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Veröffentlicht am 04.11.2023

Hatte mehr erwartet

Da bin ick nicht zuständig, Mausi
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Conny ist Beamtin in Berlin, um die 40, Single und erzählt aus ihrem Leben, vor allem, aber nicht nur, auf dem Amt. Dort ist sie eher weniger engagiert, ihr Beruf nicht gerade ihre Berufung, und auch ihre ...

Conny ist Beamtin in Berlin, um die 40, Single und erzählt aus ihrem Leben, vor allem, aber nicht nur, auf dem Amt. Dort ist sie eher weniger engagiert, ihr Beruf nicht gerade ihre Berufung, und auch ihre Kolleginnen sind nicht unbedingt mit dem Herzen dabei.

Conny from the block ist eine Kunstfigur. Hinter ihr steht eine inzwischen ehemalige Beamtin, die auf humorvolle Weise „das Amt“ schmackhafter machen will. Man findet sie auf Instagram und TikTok, wo sie u. a. sehr humorvolle Videos online stellt, alle Charaktere darin stellt sie selbst dar, jeweils mit Filtern und Stimmen verfremdet, jeder hat seine eigenen Macken, alle sind sie auf ihre eigene Weise auch liebenswert.

Erzählt wird in Episoden aus Connys Behördenalltag, auch ihr Privatleben nimmt einen gewissen Raum ein. Für das Buch wurden leider nicht alle Charaktere aktiviert, man findet hier Petra, Gisela, Doris, Ronja, Dilara, und ein bisschen Maik, andere fehlen leider, oder tauchen, wie Orkan, nur ganz kurz auf. Gerade von Orkan hätte ich gerne mehr gelesen. Wobei das „Fortsetzung folgt“ am Ende auf künftiges Mehr hindeutet.

Leider funktioniert für mich das Buch sehr viel weniger gut als die Videos, die sind einfach pointierter und durch die verschiedenen dargestellten Charaktere witziger. Wo mich die Videos in der Regel abholen, hat mich das Buch auch manchmal gelangweilt. Natürlich habe ich auch hin und wieder geschmunzelt, aber doch weniger, als erwartet und gehofft.

Conny bzw. die Frau hinter ihr, bedient Klischees. Da jede:r in seinem Leben, in der Regel mehrmals, mit „dem Amt“ zu tun bekommt, hat natürlich auch jede:r seine eigenen Erfahrungen gemacht, zudem gibt es generell viele Vorurteile über Beamte. Hier im Buch finden sich eine Menge davon, und die meisten werden durch Conny und ihre Kolleg:innen bestätigt – leider.

Ich hätte mir für das Buch ein bisschen mehr gewünscht. Hier hätte man auch mit ein paar Vorurteilen aufräumen und vielleicht ein bisschen mehr Hintergrundwissen einfließen lassen können. So sind längst nicht alle Mitarbeiter:innen in Ämtern Beamt:innen. Viele, auch die älteren, sind sehr engagiert, und machen ihre Arbeit gerne, es gibt viel mehr Dilaras, als man denkt. Ich selbst war lange Zeit in einer Behörde tätig, und habe mich dort sehr wohl gefühlt, trotz Faxgerät. Gerade, weil die Autorin eigentlich mehr will, hätte ich hier auch mehr erwartet.

Da ich Conny from the block von Instagram kenne und mag, habe ich mich auf das Buch sehr gefreut, wurde aber eher enttäuscht. Vielleicht hätte ich eher zum Hörbuch greifen sollen, das Conny selbst mit den verschiedenen Stimmen eingesprochen hat – das hätte mir wahrscheinlich mehr von dem erwarteten Feeling geben können. Leider habe ich mich weniger amüsiert als gedacht, und auch nicht nur (negative) Klischées erwartet, sondern mehr positives „echtes Amt“.

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Veröffentlicht am 09.10.2023

Davon hatte ich mir mehr versprochen

Bournville
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Bournville ist ein Dorf, das von den Eigentümern der Schokoladenfabrik Cadbury für ihre Mitarbeiter gegründet wurde. Schokolade spielt daher in diesem Buch eine gewisse Rolle. Im Mittelpunkt steht aber ...

