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Veröffentlicht am 07.11.2023

Man muß sein Leben aus dem Holz schnitzen, das man zur Verfügung hat. Theodor Storm

Das Holz, aus dem wir geschnitzt sind
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Karl hat eine besondere Gabe, denn er sieht, welche wunderbaren Dinge sich in einem einfachen Holzscheit verbergen. Mit seinem Schnitzwerkzeug bearbeitet er das einfache Werkstück solange, bis die Seele ...

Karl hat eine besondere Gabe, denn er sieht, welche wunderbaren Dinge sich in einem einfachen Holzscheit verbergen. Mit seinem Schnitzwerkzeug bearbeitet er das einfache Werkstück solange, bis die Seele des Holzes sich zu einer wunderschönen Kommode formt, eine glatte Schüssel entsteht oder ein schön geschwungener Löffel. Halt und Unterstützung findet Karl bei seinem Großvater, der mit viel Liebe und Zuwendung das Talent des Jungen fördert. Zwischen beiden entsteht eine innige Verbundenheit, die auch Grundlage für ein Geheimnis ist. Als Jakob stirbt, bricht nicht nur für Karl eine Welt zusammen, sondern er muss fortan sehen, wie er sich allein durch Leben schlagen kann. Seine Leidenschaft treibt in voran, doch manchmal ist sie auch ein Hindernis. Karl lernt auf seinem Weg Menschen kennen, die es nicht immer gut mit ihm meinen. Und dann ist da auch noch Großvaters Geheimnis....

Annette Spratte wird mit ihrem Buch "Das Holz aus dem wir geschnitzt sind" selbst zur Holzschnitzerin und zeigt, wie gewissenhaft sie jede Figur ausgearbeitet hat und, ähnlich wie bei einem Stück Holz, eine jede auf ihre Art Verwachsungen, Einschlüsse, Verfärbungen im Charakter und auch im Herzen mit sich trägt.

Ihre Figuren, allen voran Karl, führen durch eine zu Herzen gehende Geschichte, die von Liebe und Gottvertrauen, Vergebung und Gerechtigkeit handelt. Ähnlich wie bei der Schnitzkunst werden nach und nach alle Ecken und Kanten, Narben und individuellen Wesenszüge freigelegt, die die Menschen im Roman nahbar und authentisch machen.

Erneut wird der Westerwald zur imposanten Kulisse für bewegende Momente, die zu Herzen gehen. Ein wenig erinnert der Bruderzwist zwischen Adam und Karl an Kain und Abel und es ist einer glücklichen Fügung zu verdanken, dass es nicht zum Äußersten kommt. Karls Suche nach seinem Platz im Leben wird begleitet von seinem Glauben, in dem er Halt findet. Spratte gelingt es dabei, die christliche Botschaft alltagstauglich und unaufdringlich zu vermitteln. Gerade in der achtsamen Beziehung zwischen Karl und seinem Großvater und später zwischen Karl und Anna wird deutlich, wie viel Kraft und Hoffnung in einer gefestigten Verbindung zu Gott steckt, auch wenn das Leben einmal ruckelt und holpert.

Die Autorin verwebt geschickt Historisches mit einem Hauch Romantik und ermöglicht ihren Leser;innen, das Wunder der Geburt hautnah mitzuerleben. Spätestens das ist der Moment, in dem sich das ein oder andere Tränchen aus den Augenwinkeln verabschiedet und das Herz vor Freude überquillt.

Annette Spratte nimmt ihre Leser:innen mit auf eine sehr emotionale Reise, die noch lange nachwirkt und eindrucksvolle Spuren hinterlässt.


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Veröffentlicht am 06.11.2023

Ach, ich hab' in meinem Herzen da drinnen einen wundersamen Schmerz (Rudolf Schock)

Eismusik
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Für Fritjof Nansen steht fest, dass er einmal Großes erreichen wird. Sein Heißhunger auf das Leben ist ebenso ungebremst wie sein Forscherdrang. Eine innere Unruhe erfasst ihn immer wieder und lässt langsam ...

