunderbar auf. Gleichzeitig spiegelt sie die damaligen Zustände unter den Nazis wider und lässt diese Zeit so lebendig werden, dass der Leser bei der Lektüre ein Wechselbad der Gefühle durchläuft. Der christliche Aspekt ist sehr schön in die Handlung eingebettet und thematisiert Schuld, Vergebung, Verzeihen sowie Hoffnung.
Die Charaktere sind sehr liebevoll ausgestaltet und mit glaubwürdigen menschlichen Eigenheiten in Szene gesetzt. Der Leser heftet sich sofort an ihre Fersen, schaut ihnen über die Schulter und hofft, bangt und leidet mit ihnen. Hannah ist durch das zeitlebens fehlende vertraute Band zu ihrer Mutter gezeichnet. Sie fühlt sich ungeliebt, ihre Unsicherheit spiegelt sich in ihrem Verhalten anderen gegenüber wider. Doch gleichzeitig ist Hannah mutig, sich den Widerständen zu stellen und nach Antworten zu suchen. Lieselottes Verhalten Hannah gegenüber macht sie nicht gerade sympathisch, doch ihre Vergangenheit gibt die Erklärung dafür. Als junge Frau hat sie das Herz am rechten Fleck und Verantwortung für ihre Entscheidungen übernommen. Hannahs Großvater ist ein widerlicher menschenverachtender alter Mann, der bis zum Tod nichts gelernt hat.
„Die verschwiegenen Jahre“ ist ein emotional sehr berührender historischer Roman, der nicht nur in die schlimmste deutsche Vergangenheit entführt, sondern dem Leser tiefgründig das Schicksal der Protagonisten näher bringt. Absolute Leseempfehlung!!!

Veröffentlicht am 15.10.2023

Alle Reisen haben eine heimliche Bestimmung, die der Reisende nicht ahnt. - Martin Buber

Die Schatten von Swanford Abbey
0

1820 England. Rebecca Lane arbeitet als Gesellschafterin der wohlhabenden Lady Fitzhoward. Als ihr Bruder John ihre Hilfe benötigt, kehrt sie nach längerer Zeit in ihren Heimatort Swanford zurück, um ihn ...

1820 England. Rebecca Lane arbeitet als Gesellschafterin der wohlhabenden Lady Fitzhoward. Als ihr Bruder John ihre Hilfe benötigt, kehrt sie nach längerer Zeit in ihren Heimatort Swanford zurück, um ihn zu unterstützen. Dass John sie gleich nach ihrer Ankunft weiterschickt ins Grand Hotel Swanford Abbey zusammen mit einem Manuskript, welches er geschrieben hat, mutet Rebecca seltsam an, doch sie tut ihm den Gefallen. Sie soll sich dort einmieten und das Manuskript einem Autor übergeben. Schon bald läuft Rebecca nicht nur ihre alte Jugendliebe Sir Frederick Wilford über den Weg, sondern auch ein Mord innerhalb der Hotelmauern sorgt für einige Unruhe. Da ihr Bruder John als Hauptverdächtiger gilt, macht sich Rebecca daran, gemeinsam mit Frederick, mit dem sie noch viel verbindet, den wahren Täter aufzuspüren…
Julie Klassen hat mit „Die Schatten von Swanford Abbey“ einen unterhaltsamen Regency-Roman vorgelegt, der den Leser nicht nur eine Zeitreise spendiert zurück ins 19. Jahrhundert, sondern gleichzeitig mit einer spannenden Handlung in Atem hält und mit Romantik verwöhnt. Der flüssige, bildhafte und gefühlvolle Erzählstil lässt den Leser sofort in die damalige Zeit eintauchen und an die Seite von Rebecca gleiten, die ihre Heimat nach langer Zeit wiedersieht, um ihrem Bruder John zur Hilfe zu eilen. Ihr ungeplanter Aufenthalt im ehemaligen Kloster, dass nun als Grand Hotel fungiert, wird zu einem ungewöhnlichen Abenteuer, denn das alte Gemäuer birgt nicht nur einige Geheimnisse, auch einige der Gäste haben einiges zu verbergen. Das Zusammentreffen mit ihrer Jugendliebe Frederick lässt alte Gefühle in Rebecca hochschwappen, für den Leser ist es schön zu beobachten, wie beide miteinander umgehen und sich langsam wieder einander annähern. Während Klassen mit detaillierten Beschreibungen die alte Abbey vor dem inneren Auge des Lesers entstehen lässt und für die nötige Schauerstimmung sorgt, ist es vor allem der Mord an einem suspekten Autor, der alle in Atem hält. Nicht nur Rebeccas Bruder John verhält sich widersprüchlich und lässt ihn schnell zum Hauptverdächtigen avancieren, auch einige Hotelgäste, darunter Rebeccas Arbeitgeberin Lady Fitzhoward verhalten sich merkwürdig und geben dem Leser Anlass für allerlei Spekulationen. Die Autorin versteht es sehr geschickt, den Leser an den Mordermittlungen zu beteiligen, die Rebecca und ihre heimliche große Liebe Frederick auf Trab halten. Die Spannung steigert sich mit jedem Kapitel und bietet Gänsehautfeeling der besonderen Art. Der christliche Aspekt wurde gut in die Handlung eingebunden, es geht um Gottvertrauen, Glauben und Hoffnung.
Die Charaktere wurden mit menschlichen Ecken und Kanten glaubwürdig in Szene gesetzt, so dass der Leser sich gern unter sie mischt und bei ihren Vorhaben auf Schritt und Tritt verfolgt. Rebecca ist eine liebenswürdige und hilfsbereite junge Frau, die einen Hang zur Neugier nicht verbergen kann. Gleichzeitig ist sie eine ehrliche Haut, der es widerstrebt, anderen etwas vorzumachen. Ihr Bruder John ist nicht gerade ein Sympathieträger, wirkt er doch eher selbstsüchtig und egoistisch. Er treibt es mit seinem Verhalten recht weit, aber sein Gewissen meldet sich noch rechtzeitig. Sir Frederick ist ein zurückhaltender, charmanter Mann, der das Herz am rechten Fleck besitzt. Zudem ist sein Spürsinn recht ausgeprägt. Aber auch weitere Protagonisten wie Thomas Wilford, Dr. Fox, Ambrose Oliver oder Lady Fitzhoward tragen einiges zur Spannung dieses Romans bei.
„Die Schatten von Swanford Abbey“ ist ein stimmungsgeladener historischer Roman, der nicht nur das England der damaligen Zeit widerspiegelt, sondern mit einer geheimnisvollen und spannenden Handlung den Leser sofort in seinen Bann zieht. Die Mischung aus Historien-, Kriminal- und Liebesroman wurde hier wunderbar umgesetzt und sorgt für unterhaltsame Lesestunden mit Nervenkitzel. Absolute Leseempfehlung!