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Veröffentlicht am 16.11.2023

Veränderungen in der Ordnung der Mächte

Welt in Aufruhr
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Das schlicht gehaltene Cover in überwiegend gedeckten Farben passt ausgezeichnet zu diesem informativem Sachbuch. Der in roter Farbe gedruckte Titel sticht heraus – diese Farbe ist nicht zufällig gewählt.

Ich ...

Das schlicht gehaltene Cover in überwiegend gedeckten Farben passt ausgezeichnet zu diesem informativem Sachbuch. Der in roter Farbe gedruckte Titel sticht heraus – diese Farbe ist nicht zufällig gewählt.

Ich durfte den emeritierten Professor für Politikwissenschaft und vielfach ausgezeichneten Autor Herfried Münkler (Jahrgang 1951) in zwei Veranstaltungen zu „Der Dreißigjährige Krieg“ und „Marx, Wagner, Nietzsche – Welt im Umbruch“ erleben. Er äußerte sich klug und reflektiert, so dass das neue Buch für mich ein „Muss“ war (und ist).

Münkler stellt seinem Buch zwei Zitate von André Malreaux und Karl Marx voran, die verdeutlichen, was sein Anliegen ist, nämlich der Versuch, eine neue Weltordnung zu antizipieren und zu erläutern. In seiner Einleitung mit der Überschrift „Vom Wandel der Weltordnung“ beschreibt er diesen im Laufe der Zeit. In den folgenden sechs Kapiteln werden verschiedene Aspekte beleuchtet. Münkler beginnt mit der Abrüstung am Ende des Kalten Krieges, stellt verschiedene Friedensordnungen vor und geht auf die Herausforderungen ein, die eine Einbindung von Russland in die europäische Friedensordnung darstellen.
Im zweiten Kapitel geht es um „Geopolitik und Weltordnung“, in dem historische Beispiele benannt und erläutert werden. Gleiches gilt auch für das folgende Kapitel „Module der Weltordnung“, hier werden Fragen gestellt nach Polaritäten (Uni-, bi- und multipolar) und dem Gleichgewicht der großen Mächte. Die „Erzählungen und Bilder der Weltordnung“ im vierten Kapitel beginnen mit den Narrativen der Ukraine und Russlands, um dann sehr ausführlich auf das Gleichnis von Leviathan und Behemoth einzugehen. Im fünften Kapitel stellt Münkler „Analytiker des großen Umbruchs: Thukydides, Machiavelli, Clausewitz“ vor, bevor er zum Abschluss „Die Weltordnung der großen Fünf“ erläutert. Fünf große Staaten, hier die USA, Russland, China, die EU und Indien, sieht Münkler als gute Größe an, um ein gewisses Maß an Stabilität zu gewährleisten, wobei auch ein solche Konstellation durch verschiedene, nicht vorhersehbare Ereignisse immer Veränderungen unterworfen ist, die auch zum Scheitern führen können.

Durchgängig beschreibt Münkler auch Veränderungen, zu denen falsche oder fehlerhafte Einschätzungen, mangelnde Vorstellungskraft oder nicht beeinflussbare äußere Umstände geführt haben. Dies kann für die Vergangenheit gezeigt werden, gilt jedoch auch für die Zukunft.

Umfangreiche Anmerkungen und ein ausführliches Literaturverzeichnis runden dieses wertvolle Buch ebenso wie das Lesebändchen ab.

Sehr schade, dass mir der schlichte und doch so wahre Satz „Münkler lesen macht klüger.“ (Tagesanzeiger) nicht eingefallen wäre.


Fazit: Herfried Münkler hat (erneut) ein ausgezeichnet recherchiertes, ein wertvolles Buch zu einem hochaktuellen Thema


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Veröffentlicht am 05.11.2023

Schöne Idee, ausgezeichnet recherchiert

Der stumme Zeitzeuge
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Gerd Berger findet bei der Auflösung eines Antiquariats in Münster ein mehrbändiges Lexikon, dem er nicht widerstehen kann. Erst später entdeckt er eine Widmung, die einen persönlichen Bezug herstellt. ...

Gerd Berger findet bei der Auflösung eines Antiquariats in Münster ein mehrbändiges Lexikon, dem er nicht widerstehen kann. Erst später entdeckt er eine Widmung, die einen persönlichen Bezug herstellt. Das ist jedoch nicht die einzige Überraschung, die das Lexikon für Gerd bereithält.

