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Veröffentlicht am 18.03.2017

Phantastischer Anfang, fader Rest

Lieben lassen
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Alex ist eine junge Fotografin, die mit ihren sexuell expliziten Arbeiten das neue enfant terrible der internationalen Kunstszene ist. Die femme fatale steht indes ziemlich unter Druck: Für die Biennale ...

Alex ist eine junge Fotografin, die mit ihren sexuell expliziten Arbeiten das neue enfant terrible der internationalen Kunstszene ist. Die femme fatale steht indes ziemlich unter Druck: Für die Biennale soll sie aufregende Kunstwerke auf Knopfdruck liefern. Sie hofft, in Rom Inspiration zu finden. Auch ihr Vater war ein berühmter Fotokünstler, daher hat die Heldin immense Versagensängste, außerdem schwebt eine Krankheit wie ein Damoklesschwert über ihr, in manisch - depressiver Weise oszilliert sie zwischen Lebenslust und Todessehnsucht. Tom ist ein ausgebrannter Mann, der in der Werbebranche arbeitet. Seine Arbeit ödet ihn nur noch an und er trauert seiner einzigen Liebe hinterher. Sex, drugs, Models langweilen ihn . "Neunundreißigneunzig" von Beigbeder lässt sehr stark grüßen: Dies wird in der Werbung für den Roman allerdings angekündigt, sodass man nicht wirklich von einem Plagiat sprechen kann, nur neu ist das Ganze eben nicht.
Für einen Auftrag muss auch Tom, der einen leichten psychischen Knacks hat und unter Visionen leidet, in die Ewige Stadt. Dort verfällt er Alex Mondo, und er verliebt sich sogar in sie. Eine (einseitige) amour fou ?

Stilistisch haben wir es mit alternierenden Perspektiven zu tun, "sie" sagt, "er" sagt- dieses Stilmittel hängt mir mittlerweile leider zum Hals heraus, weil es so inflationär gebraucht wird.

Ich war aber überrascht über den anfänglichen geistreichen Tiefgang der Alex-Passagen, alles so bildhaft beschrieben und auch klug. Die Mutter-Beziehung, der Vaterkomplex, dass die Protagonistin einer alten Dame im Heim vorlas, rührte mich. Das Leben einer Kosmopolitin, ein toller Einblick für mich. Die Tom - Passagen haben mich sehr an Beigbeders "39,90" erinnert, und insgesamt fand ich , dass der Sex der Geschichte diente, also keine Geschichte um das Hauptthema Sex "herum" geschrieben wurde.
Skandalös fand ich die Sexszenen nicht. Sex ist auch nicht das Hauptcharakteristikum des Romans, alle, die eine Art Hausfrauenporno erwarten, werden sicher enttäuscht sein und ich bin froh, dass das Buch eigentlich mehr zu bieten hat. Nach einem fantastischen Beginn konnte das hohe Niveau aber leider nicht gehalten werden, die Passagen aus Toms Sicht nervten, und der Roman wurde zunehmend profaner und gewöhnlicher. Beide Protagonisten haben einen Vaterkomplex, Tom erinnert immer mehr an das Klischee eines Marketingmenschen , vor allem die Episode mit den Models, Alex' Geschichte erinnert auch sehr an die Lebensgeschichte von Terry Richardson, leicht verfremdet.

Terrys Vater Bob war selbst ein berühmter Fotograf, bei beiden ist das Sex-Element Teil ihrer "Kunst"- ich zitiere mal aufschlussreiche Passagen aus einem Artikel:

"[...] Often a session would wind up with sex, a famous 1960s fashion photographer named Bob Richardson later recalled of his shoots. A handsome man with a mane of hair, Richardson came out of nowhere and blew up the field. A lot of editors found him impossible to work with, but he introduced a dark, dreamy realism into a genre then characterized by cold perfection, and the photographers Bruce Weber, Peter Lindbergh, and Steven Meisel have all cited his influence. For Italian Vogue, he shot Anjelica Huston with a bathing lover styled as a Nazi. His most famous editorial work, a 16-page spread for French Vogue in 1967, featured the actress Donna Mitchell on a Greek island, crying. Accompanying him on that two-week shoot in the Aegean were his wife, a former Copacabana dancer named Norma Kessler who worked as his stylist, and their infant son, Terry.Two years later, Bob had left Norma and Terry for 17-year-old Huston, with whom he remained for three years before descending into schizophrenia and homelessness.[ ...] "
Quelle:
[...]

