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Veröffentlicht am 03.11.2023

Im Prinzip ist alles okay, abgesehen davon, dass NICHTS okay ist

Im Prinzip ist alles okay
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Miryam, studierte Anthropologin, knapp 30 Jahre alt, Mutter eines Säuglings, seit 1,5 Jahren in einer Beziehung mit Robert, eigentlich könnte alles gut sein, eigentlich sieht von außen alles ganz okay ...

Miryam, studierte Anthropologin, knapp 30 Jahre alt, Mutter eines Säuglings, seit 1,5 Jahren in einer Beziehung mit Robert, eigentlich könnte alles gut sein, eigentlich sieht von außen alles ganz okay aus, mehr als ok, nahezu perfekt - dank Instagramfilter! Doch was kann sich hinter den perfekt anmutenden Stories und lächelnden Frauen verbergen?

Yasmin Polat legt den Finger in die Wunden unserer Gesellschaft, vor denen allzu oft die Augen verschlossen werden, als ob sie dann aufhören würden zu existieren. Wie lebt man gesunde Beziehungen, wenn man selbst als Kind nur Gewalt und Kälte vorgelebt bekommen hat? Wie wird man ein guter Elternteil, wenn man selbst nie Kind sein durfte? Wie findet man zu sich selbst, wenn man nie herausfinden durfte, wer das ist?

Sie thematisiert psychische Erkrankungen, Wochenbettdepressionen, Gewalt in Beziehungen und was sie mit Familien über Generationen machen kann, aber auch ein idealisiertes Mutterbild, das Erwartungen an junge Frauen vermittelt, an der jeder echte Mensch eigentlich nur scheitern kann, potenziert durch die gesellschaftliche Entwicklung einer extrovertierten Bewertungsgesellschaft. Dabei beweist sie ein Gespür für Details und die Tiefen und Untiefen menschlicher Beziehungen.

Der Schreibstil ist oft eher umgangssprachlich, und passt damit gut zur Ich-Perspektive der jungen Erzählerin. Immer wieder entwirft die Autorin jedoch auch sehr starke sprachliche Bilder, die die Emotionen der Protagonistin anschaulich einfangen, einen so fast mitfühlen lassen, was bei diesen Themen auch beim Lesen schmerzhaft sein kann.

Das Thema Depression hat sich durch diese Erzählweise für mich zum ersten Mal unglaublich nah angefühlt. Diese Leere und die Verwirrung und später Verzweiflung darüber, nicht wirklich benennen zu können und erst recht nicht zu verstehen, was mit der Ich-Erzählerin passiert, fand ich sehr eindringlich und nachvollziehbar dargestellt.

Der Roman, er ist ein Freischwimmen der Protagonistin, aus ihrer Vergangenheit, Prägung und gesellschaftlichen Zwängen, hin zu sich selbst, jedoch eines mit einigen schmerzhaften Tauchgängen. Wie leider auch im wahren Leben!

Im Prinzip ist alles Okay, ist ein intensiver, bewegender Roman, der einen Blick dorthin wirft wovor gesellschaftlich nur allzu gern die Augen verschlossen werden, und der damit keinen Moment zu früh kommt!

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Veröffentlicht am 31.10.2023

Eine praxisnahe, wertschätzende und kluge Begleitung beim Weg näher zu sich selbst

People Pleasing
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Wenn du zu den Menschen gehörst, die, wenn sie von anderen angerempelt werden, sich selbst als erstes entschuldigen, solltest du dieses Buch auf jeden Fall lesen! Und alle anderen auch 😉

Zunächst muss ...

Wenn du zu den Menschen gehörst, die, wenn sie von anderen angerempelt werden, sich selbst als erstes entschuldigen, solltest du dieses Buch auf jeden Fall lesen! Und alle anderen auch 😉

Zunächst muss ich sagen, dass das Buch wirklich toll gelayoutet und gebunden ist, mit einem guten Blick fürs Detail, wie die Kacheln im Innenumschlag, quasi als kleiner Selbsttest vorab und das Gegenstück dazu im Rückumschlag: richtig toll!