Band 1, der sich als erster in der Reihe als etwas besonderes ansieht, berichtet die Erlebnisse des Lexikons quasi vom Verlassen der Druckerei bis in das 21. Jahrhundert. Zunächst sind die Bände sehr stolz auf ihr Wissen, an dem sie ihre Besitzer natürlich sehr gern teilhaben lassen. Später dann müssen sie erkennen, dass sie durch ihre prominenten Plätze viel erfahren, das sie selbst nicht mehr erklären können. Das ist sehr gut dargestellt. Gernot Beger trifft auch den richtigen Ton, wenn er Band 1 erzählen lässt. Im Gegensatz dazu stehen die Erlebnisse innerhalb der Familien, die das Lesen kurzweilig werden lassen.

Das Lexikon berichtet das Zeitgeschehen, beginnend mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Dabei geht es nicht nur um lokale oder regionale Ereignisse, sondern auch um einen Überblick. Sehr deutlich wird dies insbesondere in den Jahren ab etwas 1920 bis in die zweite Hälfte der 40er Jahre. Hier steht Münster und seine Geschichte im Vordergrund und wird detailliert erzählt, immer wieder jedoch geht es über Münster hinaus.

Die Protagonisten sind lebendig gezeichnet. So wird z.B. Henriette bereits mit dem ersten Satz so gut charakterisiert, dass sofort ein Bild entsteht. Auch alle anderen Charaktere sind gut vorstellbar, seien sie sympathisch oder eher unsympathisch. Ihre Entscheidungen, ihre Probleme und ihre Sorgen werden eher nebenher erwähnt, dennoch ist die Tragweite erkennbar und manchmal auch vorhersehbar.

Der Autor schreibt einen angenehm zu lesenden Stil, dem den Humor nicht fehlt. Damit können die vielen Informationen gut aufgenommen werden.

Ein umfangreicher Anhang mit dem Stammbaum der Familie, umfangreichen Personen- und Sachregister, einem Literaturverzeichnis und Anmerkungen zu einigen Stichpunkten ergänzen den Roman.

Fazit: ein ausgezeichnet recherchierter Roman mit viel Lokalkolorit

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Veröffentlicht am 04.11.2023

Mitreißender feministischer Genre-Mix

Das Buch Eva
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Das wunderschön gestaltete Cover mit Naturdarstellungen und seltsamen goldenen Schriftzeichen hat es mir sofort angetan. Die Inhaltsangabe verrät, dass es um ein Manuskript geht, das die Bibliothekarin ...

Das wunderschön gestaltete Cover mit Naturdarstellungen und seltsamen goldenen Schriftzeichen hat es mir sofort angetan. Die Inhaltsangabe verrät, dass es um ein Manuskript geht, das die Bibliothekarin Beatrice von einer fremden Frau kurz vor deren Tod erhält. Beatrice zieht die Gesellschaft von Schriften und Büchern der ihrer Mitschwestern im Kloster vor.

Meg Clothier studierte Classics an der Universität Cambridge, und lebt mit ihrer Familie in Sommerset. »Das Buch Eva« ist ihr dritter Roman. Er wurde übersetzt von Edith Beleites, die als Übersetzerin und Schriftstellerin arbeitet.

Die zugrunde liegende Idee für diesen wunderbaren Roman ist das Voynich-Manuskript, das seine Geheimnisse noch nicht preisgegeben hat. Meg Clothier beschreibt lebendig und gut recherchiert das Leben in einem italienischen Kloster zur Zeit der Renaissance. Die Welt wird von Männern dominiert, Frauen haben keinen ihnen gebührenden Platz. Die Autorin lässt die verschlossene Bibliothekarin Beatrice die Geschichte erzählen. Damit überlässt sie es quasi Beatrice, etwas von sich preis zu geben. Da hätte ich mir vielleicht etwas mehr Tiefe gewünscht. Dafür ist ihre Entwicklung im Verlauf der Geschichte gut und nachvollziehbar, eine Entwicklung, die auch einem für sie überraschenden Geständnis zu verdanken ist. Es gibt eine Reihe von Nebenfiguren, u.a. die Mitschwestern im Kloster und die Frau ihres Vaters, die gut beschrieben werden.

Der Roman enthält mystische und fantastische Elemente und ist aus feministischer Sicht geschrieben, eine Mischung, die sehr besonders ist und mir gut gefallen hat, zumal der Schreibstil flüssig und mitreißend ist.

Fazit: ein besonderer Roman, eine Leseempfehlung

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Veröffentlicht am 04.11.2023

Detailreich und überraschend

Der Stein des Todes
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Das schwarze Cover mit dem weißen Rand und den rätselhaften Zeichnungen auf dem Diskos und dem dazu passenden Titel machte mich neugierig.

Tatsächlich geht es in diesem Krimi um den Diskos von Phaistos, ...

