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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.11.2016

Recht und Gerechtigkeit

Wer Furcht sät
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Zum Inhalt:
Clubs sind eine typisch britische Einrichtung, ganz neu etabliert sich der "Club der Henker". Menschen, die von der Justiz mit zu nachsichtigen Strafen bedacht wurden, werden von dieser Gemeinschaft ...

Zum Inhalt:
Clubs sind eine typisch britische Einrichtung, ganz neu etabliert sich der "Club der Henker". Menschen, die von der Justiz mit zu nachsichtigen Strafen bedacht wurden, werden von dieser Gemeinschaft entführt, verurteilt und öffentlich (via Internet-Stream) hingerichtet. Max Wolfe wird mit den Ermittlungen betraut und kämpft nicht nur gegen die Verbrecher, sondern auch gegen die mit dem Club sympathisierenden Menschen.

Mein Eindruck:
Gerade in der heutigen Zeit, die von der vermeintlichen "Kuschel-Justiz" geprägt ist, entpuppt sich die Grundidee von Tony Parsons Thriller als Geniestreich. Dadurch, dass er den Club immer selbstgefälliger auftreten lässt und Täter wie Opfer der Aktionen nuancenreich darstellt, fällt es dem Leser schwer, sich wirklich mit einer Seite zu identifizieren. Das führt zu einer Nachdenklichkeit auf der Seite über dem Buchdeckel, die bei diesem Genre nicht unbedingt zu erwarten ist. Einen weiteren Pluspunkt verbucht der Autor mit dem angenehm unaufgeregten Privatleben seiner Hauptfigur. Zwar ist nicht alles Gold was glänzt, von größeren Katastrophen bleibt Max jedoch verschont, - der schon übliche Liebeskummer mit einer weiblichen Nebenfigur sei Parsons verziehen. Und dann gibt es noch ein großes Pfund in der Geschichte: London mit seinem Glamour, seiner Vergangenheit und seinen unbekannten Winkeln und Geheimnissen wird auf eine treffliche Weise verewigt.
Doch bei all dem Lob sollte ein Kritikpunkt nicht unerwähnt bleiben: Zwar gehört zu einem Thriller ein gewisser Thrill, dieser sollte sich aber nicht in quasi schon übermenschlichen Fähigkeiten seiner Figur zeigen. Bei der sonstigen Güte ist dieses Manko jedoch eine lässliche Sünde. Die Auflösung des Falls und das Ende gefallen und passen sich in die Grundstimmung ein.

Mein Fazit:
Viel Spannung mit einem Plot, der zum Nachdenken bringt. Und das ganz ohne den üblichen, erhobenen Zeigefinger

Alle fünf Sterne

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Figuren
  • Erzählstil
  • Spannung
  • Tempo
Veröffentlicht am 20.09.2016

Sherlock reloaded

Mord in der Mangle Street
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Zum Inhalt:
Am Ende des 19. Jahrhunderts verliert March nach ihrem Verlobten auch noch ihren Vater. Sie wird von ihrem Patenonkel Sidney Grice nach London eingeladen. Kurze Zeit später wird Grice zur Ermittlung ...

Zum Inhalt:
Am Ende des 19. Jahrhunderts verliert March nach ihrem Verlobten auch noch ihren Vater. Sie wird von ihrem Patenonkel Sidney Grice nach London eingeladen. Kurze Zeit später wird Grice zur Ermittlung in einem Mordfall gebeten und March heftet sich an seine Fersen. Während er den Verdächtigen für schuldig hält, glaubt March an dessen Unschuld und beide machen sich mit Feuereifer an die Auflösung des Falles, - auch, um den anderen von der eigenen Wahrnehmung zu überzeugen.

