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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.10.2017

Klagenfurt ein wenig anders

111 Orte in Klagenfurt und am Wörthersee, die man gesehen haben muss
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Krimi-Autorin Andrea Nagele lebt in Klagenfurt und bringt uns ihre Heimatstadt abseits der üblichen Touristenattraktionen näher.

Zum einem stellt sie uns bislang nicht so bekannte Naturschönheiten wie ...

Krimi-Autorin Andrea Nagele lebt in Klagenfurt und bringt uns ihre Heimatstadt abseits der üblichen Touristenattraktionen näher.

Zum einem stellt sie uns bislang nicht so bekannte Naturschönheiten wie z. B. die Spintik-Teiche (Nr. 6) den Friedelstrand (Nr. 22) oder das Kreuzbergl (Nr. 34) und auch den Forstsee (Nr. 101) nicht zu vergessen, vor.

Andererseits nimmt sie uns auf Spaziergänge durch Klagenfurts Altstadt mit. (z.B. unter anderem Nr. 10, 11, 19 und 62).

Mein persönliches Lieblingsgeschäft ist „Der Heyn“, jene Buchhandlung, die noch wie eine Buchhandlung aussieht und auch so riecht. Ein Fixpunkt bei jedem meiner Klagenfurt-Besuche.

Ein Streifzug durch die lukullischen Tempel (Nr. 16, 17, 95) darf auch nicht fehlen.

Klagenfurt ist reich an historischen Gebäuden, antiken und/oder mittelalterlichen Überresten.

Wer genau hinsieht, findet Industriedenkmäler wie den Lendhafen (Nr. 40), Lendkanal (Nr. 41) oder der Schrottenturm (Nr. 52).

Nicht zu übersehen sind der neue Turm des Pyramidenkogels (Nr. 5) und das Millionengrab des Hypo-Alpe-Adria-Desasters (Nr.26).

Meine Meinung:

Wer die Landeshauptstadt Kärntens, dem südlichsten Bundeslandes Österreichs, mit offenen Augen durchwandert und sich nicht scheut per Rad oder Auto die nähere Umgebung zu erkunden, wird einiges entdecken, was sonst beim Durchqueren des Landes auf dem Weg zur Adria verborgen geblieben wäre.

Ich werde dieses Buch bei meinem nächsten Aufenthalt in Klagenfurt mitnehmen und ein paar der 111 Orte rund um den Wörthersee (wieder)entdecken.

Die wahre Kunst ist es, die vielen, liebevoll zusammengetragenen Informationen auf eine Seite zu bringen. In den Fotos liegt viel Liebe. Sie lenken das Auge des Betrachters auf interessante Details.

Fazit:

Ein Reiseführer der etwas anderen Art. Wir können Klagenfurt abseits der Touristenpfade von seiner „privaten“ Seite kennenlernen.

Veröffentlicht am 30.09.2017

Sehr informativ und sachlich

'Ein Volk, ein Reich, ein Führer'
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Der Verlag C.H.Beck hat eine mehrteilige Reihe zum Thema „Die Deutschen und der Nationalsozialismus“ herausgebracht. Vorliegendes Buch von Dietmar Süß ist eines davon.

Da uns in Kürze keine Zeitzeugen ...

Der Verlag C.H.Beck hat eine mehrteilige Reihe zum Thema „Die Deutschen und der Nationalsozialismus“ herausgebracht. Vorliegendes Buch von Dietmar Süß ist eines davon.

Da uns in Kürze keine Zeitzeugen mehr berichten können werden, wie sie diese Zeit er- und überlebt haben, ist es notwendig mit dem Abstand der Jahre die Schreckensherrschaft der Nazis zu beleuchten.

Wer waren sie nun „Die Deutschen“? Sind alle der Propaganda des Diktators auf den Leim gegangen? Wie kann es sein, dass der größte Teil der Bevölkerung Deutschlands und Österreichs die Heilsversprechungen geglaubt hat? Und das quer durch alle
Bildungsschichten? Und was ist mit der lahmen Verteidigung, von den Gräueln der Judenverfolgung nichts gewusst zu haben?

In vier großen Kapiteln versucht der Autor diesen Mechanismen auf den Grund zu gehen. Dabei lässt er neben historischen Fakten auch Menschen dieser Zeit sprechen. Auch Briefe werden zitiert um uns die Bedingungen zu erklären, unter denen dieses Regime hatte sich so lange halten können.

