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Veröffentlicht am 16.10.2017

Vorweihnachtszeit in Bremen

Frostkalt
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Weihnachtsmarkt in Bremen. In der Krippe vor dem Dom finden die Mitglieder des Kirchenchores ein neugeborenes kleines Mädchen. Zwei Tage später wird der renommierte Bäckermeister Carl Brodbeck, der für ...

Weihnachtsmarkt in Bremen. In der Krippe vor dem Dom finden die Mitglieder des Kirchenchores ein neugeborenes kleines Mädchen. Zwei Tage später wird der renommierte Bäckermeister Carl Brodbeck, der für seine Klaben nach hauseigenem Rezept berühmt war, tot in der Backstube gefunden. Verdächtige gibt es viele und Kommissar Heiner Hölzle und seine Kollegen haben alle Hände voll zu tun, um den Mord aufzuklären und die Mutter des Babys zu finden.

„Frostkalt“ ist mein erstes Buch des Autorinnenduos Biggi Rist und Liliane Skalecki und es war der Anfang von weiteren Büchern, der beiden Damen, die ich bestimmt noch lesen werde. Ihr leichter, flüssig zu lesender Schreibstil hat mich bereits im Prolog in die Geschichte hineingezogen. Das Gedicht von Biggi Rist zu Beginn und zwei Zitaten lassen mich rätseln, was sie vielleicht mit der Geschichte zu tun haben. Das Personenregister haben es mir sehr leicht gemacht in die Geschichte einzutauchen, da ich immer mal wieder nachschauen konnte, wer wer ist.

Spannung baut sich ab der ersten Seite auf und der Bogen hält sich hoch oben bis zum Schluss.
Die Kommissare haben viel Arbeit mit zwei Bäckerbrüdern, jeder mit eigener Bäckerei, der eine tot, der andere vielleicht der Mörder – einem jungen Mädchen, dass zusammen geschlagen wird und im Krankenhaus aufwacht – einer schwangeren jungen Frau, die nicht weiß, wer ihrer beiden Freunde der Vater ist – einem Baby, das in der Krippe vor dem Dom ausgesetzt wurde – Rosinen, die mit Pestiziden verseucht sind und die Klaben dadurch fast ungenießbar machen – einem kleinen Jungen mit einer Nussallergie, der durch den Verzehr von mit Mandeln durchsetzten Klaben gestorben ist – einer Erpressung und zwei Morde – und jede Menge Verdächtige. Das alles bringen die Autorinnen gekonnt an einem roten Faden soweit, dass sich zum Schluss alles schlüssig und gut nachvollziehbar auflöst. Sprünge zurück in die nahe Vergangenheit helfen, die Protagonisten besser zu verstehen und den Ermittlern, den Fall besser lösen zu können.

Die Protagonisten selbst stellen sich lebensecht, sehr menschlich und mit ihren Ecken und Kanten dar. Besonders Kommissar Heiner Hölzle, der in seinem schwäbischen Dialekt seine Gedanken besser steuern kann, der immer mal wieder aufblitzt, bringt so richtig Lokalkolorit in die Geschichte ein, obwohl die ja in Bremen spielt. Auch der Humor kommt nicht zu kurz und meine Mundwinkel haben sich hier und da noch oben gezogen.

Ein sehr abwechslungsreicher, spannender Krimi, auch mit leisen Momenten und etwas privatem von den Ermittlern, der zwar in der Vorweihnachtszeit spielt, den man aber zu jeder Jahreszeit lesen kann. Kommissar Hölzle hat einen neuen Fan – mich!

Veröffentlicht am 12.10.2017

Hoffnung und eine Lüge

Wie der Wind und das Meer
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Das einzige, was dem 11-jährigen Paul Grewe nach dem Bombenangriff 1945 in München geblieben ist, ist ein Koffer mit Dokumenten, ein Bild seiner kleinen Schwester und ein verbeulter Kochtopf seiner Tante. ...