Mein Eindruck:
Man mag kaum glauben, dass M. R. C. Kasasian ein männliches Wesen heutiger Zeit ist, so gut versteht er nicht nur, London um 1880 darzustellen, er fühlt sich zusätzlich auf unnachahmliche Weise in die Psyche seiner weiblichen Ich-Erzählerin ein. Um March und ihren Patenonkel Sidney entwirft er eine ganze Schar von Personen, die mit mehr oder weniger liebenswerten Schrullen und Eigenarten ausgestattet sind. Dabei erinnert dieses Ensemble an die BBC-Interpretation des modernen Sherlock Holmes. Jedoch ist bei Kasasian der Watson weiblich und Arzttochter, aber auch sie zeichnet die Erlebnisse mit dem privaten Ermittler auf (in Tagebuchform), es gibt einen Polizisten, der sich Grices Hilfe bedient und eine Haushaltshilfe, an der die Unverschämtheiten ihres Arbeitgebers einfach abperlen.
Das Augenzwinkern, mit welchem der Autor das Treiben seiner Personen dem Leser darbietet, begleitet auf eine federleichte Art die Inszenierung eines Falls mit vielen Toten aber wenig Blutdurst. Das mag erstaunen, wenn man zum Beispiel die 40 Messerstiche bedenkt, mit denen das erste Opfer hingemetzelt wird, aber die Beschreibung ist so klinisch und unspektakulär, dass sich keine Alpträume beim Leser einstellen.
Besonders gut ist die Auflösung geraten, die nicht nur stimmig ist und den Gerechtigkeitssinn der Leser befriedigt, sondern zusätzlich weder Grice noch March in eine Verliererposition bugsiert.

Mein Fazit:
Launiges Personal + gut durchdachter Fall + schönes Setting = perfekte Unterhaltung

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein toller Auftakt für eine neue Reihe

Eisenberg
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Zum Inhalt:
Rachel Eisenberg ist Anwältin für Strafrecht in München und lässt sich überreden, einen Mordfall zu übernehmen. Ein Obdachloser soll eine Studentin auf grausame Weise getötet und entstellt ...

Zum Inhalt:
Rachel Eisenberg ist Anwältin für Strafrecht in München und lässt sich überreden, einen Mordfall zu übernehmen. Ein Obdachloser soll eine Studentin auf grausame Weise getötet und entstellt haben. Bei dem ersten Treffen mit ihrem Mandanten stellt Rachel fest, dass es sich um ihre verflossene Liebschaft Heiko handelt. Als Heiko überraschend gesteht, kann Rachel das nicht glauben, beginnt selbst zu recherchieren und gerät in große Gefahr.

Mein Eindruck:
Herr Föhr beweist eindrucksvoll, dass er auch jenseits des Genres Heimatkrimi gute Geschichten erzählen kann. Der augenzwinkernde Humor kommt zwar nicht so schenkelklopfend daher wie in den Kreuthner/Wallner-Krimis vom Tegernsee, ist jedoch in ausreichender Menge vorhanden und zeigt sich auf eine eher subtile Weise.
Dieser Krimi ist gespickt mit lebensechten Figuren, die sich durch Tiefe und eine glaubhafte Entwicklung auszeichnen. Sie verharren nicht in einer Schwarz/Weiß-Pose, sondern dürfen Facetten ihrer Persönlichkeit zeigen, die die Leserschaft immer wieder überraschen und zum Nachdenken zwingen. Der Fall ist stimmig, die Arbeit von Anwälten, Gericht und Polizeibeamten interessant geschildert und die Schauplätze mannigfaltig und gut gewählt.
Einige Wendungen und ein absolut gelungener Abschluss sind der Grund dafür, dass man sich auf den nächsten Fall mit Frau Eisenberg, ihrer Kanzlei und ihrer (erweiterten) Familie freut, - dann hoffentlich wieder in dieser geschliffenen Sprache und mit feinem Humor.

Fazit:
Überaus amüsant und nervenaufreibend in perfekter Mischung

Veröffentlicht am 15.09.2016

Lebenslust und ein paar Leichen

Tante Poldi und die Früchte des Herrn
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Inhalt:
Tante Poldi ermittelt in ihrem zweiten Fall. In ihrer Wahlheimat Sizilien betrauert sie den Tod eines Hundes und wundert sich, dass ihr das Trinkwasser abgestellt wird. Diese kleinen persönlichen ...

Inhalt:
Tante Poldi ermittelt in ihrem zweiten Fall. In ihrer Wahlheimat Sizilien betrauert sie den Tod eines Hundes und wundert sich, dass ihr das Trinkwasser abgestellt wird. Diese kleinen persönlichen Katastrophen münden jedoch bald in eine Geschichte von internationalen Dimensionen und bringen sie und ihre Weggefährten in große Gefahr.

Aufbau und Gestaltung:
Vespa, Vino und die Poldi, - die lebensfrohen Komponenten sind in kräftigen Farben gezeichnet. Dass es sich um einen Krimi handelt, wird erst auf den zweiten Blick deutlich, wenn das Auge das Wort "Kriminalroman" erhascht. Dass sich die Geschichte im Bereich der Komik abspielt, zeigt sich dafür umso klarer.
Die Aufteilung in vierzehn Kapitel erleichtert das Lesen in gut portionierten Häppchen. Die kurzen Einführungen am Beginn eines jeden erwecken zwar den Eindruck einer Inhaltsangabe, wirklich aussagekräftig sind sie aber glücklicherweise nicht.