Inhaltlich und sprachlich habe ich mich bereits in der Einleitung richtig gut abgeholt und besonders auch aufgehoben gefühlt. Bereits hier wird deutlich, wie positiv sich das Buch von Dr. Ulrike Bossmann in inhaltlicher Qualität von den zahlreichen phrasenhaften Psychoratgebern zu mehr Achtsamkeit oder Selbstermächtigung abgrenzt. Es sind keine lauten Töne, die die Autorin anschlägt, dafür umso einfühlsamer, stets wertschätzend, ermutigend, fachlich versiert und in einem klugen Abwägen.

Dies setzt sich im Buch als solches fort. In einer Mischung aus Fließtext mit eigenen Erfahrungen und Erläuterungen sowie Fallbeispielen, und immer wieder Referenzen zu wissenschaftlichen Studien führt die Autorin eingängig und anschaulich durch das Phänomen People Pleasing, mit allen positiven und negativen Aspekten. Denn das macht sie überzeugend deutlich: People Pleaser haben sehr positive und wertvolle Eigenschaften, für sich und eine funktionierende Gesellschaft. Wie man diese reflektiert und gesund für sich selbst einsetzt, ist letztlich entscheidend und genau dafür gibt der Text einen Anstoß.

Als die drei inhaltlichen Schwerpunkte im Buch, die sich über 8 Kapitel verteilen, sehe ich 1. Was ist People Pleasing, wo kommt es her/wie entsteht es, wie äußert es sich 2. Wie kann ich damit umgehen, mit praktischen Tipps und Strategien, auch zur Verstetigung des Erfolgs und zuletzt 3. - was sich als Basis durch das ganze Buch zieht - ein besseres Bewusstsein für sich selbst zu entwickeln. Die zahlreichen eingestreuten praxisnahen Anwendungen, Übungen und Kommunikationstipps sind sehr hilfreich und mal mit mehr mal mit weniger Aufwand umsetzbar. Mir hat sehr gefallen, dass die Autorin auch die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen beleuchtet, und so beispielsweise herausarbeitet, warum in unserer noch immer patriarchal geprägten Gesellschaft gerade Frauen oft zum People Pleasing neigen.

Besonders hervorzuheben ist der unglaublich gute, eingängige Schreibstil und die persönlichen Einblicke der Autorin. Ein bisschen hatte ich das Gefühl, als ob eine gute Freundin, mich auf Augenhöhe mitnimmt, erklärt und mich versteht, so dass ich alles gut nachvollziehen und annehmen kann. Der ein oder andere AHA Moment ergibt sich dadurch bereits beim Lesen.

Stil und Inhalt machen das Buch insgesamt zu einem kleinen Werk, dass auch soziales Miteinander unabhängig von People Pleasing besser zu verstehen und gestalten hilft. Eine unbedingte Leseempfehlung, insbesondere natürlich für alle Menschen, die sich im Alltag manchmal fragen, wo sie selbst bleiben, wenn sie es allen versuchen recht zu machen, zu selten Nein sagen können, und sich immer verantwortlich fühlen.

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Veröffentlicht am 30.10.2023

Angenehm unaufgeregt: ein scharfer, analytischer und ausgewogener Blick auf die aktuelle Weltlage

Welt in Aufruhr
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In einer aufgeregten und sich stetig zuspitzenden Weltlage kommen Münklers Analysen angenehm unaufgeregt daher, und das - und darin liegt allein schon ein großes Verdienst - unter Anerkennung der aktuellen ...