Die international wirkenden Elemente aus Alex' story könnten der Vita der Autorin entnommen sein, alles scheint mir eine weniger gelungene Mixtur zu sein.

Toms Verzweiflung wird leider nicht mit schriftstellerischen Mitteln transportiert und ich spürte sie beim Lesen nicht..
Das Stilmittel "Drei Dinge über" fand ich schrecklich konventionell und gewöhnlich!

Terry Richardson wird im Text sogar einmal genannt.

Vielleicht will "Lieben lassen" bewusst eine Hommage, ein Patchworkroman oder gar eine Persiflage sein; aber das Ganze flacht schnell ab, überrascht nicht, auch nicht das Küchenlatein, sodaß ich sagen muß, dass eigentlich nichts im Roman steht, das ich nicht schon woanders gelesen hätte. Außerdem wäre die Erzählung ohne Toms Erzählstimme besser geraten. Der Beginn war fantastisch, der Rest leider vorhersehbar und ausgelutscht.

Veröffentlicht am 17.03.2017

Gute Grundidee, schlechte Umsetzung

Feine Leute
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Inhalt:

Berlin im Sommer 1925: Dass Bernice ihren schwerreichen Gatten von ihrem Liebhaber hat umbringen lassen, ist eine Tatsache – zumindest für die feine Gesellschaft. Kriminalkommissar Paul Genzer ...

Inhalt:

Berlin im Sommer 1925: Dass Bernice ihren schwerreichen Gatten von ihrem Liebhaber hat umbringen lassen, ist eine Tatsache – zumindest für die feine Gesellschaft. Kriminalkommissar Paul Genzer ist davon jedoch nicht überzeugt, insbesondere nachdem die Witwe plötzlich an einer Überdosis Morphium gestorben ist. Während der

Tod der Witwe neue Fragen aufwirft, folgen weitere Bluttaten, und so ist der proletarische Kommissar bald froh, bei seinen Ermittlungen durch den hochadligen Filmstar Carl von Bäumer ungewöhnliche Unterstützung zu bekommen. Der Leinwanddetektiv mit der Leidenschaft für Kokain kennt sich zwar bestens aus in der Welt der Reichen und Schönen, er verfolgt jedoch ganz eigene Motive...

Meine Meinung:

Die Beschreibung hört sich toll an, oder? Der Stoff, aus dem gute Geschichten sind! Ich bin ein großer Fan von stories, die im Berlin der Zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts spielen. Volker Kutschers Reihe rund um den Ermittler Gereon Rath liebe ich. Daher habe ich mich sehr auf diese Lektüre gefreut. Auch das schöne Cover lädt zum Lesen ein!

Jedoch konnte mich die Umsetzung und Ausarbeitung überhaupt nicht überzeugen! Stil und Sprache sind immens simpel, die Figuren bleiben blass und fast klischeehaft schematisch - der kräftige Proletarier, der feingliedrige Aristokrat.

Leider steht nicht der Kriminalfall im Fokus der Erzählung, sondern die Beziehungsprobleme der Protagonisten, die sich wie Pubertierende benehmen. Sehr gewundert hat mich auch, dass Genzer seinen Fall freimütig mit jedem teilt.

Die Autorin flicht viele Schlagworte ein, um die Geschichte in die avisierte Zeit zu versetzen: Haus Vaterland, Elektrische, Horch (später bekanntlich Audi). Ein paar Zutaten in die Erzähl-Suppe gemischt und kräftig mit dem literarischen Kochlöffel umgerührt. Leider funktioniert das nicht; dem Krimi mangelt es schlicht an Raffinesse und das Ganze liest sich stellenweise leider wie Geschwätz, der Stil ist viel zu mündlich. Schade!

Aus dem Stoff hätte man viel mehr machen können. Ich habe während der Lektüre auf eine Steigerung gehofft und wollte nicht abbrechen, denn es gibt Erzählelemente, die mir durchaus gefallen haben, etwa die Berührungspunkte zwischen dem "schönsten Mann der UFA" und der Polizei. Mehr kann ich nicht verraten, um nicht zu spoilern. Diesen Aspekt hätte man noch liebevoller und weniger stereotyp herausarbeiten können.

Fazit: Gute Grundidee, schlechte Umsetzung.

Veröffentlicht am 18.02.2017

Fastfood

Vor der Finsternis
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Paris 1797:

Inspecteur Louis Marais steht vor einem Rätsel. Ein Mörder schneidet seinen Opfern, Männern und Frauen, die Kehle durch und entnimmt innere Organe. Wer ist das Monster? Ist Voodoo im Spiel? ...