Bournville ist ein Dorf, das von den Eigentümern der Schokoladenfabrik Cadbury für ihre Mitarbeiter gegründet wurde. Schokolade spielt daher in diesem Buch eine gewisse Rolle. Im Mittelpunkt steht aber die Familie von Mary, die man vor dem Hintergrund von sieben historischen Ereignissen erlebt.

Nach einem Prolog lernt man die elfjährige Mary und ihre Eltern kennen, die in Bournville wohnen. Es ist der 08. Mai 1945, das Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa. Im späteren Verlauf wird Mary heiraten, Kinder, Enkel und Urenkel bekommen, das siebte Ereignis ist schließlich der 08. Mai 2020, der 75. Jahrestag des ersten. Da zu diesem Zeitpunkt die Pandemie herrscht, verläuft dieser Tag gänzlich anders als geplant.

Die sieben Ereignisse sind wichtige Daten für Großbritannien, u. a. erleben wir mit Mary und weiteren Familienangehörigen die Krönung Elisabeths II, die Fußballweltmeisterschaft 1966 und die Hochzeit von Prinz Charles und Lady Di. Es spielt dabei nicht nur die engste Familie eine Rolle, sondern auch angeheiratete und entferntere Verwandte, manche kennen Leser:innen des Autors bereits aus anderen Romanen. Um den Überblick über die Vielzahl an Charakteren zu behalten, gibt es einen Familienstammbaum. Die Ereignisse bilden die Kulisse und sind mehr oder weniger Teil des Geschehens. Ereignis Nummer 4, die Investitur Charles' als Prinz von Wales, spielt eher eine nachrangige Rolle.

Erzählt wird nicht in einem einheitlichen Erzählstil, mal gibt es Tagebuchaufzeichnungen, mal die Aufzeichnung der Gedanken aller Anwesenden, mal einen Brief, einen Bericht oder eine Rede, immer wieder aber auch normalen Fließtext. Auch die Perspektiven wechseln häufig.

Im Grunde hat dieser Roman alles, was mich unterhalten könnte, eine Familiengeschichte, historische Ereignisse, die ich teilweise selbst miterlebt habe, und interessante, abwechslungsreiche Erzählstile. Aber, leider konnte mich der Roman bereits von Beginn an nicht packen, und gerade die verschiedenen Erzählstile und Perspektiven zerreißen das Ganze eher.

Vor allem aber lag das daran, dass mir keiner der Charaktere, auch Mary nicht, nahe kam, so dass ich für ihre Geschichten nur wenig Interesse aufbringen konnte, dazu war das Erzählte einfach zu oberflächlich. Auch von den sieben Episoden habe ich mir mehr versprochen, am Ende hat mir der Roman keinen wesentlichen „Mehrwert“ gebracht. Leider ließ sich auch der (britische) Humor kaum sehen, zum Glück kam er aber doch hin und wieder hervor. Am besten gefiel mir eine Ausschussitzung der EU, bei der es um die Schokoladenrichtlinie ging, Cadbury-Schokolade wurde nämlich bereits von der EWG nicht als Schokolade anerkannt.

Leider hat der Roman für mich nicht gehalten, was ich mir von ihm versprochen habe. Ich kam den Charakteren nicht nahe, und verlor dadurch schnell das Interesse an ihnen. Hin und wieder wurde ich dennoch unterhalten, so dass ich 3 Sterne vergeben kann.

Veröffentlicht am 31.08.2023

Wichtiges Thema, nicht ganz adäquat umgesetzt

Das Mädchen mit dem Drachen
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Nach einem Schicksalschlag flüchtet sich die Lehrerin Léna nach Indien, sie muss Abstand gewinnen. Im Laufe ihres Aufenthaltes in einem kleinen Dorf wird sie auf ein Mädchen aufmerksam, das täglich mit ...

