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Veröffentlicht am 02.11.2023

Professionelle Pflege darf nicht werten

Zwischen Mauern
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„Zwischen Mauern“ erzählt von Meta, einer jungen Bankangestellten, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, in ihrer Freizeit ehrenamtlich in einem Pflegeheim Sitzwachen an den Betten von schwer pflegebedürftigen ...


„Zwischen Mauern“ erzählt von Meta, einer jungen Bankangestellten, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, in ihrer Freizeit ehrenamtlich in einem Pflegeheim Sitzwachen an den Betten von schwer pflegebedürftigen Menschen zu übernehmen. Ihr Patient ist Herr T. auf Zimmer Nummer 9, der nachts, sobald es dunkel wird zu schreien beginnt. Niemand weiß was dahinter steckt. Das Pflegeheim selbst ist in einem desolaten Zustand. Es ist in Auflösung begriffen, wird in absehbarer Zeit die Tore schließen. Das Pflegepersonal ist quasi nur noch eine Notbesetzung und für viel zu viele Patienten zuständig. Der Pfleger Moses liebt seinen Beruf, auch wenn ihm die Situation auf der Station psychisch und physisch überfordert, da sie das Erträgliche längst überschritten hat. Er ist in der Nachtwache alleine für zwei Stationen und 52 Patienten zuständig. Ein unhaltbarer Zustand. Die Heimatmosphäre ist sehr bedrückend.

Sechs Nächte begleiten wir Meta, die sich liebevoll und engagiert dem todkranken Herrn T. in den Nächten zuwendet, ihn beruhigt und auf ihn einwirkt. Sie versucht ihrem Patienten die letzten Tage so angenehm wie möglich zu gestalten. Sie liest ihm Märchen vor und singt Kinderlieder, die er zu mögen scheint. Doch dann erfährt Meta von dessen Vergangenheit. Das löst bei ihr einen inneren Konflikt aus. Die Frage ist: Muss man einem Menschen die Hand halten, wenn sich alles dem Ende zuneigt – einem Menschen, der es nicht verdient? Haben wir darüber zu entscheiden? Dürfen wir werten? Benötigt nicht auch er in seinen letzten Stunden Beistand? Wie bleibe ich trotz diesem Wissen professionell und kann ich meine Emotionen ausblenden? Ich bin der Meinung, professionelle Pflege darf nicht werten. Die hochsensible Meta unterhält sich mit der verstorbenen Else, die ihr immer wieder Mut zuspricht.

Das Buch ist flüssig geschrieben und leicht zu lesen. Es gliedert sich in 6 Kapitel mit kurzen Leseabschnitten. Leider konnte ich zur Protagonistin Meta keine reelle Verbindung aufbauen. Auch wenn sie sich liebevoll um Herrn T. kümmert, so hätte ich doch gerne mehr über ihren eigenen Hintergrund, ihre Beweggründe erfahren. Ich hatte mir da mehr erwartet. Die deprimierende Atmosphäre in dem Heim ist greifbar beschrieben. Nicht nur die Menschen sterben hier, auch das Heim geht seinem Ende zu. Der katastrophale Pflegenotstand wird deutlich thematisiert. Positiv, fand ich, dass sich Moses und der Arzt, trotz der trostlosen Situation, ihre Menschlichkeit erhalten haben.

Fazit: „Zwischen Mauern“ regt zum Nachdenken an. Man fragt sich unwillkürlich: Wie würde ich mich in dieser Situation verhalten.

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Veröffentlicht am 17.10.2023

Ein Wohnexperiment

Der beste Platz zum Leben
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In Anne Weiss neuesten Buch ‚Der beste Platz zum Leben‘ geht die Autorin auf die Suche nach dem perfekten Zuhause. In meinem Leben, habe ich den besten Platz längst gefunden. Aber es war interessant zu ...


In Anne Weiss neuesten Buch ‚Der beste Platz zum Leben‘ geht die Autorin auf die Suche nach dem perfekten Zuhause. In meinem Leben, habe ich den besten Platz längst gefunden. Aber es war interessant zu lesen, welche Möglichkeiten es gibt. Anne Weiss stellt ihn ihrem Buch verschiedene Wohnkonzepte vor.

