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Veröffentlicht am 06.11.2023

Gekränkt oder gelobt?

Lichtspiel
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Ja, das fragen sich die Zeitgenossen des berühmten Regisseurs des öfteren nach einer Beurteilung seinerseits: war dies nun eine Kränkung oder ein Lob?

Ein bunter Reigen an Stars und Sternchen, aber auch ...

Ja, das fragen sich die Zeitgenossen des berühmten Regisseurs des öfteren nach einer Beurteilung seinerseits: war dies nun eine Kränkung oder ein Lob?

Ein bunter Reigen an Stars und Sternchen, aber auch der Akteure im Hintergrund begegnet uns in Kehlmanns Roman "Lichtspiel", der den Regisseur G.W. Pabst in den Mittelpunkt stellt, einen Filmemacher der mehr oder weniger ersten Stunden, der in der Weimarer Republik reüssierte, die große Greta Garbo entdeckte und bis zu seinem Tod ihrer Konkurrentin Louise Brooks verfallen war. Ihn gab es natürlich tatsächlich, ebenso wie die beiden Damen sowie Trude Pabst, seine Ehefrau.

Aber viele andere Charaktere entstammen der Feder des Autors und so entstand eine wilde Mischung aus Wahrheit und Fiktion, wie es ja in der Belletristik nicht unüblich ist. Allerdings ist dieses Werk keineswegs der Gattung "Historische Romane" zuzuordnen, zu virtuos mäandert Kehlmann zwischen Sein und Schein und denkt sich hier und da etwas dazu, an anderen Stellen wiederum entfernt er etwas.

Das mag man mögen oder auch nicht, ich selbst taste mich an diese Art von Literatur eher vorsichtig heran. Von Haus aus Historikerin, kann ich aber durchaus einschätzen, welche ungeheure Arbeit an Recherchen ebenso wie am Feilen sowohl von Handlung als auch von Stil dem Autor hier abverlangt wurde - schließlich ist es nichts anderes als ein Spiel mit dem Lauf der Geschichte und das will gekonnt sein.

Ich bin eigentlich kein Kehlmann-Fan, mochte "Die Vermessung der Welt" nicht sonderlich, obwohl (oder vielleicht auch weil) ich im Bereich der Wissenschaftsverwaltung tätig bin, hatte so gar keine Lust auf "Tyll", habe hingegen das weniger beachtete Buch "F" durchaus mit Freude gelesen.

Und jetzt auch dieses, wobei ich mich durchaus kritisch herantastete. Aber die Überzogenheiten, die sich der Autor gestattete, haben mich amüsiert, ich habe das Buch schnell und mit Genuss gelesen. Dass man einer so schweren Thematik wie dem menschlichen Bestehen im und nach dem Dritten Reich mit einer solchen Leichtigkeit begegnen kann wie Kehlmann es tut - das bewundere ich!

Veröffentlicht am 03.11.2023

Die Post ist da!

Die Postbotin
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Da dieser Ruf auch während des Ersten Weltkriegs weiterhin erklingen sollte, haben Frauen die Stellen der mehr und mehr in den Krieg ziehenden Männer übernommen und mussten oft ganze Familienverbände ...

Da dieser Ruf auch während des Ersten Weltkriegs weiterhin erklingen sollte, haben Frauen die Stellen der mehr und mehr in den Krieg ziehenden Männer übernommen und mussten oft ganze Familienverbände durch die Arbeit ernähren, obwohl sie nur die Hälfte des Gehalts ihrer männlichen Vorgänger erhielten. Das war in Berlin nicht anders als in den übrigen Städten der Republik.

Nun - wir befinden uns im Frühling des Jahres 1919 - sollen sukzessive die Heimkehrer zurück in ihre früheren Positionen geführt werden, wodurch die Frauen - viele von ihnen Witwen - arbeitslos würden.