Das einzige, was dem 11-jährigen Paul Grewe nach dem Bombenangriff 1945 in München geblieben ist, ist ein Koffer mit Dokumenten, ein Bild seiner kleinen Schwester und ein verbeulter Kochtopf seiner Tante. So trift er auf die kleine Jüdin Sarah, die ebenfalls ihre Familie verloren hat und die seiner Schwester unglaublich ähnlich sieht und die Beiden beschließen für immer zusammen zu bleinen – wie der Wind und das Meer. So wird aus Sarah Silbermann Rosalie Greve. Zusammen schließen sie sich einer der vielen Kinderbanden an, überstehen gemeinsam die Zeit im Heim, bis sie schließlich von einem netten Münchner Ehepaar, das selbst seine beiden Kinder im Krieg verloren hat, aufgenommen und adoptiert werden. Immer noch tragen sie beiden den Namen Greve und nun Hummel. Diese Lüge, die sich durch ihr gemeinsames Leben zieht, die sie nie aufgeklärt haben, aus Angst getrennt zu werden, wird ihnen nun zum Verhängnis. Sie verlieben sich ineinander. Eine Liebe, die als Geschwisterliebe gilt, die sie nicht leben dürfen.

Ich bin sofort eingetaucht in die Geschichte der Beiden, in die Nachkriegszeit, die Zeit des Wiederaufbaus und in die Zeit, als es den Menschen langsam wieder besser ging. Durch Geschichten meines Opas und meiner Mutter, die diese Zeit nur knapp älter als Paul mitgemacht hat, kam mir vieles bekannt vor. Wenn ich heute hier in München durch die Straßen gehe, bin ich sehr froh, dass der Plan, München nach dem Krieg am Starnberger See wieder aufzubauen, schnell verworfen wurde.

Ich habe mit Paul und Sarah/Rosalie im Heim gelitten, mich mit ihnen gefreut, als es zur Adoption kam und mich immer wieder gefragt, was gewesen wäre, hätten sie ihre wahre Identität preisgegeben. Als sie sich dann ihrer langsam aufkeimenden Gefühle füreinander bewusst wurde, habe ich gespürt, dass das nicht gut gehen kann. Die Anziehung zwischen Ihnen ist so stark, sie wollen, wie sie sich geschworen haben, zusammen bleiben, verletzen dadurch immer wieder die Gefühle von Menschen, die ihnen sehr nahe stehen. Dadurch haben sich meine positiven Gefühle ihnen gegenüber auch zum negativen verändert.

"Wie der Wind und das Meer" ist eine sehr gefühlvoll geschriebene Geschichte, die mich ins München der Nachkriegsjahre mitgenommen hat, und die im Jah 1989 endet. Gerade zum Schluss hat die Geschichte meine emotionale Seite sehr berührt. Eine Geschichte so voller Hoffnung, die aber von einer nicht aufgeklärten Lüge immer wieder zerstört wird.

Veröffentlicht am 11.10.2017

Der 2. Teil genau so gut wie der 1. Band

Schattenrächer
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Der Münchner Journalist Wolf Schneider ist weiterhin auf der Suche nach dem Mörder oder dem Auftraggeber zum Mord seiner Frau Rebekka. Auf einer Müllhalde am Rande von Lissabon wacht er auf, ohne Papiere, ...

Der Münchner Journalist Wolf Schneider ist weiterhin auf der Suche nach dem Mörder oder dem Auftraggeber zum Mord seiner Frau Rebekka. Auf einer Müllhalde am Rande von Lissabon wacht er auf, ohne Papiere, Kreditkarten, Geld und seine Brille. Seine Ex-Halbschwester Eva rettet ihn aus dieser Not und fliegt nach Lissabon. Als er sie am Flughafen erwartet, stößt er auf eine Schlagzeile in der Washington Times, wo es um die Konstruktionspläne geht. Weiter geht seine Reise bzw. Flucht mit neuer Identität in die USA. Hier stößt er endlich auf seinen größten Widersacher – Arthur Smith...

Seit Wolfs Flucht aus München habe ich sehnsüchtig auf den „Schattenrächer“ gewartet. Und obwohl es über ein Jahr her ist, dass ich den „Schattenkiller“ gelesen habe, bin ich sehr schnell wieder in der Handlung drin. Was auch die verschiedenen Rückblicke ermöglichen, die gleichzeitig neugierig auf den Vorgänger machen. Es ist schon bezeichnend, dass Wolf immerzu daran denkt, dass ihm jemand Böses will, er sich aber von seinem Plan, seine Frau zu rächen nicht abgeht.

