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Veröffentlicht am 27.02.2024

Ein Roman um Trennung und Sprachlosigkeit

ruh
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Das bunte Cover zeigt eine friedliche Seelandschaft mit bewaldetem Berg bei leichter Bewölkung im Sonnenuntergang. Der Buchtitel RUH ist auf Deutsch hier gut interpretiert, auf türkisch bedeutet ruh dagegen ...

Das bunte Cover zeigt eine friedliche Seelandschaft mit bewaldetem Berg bei leichter Bewölkung im Sonnenuntergang. Der Buchtitel RUH ist auf Deutsch hier gut interpretiert, auf türkisch bedeutet ruh dagegen die Seele, der Geist, das Gemüt, die Psyche, das Innere. Und genau der seelische Kraftakt der Hauptperson Cemal steht im Mittelpunkt, gefangen in deutscher Gegenwart und türkischer Vergangenheit, verfolgt von Träumen, Vorurteilen und Rassismus. Ohne Türkischkenntnisse und ohne erklärendes Glossar bleibt leider manches Erklärende verborgen, wo doch die zarte, beschädigte Gefühlsebene des jungen türkischen Deutschlehrers angesprochen wird. Seine Suche nach Identität zwischen den verschiedenen Kulturen lässt ihn verzweifeln und vereinsamen – ein komplexes, schwieriges Thema auf verschiedenen Zeitebenen. Schlussendlich verliert man sich etwas verwirrt auf der Suche nach mehr Struktur zwischen den Perspektiven der Beteiligten verschiedener Generationen trotz anhängendem Familienstammbaum. Besonders die lebhaften Beschreibungen zu Cemals dörflichen Kindheitserinnerungen der Südtürkei gefallen. Die gegensätzlichen Charaktere von Cemal und seinem Partner Georg sind gut herausgearbeitet, bringen nicht nur körperliche Spannung ins Beziehungsgeflecht. Cemals Umgang mit seiner Tochter und ihren Launen wird liebevoll gekonnt beschrieben. Beim Leser sollten zumindest Grundkenntnisse der türkischen Sprache vorhanden sein.

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Veröffentlicht am 26.02.2024

Ein ruhiges Buch zum Nachdenken

Tremor
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Wie der Autor auch agiert die Hauptperson Tunde, ein in Nigeria geborener Harvard Professor, unter anderem als Lehrkörper für Fotografie an der Universität in Neuengland. In dieser losen Ansammlung von ...

Wie der Autor auch agiert die Hauptperson Tunde, ein in Nigeria geborener Harvard Professor, unter anderem als Lehrkörper für Fotografie an der Universität in Neuengland. In dieser losen Ansammlung von Geschichten und Erinnerungen geht es um Literatur, Fotografie, Rasse, menschlichem Überleben zwischen Massakern, Erdbeben, um koloniale, kriegerische Gewalt, um Musik und Malerei. An der komplexen Kolonialgeschichte zwischen Indianern und Weißen sollte die problematische Darstellung von Wahrheit und Geschichte vom Leser überdacht werden. Das bildhaft beschriebene Alltagsleben und der Kampf ums Überleben in Lagos wird vorgestellt. Wie auch Gedanken zu Rassismus, Herkunft von Gemälden, Dekolonisation und Restitution von Kulturgütern. Der Duft der afrikanischen, schwarzen Seife ose dudu erweckt in Tunde Erinnerungen an seine Kindheit in Ojodu, Lagos, an die Nigerianische Künstlerin Otobong Nkanga und ihre Kunstprojekte. Ein weiteres Highlight sind die Reflexionen über die Benin Bronzen, über das Massaker der Britischen Armee im Jahre 1897. Er stellt diese Nigerianische Kunst des 15. Jahrhunderts mit Turners Bild Slavers Throwing Overboard the Dead and Dying und dem Bild Landscape With Burning City des flämischen Meisters Herri met de Bles in einen Kontext. Das Zusammenleben von Tunde und Sadoko, deren quälender Stille und doch ersehnter Berührung, spielt hier auch eine Rolle. Der Schreibstil auf 256 Seiten ist nicht provokant, der Duktus eher ruhig, meditativ. Insgesamt ein labyrinthisches Geschichts-Puzzle, ein Bericht über Lagos und eine Lektion über Rassismus.

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Veröffentlicht am 08.12.2023

Einblicke in ein besonderes Stadtviertel Berlins.

Südstern
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Der Roman Südstern handelt von einem Vorort Berlins, nämlich Friedrichshain – Kreuzberg, handelt von alltäglichen Problemen fernab von der Wohlfühlidylle dieser Hauptstadt. Die Hauptfiguren Vanessa Paschke, ...