• Terror und Begeisterung
• Führer und Gefolgschaft
• Kriegerische Volksgemeinschaft
• Glauben, sterben, überleben

Innerhalb der Kapitel gibt es weitere Unterteilungen, so dass die manchmal schwierige Kost leichter lesbar ist.

Das erste Kapitel „Terror und Begeisterung“ geht der Definition „Nationalsozialist“ nach. Wer ist nun ein solcher? Definitiv sind Juden und Kommunisten keine Nazis.
Die landläufige Meinung, nur die Schergen der SA und SS wären Nazis, lässt sich nicht aufrechterhalten. Der Nationalsozialismus ist auch nicht wie ein Hagelsturm plötzlich über die Gesellschaft hereingebrochen. Auch die Weltwirtschaftskrise allein, hat die Nazis nicht an die Macht gebracht.

Vielmehr ist die Unterstützung für die Ideen mehr oder weniger schleichend in die Familien eingedrungen - quer durch alle Bevölkerungsschichten und Glaubensrichtungen. Sowohl die Katholische als auch die Evangelische Kirchen haben sich nicht mit Ruhm bekleckert.

Die Befürworter und Anhänger sind auf die Heilsversprechen der Agitatoren hereingefallen.

Durch straffe Organisation, wenig Müßiggang (und selbst der wird im richtigen Sinn gestaltet) sowie ständige Propaganda, beeinflusst die Partei ihre Bürger. Nichts ist dem Zufall überlassen. Alles bestens organisiert.

Die Menschen werden in zwei Klassen geteilt: in „arisch“, „erbgesund“ und „nützlich“ oder „unnütz“, „Volksschädling“ usw..

Doch innerhalb der „richtigen“ Deutschen bleiben die Klassenschranken bestehen. Allerdings werden sie, durch entsprechende Rituale, wie dem „Deutschen Gruß“ oder den Dreiklang „Ein Volk, ein Reich, ein Führer“ brüllend zu einer amorphen Masse, die sich trefflich manipulieren lässt.

Im zweiten Kapitel „Führer und Gefolgschaft“ stellt der Autor die Grausamkeit des Regimes dar, mit der, nicht der gesunden Norm entsprechende Menschen, einfach ermordet werden. Allerdings nicht ohne, vorher noch für allerlei medizinische Experimente gequält worden zu sein. In diesem Kapitel kommt klar heraus, dass man mehr über das Verschwinden von chronisch kranken, behinderten und/oder verwirrten Menschen wusste, als man später zugeben wird.

Gleichzeitig dringt der Nationalsozialismus immer tiefer in den Alltag ein. Religiöse Feste werden im Sinne der Machthaber umgedeutet. Der Aufschrei der Kirchen bleibt wieder aus.

Das dritte Kapitel „Kriegerische Volksgemeinschaft“ widmet sich dem behördlich verordneten und moralisch geduldeten Raubzügen an jüdischem Eigentum. Hier gibt es mehrere Gruppierungen:

• jene, die sich schamlos am Vermögen der Juden bereichern (Mitarbeiter von Behörden, Dienststellen und Bonzen des Regimes)
• jene, die auf ein Schnäppchen hoffen und recht wenig Unrechtsbewusstsein besitzen
• jene, die wenigstens versuchen, einen halbwegs angemessen Preis zu bezahlen und die deswegen ein schlechtes Gewissen haben und Angst vor einem späteren „Zahltag“
• die letzte Gruppe, nämlich jene, die sich an dem entwürdigenden Gerangel um fremdes Eigentum nicht beteiligt haben, ist die kleinste

Denunziationen, Spitzeldienst usw. nehmen überhand. Selbst in der eigenen Familie ist man sich nicht mehr sicher, ob nicht die eine oder andere Bemerkung im Spaß oder Zorn hingeworfen, nicht den Abtransport in das nächste KZ bedeutet.

Im letzten Kapitel „Glauben, leben, sterben“ wird nochmals der ganze Wahnsinn des Regimes zusammengefasst. Obwohl nun den meiste klar ist, dass der Krieg verloren ist, wird weiter für den „Endsieg“ getrommelt: Sinnlose Durchhalteparolen, Willkür bei Verhaftungen und Hinrichtungen, immer mehr Entbehrungen bei der Zivilbevölkerung.