Paris 1797:

Inspecteur Louis Marais steht vor einem Rätsel. Ein Mörder schneidet seinen Opfern, Männern und Frauen, die Kehle durch und entnimmt innere Organe. Wer ist das Monster? Ist Voodoo im Spiel? Magie der ehemaligen schwarzen Sklaven? Die Polizei muss einem aufgebrachten Lynchmob Einhalt gebieten.

Sind es gar dunkle Machenschaften der Royalisten, die die Französische Revolution am liebsten ungeschehen machen würden?
Fragen über Fragen! Der gottesfürchtige Marais tappt zuerst im Dunkeln…

Der Roman ist sehr spannend, weist aber meines Erachtens handwerkliche Schwächen auf. Trotz name dropping und plastischen Schilderungen konnte ich nicht ganz in die Geschichte eintauchen, weil ich finde, dass die vom Autor benutzte Sprache teils einfach zu modern für die geschilderte Zeit war.

Kein Vergleich zu Süskinds „Parfum“.

Da „Vor der Finsternis“ sehr kurz ist, ist eine detaillierte Charakterisierung der Figuren leider unmöglich, so bleibt es bei Typen. Die Handlung ist spannend, aber aufgrund der Kürze auch schnell auserzählt. Vor allem das Ende war mir zu schnell heruntergenudelt. Das Stilmittel, welches zur Lösung des Falles beitrug, fand ich auch einigermassen übertrieben und auch leicht ausgelutscht.

Fazit:

Nicht übel, aber ich hätte mir mehr literarischen und sprachlichen Feinschliff gewünscht. Kann man lesen, muss man aber nicht. Mit präziserer Recherche und Arbeit am Text hätte es aber ein toller Thriller werden können.

Vielleicht ist ja der Folgeband besser?

Veröffentlicht am 20.11.2023

Platter Stil

Ingenium
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Als großer Fan der rätselhaften Romane von Guillermo Martinez („Der Fall Alice im Wunderland“, „Die Oxford-Morde“, just to name a few) wollte ich „Ingenium. Das erste Rätsel“ von Danielle Trussoni unbedingt ...

Als großer Fan der rätselhaften Romane von Guillermo Martinez („Der Fall Alice im Wunderland“, „Die Oxford-Morde“, just to name a few) wollte ich „Ingenium. Das erste Rätsel“ von Danielle Trussoni unbedingt lesen.
Der Klappentext zum Buch hörte sich sehr spannend an, ich war sofort angefixt:
„Seit er sich beim Football schwer verletzte und ein Schädelhirntrauma erlitt, kann der 32-jährige Mike Brink in Sekundenschnelle die komplexesten Rätsel lösen. Als ihn eine Gefängnispsychologin aufgrund seiner besonderen Begabung um Hilfe bittet, willigt er ein: Mike soll die seltsamen Gemälde der verstummten Patientin Jess Price entschlüsseln, die wegen Mordes im Gefängnis sitzt. Mike macht sich daran, die verstörenden Rätsel zu lösen, die die schweigende Mörderin ihm stellt. Schon bald wird ihm klar, dass Jess von einer verzweifelten Furcht vor einem Verfolger erfüllt ist; eine Erkenntnis, die ihn zu einem Jahrhunderte alten Mysterium führt, das nie von einem Menschen gelöst werden sollte.“
Ein weiteres Argument war die Tatsache, dass der Roman vom Verlag als Thriller angepriesen wurde. Nach der Lektüre muss ich leider sagen, dass meine Erwartungen auf ganzer Linie enttäuscht wurden, da die Geschichte den Fantasypfad einschlägt. Der Genremix ist in meinen Augen nicht wirklich gelungen. Wenn ich von der Handlung eines Buches nicht wirklich überzeugt bin, ist es oft das handwerkliche Können eines Autors oder einer Autorin, das zu einem positiven Gesamteindruck beiträgt. Trussonis platter Stil ist leider nur bedingt mein Fall, auch die Figurenzeichnung war mir nicht filigran genug (der Protagonist mit Inselbegabung und eine weitere Hauptfigur küssen sich schon im ersten Drittel der Geschichte, was unter anderem mit gemeinsamen Traumata erklärt wird). Als Autorin hätte ich den plot definitiv gestrafft, es gibt Wiederholungen und es kommt zu Längen in der story, aber gut, hier kann ein Lektor helfen, so etwas ist nicht die „Schuld“ eines Autors allein.
Fazit:
„Ingenium. Das erste Rätsel“ lässt mich leider unbefriedigt zurück. Trussoni kommt definitiv nicht an einen Martinez heran. Die Konstruktion & auch die Gliederung der Geschichte kann leider nicht überzeugen!