Das schwarze Cover mit dem weißen Rand und den rätselhaften Zeichnungen auf dem Diskos und dem dazu passenden Titel machte mich neugierig.

Tatsächlich geht es in diesem Krimi um den Diskos von Phaistos, denn es gibt das Gerücht, dass ein zweiter Diskos bei den Grabungen gefunden wurde. Dieser ist allerdings nie wieder aufgetaucht. Ein deutscher Journalist, der diesem Gerücht nachging, wird ermordet aufgefunden. Die Kunsthistorikerin Anna Bentorp hat unmittelbar zuvor Urlaub auf Kreta und in Italien gemacht. Ganz zufällig gibt es eine Verbindung des Vaters bzw. Großvaters der Gastgeberinnen zu der Ausgrabung. Natürlich ist Annas Spürsinn geweckt.

Schon allein die Inhaltsangabe verspricht Spannung. Margarete von Schwarzkopf nutzt für diesen Krimi drei Zeitebenen. Immer wieder geht es ins Jahr 1908, dem Jahr der Ausgrabungen zurück. Schauplatz ist wie erwähnt Kreta. In den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts verlieren zwei Mitglieder des Ausgrabungsteams in Italien unter mysteriösen Umständen ihr Leben und nehmen das mögliche Geheimnis mit in den Tod. Im Hier und Heute versuchen Anna oder vielleicht doch besser Hans Schumann als Ermittler, den Tod des Journalisten aufzuklären.

Wie genau alles zusammenhängt, erzählt Margarete von Schwarzkopf langsam und mit vielen Details. Dennoch gelingt es ihr, die Spannung zu halten, nicht zuletzt auch dadurch, dass Anna einige kritische Situationen zu überstehen hat.

Es war mein erster Krimi mit der Kunsthistorikerin Anna Bentorp, es ist bereits ihr 7. Fall. Ich hatte keine Verständnisprobleme, da der Fall für sich steht und abgeschlossen wird und es gute Hinweise auf die Beziehungen zu ihren Freunden und ihrer Mutter gibt. Allerdings hätte ich Annas Geschichte sehr gern von Anfang an verfolgt, um das eine oder andere besser einordnen zu können.

Fazit: ein spannender Fall für alle, die Krimis mit historischen Elementen und eine langsame Erzählweise mögen.

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Veröffentlicht am 04.11.2023

Packender historischer Kriminalroman

Der Fluch des Fremden
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Anfang des 17. Jahrhunderts in Furtenblick: die Einwohner feiern sich das alljährliche Dorffest, als ein Fremder den grausamen Tod von vier Bürgern ankündigt und sich anschließend über eine Klippe in den ...

Anfang des 17. Jahrhunderts in Furtenblick: die Einwohner feiern sich das alljährliche Dorffest, als ein Fremder den grausamen Tod von vier Bürgern ankündigt und sich anschließend über eine Klippe in den nahen Fluß stürzt. Am Tag darauf wird der erste Tote gefunden, genauso wie es der Fremde verkündet hat. Die Einwohner sind völlig verängstigt.

Das Cover passt perfekt zum Inhalt und ist sehr liebevoll gestaltet, ebenso die Umschlaginnenseiten, die die Neugier verstärken.

Alexander Hartung, Jahrgang 1970, studierte Volkswirtschaft und arbeitet zunächst in Unternehmensberatungen, bevor er in die Softwarebranche wechselte. Während seines Studiums begann er mit dem Schreiben, seine Jan-Tommen-Serie eroberte die Bestsellerliste. Er lebt mit seiner Familie in Mannheim, wo er auch geboren wurde.

Packend beschreibt Alexander Hartung die Suche nach dem Mörder, denn die Witwe Katharina Volck glaubt nicht an Geister und Flüche. Sie ist eine unerschrockene und mutige Frau, die schnell erkennt, dass nichts Übernatürliches seine Hände im Spiel hat. Ihr zur Seite steht ihr Nachbar Jakob Kohlhepp, der zwar nicht ganz so überzeugt ist wie Katharina, sie aber unerschütterlich unterstützt. Die beiden sind einander sehr zugetan, was Alexander Hartung in einer sehr schönen Art und Weise erkennen lässt. Diese beiden Charaktere sind sehr detailliert und lebendig beschrieben. Auch die anderen Personen lassen sich sehr gut vorstellen, z.B. der völlig überforderte und verängstigte Bürgermeister des kleinen Ortes. Deutlich wird auch, wie hart und beschwerlich das Leben im 17. Jahrhundert war. Die Aufklärung ist schlüssig und nachvollziehbar.

Fazit: ein packender historischer Krimi, von denen ich mir mehr wünsche