Der Roman Südstern handelt von einem Vorort Berlins, nämlich Friedrichshain – Kreuzberg, handelt von alltäglichen Problemen fernab von der Wohlfühlidylle dieser Hauptstadt. Die Hauptfiguren Vanessa Paschke, Mitte 20, ausgebildete Pharmakologin, aber tätig vor allem als Drogenkurierin und Deniz Aziz, Streifenpolizist in einem turbulenten multikulturellen Viertel, versorgt seinen dementen Vater - beide berichten als Ich-Erzähler von ihrem stressigen Alltag. Der in mehrerer Hinsicht nun doch ungewöhnliche Schreibstil lässt die Zeichensetzung wörtlicher Rede vermissen. Kurze, emotionslose Sätze, wenige Dialoge, eingeflochtene türkische Wörter, der unangekündigte Wechsel des Ich-Erzählers zügeln den Lesegenuss. Die knallharte Realität mit eindeutiger Überforderung auch einiger Nebenfiguren trifft auf ein wenig Romantik zwischen Vanessa und Deniz. In diesem sozialkritischen Roman erfährt man viel über großstädtische Probleme: häusliche Gewalt, Übergriffe in der Justizanstalt, Geldmangel, Ausländerhass, Mangel an Pflegekräften, Überstunden bis zu drei Schichten hintereinander im Polizeidienst und in der Psychiatrie etc.. Die vielen Schattenseiten Berlins wirken sehr bedrückend und chaotisch. Es ist keine leichtgängige Lektüre, die jedem Leser gefallen mag.

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Veröffentlicht am 31.10.2023

Ein Buch mit Themen für Diskussionen – jedoch ohne Tiefgang.

All dies könnte anders sein
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Das Cover ist farblich erfrischend, gehalten in verschieden ausgerichteten, leicht gewundenen Farbstreifen entlang einer Farbskala - lebensbejahend, ansprechend jung. Inhaltlich spielt die Szenerie in ...

Das Cover ist farblich erfrischend, gehalten in verschieden ausgerichteten, leicht gewundenen Farbstreifen entlang einer Farbskala - lebensbejahend, ansprechend jung. Inhaltlich spielt die Szenerie in Milwaukee zu Zeiten Obamas als Präsident. Die junge Generation wie Sneha, 21 Jahre alt, eingewanderte Inderin mit einem lieblosen Job in der Zeit der Rezession in den USA, versucht als queere Frau und Person of color zurecht zu kommen. Mutige Themen wie Arbeitsbedingungen, Dating, Rassismus, Arbeitsrecht, Mietrecht etc. werden zum Teil nur tangiert und nicht in der nötigen Tiefe ausgeführt. Größenteils aus der Perspektive von Sneha geschrieben sind ihre Dialoge zwar spritzig jung gehalten, teilweise mit Slang, ohne Anführungszeichen, jedoch beim Lesen gewöhnungsbedürftig. Leider gewinnen die Figuren nicht genug Tiefe und das Geschehen plätschert so dahin. Zwar regen diese topaktuellen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Probleme der USA zum Nachdenken an, hinterlassen aber wenig Lesevergnügen.

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Veröffentlicht am 22.09.2023

Zu viel thematische Ablenkung!

Mord im Christmas Express
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Das weihnachtlich gestaltete Cover wirkt altbacken, wie aus der Zeit Agatha Christies mit ihrem Krimi ‚ Mord im Orient Express‘. Inhaltlich kein Buch für festliche Tage geht es doch hauptsächlich um sexuelle ...

Das weihnachtlich gestaltete Cover wirkt altbacken, wie aus der Zeit Agatha Christies mit ihrem Krimi ‚ Mord im Orient Express‘. Inhaltlich kein Buch für festliche Tage geht es doch hauptsächlich um sexuelle Gewalt und Missbrauch, wie es die Opfer verändert im gesamten weiteren Lebensverlauf. Die Hauptakteurin ROZ wird sympathisch, menschlich, verständnisvoll in Aktion als selbst betroffenes Vergewaltigungsopfer beschrieben, aber in der Funktion als Kommissarin wirkt sie unglaubwürdig nicht nur bei der Argumentation der letzten Twists. Durch Themen wie Heather und ihre Schwangerschaftsvergiftung nebst den Geburtsproblemen mit dem Enkelkind oder das Zusammentreffen mit Craig, der Staatsanwalt von Crown Prosecution Services, als Heather’s Vater wirkt der Krimi zu überladen, zu langatmig. Auch die queeren Momente des Quiz-Teams stören eigentlich, schwächen den spannenden, roten Faden und weichen den Plot zu sehr auf. Das Bild der Weihnachtsbaumbeleuchtung , bei der einzelne Birnchen aufleuchten wie Puzzlestücke bei Ermittlungen, fand ich gelungen. Leider kommt dieser Weihnachtskrimi in der Gesamtstruktur und Spannung nicht an Krimis von Agatha Christie heran.

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