Für Fritjof Nansen steht fest, dass er einmal Großes erreichen wird. Sein Heißhunger auf das Leben ist ebenso ungebremst wie sein Forscherdrang. Eine innere Unruhe erfasst ihn immer wieder und lässt langsam aber sicher einen kühnen Plan heranreifen. Auch wenn sein Herz eigentlich der Forschung gehört, ist da noch Platz für eine Frau, die ebenfalls voller Träume steckt, die sie verwirklichen will. Aus Eva und Fritjof wird ein Paar, das manchmal nicht miteinander, aber auch nicht ohneeinander leben kann, denn die Visionen vom großen Erfolg erweisen sich ab und zu als Stolpersteine. Aber ihre Liebe ist stärker als alle Hürden, auch wenn sich Fritjof seinen Wunschtraum erfüllt. Der Weg in die Arktis ist entbehrungsreich, treibt Nansen an seine Grenzen und darüber hinaus....


Angela Lund alias Grit Landau hat mit "Eismusik" ein Jahreshighlight verfasst, das von der ersten bis zur letzten Seite die Klaviatur der großen Gefühle beherrscht und die Leser;innen auf dem Karussell der Emotionen dreht und dreht und dreht. Auch wenn die Geschichte auf wahren Begebenheiten beruht, nimmt sich die Autorin die gestalterische Freiheit, hier und da ein wenig an der Dramaturgie zu schrauben, um das Kopfkino anzukurbeln und atmosphärische Bilder zu erzeugen.

Nansen und seine Eva sind ein wunderschönes Paar, voller inniger Liebe zueinander und trotzdem sind ihre Seelen immer rastlos und auf der Suche. Der innere Drang zur Selbstverwirklichung wirkt manchmal schon zerfleischend, aber ist ist genau das, was beide zusammenhält - auch wenn es mitunter nicht danach aussieht.

Besonders gut gelungen sind die Beschreibungen der Szenen Richtung Nordpol, denn nicht nur die ewige Finsternis nagt an Nansen und seine Mitstreitern, auch die Leser:innen fühlen diese Beklommenheit und Hilflosigkeit, wenn kein Licht den Horizont erhellt. Das Knacken und Bersten der Eisschollen lässt manchmal das Blut in den Adern gefrieren und Lund weiß, wie sie die stechende Kälte auf den Wangen so transportiert, dass ihre Leser:innen ebenfalls diese fiesen kleine Pikser beim Lesen spüren.

Es sind Szenen, die unter die Haut gehen und auch das ein oder andere Tränchen fließen lassen. Was mit Enthusiasmus und ganz viel Energie beginnt, wird nach und nach zu einem Himmelfahrtskommando, das durch bizarr geformte Eisschollen, die widrigen Umstände und die schwindende Hoffnung zum Scheitern verurteilt ist. Die Szenen, in denen die Schüsse durch die Eiswüste peitschen, lassen mich das Buch aus den Händen legen und innehalten.

Und doch gibt die Liebe zu Eva Nansen immer wieder Halt, auch in seiner dunkelsten Stunde. Das Buch ist ein echter Pageturner, spielt mit Ängsten, Sehnsüchten und Träumen, die vom Eisschleier immer wieder wie in einem Schraubstock gefangen gehalten werden. Eine sehr intensive Lektüre, die über die Kraft der Liebe erzählt, weder verkitscht noch romantisch verklärt ist und dabei charismatische historische Figuren lebendig werden lässt.

Chapeau !

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Veröffentlicht am 05.11.2023

Auf der Jagd nach dem magischen grünen Licht

Polarlichter
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Bernd Römmelt veröffentlicht Bildbände, die faszinieren und unter die Haut gehen, weil er eben den Blick für das Magische und Märchenhafte hat und genau das in seinen Fotos auch zur Geltung kommt. Mit ...

