Man muß sein Leben aus dem Holz schnitzen, das man zur Verfügung hat. Theodor Storm
Das Holz, aus dem wir geschnitzt sindKarl hat eine besondere Gabe, denn er sieht, welche wunderbaren Dinge sich in einem einfachen Holzscheit verbergen. Mit seinem Schnitzwerkzeug bearbeitet er das einfache Werkstück solange, bis die Seele ...
Karl hat eine besondere Gabe, denn er sieht, welche wunderbaren Dinge sich in einem einfachen Holzscheit verbergen. Mit seinem Schnitzwerkzeug bearbeitet er das einfache Werkstück solange, bis die Seele des Holzes sich zu einer wunderschönen Kommode formt, eine glatte Schüssel entsteht oder ein schön geschwungener Löffel. Halt und Unterstützung findet Karl bei seinem Großvater, der mit viel Liebe und Zuwendung das Talent des Jungen fördert. Zwischen beiden entsteht eine innige Verbundenheit, die auch Grundlage für ein Geheimnis ist. Als Jakob stirbt, bricht nicht nur für Karl eine Welt zusammen, sondern er muss fortan sehen, wie er sich allein durch Leben schlagen kann. Seine Leidenschaft treibt in voran, doch manchmal ist sie auch ein Hindernis. Karl lernt auf seinem Weg Menschen kennen, die es nicht immer gut mit ihm meinen. Und dann ist da auch noch Großvaters Geheimnis....
Annette Spratte wird mit ihrem Buch "Das Holz aus dem wir geschnitzt sind" selbst zur Holzschnitzerin und zeigt, wie gewissenhaft sie jede Figur ausgearbeitet hat und, ähnlich wie bei einem Stück Holz, eine jede auf ihre Art Verwachsungen, Einschlüsse, Verfärbungen im Charakter und auch im Herzen mit sich trägt.
Ihre Figuren, allen voran Karl, führen durch eine zu Herzen gehende Geschichte, die von Liebe und Gottvertrauen, Vergebung und Gerechtigkeit handelt. Ähnlich wie bei der Schnitzkunst werden nach und nach alle Ecken und Kanten, Narben und individuellen Wesenszüge freigelegt, die die Menschen im Roman nahbar und authentisch machen.
Erneut wird der Westerwald zur imposanten Kulisse für bewegende Momente, die zu Herzen gehen. Ein wenig erinnert der Bruderzwist zwischen Adam und Karl an Kain und Abel und es ist einer glücklichen Fügung zu verdanken, dass es nicht zum Äußersten kommt. Karls Suche nach seinem Platz im Leben wird begleitet von seinem Glauben, in dem er Halt findet. Spratte gelingt es dabei, die christliche Botschaft alltagstauglich und unaufdringlich zu vermitteln. Gerade in der achtsamen Beziehung zwischen Karl und seinem Großvater und später zwischen Karl und Anna wird deutlich, wie viel Kraft und Hoffnung in einer gefestigten Verbindung zu Gott steckt, auch wenn das Leben einmal ruckelt und holpert.
Die Autorin verwebt geschickt Historisches mit einem Hauch Romantik und ermöglicht ihren Leser;innen, das Wunder der Geburt hautnah mitzuerleben. Spätestens das ist der Moment, in dem sich das ein oder andere Tränchen aus den Augenwinkeln verabschiedet und das Herz vor Freude überquillt.
Annette Spratte nimmt ihre Leser:innen mit auf eine sehr emotionale Reise, die noch lange nachwirkt und eindrucksvolle Spuren hinterlässt.