Die schnellen Sprünge zwischen den einzelnen Handlungsorten und Personen und die oft sehr kurzen Kapitel steigern die Spannung immens. Ich stehe die ganze Zeit unter Strom und hoffe, dass nicht nur Wolf aus den einzelnen Aktionen gut raus kommt.

Die Akteure sind auch in diesem Abschnitt der Trilogie farbig und detailliert beschrieben und feuern mein Kopfkino an. Der Schreibstil ist wie immer knapp und präzise, lässt sich gut lesen und setzt bewegte Bilder frei. Die manchmal derbe Ausdrucksweise und die sich manchmal überschlagenden Plots muss man mögen – ich mag sie, weil sie genau hierher passen.

Einzig, dass es so viele Tote gibt und der Koks- und Alkoholkonsum von Mr. Smith, sind nicht ganz so meins. Aber das gehört hier irgendwie dazu.

Auch der 2. Band der Trilogie strotzt vor Spannung. Ich hoffe, dass ich nicht zu lange auf Band 3 warten muss.

Veröffentlicht am 25.09.2017

Mein erster Hohenlohe-Krimi - sehr gut

Muswiese
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Die Muswiese ist für den kleinen Ort Musdorf das wichtigste Fest im Jahr, der älteste und traditionsreichste Jahrmarkt Hohenlohes. Als Frau Wächter und Herr Kaminski von der Lebensmittelüberwachungsbehörde ...

Die Muswiese ist für den kleinen Ort Musdorf das wichtigste Fest im Jahr, der älteste und traditionsreichste Jahrmarkt Hohenlohes. Als Frau Wächter und Herr Kaminski von der Lebensmittelüberwachungsbehörde beim Wirtsehepaar Franz und Brigitte Windisch Ratten und Kakerlaken im Kühlkeller finden, ist Brigitte sofort klar: Das war Erika Böckler. Als die dann am nächsten Tag ertrunken in einer Quelle gefunden wird, ist natürlich Brigitte die erste Verdächtige. Lieselotte genannt Lisa Luft und Heiko Wüst von der Kripo Crailsheim haben viel zu tun. Denn beliebt war die Böcklerin absolut nicht.

Lisa und Heiko, das hohenlohisch-westfälische Ermittlerpaar, war mir von Anfang an sympathisch. Sie haben einen gemeinsamen Hausstand, der von Lisa konsequent erweitert wird. Überhaupt gefällt es mir, wenn ich bei den kleinen Kabbeleien und Reibereien der Beiden dabei sein kann. Humorig wird es, als Mama und Papa Luft aus Wesel anreisen. Mama Maria hält so gar nichts vom Landleben ihrer Tochter. Papa Roland dagegen hält sich an Heiko, der einem Bierchen und einer Brotzeit immer zugeneigt ist.

Sehr gut gefallen hat mir der hohenlohische Dialekt, der immer wieder eingeflossen ist. So kam die Regionalität des Krimis noch mehr raus. Ich hatte auch kein Problem mit der Verständigung. Vieles wurde im Hochdeutschen nochmal erklärt. Das Volksfesttreiben und die einzelnen Stände sind so anschaulich und interessant beschrieben, dass ich Lust bekommen habe, mir das Treiben auch mal anzuschauen.

Den Fall selbst fand ich interessant, gut aufgebaut und das Ermittlungsergebnis klar dargelegt. Schon bald kristallisieren sich durch kleine Anspielungen mögliche Täter heraus. Immer wieder hat jemand anderes ein klares Motiv. Was mir nicht gefiel, dass nacheinander, so wie man meinte Indizien zu haben, alle Familienmitglieder mal festgenommen wurden. Die Polizeiarbeit der beiden Ermittler fand ich persönlich zu lasch und zu sehr von der Teilnahme am Volksfest geprägt.

Trotz dieser Kritikpunkte hat mich die Geschichte sehr gut unterhalten. Ich habe eine neue Autorin kennengelernt, die ich mir merken werde.