Ich bin ja ein Fan von Tiny-Häusern. Leider lebt es sich in so einem Häuschen in der Realität bei weitem nicht so romantisch, wie ich mir das in der Theorie vorgestellt hatte. Auch ein Smart-Home wäre auf keinen Fall mein Traum. Der Energieverbrauch in diesen Häusern ist enorm hoch und es fällt viel Elektroschrott an, wenn die Geräte schlapp machen. Dazu kommt, ich misstraue KIs.

Was ich über diese 170 km lange Hightec-City in der saudischen Wüste gelesen habe, ist der blanke Wahnsinn. Und auch Toyota arbeitet an der Stadt der Zukunft. Dieses Woven City hört sich für mich nach Science-Fiktion an. Für mich als Landkind unvorstellbar und auch nicht liebens- und lebenswert. Okay, das mag jeder sehen, wie er mag.

Für das Mehrgenerationenhaus könnte ich mich erwärmen. Und über altersgerechtes Wohnen sollte man sich unbedingt Gedanken machen. Das bezahlbarer Wohnraum in den Städten schwer zu finden ist, ist leider nicht von der Hand zu weisen. Da muss sich unbedingt was tun. Das Buch enthält noch viele weitere Wohnideen, auf die ich nicht näher eingehen möchte.

Anne Weiss stellt uns die verschiedenen Wohnkonzepte in einer Art Tagebuch vor. Dadurch wird der Stoff etwas lockerer präsentiert wie in einem Sachbuch. Nach jedem Kapitel gibt es eine Zusammenfassung mit weiterführenden Tipps und Links. Das Buch liest sich flüssig und unterhaltsam und bietet zudem noch viel an Information.

Fazit: Ein gut recherchiertes Buch, dass Einblick über die verschiedenen Wohnsituationen gibt und zum Nachdenken anregt.



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Veröffentlicht am 05.10.2023

Humor ist, wenn man trotzdem lacht

Wer nicht alle Tassen im Schrank hat, sollte mal in der Spülmaschine nachschauen.
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Martin Gehrs Wer nicht alle Tassen im Schrank hat, sollte mal in der Spülmaschine nachschauen - Abenteuer in die Welt der Kommunikation habe ich mit Vergnügen gelesen.
Auf humorvoller Weise betrachtet ...



Martin Gehrs Wer nicht alle Tassen im Schrank hat, sollte mal in der Spülmaschine nachschauen - Abenteuer in die Welt der Kommunikation habe ich mit Vergnügen gelesen.
Auf humorvoller Weise betrachtet der Journalist die verschiedenen Arten der Kommunikation, ob in Real life oder auf Social Media. Und nein, es ist keine Ratgeber, wie man vielleicht erwarten würde, sondern es ist eine Essay-Sammlung von skurrilen Geschichten, satirischen Episoden, und augenzwinkernd aufgearbeiteten Begebenheiten, die der Autor so erlebt hat.

Leider kann ich eine Struktur nicht erkennen. Es geht wild durcheinander. Wie im wahren Leben, nach dem Motto: Kommunikation ist nicht so einfach, kann aber irre Spaß machen!
Aber was anderes: Warum bewirbt man eigentlich sein Buch mit einem Jugendfoto?

Fazit: Ein unterhaltsames Gute-Laune-Buch, für Leser die das Leben nicht so ernst nehmen.

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Veröffentlicht am 04.10.2023

Ein starker Roman einer starken jungen Frau

Die weite Wildnis
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Ein starker Roman einer starken jungen Frau
Bereits Lauren Groffs Debütroman ‚Matrix‘ hat mich fasziniert. Ich war angetan vom intensiven Stil der Autorin. So hat mich auch ‚Die weite Wildnis‘ stark berührt.

Wir ...

Ein starker Roman einer starken jungen Frau
Bereits Lauren Groffs Debütroman ‚Matrix‘ hat mich fasziniert. Ich war angetan vom intensiven Stil der Autorin. So hat mich auch ‚Die weite Wildnis‘ stark berührt.