Auf der Suche nach Lösungen begegnen wir hier Regine, der ein ähnliches Schicksal droht, weswegen sie mit einem ältlichen Bäckermeister, der um sie wirbt, verheiratet werden soll - jedenfalls, wenn es nach ihren Eltern geht. Dabei hat sie, die mit Kolleginnen aktiv nach einer Lösung sucht, doch gerade den attraktiven Kurt kennengelernt, der auf eine Karriere in der Gewerkschaft, die zur Unterstützung anvisiert wird, hofft.

Ihre Kindheitsfreundin Evi hat zwar als Telefonistin eine sichere Position bei der Post inne, bringt sich jedoch selbst in die Bredouille, als ihr bisheriger Liebhaber - ein hohes Tier bei der Post - sie eiskalt fallen lässt. Dazu lebt sie allein mit ihrer depressiven Mutter und wartet auf die Rückkehr des Bruders aus dem Krieg.

Eine etwas verzweigte Geschichte, die gleichwohl durch die Schilderung des Arbeitskampfes der Frauen durchgehend die Spannung zu halten vermag. Autorin Elke Schneefuß schreibt eindringlich und kann sich zudem auf detaillierte Recherchen der historischen Entwicklungen stützen. Mir sind die Liebesränke ein wenig zu viel des Guten, mir wäre eine stärkere Fokussierung auf den Arbeitskampf lieber gewesen. Aber da repräsentiere ich vermutlich nicht den Großteil der Leserschaft. Zudem ist dies ein eher marginaler Einwand, denn trotz diesem habe ich das Buch gerne gelesen und würde mich über eine Fortsetzung freuen!

Veröffentlicht am 30.10.2023

Hildur lässt bitten

Hildur – Die Spur im Fjord
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Dieser Krimi markiert den Auftakt zu einer ungewöhnlichen Reihe um die Kommissarin Hildur Rúnarsdóttir, die in den Westfjorden Islands, auf gut Deutsch am A... der Welt, ermittelt. Eigentlich leitet sie ...

Dieser Krimi markiert den Auftakt zu einer ungewöhnlichen Reihe um die Kommissarin Hildur Rúnarsdóttir, die in den Westfjorden Islands, auf gut Deutsch am A... der Welt, ermittelt. Eigentlich leitet sie die Abteilung für vermisste Kinder, aber aufgrund der dünnen Besiedlung und der damit verbundenen ebenso dünnen Besetzung des Polizeireviers hat sie immer wieder in anderen Bereichen zu tun.

Wir erleben sie zunächst bei der Einführung ihres neuen Kollegen, des Finnen Jakob Johannson, der sich für einige Monate zur Aufarbeitung persönlicher Probleme nach Island versetzen ließ. Die beiden geraten an eine große Aufgabe - es gilt, Überlebende eines schweren Erdrutsches zu finden, zu retten und die Umgebung zu sichern.

Quasi nebenher erfahren wir, dass auch Hildur ein nicht gerade kleines Päckchen an persönlichen Problemen mitschleppt. Dennoch lässt sie sich nicht unterkriegen und meistert ihr Leben und ihren Beruf mit Humor.

Hildur ist eine sehr sympathische Figur, der ich gern weiter folgen möchte. Allerdings kommt dieser Einstiegsband noch ein wenig verschachtelt und umständlich daher, denn es sind so einige Erzählstränge und Informationen, die die Autorin Satu Rämö, selbst eine auf Island gestrandete Finnin dort untergebracht hat. Ich bin aber bester Dinge, dass sie sich bis zum nächsten Band weiter eingeschrieben hat und ich ihn noch mehr genießen werde als bereits diesen!

Veröffentlicht am 02.10.2023

Hanna bekommt es mit Evangelikalen zu tun

Tief im Schatten
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Hanna ist immer noch in Nordschweden und hat sich inzwischen ein wenig eingelebt, zumal ihr der neue Ort ihrer Tätigkeit Are ja noch aus Urlauben mit ihrer Familie in Jugend und Kindheit zumindest ...

Hanna ist immer noch in Nordschweden und hat sich inzwischen ein wenig eingelebt, zumal ihr der neue Ort ihrer Tätigkeit Are ja noch aus Urlauben mit ihrer Familie in Jugend und Kindheit zumindest ein wenig vertraut ist.