In einer aufgeregten und sich stetig zuspitzenden Weltlage kommen Münklers Analysen angenehm unaufgeregt daher, und das - und darin liegt allein schon ein großes Verdienst - unter Anerkennung der aktuellen Weltlage, die ihm bis zum Russischen Angriffskrieg in der Ukraine als Beispiel seiner Modellierungen und Analysen dient. Was jedoch Kommentatoren und Politiker in Aufruhr versetzt, ist für Münkler ein Analysegegenstand, der uns jeweils hilft die Welt ein Stück besser zu verstehen, Modelle bestätigt zu sehen, anzupassen, oder gar zu verwerfen, und auch damit Erkenntnis und dem Weltverstehen ein Stück näher zu kommen.

Mit Hilfe dessen, was Münkler Raum- und Zeitdehnung in seiner Perspektive nennt, wendet er den Blick in die Vergangenheit, zum Teil bis in die Antike, und jenseits eines eurozentristischen Weltbildes. So schafft er nicht nur zunächst Distanz zum aktuellen Weltgeschehen, es relativiert sich auch manche aufgeregte Einschätzung und Erzählung über den vermeintlich singulären Verfall der Weltordnung. Jede Raum- und Zeitdehnung koppelt Münkler schließlich wieder zurück in die Gegenwart, um diese dann mit den im Rückblick gewonnenen Erkenntnissen neu zu betrachten und zu bewerten. Dabei verfällt er nie ins Moralisieren, bewertet oder formuliert Wünsche. Nüchtern analysiert er beispielsweise wo Autokratien in ihrem Selbsterhalt im Vorteil sind, und wo demgegenüber Demokratien.

So gewinnt er unter anderem nicht nur erhellende Einblicke und mögliche Erklärungen für den Russischen Angriffskrieg, sondern skizziert zuletzt auch, wie eine neue Weltordnung, bei aller Irrtumswahrscheinlichkeit, aussehen könnte.

Aus dem Blick in die Vergangenheit, wird Analyse und Neubewertung der Gegenwart und entstehen letztlich Prognosen für die Zukunft im Bewusstsein aller Irrtumswahrscheinlichkeit. Diese Lektüre ist in jedem Sinne erhellend, mit einer klaren Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 10.10.2023

Bergwandern und Alltagsphilosophie in 10 Etappen

Gipfelrausch
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Gipfelrausch - so der Titel des Werks von Philipp Laage, beschreibt nur einen Ausschnitt dieses wundervollen Buchs. Ein Rausch kann es tatsächlich sein einen Gipfel zu erklimmen, doch ebenso frustrierend ...

Gipfelrausch - so der Titel des Werks von Philipp Laage, beschreibt nur einen Ausschnitt dieses wundervollen Buchs. Ein Rausch kann es tatsächlich sein einen Gipfel zu erklimmen, doch ebenso frustrierend wenn die Natur dem Menschen Grenzen aufzeigt und letztlich ist der Aufenthalt in den Bergen, die Auseinandersetzung in und mit der Natur so viel mehr als ein Rausch, oft das komplette Gegenteil, ein Innehalten, eine Einladung zum Nachdenken über die Welt, den Berg, sich selbst und die eigene Ortung in diesem Kosmos. All diese Facetten durchleben wir mit Philipp Laage in den zehn beschriebenen Gipfeltouren.

Das Buch ist wirklich wunderschön gebunden und auch das Kapitellayout mit dem Foto inkl. Höhenmetern des jeweiligen Bergs auf einer Doppelseite vor dem Bericht gefällt mir sehr gut. Das Buchformat erinnert an ein Tagebuch und so habe ich es auch gelesen, indem ich mir für jeden Berg Zeit genommen habe zum Lesen aber auch um danach das Gelesene wirken zu lassen.

In jedem Kapitel wird von einer Bergbesteigung erzählt, jeweils eingebettet in Gedanken und Informationen zum jeweiligen Land, Mitreisenden, Reisebekanntschaften und dem Bergsteigen (und letztlich dem Leben) als solches. Nebenbei gibt es noch nützliche Tipps zum richtigen Umgang mit der Höhe und ein paar unfreiwillige Lektionen, was man vielleicht lieber unterlassen sollte, wie das Durchfeiern der Nacht vor dem Bergstieg.