Manche haben ihren Glauben verloren, andere finden in gerade wieder, allerdings abseits der etablierten Kirchen.

Ein spannendes Detail wird hervorgehoben: In den späteren Jahren des Krieges verschwindet Hitler beinahe von der Bildfläche. Auch seine Radioansprachen werden weniger. Es scheint, als ob er die Fäden nicht mehr alleine in der Hand hielte. Seine Adlaten wie Goebbels, Speer usw. toben sich in seinem Namen aus. Dass sich der Diktator rarmacht, gibt Anlass zu wilden Spekulationen, die allerdings nur hinter vorgehaltener Hand geflüstert werden.

Nachfolgender Faktor ist ebenso zynisch wie makaber: Die sogenannte „Leichentrauung“. Um nämlich in den „Genuss“ einer Witwen- und Waisenrente zu kommen, muss die deutsche Frau mit einem Soldaten verheiratet gewesen sein, denn ein uneheliches Kind, nein das geht gar nicht. Wenn nun eine schwangere Verlobte die Heiratsabsichten glaubhaft darstellen konnte, griff man zu eben dieser Art der Trauung, um wenigstens die finanzielle Versorgung zu gewährleisten.

Meine Meinung:

Dietmar Süß spannt in seinem Buch einen Bogen von Beginn der 1930er Jahre bis nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945.
In eindringlicher Sprache, jedoch ohne Pathos, legt er seinen Lesern Tatsachen vor. Die Zeitzeugenberichte sind sorgfältig recherchiert und perfekt eingearbeitet.

Trotz der vielen Zahlen, Daten Fakten lässt sich das Buch
sehr gut lesen.

Ein kleiner Fehler ist mir als Österreicherin beinahe schmerzhaft in die Augen gestochen: „im oberösterreichischen Leoben“ (S. 263). Leoben war und ist immer eine Stadt in der Steiermark.

Obwohl dieses Buch der zweite Teil einer Reihe ist, kann es für sich alleine gelesen werden. Ich denke jedoch, die anderen Bücher zu lesen, wäre ein gute Ergänzung.

Das sind:

• „Dass ihr mich gefunden habt“ (Sybille Steinbacher)
• „Ihr wisst, wollt es aber nicht wissen“ (Markus Roth)
• „Ein Leben wie ein Traum“ (Moritz Föllmer)
• „Kanonen statt Butter“ (Tim Schanetzky)
• „Dieser Krieg ist der große Rassenkrieg“ (Birthe Kundrus)
• „Es gibt keine Nazis in Deutschland“ (Norbert Frei)

Gerade letzteren Titel lohnt es sicher, angesichts der aktuellen politischen Lage in Deutschland und auch Österreich, zu lesen. Vielleicht ist es doch noch möglich, das gänzliche Abdriften in den rechten Sumpf hintanzuhalten.

Fazit:

Ein sehr informatives Buch, das vor allem durch seine sachliche Sprache und durch die Einarbeitung von authentischen Quellen besticht. 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 29.09.2017

Fesselnd bis zur letzte Seite

Afghanistans verborgene Töchter
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Die schwedische Journalistin Jenny Nordberg geht einem Phänomen in Afghanistan nach: Nämlich dem Kuriosum der „bacha posh“. Das sind Mädchen, die bis zur Pubertät als Jungen verkleidet aufgezogen werden ...

Die schwedische Journalistin Jenny Nordberg geht einem Phänomen in Afghanistan nach: Nämlich dem Kuriosum der „bacha posh“. Das sind Mädchen, die bis zur Pubertät als Jungen verkleidet aufgezogen werden – mit allen Freiheiten, die Männer in diesem Land haben, Frauen jedoch nicht.

Was ist nun die Ursache für dieses ungewöhnliche Verhalten mancher Familien?

Die Autorin spricht mit vielen Frauen, die einerseits selbst ihre Kindheit als Junge verbracht haben und andererseits als Mütter ihre Töchter verkleiden.

Eine Frau, die keine Söhne zur Welt bringt wird verachtet, der dazugehörige Ehemann verlacht und bemitleidet. Die Frauen werden hier unglaublich unter Druck gesetzt. Von der eigenen Familie, von der Öffentlichkeit.