Bernd Römmelt veröffentlicht Bildbände, die faszinieren und unter die Haut gehen, weil er eben den Blick für das Magische und Märchenhafte hat und genau das in seinen Fotos auch zur Geltung kommt. Mit "Polarlichter" nimmt er seine Leserinnen mit auf eine ganz besondere Expedition, die auf der Jagd nach dem magischen grünen Licht in den hohen Norden führt und tief verschneite Winterlandschaften in geheimnisvolle Welten verwandelt.

Wie Feen und Elfen tanzen die grün schimmernden Lichter am Nachthimmel, können sich aber auch mal bedrohlich und unheimlich wie Geister oder Wesen aus einer anderen Welt in Rot oder Purpur zeigen. Es ist schwer in Worte zu fassen, was Römmelt mit seinen ausdrucksstarken und manchmal expressionistisch wirkenden Fotos als nächtliches Feuerwerk einfängt.

Bildästhetik, Bildkomposition und Bildsprache zeugen von absolutem Können und einer tiefen Leidenschaft für dieses überwältigende Naturschauspiel, das Bernd Römmelt regelrecht mit dem Polarlicht-Virus infiziert hat und nicht mehr los lässt.

Die Begleittexte sind mitreißend und voller Begeisterung verfasst und es ist genau dieser Funke, der auf die Leser;innen überspringt. In Kombination mit den märchenhaften, fast schon poetischen Aufnahmen wird daraus ein Bildband, der nahezu unwirklich schön und berauschend ist.

Eine wunderschöne Geschenkidee - nicht nur zu Weihnachten.

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Veröffentlicht am 03.11.2023

Es gibt Bücher, die uns in einer Stunde mehr erleben lassen, als zwanzig gelebte Jahre (frei nach Oscar Wilde)

Das einzige Kind
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Hera Lind hat vor vielen Jahren damit begonnen, die Lebensgeschichten ihrer Leser;innen in einfühlsame, bewegende und zu Herzen gehende Bücher zu verwandeln. Mit "Das einzige Kind" beweist sie wieder einmal, ...

Hera Lind hat vor vielen Jahren damit begonnen, die Lebensgeschichten ihrer Leser;innen in einfühlsame, bewegende und zu Herzen gehende Bücher zu verwandeln. Mit "Das einzige Kind" beweist sie wieder einmal, dass das Leben selbst die interessantesten und ergreifendsten Geschichten schreibt und sie nur ein wenig sprachlich nachfeilen muss, um daraus einen Roman zu machen, der binnen weniger Stunden regelrecht verschlugen wird.

Die Geschichte von Djoko, der als 5-Jähriger schon die ganze Wucht und Grausamkeit des Kriege miterleben muss, entwurzelt wird und auf seiner Flucht durch ganz Europa viel gesehen und erlebt habt, wird von Hera Lind sehr einfühlsam und authentisch erzählt. Es gelingt ihr, dass dem kleine Djoko sofort die Herzen der Leserschaft zufliegen und ihn auf seinem steinigen und schmerzhaften Weg durch die Kriegswirren begleiten.

Gerade jetzt, wo nicht nur in Europa, sondern auch in Israel wieder Krieg herrscht und viele Kinder von ihren Eltern getrennt werden oder zu Waisen werden, steigen die von Lind skizzierten plastischen Bilder noch deutlicher aus den Seiten und vermischen sich mit den Bildern des Tagesgeschehens aus den TV-Nachrichten und gehen so noch tiefer unter die Haut. Doch zwischen Grauen, Schrecken und Entsetzen gibt es für Djoko immer wieder Menschen mit Herz, die ihm eine helfende Hand reichen und ihn aus dem Schlamassel ziehen. Es sind Menschen, die wie kleine Hoffnungslichter in der dunkelsten Zeit schimmern und die zeigen, dass das Gute immer über das Böse siegt.

Auch wenn viel Leid und Elend die Ereignisse prägen, so sind es doch immer wieder kleine Augenblicke, die ein Lächeln ins Gesicht zaubern und die von der Schreibenden mit ganz viel Herzenswärme ein die Erzählung eingeflochten werden, damit ihre Leser;innen schmunzeln können. Djoko beim Aufwachsen zuzusehen, ihn durch die Kriegstage zu begleiten und schließlich mit ihm gemeinsam ein Zuhause zu finden, bewegt und berührt. Lind weiß, wie sie eine ohnehin dramatische Lebensgeschichte noch dynamischer und eindringlicher aufbereiten kann, damit auch dieser Roman Spuren im Herzen ihrer treuen Leserschaft hinterlässt.