Nach einem Schicksalschlag flüchtet sich die Lehrerin Léna nach Indien, sie muss Abstand gewinnen. Im Laufe ihres Aufenthaltes in einem kleinen Dorf wird sie auf ein Mädchen aufmerksam, das täglich mit seinem Drachen am Strand auftaucht. Eines Tages rettet das Mädchen Léna das Leben und sie lernen sich näher kennen. Bald ist Léna klar, das Mädchen sollte eine Schulausbildung bekommen. Léna stürzt sich in die Planung für eine Schule in dem kleinen Dorf, das auf die Beine zu stellen ist aber gar nicht so einfach, nicht nur mit den Behörden muss Léna kämpfen.

In Indien waren die Leser:innen der Autorin schon einmal, in „Der Zopf“ lernten wir eine Mutter kennen, die für ihre kleine Tochter Lalita mehr wollte als das Leben einer Dalit, einer Unberührbaren, und sich mit ihr auf den Weg machte, um Lalita eine Schulbildung zu ermöglichen. Lalita treffen wir hier nun wieder, sie ist das Mädchen mit dem Drachen. In „Der Zopf“ hatte mich ihr Schicksal und das ihrer Mutter tief berührt. Laetitia Colombani nimmt die Kritik an Indiens Gesellschaft(ssystem) erneut auf. Dazu führt sie hier Preeti ein, eine junge Frau, die für Indiens Frauen und Mädchen kämpft, vor allem für die, die der Kaste der Dalit angehören. Sie leitet eine Einheit der Roten Brigade.

Die Rote Brigade ist keine Erfindung der Autorin, sie gibt es wirklich. Ins Leben gerufen von Usha Vishwakarma, soll sie Mädchen und jungen Frauen Selbstbewusstsein bringen und sie lehren, sich selbst zu verteidigen, in einem Land, in dem es immer wieder Massenvergewaltigungen gibt, und nicht nur Dalit-Mädchen und -Frauen als weniger wert gelten und oft nicht geschützt werden, eine Notwendigkeit. Diesen Missstand zu benennen, ist ein wichtiger Ansatz des Romans.

Leider, muss ich sagen, ist die Hintergrundgeschichte nur zum Teil tauglich dafür, den Léna ist oft zu sehr in ihrem eigenen Elend gefangen, und tendiert dazu, schnell aufzugeben. Preeti ist da ein ganz anderer Typ, allerdings oft zu impulsiv. Ein sehr ansprechender Charakter ist Kumar, ein junger Lehrer, der ebenfalls in Traditionen verstrickt ist.

Für das Projekt Schule ist viel Geld nötig, das vielleicht tatsächlich von außen kommen musste. Eine andere Protagonistin hätte der Geschichte aber besser getan, eine, der man näher gekommen wäre. Ich frage mich auch, warum lange nicht eindeutig erzählt wird, was genau Léna nach Indien getrieben hat. Das ist unnötig und wirkt auf mich sehr aufgesetzt, zumal damit keinerlei Spannung erzeugt wird.

Gegen Ende wird der Roman für mich etwas zu rührselig und regelrecht kitschig, und auch hier etwas zu aufgesetzt. Schade, am Ende fühlte ich mich fast eher genervt als berührt. Leider gibt es kein Nachwort, ich hätte gerne mehr über Intention, Recherche usw. der Autorin gelesen. Dafür gibt es innerhalb des Romans einige indische Begriffe, die in Fußnoten erklärt werden, was das Ganze authentischer macht.

Eine sehr wichtige Thematik wird hier teilweise zu aufgesetzt und kitschig abgehandelt, so dass es mich letztlich weniger berührt hat, als erwartet. Besonders das Thema Rote Brigade war für mich neu, so dass ich doch noch etwas mitnehmen konnte. Während die Protagonistin mich nicht berühren konnte, haben das weitere Charaktere geschafft. Schön war auch das Wiedersehen mit Lalita. Dennoch unterm Strich bleiben für mich „nur“ gute 3 Sterne.

Veröffentlicht am 21.08.2023

Habe mehr erwartet

Die Wölfe von Pompeji
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Pompeji, 74 n. Chr.: Die Griechin Timarete wächst behütet als Tochter eines Arztes auf. Als dieser stirbt, stürzt die Familie ins Unglück, und Timarete landet als Sklavin Amara in Pompeji, wo sie mit anderen ...