Mein Eindruck:
Mei, was hab i mi amüsiert - um wenigstens ein bisschen die Mundart zu imitieren, in der Teile des Textes geschrieben sind. Mario Giordano hat seiner Protagonistin einen schriftstellernden Neffen zur Seite gestellt, welcher seinerseits von der Poldi ihre Erlebnisse geschildert bekommt und sie dann der interessierten Leserschaft darbringt. Dabei funktioniert insbesondere der Doppelbluff mit Tante, die Cliffhanger benutzt, welche dann der Neffe ebenfalls anwenden muss (schließlich erzählt er die Geschichte sozusagen on the fly) beim Leser als zusätzliches Seitendoping. Das weitere Personal (menschlich, tierisch und übersinnlich) kann sich ebenfalls sehen lassen: Wunderbar beschrieben in ihren Eigenheiten, herrlich unkonventionell agierend und teilweise so politisch unkorrekt, dass es einem die Tränen in die Augen treibt. Das alles wird so bildlich beschrieben, dass die Szenen komplett vor dem geistigen Auge entstehen, - inklusive alkohol- und hormonbedingter Aussetzer. Und obwohl schon durch die Art der Erzählung klar ist, dass irgendwie alles gut ausgehen wird, ist der Weg bis zu diesem Ausgang ein gar göttliches Ziel.

Mein Fazit:
Sommer, Sonne, Poldi, - auf dass sie uns noch lange erhalten bleibe

5 Sterne

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Schreibstil
  • Humor
  • Charaktere
  • Lesespaß
Veröffentlicht am 15.09.2016

Gelungener zweiter Streich

Mörderische Wahrheiten
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Zum Inhalt:
In Wien werden einige Jugendliche mit 21 Messerstichen ermordet. Diese Serie ähnelt Fällen vor mehren Jahren. Der damalige Mörder, dessen DNA bei den Leichen gefunden wird, ist jedoch vor kurzer ...

Zum Inhalt:
In Wien werden einige Jugendliche mit 21 Messerstichen ermordet. Diese Serie ähnelt Fällen vor mehren Jahren. Der damalige Mörder, dessen DNA bei den Leichen gefunden wird, ist jedoch vor kurzer Zeit im Gefängnis verstorben. Da er damals von Konrad Fürst überführt wurde, hofft die Wiener Polizei auf dessen Mithilfe. Er ist zwar gerade aus dem Koma erwacht, leidet aber an einer Amnesie, die ihn selbst sein Umfeld nicht erkennen lässt. Da die Zeit drängt, spannt der Chef der Polizei Carlotta Fiore ein.

Mein Eindruck:
Nein, Frau Prammer hat ihr Pulver nicht bei ihrem sehr guten Debütkrimi verschossen. Ganz im Gegenteil: Sie legt noch eine Schippe zu. Dabei halten sich humorvolle Teile, spannende Abschnitte und dramatische Stücke bravourös die Waage. Zu den liebgewonnenen Personen aus dem ersten Buch gesellen sich eine ganze Menge anderer Charaktere, welche den Lesern die Sicht auf den Täter lange und gekonnt vernebeln. Trotzdem wird es weder unübersichtlich noch fehlt der Geschichte der Tiefgang. Mit der Ich-Erzählerin Carlotta geht man auf der einen Seite auf die Jagd nach dem Mörder, auf der anderen Seite fiebert man mit ihr bei ihren privaten Belangen. Diese sind zwar nicht ohne Schwere, stören jedoch weder den Fortlauf des Krimis noch sind sie reiner Selbstzweck, um die Seiten zu füllen. Teilweise wird die Erzählung in Kursivschrift mit den Morden an den Jugendlichen unterbrochen. Deren Gedanken und Gefühle werden dabei sehr einfühlsam geschildert - ein großes Plus des Schreibstils von Frau Prammer, die ihren Figuren Farbe und Tiefe verleiht. Das Ende ist überraschend, einige Hauptprotagonisten zeigen neue Facetten, Carlottas und Fürsts Verhältnis wird klarer und die Personen bieten noch viele Entwicklungsmöglichkeiten. Beste Voraussetzungen für einen dritten Fall.

Mein Fazit:
Noch besser als „Wiener Totenlieder“