Wer wie ich Hannas ersten Fall in Are mit großem Genuss verfolgt hat, der darf sich freuen: es geht ähnlich spannend weiter. Wenngleich mir einige der Entwicklungen im vorliegenden Fall ein wenig vorhersehbar erscheinen, was aber nicht auf die Täterschaft zutrifft.

Diesmal wird zu Beginn - später wird sich das ändern - erstmal niemand vermisst, sondern es wird die brutal mißhandelte Leiche eines Mannes aus dem Ort im Wald durch reinen Zufall gefunden. Er ist aufgrund seiner Berufs - ein Handwerker mit eigenem Betrieb durchaus bekannt. Und in jungen Jahre hatte er sogar einmal eine Medaille in einer Weltmeisterschaft im Skifahren errungen - ein lebenslustiger und freundlicher Mensch, der bei allen beliebt war. Was um Himmels Willen ist geschehen?

Bald gibt es einen Vermisstenfall: Rebecka, eine junge Frau aus der lokalen sektenartigen Religionsgemeinschaft, wird vermisst. Sehr merkwürdig, dass sich anscheinend nur ihre Vorgesetzte in dem Kindergarten, in dem sie tätig ist, sich Sorgen macht.

Hanna arbeitet inzwischen vertrauensvoll mit ihrem Kollegen Daniel im Team und hat sich gut eingelebt. Die fürchterlichen Ereignisse in Stockholm vor wenigen Monaten, die sowohl ihren Beruf als auch ihr Privatleben betrafen, sind in den Hintergrund gerückt, aber nicht vergessen: vielmehr haben sie sie in mancher Hinsicht sensibilisiert. Dennoch konnte selbst sie nicht mit der Auflösung beider Fälle rechnen.

Viveca Sten schreibt wie gewohnt so fesselnd und mitreißend, dass ich das Buch kaum aus der Hand legen konnte und die gut 500 Seiten in zwei Tagen durch hatte. Ich habe mich durch den Fall gefressen, muss ich sagen. Denn nicht nur der Stil der Autorin vermag zu begeistern, nein, mehr noch ist es der Inhalt. Auch diesmal hätte es gerade so passieren können! Wieder hält geschickt die Balance zwischen Zufällen und wahren Ereignissen bzw. den Entwickungen der letzten Jahre.

Veröffentlicht am 02.10.2023

Die Hobbyermittlerinnen bekommen zu tun

Mrs Potts' Mordclub und der tote Bräutigam
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Und zwar schon zum zweiten Mal!

Ich lese gerne Krimis, gern auch etwas entspanntere (oder auch betulichere), in denen es trotz Mord auch mal gemütlich zugeht.

So war dieser hier bereits der ...


Und zwar schon zum zweiten Mal!

Ich lese gerne Krimis, gern auch etwas entspanntere (oder auch betulichere), in denen es trotz Mord auch mal gemütlich zugeht.

So war dieser hier bereits der zweite Fall der zupackenden Judith Potts, einer älteren Dame, die ihren ersten Fall gleich nebenan löste und den Tod ihres Nachbarn aufklärte, allerdings mithilfe zweier Mitstreiterinnen, die sie während ihrer Ermittlungen kennenlernte.

Diesmal wird sie von einem reicheren Herrn zu dessen Gartenparty am Tag vor seiner Hochzeit eingeladen - und zwar befürchtet er einen Mord. Judiths Gespür in Mordfällen hat sich bereits herumgesprochen. Doch hier kann weder sie noch ihre ebenfalls anwesenden Freundinnen Becks und Suzie noch etwas richten - es trifft den Gastgeber selbst - ein Schrank fällt auf ihn nieder.

Auch diesmal wird die Polizei sie nicht mehr los und das ist auch gut so, denn wieder ist es Judith, die die ganze Geschichte auflöst.

Ein sehr unterhaltsames und anregendes Buch mit einem ordentlchen Schuss Humor sowie ein paar Ungereimtheiten und kleinen Längen.Dennoch hat es mir ein paar vergnügliche Lesestunden bereitet!