Pompeji, 74 n. Chr.: Die Griechin Timarete wächst behütet als Tochter eines Arztes auf. Als dieser stirbt, stürzt die Familie ins Unglück, und Timarete landet als Sklavin Amara in Pompeji, wo sie mit anderen Frauen als Prostituierte im Stadtbordell arbeitet. Von Anfang an versucht sie um jeden Preis ihrem neuen ungeliebten Leben eine Wendung zum besseren zu geben.

Die Geschichte spielt innerhalb eines knappen Jahres und wird aus Amaras Perspektive in der dritten Person und im Präsens erzählt, letzteres passt hier sehr gut, denn so hat man das Gefühl direkt dabei zu sein. Man lernt Amara, aber auch die anderen Frauen des Bordells, sowie dessen Besitzer und die Wachleute, gut kennen, erfährt manches über sie erst im weiteren Verlauf der Geschichte. Allerdings bleiben die Personenzeichnungen dennoch relativ oberflächlich, z. B. hätte ich gerne mehr über Victorias Gedanken und Gefühle erfahren, die zum einen relativ tough wirkt, zum anderen sich aber einer unmöglichen Liebe hingibt. Mit Amara dagegen konnte ich gut mitfühlen, immer wieder ist ihre Hilflosigkeit zu spüren, aber auch ihr starker Wille, ihrem Leben einen anderen Weg zu eröffnen.

Neben dem Personal des Bordells gibt es weitere Charaktere, zum Beispiel andere Sklaven oder Freier, die für die Geschichte mehr oder weniger wichtig sind. Einer davon ist Plinius der Ältere, schön, dass auch eine historische Persönlichkeit Einzug in den Roman halten durfte. Pompeji als Setting oder auch der historische Hintergrund bleiben mir persönlich zu blass. In Zusammenhang damit haben mir aber die kapiteleinleitenden, immer gut zum jeweiligen Kapitel passenden Zitate gut gefallen, die Autorin zitiert nicht nur z. B. Catull, Ovid und Plinius, sondern auch Grafitti von den Mauern Pompejis. Was mich dagegen sehr gestört hat, waren die vielen modernen Worte, wie z. B. Party, Outfit, gestylt, die so gar nicht zum zeitlichen Setting passten und in meinen Augen die Atmosphäre kaputt machen.

Das Buch „stellt das Leben von Frauen neu vor, die lange übersehen wurden“, ein feministischer Ansatz also, der allerdings bereits beim deutschen Titel scheitert, warum Wölfe, nicht Wölfinnen? Denn das Stadtbordell wird Wolfshöhle genannt, die Prostituierten als Wölfinnen betitelt. Der Originaltitel passt hier besser. Schade, da hat sich der Verlag in meinen Augen einen Fauxpas geleistet. Sehr gefehlt hat mir übrigens ein Nachwort der Autorin, in dem sie etwas über ihre Intention und über Fakten vs. Fiktion erzählt. Auch eine Bibliographie wäre schön gewesen.

Die Geschichte ist stellenweise spannend, Amara hat einen ständigen Kampf zu führen, immer wieder scheitert sie oder kann die Konsequenzen nicht vorhersehen. Leider ist der Roman auch immer wieder langatmig, zu oft hat er mich doch nicht gepackt. „Die Wölfinnen von Pompeji“ ist der erste Band einer Trilogie, und obwohl ich neugierig auf Amaras weiteres Leben bin, weiß ich noch nicht, ob ich die beiden Folgebände lesen werde.

Das Leben von Prostituierten in Pompeji nur wenige Jahre vor dem verheerenden Vulkanausbruch zu erzählen, ist eine interessante Idee, jedoch hat der Roman auch einige Schwachstellen, so dass ich am Ende nicht ganz zufrieden, und auch nicht sicher bin, ob ich Amaras Leben weiter verfolgen möchte.