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Veröffentlicht am 07.11.2023

Vier sind sind (k)einer zu viel ?

Three Swedish Mountain Men (Why Choose)
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Umschlaggestaltung:

Das Cover ist eigentlich ganz nett, abgebildet sind drei Männer und eine Frau, außerdem Gänseblümchen. Der englische Originaltitel ist auch der Titel der deutschen Ausgabe. Nach der ...

Umschlaggestaltung:

Das Cover ist eigentlich ganz nett, abgebildet sind drei Männer und eine Frau, außerdem Gänseblümchen. Der englische Originaltitel ist auch der Titel der deutschen Ausgabe. Nach der Lektüre ist klar, dass die Protagonisten abgebildet sind und dass die Blumen auf den Namen der Heldin anspielen. Beim Blick auf das Cover denkt man an Chicklit à la Kinsella oder Emily Henry, stellt sich auf eine lustige Lektüre ein, man denkt nicht unbedingt an einen Erotikroman, insofern ist das Cover etwas irreführend.

Inhalt:

Ein traumatisches Erlebnis zwingt die englische Lehrerin Daisy (sie hat sich entschlossen, fortan als Künstlerin zu arbeiten) zur überstürzten Flucht nach Schweden. Eigentlich hat sie ein Zimmer in der Stadt Kiruna gebucht, sie soll jedoch nie dort ankommen, da ihr ein Elch vor’s Auto läuft. Sie wird von einem mürrischen Ranger gerettet, der in einer abgelegenen Hütte mit seinen beiden besten Freunden wohnt. Da sie alle drei Männer heiß findet, bandelt Daisy mit allen an.

Stil & Sprache:

Man kann die Geschichte flott lesen. Jeder Protagonist kommt zu Wort, es gibt also alternierende Erzählperspektiven. Der Stil der Autorin ist simpel, aber flüssig & durchaus unterhaltsam. Ich habe schon Schlechteres gelesen. Allerdings wirkt das Ganze insgesamt eher wie eine Kurzgeschichte (oder wie eine Novelle). Es gibt nicht viele Handlungsorte, dies führt aber nicht zu Monotonie. Die Story ist gut strukturiert, die deutsche Übersetzung ist an einer Stelle jedoch zu wörtlich: „Ich will kein totes Pferd reiten“, das könnte man eleganter tradieren.

Bewertung:

Man muss die Geschichte wohl als eine Art Märchen begreifen. Ich fand das Ganze stellenweise nicht logisch. Welche Frau denkt im Angesicht des Ablebens (Autounfall, drohender Erfrierungstod) an Sex? Für mich macht es auch keinen Sinn, dass eine Frau, die Gegenstand eines Rachepornos ist und die sozusagen den sozialen Tod gestorben ist, sofort wieder an Bettgymnastik denkt. Die Autorin ‚verkauft‘ das Ganze zwar als eine Art Empowerment, richtig Sinn macht es aber nicht, dass Daisy sich sofort wieder in eine Ménage à quatre stürzt (das Ganze wird mit der Abgelegenheit Schwedens begründet, außerdem gibt es ‚strategisch günstige‘ Stürme, die bewirken, dass die Protagonistin Daisy zum Bleiben gezwungen ist, was ihr hervorragend in den Kram passt). Überhaupt Daisy – charakterisiert wird sie von Lily Gold nach dem Motto ‚klein, aber oho.‘ (sie ist 1,50 m groß), sie wirkt stellenweise allerdings wie eine etwas treudoofe Tussi. Die Protagonisten sind arg schablonenhaft gezeichnet, da gibt es den Sonnenschein, den Miesepeter und den intellektuellen Arzt (mit Brille!). Praktischerweise mit diversen ethnischen Hintergründen. Ich fand es etwas seltsam, dass sie als (Halb)schweden keine schwedischen Namen hatten und immer „Babe“ sagten. Beim Zusammentreffen mit ihren Eltern verhielt sich Daisy (eigentlich ist es ihr Pseudonym) etwas respektlos. Die Sexszenen waren nicht unbedingt mein Fall, und insgesamt feiert der Roman die Polyamorie.

Wer’s mag.

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