„Über meine Familie wird viel getratscht. Wenn man keine Söhne hat, ist das ein großes Manko, und man wird von allen bemitleidet.“ (Azita, Politikerin)

Es hat sich eingebürgert, nach mehrfachen Mädchengeburten, eines davon als Knaben auszugeben. Das soll einerseits als „Magie“ wirken und das nächste Kind wird „garantiert“ ein Junge. Andererseits kann so der Druck von den Frauen genommen werden. Diese Täuschung ist allgemein bekannt, so dass dies auch in den diversen Vorschriften der Imame und Mullahs Niederschlag findet.

Die als Jungen aufgezogenen Mädchen haben in dieser Zeit alle Freiheiten. Viele davon geben sich betont männlich, laufen mit Waffen herum und benehmen sich entsprechend.
Die Rückverwandlung dieser Pseudo-Männer in eine fügsame und unterwürfige Frau bei einsetzen der Menarche ist häufig nicht konfliktfrei. Denn wer will schon seine Freiheit, überall hingehen zu dürfen, mit dem Kerker der Konventionen tauschen?

In 22 Kapiteln stellt uns Jenny Nordberg höchst unterschiedliche Frauen vor.

Azita ist die gewählte Vertreterin einer armen Provinz Afghanistans, die alles versucht, das Los der Bewohner zu verbessern. Azita, Tochter von gebildeten Eltern und selbst Absolventin einer höheren Schule, unterzieht ihre jüngste Tochter dieser Prozedur. Sie wächst als „Mehran“ auf. Niemand nimmt Rücksicht auf die betroffenen Mädchen. Bei Mehran kündigen sich die Probleme, die bei der Rückverwandlung in ein Mädchen auftreten können, bereits an. Mehran will ihre Unabhängigkeit nicht aufgeben.

Auch Nader ist eine bacha posh. Sie ist Fahrerin und verzichtet wegen ihres Rollentausches auf Familie und eigenen Kinder. Doch das gelingt den wenigsten Frauen. Die Konventionen, die Vorurteile, die Gesellschaft lassen es kaum zu, dass eine Frau alleine lebt.

Viele Mädchen müssen sich auch als Jungs verkleiden, weil es keinen männlichen Verwandten gibt, der die Frauen auf ihren täglichen Lebenswegen, z.B. zum Einkaufen begleitet. So helfen basha posh in den kleinen Läden, um die Familie vor dem Hungertod zu retten.

Leider ist kein Happy End in Sicht. Als die Politikerin Azita ihre politische Funktion verliert und ihren arbeitslosen Ehemann nicht mehr mit Geldsummen (die er übrigens verspielt, obwohl auch Glücksspiele verboten sind) bestechen kann, driftet sie ebenfalls in das Elend der, von der Schwiegerfamilie unterdrückten Frauen ab. Mit „großem Make-up“ kaschiert sie die blauen Flecken, die sie von den Schlägen durch den Ehemann davonträgt.

Meine Meinung:

Die Autorin geht mit diesem Thema sehr behutsam um. Obwohl in Afghanistan jeder darüber Bescheid weiß, wird kaum öffentlich über diese Tatsache gesprochen.
In einer Kultur, die ihre Frauen in kleinen, dunklen Zimmern einsperrt, ihnen jedes Recht auf Selbstbestimmung abspricht ,macht Diskriminierung kreativ.

Die Bemühung diverser Eroberer bzw. Befreier wie Briten, Russen oder Amerikaner die Vorherrschaft der Traditionen zu brechen, ist immer wieder schief gelaufen. In einem Land, in dem die größte Mehrheit der Menschen Analphabeten sind, tut Aufklärung not. Ehen werden nach wie vor den Eltern organisiert. Töchter werden nur nach ihrem Nutzen betrachtet – hübsch, fügsam und natürlich unberührt sollen sie sein, dann sind sie auf dem Heiratsmarkt viel wert. Oft reicht ein Gerücht, ein Mädchen hätte nicht sittsam den Blick gesenkt aus, um den „Wert“ des Heiratsgutes zu mindern. Häusliche Gewalt bis zum Ehrenmord sind die Folge.
Da ist es grundsätzlich verständlich, Mädchen als Jungen aufzuziehen. Doch an die Folgen dieser zweimaligen Geschlechtsumwandlung denkt hier niemand.