Die Wanderungen fand ich wirklich sehr schön beschrieben, insbesondere die Gefühle, die das Wandern, der Kontakt zur Natur und nicht zuletzt die Verbindung zum Berg auslösen. Besonders hat mir das Sinnieren über die Motivation zum Bergsteigen gefallen. Ich glaube gerade in der Moderne ist es das absolut Zweckfreie dieser Unternehmung und der Natur, die den wohltuenden Kontrast zu einem rationalen, utilitaristischen Zeitgeist gibt. Mit dem Satz, zu hören „was der Berg einem zu sagen hat“, hat der Autor dies wundervoll auf den Punkt gebracht.

Emotional bin ich persönlich sehr nah beim Autor, für mich sind die Berge Magie, strahlen Ruhe aus, geben Kraft, ohne dass ich jedoch den Respekt vor ihnen verlieren würde.

Das Buch von Philipp Laage hat mir schöne Stunden in den Bergen und Gedanken zum Sinnieren beschert und ist unbedingt zu empfehlen - auch oder gerade weil es die Sehnsucht nach den Bergen und der Natur weckt!

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Veröffentlicht am 07.10.2023

Ein Leben erzählt in Begegnungen

Die Details
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Woran erinnern wir uns, wenn wir auf unser Leben zurückblicken? Wie werden wir zu der Person, die wir sind? Es sind die Menschen, denen wir begegnen und die Beziehungen zu diesen, oft lediglich Details, ...

Woran erinnern wir uns, wenn wir auf unser Leben zurückblicken? Wie werden wir zu der Person, die wir sind? Es sind die Menschen, denen wir begegnen und die Beziehungen zu diesen, oft lediglich Details, die jedoch zusammengesetzt ein Gesamtbild ergeben. In Die Details setzt die namenlose Ich-Erzählerin in einem Fiebertraum ein solches Bild aus vier Begegnungen mit wichtigen, für sie prägenden Menschen, ihres Lebens zusammen.

Die Sprache ist präzise und bildlich zugleich, jedes Wort sitzt da wo es hin soll, kein Wort zu wenig, keines zu viel.

Jede Erinnerung wirkt wie ein Psychogramm der Person, bis ins kleinste Detail beobachtet und deutet die Erzählerin die Person und die Beziehung aus, um die „Details jenseits der Oberfläche“, wie sie es nennt, aufzuspüren, auszuleuchten. Doch viel wichtiger als die vorgestellten Personen, ist das was sie mit der Erzählerin machen, wie sie ihr Leben, ihre Haltungen und ihre eigene Entwicklung geprägt haben. So beschreibt sie an einer Stelle das Ich als Spuren der Menschen, denen wir begegnen, und man gewinnt den Eindruck, dass es der Erzählerin genau darum geht, aufzuzeigen, dass und auf welche Weise soziale Beziehungen und andere Menschen uns prägen, uns zu uns selbst machen, wie wir unsere Identität im Wechselspiel zwischen Identifikation und Abgrenzung mit anderen ausbilden.

Ein wirklich besonderes Buch, dass mit seiner Sprache und dem aufmerksamen Blick auf die Details, die uns und unsere sozialen Beziehungen ausmachen, vollkommen überzeugt.

Ich habe das Buch als Hörbuch gehört. Die Stimme ist sehr angenehm. Trotzdem würde ich das nächste Mal eher zum Buch greifen. Da sowohl der Inhalt als auch der Stil der Autorin mit vielen klugen Gedanken, zum Innehalten und Nachdenken anregt, was für mich bei einem Buch besser funktioniert. In dem Fall keine Kritik, sondern im Gegenteil, ein Buch, dass man einfach im Regal haben sollte, um immer wieder in den Gedanken darin zu verweilen.

Für Die Details und Ia Genberg eine ganz klare Empfehlung von mir!

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