Wir befinden uns im 17.Jahrhundert. Englische Siedler nehmen das neue Land in Besitz. Ein Mädchen flieht vor dem Hunger und der Brutalität der Menschen im Fort. Es ist Winter, das Mädchen friert. Dennoch stellt sie sich der Wildnis, einem ihr völlig fremden unberechenbaren Land und einer ungewissen Zukunft. Sie hat sich das Nötigste heimlich zusammengestohlen: Ein Messer, ein Beil, dicke Fellhandschuhe und die Stiefel eines Verstorbenen. Was hat sie erlebt, dass sie diesen Schritt wagt?

In Rückblicken erfährt man von ihrem Leben. Sie wuchs als Waisenkind in einem Armenhaus auf. Dort nannte man sie Lamentatio Venal. Mit vier Jahren wurde sie von ihrer Dienstherrin abgeholt. Von nun an wurde sie mit allen möglichen Namen gerufen: Mädchen, Dienstmagd, Dummkopf und Zett, das war der Namen des verstorbenen Hündchens ihrer Herrin. Diese war mit einem Goldschmied verheiratet. Als ihr Mann verstarb heiratete sie einen Priester, mit dem sie schließlich die Überfahrt ins verheißene Land wagte.

Das Mädchen ist eine verbissene Kämpferin. Sie schlägt sich durch die Wildnis und schafft es sich Nahrung zu beschaffen, um zu überleben. Sie lernt die Natur lesen. Ich habe mir ihr gefroren und Hunger gelitten, war mit ihr in Höhlen und Unterschlupfen und habe mich vor der Dunkelheit gefürchtet. Die Autorin bringt das alles sehr authentisch rüber. Auf der Überfahrt war ich auch ein bisschen verliebt in den jungen Glasbläser aus Holland, der dann leider verstarb. Das Mädchen hatte sich mit ihm eine wundervolle Zukunft ausgemalt. Die Geschichte der Powhatan-Frauen, die sich an einem Vergewaltiger gerächt haben, hat mich bis ins Mark erschüttert. Ich bekomme jetzt noch Gänsehaut, wenn ich nur daran denke.

Lauren Groff schreibt wahnsinnig intensiv. Trotzdem hatte das Buch für mich auch Längen. Ich musste mich teilweise zwingen weiterzulesen.

Fazit: Eine starke Erzählung.

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Veröffentlicht am 29.08.2023

Im Teufelskreis der Essanfälle

Das Leben verschlingen?
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Ich habe mir vor Jahren dieses Buch gekauft und irgendwie ist es erstmal in meinem SUB verschwunden. Jetzt habe ich es wieder hervorgekramt. Die Autorin Prof. Dr. Simone Munsch arbeitet am Lehrstuhl ...



Ich habe mir vor Jahren dieses Buch gekauft und irgendwie ist es erstmal in meinem SUB verschwunden. Jetzt habe ich es wieder hervorgekramt. Die Autorin Prof. Dr. Simone Munsch arbeitet am Lehrstuhl für Klinische Psychologie und Psychotherapie der Universität Fribourg. Sie möchte mit diesem Buch zugleich Betroffene und Angehörige ansprechen und sie ermutigen, den Weg aus der Störung zu finden

Ich muss erklärend hinzufügen ich bin nicht übergewichtig, aber unkontrollierbare Essanfälle sind mir nicht fremd. Und so fand ich dieses Buch auch sehr spannend und aufschlussreich, zumal es verständlich und flüssig zu lesen ist. Und ja, ich hatte einige Aha-Momente. Es gilt körperlichen und psychischen Hunger zu unterscheiden. Die Autorin gibt hilfreiche Tipps, und zeigt Wege auf, die Essattacken in den Griff zu bekommen. Hungern ist definitiv der falsche Weg.

Bei mir ist das Thema allerdings nicht mehr akut, die gelegentlichen Essanfälle empfinde ich kaum noch als Drama, ich sehe es längst gelassener. Vielleicht hätte ich das Buch wirklich früher lesen sollen, da hätte es mir vermutlich sehr geholfen.

Fazit: Für akut Betroffene sicherlich eine große Hilfe.

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