Gleichzeitig ist das die einzige Möglichkeit des heimlichen Widerstandes, den Frauen haben. Deshalb gefällt mir der englische Titel des Buches besser: „The Underground Girls of Kabul: In Search of a Hidden Restistance in Afghanistan“

Fazit:

Ein beeindruckendes Buch über ein Thema, das berührt und eher unbekannt ist. Gerne bewerte ich dieses Buch mit 5 Sternen und gebe eine ausdrückliche Leseempfehlung ab.

Veröffentlicht am 29.09.2017

Aktueller den je

Stille Machtergreifung
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Der Autor Hans-Henning Scharsach ist wegen seiner FPÖ-kritischen Sachbücher bekannt.

In diesem Buch widmet er sich nicht einer einzelnen Person wie bei „Strache – im braunen Sumpf“ sondern den Mitgliedern ...

Der Autor Hans-Henning Scharsach ist wegen seiner FPÖ-kritischen Sachbücher bekannt.

In diesem Buch widmet er sich nicht einer einzelnen Person wie bei „Strache – im braunen Sumpf“ sondern den Mitgliedern einer Einrichtung, die im Laufe der Geschichte eine Wandlung durchlaufen hat - nämlich den „Burschenschaften“.

Ein kleiner historischer Diskurs:

Diese Studentenverbindungen sind ursprünglich in Deutschlands, Österreichs und Schweizer Universitäten entstanden und der Zusammenschluss der „Bursenbewohner“. Die „Burse“ von lat. „bursarius“ ist im Mittelater die Wohngemeinschaft der Studenten in einer Universitätsstadt. Daher wird der Begriff Burschenschaft im 18. und 19. Jh. häufig mit der „Studentenschaft“ gleichgesetzt.
Sogar nach der Gründung der „Urburschenschaft“ 1815 nach dem Ende der Napoleonischen Kriege bzw. dem „Wartburgfest“ 1817 sind noch immer alle Studenten gemeint.

Erst dem Bestreben die Deutschen Lande zu einem „Großdeutschland“ zu formieren, erfahren die Burschenschafter ihre politische Bedeutung. Diese „Deutschnationalen“ Ziele haben die meisten, im Gegensatz zu anderen Studentenverbindungen, bis heute nicht verloren.

Doch zurück zu „Stille Machtergreifung“.

Rund um den Parteiobmann der FPÖ Heinz-Christian Strache sammeln sich jede Menge Burschenschafter, meist aus Schlagenden Verbindungen. Die wenigen Parteifunktionäre, die einer solchen Vereinigung nicht angehören, weil sie etwa Frauen sind, werden stillschweigend entfernt. Die zwei, drei Frauen in der FPÖ oder deren Abspaltungen, die sichtbar sind, sind ebenfalls Mitglied einer Mädelschaft.

Der Autor zeigt auf, wie eng verflochten die einzelnen Mitglieder mit dem rechten Gedankengut sind.
Scharsach analysiert penibel die Methoden, mit denen die, oft mit der derzeitigen Regierung unzufriedenen, Bevölkerung eingelullt und manipuliert wird. Mit fremdenfeindlichen Parolen wird den Menschen in Österreich ein Szenario suggeriert, das so nicht existiert. Da wird auch munter jede Statistik gefälscht.

Die meisten Menschen sind der Propaganda der Blauen hilflos ausgesetzt, da sie weder die Zeit noch den Willen haben, sich damit auseinander zu setzen. Selbst Gebildete gehen diesen Menschenfängern auf den Leim. Es heißt ja, wenn eine Falschmeldung oft genug wiederholt wird, kann man sie sogar (als In-Verkehr-Bringer) selbst glauben, aber wahrer wird sie dadurch nicht.

Dies wird im Kapitel „Die Taktik des Populismus“ deutlich.

Vor dem Szenario „Was droht unter einer FPÖ-Regierung“ erinnere ich an die schwarz-blaue Regierung (1999- 2003 und 2003-2007). Die Machenschaften zahlreicher Mitglieder dieser Regierung beschäftigen nach wie vor die Österreichischen Gerichte.

Meine Meinung:

An manchen Stellen schimmert die persönliche Meinung des Autors ein wenig zu stark in den Vordergrund durch. Hier wäre ein wenig mehr Sachlichkeit wünschenswert gewesen.