Ich bewundere Menschen wie Djoko, aus dem im Verlauf des Krieges Franz Peters-Engl wird, denn sie öffnen ihr Herz für ein breites Publikum, teilen ihre intimsten Momente und lassen Menschen wie du und ich an ihrer Geschichte teilhaben. Sie berühren mit ihrem Mut, ihrer ungebrochenen Energie und ihrer Dankbarkeit dem Leben gegenüber und genau das fasst die Autorin immer wieder in absolut lesenswerte Tatsachenromane zusammen.

Klare Leseempfehlung !

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Veröffentlicht am 02.11.2023

Lebensreise

Der Buchladen am Ende der Welt
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Schlagen die Leser:innen "Der Buchladen am Ende der Welt" auf und beginnen zu lesen, werden sie sofort Teil einer Lebensreise, die sich selbst wie ein aufregendes Abenteuer in einem ihrer vielen Bücher ...

Schlagen die Leser:innen "Der Buchladen am Ende der Welt" auf und beginnen zu lesen, werden sie sofort Teil einer Lebensreise, die sich selbst wie ein aufregendes Abenteuer in einem ihrer vielen Bücher ihres Buchladens liest. Es ist eine Reise, bei der Ruth von der Getriebenen, immer auf der Suche nach sich selbst und einem Platz im Leben, im Alter zur Heimkehrenden wird, ihre Bestimmung findet und somit auch ihr Herz und ihre Seele endlich zur Ruhe kommen.

Dabei sind die Memoiren der Buchhändlerin nicht in süßen oder gar verkitschten Worten erzählt, sondern sie sind echt, ehrlich und gehen manchmal ganz schön unter die Haut. Es sind Höhen und Tiefen, die im Verlauf der Jahrzehnte ihre Spuren hinterlassen und Ruth zu der Person machen, die sie heute ist. Träume, die wie Seifenblasen platzen und wieder neu geträumt werden müssen, große Gefühle, die nach und nach die rosaroten Wolken Grau färben und die Trauer um Joshua, die ihr fast das Herz zerreißt, sind Stationen in ihrer Lebensgeschichte, die ihr in diesem Moment, wo sie Ruth zum Halten zwingen, unglaublich weh tun. Aber je mehr Jahre vergangen sind, desto stärker wird sie aufgrund dieser Ereignisse.

Ruth segelt über den Pazifik und genau dieses Navigieren durch die Wellen, die mal sanft plätschern können, dann aber wieder hohe Wogen schlagen, steht versinnbildlicht für ihr ganzes Leben. Sie hat die Segel immer wieder neu gesetzt, die Richtung geändert, um am Ende in Neuseeland und bei sich selbst anzukommen.

Viele Krisen pflastern ihren Weg, aber ihre Lebenslust und der Drang, dem Schicksal die Ellenbogen in die Seite zu rammen und zu zeigen, dass sie sich nicht unterkriegen lässt, lassen immer wieder die Sonne im Leben von Ruth scheinen. Neuseeland ist dabei ihre letzte Station und endlich kann Ruth anfangen, Wurzeln zu schlagen. Ihre Buchhandlung ist etwas ganz Besonderes - nicht nur ein Zuhause für Bücher, sondern auch der Ort, an dem Ruth mit Herz und Seele verankert ist und Kraft schöpft.

Mit leisen, kraftvollen und sehr beeindrucken Worten erzählt, ist diese Lebensreise auch ein kleiner Schubser in Richtung der Leserschaft, denn Ruth Shaws Botschaft ist klar und deutlich: Auch aus den Steinen, die man auf dem Lebensweg zur Seite räumen muss, lässt sich im Verlauf der Jahre etwas Wundervolles erschaffen.

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