Veröffentlicht am 18.09.2017

"Wer ist Elisabeth"

In einem anderen Licht
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Miriam Raven lebt mit ihrem 5-jährigen Sohn Max in Hamburg-St. Georg. Seit ihr Mann, der als Fotojournalist im gleichen Verlag arbeitete wie sie, vor 2 Jahren bei einem Auslandseinsatz ums Leben gekommen ...

Miriam Raven lebt mit ihrem 5-jährigen Sohn Max in Hamburg-St. Georg. Seit ihr Mann, der als Fotojournalist im gleichen Verlag arbeitete wie sie, vor 2 Jahren bei einem Auslandseinsatz ums Leben gekommen ist und sie daraufhin ihr Baby verloren hat, kümmert sie sich nur noch um Max und ihre neue Arbeit bei der Frauenzeitschrift Anabel.
Sie bekommt wie so oft in den letzten Tagen einen Stapel Post. In den großen Umschlägen sind Bewerbungen für den mit € 25.000,00 dotierten „Preis für Zivilcourage“, den die „Lady mit dem Löwenherzen“, wie die verwitwete Reederswitwe Dorothea Sartorius von den Hamburgern genannt wird, ausgelobt hat und der im Mai im Schauspielhaus übergeben werden soll. Diesmal ist aber noch ein anderer Umschlag mit dabei. Reinweiß, ohne Absender mit einem einzigen Satz auf einem weißen Blatt Papier „Fragen Sie Dorothea nach Marguerite!“ Unterschrift Elisabeth. Miriam, die diese Briefe ab jetzt jeden Tag erhält, versucht sie zunächst zu ignorieren. Aber als der 14 Brief kommt, beginnt sie zu recherchieren. Bei einem Interview mit der Mäzenin spricht sie sie auf diese Briefe an. Der einzige Kommentar von Frau Sartorius: Fragen Sie Elisabeth – Elisabeth Manzel.
Bei einem Besuch in einem Kloster an der Schlei kommt sie dem Geheimnis und einem Drachenbauer Bo sehr nahe.

Miriam war mir von Anfang an sehr sympathisch. Ein paar Tage bevor der Todestag ihres Mannes sich zum 2. mal jährt, kämpft sie wie so oft mit ihrer Trauer, die für sie nicht weniger zu werden scheint. Bei ihr ist es ein schwarzer Rabe, der unter ihrem Rippenbogen sein Unwesen treibt. Ich denke, jeder, der eine solche Zeit schon mitgemacht hat, kann sich sehr gut in die junge Frau hineinversetzen. Auch ihre Schuldgefühle, die der Rabe aufrüttelt, wenn sie beginnt sich etwas Neuem zuzuwenden, ist sehr anschaulich beschrieben. Ebenso wird die Trauer ihres kleinen Sohnes Max stark thematisiert und wie Miriam versucht mit seinen Wutausbrüchen klarzukommen und umzugehen. Ich hab den Knirps sofort in mein Herz geschlossen.

Katrin Burseg hat einen Schreib- und Erzählstil, der es mir schwer gemacht hat, das Buch aus der Hand zu legen. Sie wertet nicht, was ich sehr gut finde. Ich kann mir mein Urteil über die Personen und ihr Handeln selbst bilden. Ich denke, dies ist ein Buch bei dem man über Einiges sehr gut diskutieren kann.

Vielleicht sollte man sich, bevor man an diese Lektüre geht, mit den politischen Hintergründen in Deutschland in den 70er Jahren, dem RAF-Terror und dem sogenannten Deutschen Herbst vertraut machen. Es wird zwar auf einiges eingegangen, aber ich war froh, dass ich doch ein Grundwissen über diese Zeit hatte.

Das Geheimnis, das sich um die Reederswitwe rankt, bringt in die Geschichte eine gewisse Spannung, die ich als sehr angenehm empfunden habe. Ganz langsam kommt Miriam dem Ganzen auf die Spur – und ich bin mittendrin und voll dabei. Dabei stellt sich auch mir die Frage: Liegt die Wahrheit wirklich nur im Auge des Betrachters? Und gibt es wirklich so viele Zufälle, wie sie sich hier häufen?

Eine sehr berührende Geschichte über Trauerbewältigung, Neuanfang, Schuldgefühle und den Mut auch im Nachhinein zu seiner Vergangenheit zu stehen. Ein Roman, den ich sehr gerne gelesen habe.