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Veröffentlicht am 18.06.2023

Lässt mich zwiegespalten zurück

Institut für gute Mütter
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Überfordert lässt Frida ihre 18 Monate alte Tochter Harriet zweieinhalb Stunden alleine zu Hause. Als sie wiederkommt, ist Harriet in Obhut genommen, ein Nachbar hat Frida angezeigt. Aufgrund eines neuen ...

Überfordert lässt Frida ihre 18 Monate alte Tochter Harriet zweieinhalb Stunden alleine zu Hause. Als sie wiederkommt, ist Harriet in Obhut genommen, ein Nachbar hat Frida angezeigt. Aufgrund eines neuen Gesetzes werden Frida die Elternrechte entzogen, ein Jahr lang muss sie nun, zusammen mit anderen Müttern, lernen, eine gute Mutter zu sein.

Selbst Mutter von – bereits erwachsenen – Kindern, war dieser Roman für mich ein Auf und Ab der Gefühle. Natürlich geht es gar nicht, was Frida gemacht hat, aber, was dann mit ihr gemacht wurde, geht ebenfalls nicht. Zusammen mit anderen Müttern wird sie regelrecht inhaftiert, das Anwesen von einem elektrischen Zaun umgeben, Kameras überall, in Uniformen gesteckt. Zum Üben erhält jede Mutter eine mit KI ausgestattete lebensechte Puppe, die dem jeweiligen Kind ähnelt. Der Kontakt zu ihren echten Kindern wird willkürlich gehandhabt, meistens eingeschränkt. Da fragt man sich schnell, wer den Kindern wirklich schadet.

Beim Lesen hat man dauernd ein ungutes Gefühl. Erzählt wird durchgehend aus Fridas Perspektive, was das ungute Gefühl noch verstärkt, man begleitet sie regelrecht durch ihre Verzweiflung, aber auch durch ihre Hoffnungen. Auch wenn Frida es als „schlechten Tag“ abtut, ihr Vergehen ist letztlich schlimmer als das mancher der anderen Mütter, mit denen sie nun zusammenlebt, und sie hätte wohl wirklich Hilfe gebraucht, nur eben auf eine andere Art, als sie hier bekommt.

Frida ist kein einfacher Mensch, und so sind auch meine Gefühle für sie nicht immer gleich, letztlich kommt sie mir nicht so nahe, wie ich mir das gewünscht hätte. Die meisten der anderen Mütter allerdings auch nicht. Das Personal der Anstalt überhaupt nicht, immerhin sind sie es, die die Willkür ausüben, die Mütter klein machen, und Dinge von ihnen verlangen, die oft fraglich und meistens kaum machbar sind. Muttersein wird hier als etwas dargestellt, das es gar nicht geben kann. Derweil werden die Kinder dieser Mütter, die man angeblich schützen will, bei Verwandten, oft aber auch bei Pflegeeltern untergebracht und ihnen der Kontakt zu ihrer Mutter genauso verwehrt, wie deren zu ihnen.

Der Roman ist eine Art Dystopie, etwas, was hoffentlich nie eintritt, hat aber auch eine ungute Aktualität, wenn man sich gesellschaftliche Entwicklungen anschaut, die leider im Moment oft eher rückwärtsgewandt wirken. Gut gefallen hat mir das Ende, denn es ist offen, und passt für mich sehr gut zum Rest der Geschichte.

Ich bin bei diesem Roman etwas uneins mit mir selbst. Natürlich hat er auf gewisse Weise meine Emotionen angesprochen, leider aber nicht immer für die Protagonistin, mir taten vor allem die Kinder (die echten wie die unechten) leid. Ich hätte mir eine andere Protagonistin gewünscht, mit der ich mehr hätte fühlen können. Andererseits lässt mich der Roman mit einem unguten Gefühl zurück, weil es derzeit (global) tatsächlich Tendenzen in eine ungute Richtung gibt. Außerdem: Mütter alleine auf ihr Muttersein zu reduzieren kann es einfach nicht sein, und nicht an allem ist die Mutter schuld. Wenn Jessamine Chan manche:n zum Nachdenken gebracht hat, hat der Roman schon einen Zweck erfüllt.

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