Interessant und aufschlussreich ist die persönliche Geschichte über die Wahlentscheidung von Scharsachs Großmutter.

Wer sich mit den Mechanismen der politischen Propaganda beschäftigen möchte, dem sei das Buch von Dr. Alexandra Bleyer
„Propaganda als Machtinstrument. Fakten, Fakes und Strategien – eine Gebrauchsanleitung“ empfohlen.

Fazit:

„Stille Machtergreifung“ ist ein Buch, das unbedingt gelesen werden sollte.

Veröffentlicht am 17.09.2017

Ein humorvoller Krimi aus Österreich

Tod eines Surfers
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Clemens Holzbauer, Frauensammler, Surfer und Versicherungsagent (in dieser Reihenfolge), wird tot in seinem Ferienappartement im fiktiven Örtchen Schilfern aufgefunden.
Mit der Aufklärung sind Frau Oberst ...

Clemens Holzbauer, Frauensammler, Surfer und Versicherungsagent (in dieser Reihenfolge), wird tot in seinem Ferienappartement im fiktiven Örtchen Schilfern aufgefunden.
Mit der Aufklärung sind Frau Oberst Doktor Luise Pimpernell und Inspektor Roman Grümpl betraut.

Schnell stellt sich heraus, dass es Legionen von Blondinen und eifersüchtigen Freunden oder Ehemänner gibt, die ein Motiv für einen Mord an dem feschen Surfer haben.

Doch auch einige windige Machenschaften gemeinsam mit dem Bürgermeister von Schilfern, lassen an mörderische Beweggründe
Denken.

Erst ein Hinweis des Nachbarn von Holzbauer in Wien, gibt der ganzen Sache den entscheidenden Anstoß: Eine knackige Blondine mit einem silbernen Golf und einem Neusiedler Kennzeichen mit einer Null, ist häufig bei Clemens gesehen worden.

Na dann! Auf geht’s! Unglaublich wie viele Autos dieses Typs, dieser Farbe und mit einer Null im Kennzeichen in Schilfern zugelassen sind. Auf Pimpernell und Grümpl wartet eine Menge Arbeit.

Das mühsame Klinkenputzen hat letztendlich Erfolg, doch ist danach in Schilfern nichts mehr wie vorher.

Meine Meinung:

Mit Fr. Dr. Oberst Luise Pimpernell hat die Autorin, die selbst am Neusiedler See lebt, eine unkonventionelle Ermittlerin geschaffen. Sie ist nicht mehr ganz jung, pfeift auf Konventionen und Modediktate. Sie kennt hier am Neusiedler See Land und Leute recht gut und weiß daher, wie sie mit den einzelnen Bewohnern umgehen muss um Antworten auf die drängendsten Fragen zu bekommen.

Anders als in vielen Krimis geht es hier gemütlich zu. Keine hysterische Hektik, sondern peinlich genaue Recherche, die manchmal ein wenig eintönig wirkt. Aber der normale Polizeialltag ist eben hin und wieder auch fad und mühsam.

Der Schreibstil ist leicht und flüssig. Für alle jene Leser, die in den Dialektausdrücken nicht ganz so firm sind, gibt es zu Beginn ein ausführliches Glossar der gängigsten Ausdrücke. Am Ende des Buches finden sich einige typische Gerichte der Burgenländischen Küche.

Die Krimihandlung ist in die wunderschöne Landschaft rund um den Neusiedler See eingebettet.

Neben der eigensinnigen Pimpernell und dem arbeitssamen Grümpl gibt es viele Charaktere, die Ecken und Kanten haben sowie den einen oder anderen, der in jedem x-beliebigen Dorf in Österreich oder Deutschland leben könnte. Freunderlwirtschaft im Dunstkreis des Bürgermeisters ist ein altbekanntes Problem.

Mit dem erdigen Humor, der durchaus stellenweise dunkelschwarz ist, wächst die Frau Oberst ihren Lesern ans Herz.


Ich hätte locker noch 200 weitere Seiten lesen mögen.

Fazit:

Wer eine ungewöhnliche Ermittlerin abseits der üblichen Ermittlerinnen kennen lernen möchte, ist hier genau richtig. Gerne gebe ich diesem Krimi 5 Sterne und hoffe auf eine baldige Fortsetzung.